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Mit Admiral Scheer auf der Kommandobrücke.

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Von Vizeadmiral Adolf von Trotha, damals Chef des Stabes der Hochseeflotte.

itten hinein treten wir in die Seeschlacht vom Skagerrak neben Admiral Scheer auf die Kommandobrücke des Flottenflaggschiffes S. M. S. „Friedrich der Große“.

Der einleitende Kreuzerkampf zwischen Hipper und Beatty ist siegreich für die deutsche Flotte beendet. Zwei der größten, stärksten englischen Panzerkreuzer sind unter dem überlegenen Geschützfeuer der deutschen Kreuzer in gewaltigen Explosionen vernichtet, vier bis fünf englische Zerstörer gesunken, Teile ihrer Besatzungen zu Gefangenen gemacht. Von uns sind nur zwei Torpedoboote verloren, ihre Bemannung aber von uns geborgen.

Aus dem Verfolgungsgefecht gegen den geschlagenen Beatty ist der Entscheidungskampf gegen den zweifach überlegenen Gegner geworden. Im weiten Bogen von Norden bis Osten hüllt dichter Qualm den Horizont ein, aus dem englische Geschütze zum Kampfe rufen. Etwa Backbord voraus vor uns ficht die todwund geschossene „Wiesbaden“ ihren Heldenkampf gegen überwältigende Übermacht, den Atem nicht verlierend, während vorgeschickte Torpedoboote versuchen, ihren hart bedrängten Kameraden hilfreich zur Seite zu treten. Die Spitze unsrer Flotte, wieder voran die Hipperschen Panzerkreuzer mit kleinen Kreuzern und Torpedobooten und das III. Geschwader unsrer neuesten Linienschiffe unter Admiral Behncke, steht bereits in schwerem Kampf. Nur da und dort tauchen aus dem verqualmten Horizont die Umrisse der englischen Schiffe hervor, aber unsre zielsichere Artillerie weiß sie zu fassen und donnernd rollen die deutschen Grüße übers Wasser, Salve auf Salve den Eisenhagel dem Feinde entgegenwerfend. Die Maschinen arbeiten mit größter Anstrengung, um die über 16 km lange deutsche Linie geschlossen am Vordermann zu halten.

Admiral Scheer hat, um die Entwicklung der Schlacht gut zu übersehen, frei auf der oberen Brücke gestanden. Jetzt aber schlagen auch bei „Friedrich dem Großen“ die schweren Granaten des Gegners ein, die Salzwasserflut als Regen über das Schiff werfend und mahnend, den Gefechtsstand aufzusuchen. Wir treten in den Kommandostand. Ein enger, nur wenige Meter messender Raum, durch stärksten, nach vorn fast ½ m starken Panzer bewehrt. Nur durch schmale Sehschlitze ist der nötige Ausblick möglich oder durch Beobachtungsgläser, die durch die Panzerdecke hindurchgeführt sind. Man fühlt die Nervenspannung, die auf den Personen liegt, die hier aufs engste gedrängt, ihre ganze Sinneskraft zusammennehmen müssen, um ihren verantwortungsvollen Dienst zu versehen. Rein unnützes Wort wird gesprochen, nur kurze Meldungen und Befehle. Hier ist das Hirn des Schiffes und zugleich das Hirn der ganzen Flotte.

Von diesem engen Panzerstande aus gilt es die ganze Flotte von über 100 Schiffen und Torpedobooten in der Hand zu halten. Außer dem Chef des Stabes und den erforderlichen Admiralstabsoffizieren finden die beiden Flaggleutnants — für Flaggen und Leuchtsignale und für die Funkentelegraphie — neben Admiral Scheer ihren Platz. Sie sichten die zahlreichen Meldungen, die Sprachrohre, Telefone und Rohrpostverbindungen nach und von den Gefechtssignalstellen, dem Funkenraum und sonst woher heranbringen. Daneben arbeitet in diesem drangvoll engen Betrieb der Flottennavigationsoffizier und sein Obersteuermann still und unbekümmert wie im Manöver, um in dem jagenden, einer mächtigen Reiterschlacht ähnlichen Kampf den Standort der Flotte sicher festzuhalten, während an anderer Stelle nach allen Meldungen eine Skizze der Kampflage entworfen wird.

Vorn steht der Kommandant, neben sich den Manövrieroffizier, seinen Signaloffizier und den Gefechtsrudergänger das schwere, vorwärtsstürmende Schiff, dem mächtigen Vordermann in der Linie dicht aufgeschlossen haltend, die scharfe Aufmerksamkeit geteilt zwischen der Führung des Schiffes und der Verwendung der Waffen gegen den Feind. Unten kauert in einer Versenkung der Maschinentelegraphenposten. An der Seite verfolgt der Torpedooffizier das Gefecht, um im gegebenen Augenblick seine totbringende Waffe gegen den Feind loszulassen; aus besonders abgeschottetem Raum leitet der Artillerieoffizier die schwere Artillerie in dröhnendem Kampf. Beobachtungen aus dem hochragenden Vormars und dem Hinteren Kommandostand, Meldungen und Gegenmeldungen aus allen Seiten des Schiffes laufen ein, Signale und Verständigungen werden von den sich in die Ecke drückenden Sprachrohrposten hin und her gegeben. Donnernd krachen die Salven der 30,5 cm-Türme vor und hinter dem Kommandostand, gelblicher Pulverqualm verdunkelt für Augenblicke jede Aussicht und zieht beißend durch den engen Raum, feindliche Granaten sausen zischend und heulend vorbei und schlagen tosend ins aufgewühlte Wasser.

Ruhig, nicht anders als wir es aus mancher Übungsfahrt gewohnt waren, übersieht Admiral Scheer die Lage. Es war seine Gewohnheit, in so entscheidungsschweren Augenblicken sich auf das Große einzustellen und jedem einzelnen seinen Teil an Arbeit und Verantwortung zu lassen. Blick, Gedanken und Entschlusskraft müssen frei bleiben, um in Sekunden entscheidend einzugreifen, um Lage und Kampfziel zu übersehen und zu meistern, während die gewaltigen Massen der großen Schiffe, die kleinen Kreuzer und die Menge der Torpedoboote in schärfster Gangart dem Feuer entgegenstürmen. Die britische Kampflinie ist nicht zu übersehen, Qualm und Dunst, auch künstlicher Nebel, der die „Wiesbaden“ hatte decken sollen, verhinderten den freien Ausblick. Aus einer Meldung des Admirals Hipper konnte man die äußerste Spitze des Feindes in Ost annehmen und aus mehreren Torpedobootsmeldungen war zu erkennen, dass wir wahrscheinlich der ganzen englischen Flotte, einer gewaltigen Übermacht, gegenübergestanden. Angreifen — so stark der Feind auch sein mochte — war die Losung.

Mit einer kurzen Wendung auf den Feind zu sollte der „Wiesbaden“ möglichste Entlastung gegeben werden, um dann bald wieder in die Linie einzudrehen. Die Artillerie verlangt Stetigkeit in der Schiffsführung, wenn sie ihre Arbeit tun soll; schwer genug ist schon so ihre Aufgabe in zagendem Kampf.

Vorn konnte man erkennen, dass die Hipperschen Panzerkreuzer und die Spitze der Linienschiffe unter Admiral Behncke langsam nach Süden schwenkten, um mit dem Gegner, dessen vorderste Schiffe uns allerdings erheblich überflügeln mussten, möglichst zum laufenden Gefecht zu kommen. Die Entwicklung der Schlacht war dort vorn in guter, erprobter Hand, ein Eingriff durch den Flottenchef kam noch nicht in Frage.

Der Kampf steigerte sich jetzt mit jeder Minute. Weit über 500 schwerste Geschütze standen im gegenseitigen Ringen. Unsere Spitze hatte die Hauptlast zu tragen. Haushohe Flammengarben auf beiden Seiten zeugten von der Wucht einschlagender Geschosse und in dem unsicheren Bild der feindlichen Linie sieht man von „Friedrich dem Großen“ aus ein Schiff des Gegners in mächtige Qualm- und Feuerwolken gehüllt auseinanderbrechen. Es war die Zeit, in der die englischen Panzerkreuzer „Defence“ und „Warrior“ unter dem vernichtenden Artilleriefeuer unserer Kampflinie zusammensinken und wo bald darauf der Schlachtkreuzer „Invincible“, von S. M. S. „Derfflinger“ niedergekämpft, mit gewaltiger Explosion in die Luft fliegt, während unsere Schiffe, außer der „Wiesbaden“, wenn auch mit ehrenvollen Wunden bedeckt, doch alle erfolgreich im Kampfe stehen.

Unsere Spitze biegt in ihrem Stoß gegen den Feind immer schärfer ab, der Überblick für den Führer wird nach allen Seiten nötig, im gedrängten Kommandostand wird es für solche Lage zu eng und während die schweren Geschosse immer zahlreicher beim Flaggschiff einschlagen, merkwürdigerweise ohne „Friedrich den Großen“ zu treffen, tritt Admiral Scheer auf die offene Kommandobrücke. Der Stoß gegen den Feind kann so nicht fortgehen, die Spitze muss die Last zu sehr allein tragen, es wird auch zu eng und drückend dort für die leichten Kreuzer und Torpedoboote. Die Granaten des Feindes schlagen nicht nur von Backbord und vorne, sondern auch von Steuerbord heransausend ein. Ein schneller Entschluss muss hier eine Lösung bringen, die Artillerie allein scheint unsere Überlegenheit nicht mehr zu halten.

„Kehrtwendung der ganzen Flotte!“ — Von beiden Flaggleutnants wird der Befehl des Flottenchefs nach unten weitergegeben. —

Ein spannender Augenblick, die kühne Bewegung oft geübt, aber heute die Probe im schwersten feindlichen Feuer, während die Signalmittel und die Funkennetze teilweise zerstört sind. Über 100 Schiffe und Fahrzeuge sind im schärfsten Vorwärtsjagen und härtestem Kampf mit einem Anruf herumzuwerfen. —

Man muss einen Funkenraum an Bord gesehen haben, wo in engster, überheißer Zelle, während draußen der Kampf auf Tod und Leben tobt, sich in hastender, verantwortungsvoller Arbeit die einlaufenden Signale und abzugebenden Befehle in überstürztem Maße drängen, wo jedes Wort geschlüsselt oder entziffert werden muss, wo wichtige Signale vorgezogen, unwichtige zurückgeschoben werden müssen. Dahinein plötzlich ein Befehl für die ganze Flotte. In wenigen Sekunden muss die Gewissheit vorliegen, dass das Signal auf allen Schiffen und Fahrzeugen sicher verstanden und ausführungsbereit ist.

Wenige Sekunden höchster Spannung! Da kommen auf allen Schiffen die Flaggen heraus, Leuchtkugeln — auch am Tage — steigen auf, Winkflaggen werden geschwenkt und wie auf dem Exerzierplatze, ohne irgendeine Störung legt Schiff auf Schiff Ruder zur Kehrtwendung, ein glänzender Triumph unserer Friedensausbildung.

Fast unmittelbar sind wir vom Feinde gelöst; diese Beweglichkeit einer mächtigen Kampflinie ist ihm eine Überraschung, der er nicht gewachsen ist. Der Höllenlärm der schweren Artillerie, bei uns durch die Kehrtwendung unterbrochen, lässt überall nach, auch beim Feinde wird es still. Eine Atempause im schweren Kampf und für den Flottenchef ein ruhiger Augenblick zu neuen Entschlüssen.

Die Dunkelheit rückt näher, für die Nacht muss eine Lösung der Schlachtlinien voneinander gelingen, so dass wir uns nicht von unserer Basis abschneiden lassen, sondern im Morgengrauen am Eingang der deutschen Bucht wieder von neuem bereitstehen können, dem Gegner entgegenzutreten. Aber jetzt ist es noch zu früh, der Feind darf noch nicht zur Besinnung kommen, er soll nicht sagen dürfen, wir hätten das Feld vor ihm geräumt, außerdem steht „Wiesbaden“ zurück.

Das sind die Überlegungen, aus denen Admiral Scheer seinen angriffsfreudigen Schluss zieht: Erneut den Feind angefasst; mit stärkstem Stoß hinein in den weiten Bogen der feindlichen Macht! Der Feind soll spüren, dass wir uns stärker fühlen, auch seiner Übermacht gegenüber.

Und wieder geht‘s, nach schnellem Herumwerfen der Flotte, erneut gegen den Feind.

Mit aller Kühnheit wirft sich unsere Flotte, voraus wie immer die mit starker Hand geführten Panzerkreuzer mit den Torpedobootsflottillen, dem Höllenfeuer des Feindes entgegen. Mit aller Macht entfesselt sich der Riesenkampf von neuem.

Herz und Sinne fühlen sich getragen von der ungeheuren Hingabe und vaterländischer Treue viel Tausender, die hier in einem gleichen, starken Willen gefasst, ihr Höchstes sehen in selbstlosem Opfer fürs deutsche Vaterland.

Mit dem überall freudig aufgenommenen Signal: „Ran an den Feind“ treibt Admiral Scheer seine Flotte zum Höchsten an.

Ruhig, frei auf der Brücke stehend, verfolgt er den mächtigen Stoß der Flotte, der Druck der Salve eines 30,5 cm-Turmes auf „Friedrich dem Großen“ reißt ihm den Mantel vom Leibe und wirft den Admiral für Augenblicke zu Boden.

Vorn stürmen die Torpedoboote zum Angriff in den Feind, künstlicher Nebel und absichtlich erzeugter dicker Ölqualm aus den Schornsteinen dienen zur Deckung, alle Massen, technischen und menschlichen Kräfte ringen mit höchster Anspannung gegen riesige Übermacht des Feindes. Die Uhr zeigt auf 917 als so der ungeheure überraschende Stoß auf dem Höhepunkt seiner Wirkung stand.

Jetzt wird es Zeit sich vom Feinde zu lösen, wenn die Dunkelheit uns nicht überraschen und dem Zufall ausliefern soll.

„Kehrtwendung der ganzen Flotte!“ Wieder vollzieht sich blitzschnell die Bewegung als ob das alles Spiel wäre, was da getrieben wird, trotzdem die Linie so eng geschlossen ist, dass „Friedrich der Große“ seitwärts Platz machen muss. Wieder verstummt sofort das Getöse des Kampfes und dem wilden Ringen folgt eine willkommene Abspannung der Nerven, Vom Flottenflaggschiff werden schnell die Befehle für den Nachtmarsch erteilt.

In der beginnenden Dunkelheit kann man gerade noch erkennen, dass alle Linienschiffe ihren Posten halten, keins ist lahmgeschossen; der Schlachtkreuzer S. M. S. „Lützow“ hängt sich, tief zu Wasser liegend, hinten an die Linie an, scheint aber die Marschfahrt noch halten zu können. Admiral Hipper hat zwischen dem ersten und zweiten Vorstoß sein Flaggschiff gewechselt und ist von „Lützow“ auf S. M. S. „Moltke“ übergestiegen. Von der englischen Flotte wissen wir heute, dass sie den zweiten deutschen Vorstoß nicht ausgehalten hat. Die vernichtende Wirkung unserer Artillerie auch gegen seine größten und stärksten Schiffe hatten ihn in dem Vertrauen zu seiner historischen Unüberwindlichkeit erschüttert und der unübertreffliche Angriffsgeist unserer Torpedoboote hatte ihm die Ruhe genommen, vor dem Massenangriff unserer Flottillen wendete der Feind ab. Die Einheitlichkeit der englischen Flotte reißt auseinander, Schulung, Führung und Befehlswesen reichen nicht aus, um die große englische Flotte wieder fest zusammenzufassen. Die späte Abendstunde bringt bei völliger Dunkelheit, während wir uns umrangieren, noch einen kurzen Zusammenstoß mit Admiral Beatty, den in der Hauptsache unser II. Geschwader abwehrt.

Vor der Brücke S. M. S. „Friedrich der Große“ sieht man den Vordermann nur als schwarzen Schatten vor sich hergleiten, ein schwacher Lichtschimmer seiner abgeblendeten Hecklaterne spielt auf dem Schaum des Schraubenwassers, ein Lichtpünktchen auf der Back gibt dem Rudergänger die Richtlinie für das eigene Schiff, sonst überall Dunkelheit. Die Hälfte der Besatzung liegt bereit an den Geschützen, alle wichtigen Posten, die Sprachrohre und Telefone sind besetzt, die Scheinwerfer klar zum sofortigen Leuchten, die Torpedowaffe schussfertig, auch die Maschinenleitung, die immer noch in schwerster Arbeit das Höchste leisten muss, achtet auf das sorgsamste, dass keine Funkengarben aus den Schornsteinen das Schiff verraten.

Kein lautes Wort, nur Flüstern, kein Licht. Schweigendes Dunkel! Gespannteste Aufmerksamkeit! Jeder Sektor des dunklen Horizontes wird unter Leitung von Offizieren mit Nachtgläsern abgesucht, hunderte von Augen spähen in die Nacht, hunderte von Sinnen spannen sich aufs Höchste in Erwartung und Bereitschaft.

Admiral Scheer erscheint von Zeit zu Zeit auf der Brücke und empfängt die Meldungen; auch er sieht hinaus gegen die finstere Wand der Nacht. —

Plötzlich eine laute Meldung von einem Ausguck, kurze scharfe Befehle folgen und fast unmittelbar schießt ein Scheinwerferstrahl übers Wasser und entschleiert mit grellem Licht einen dunklen Schatten als heranjagendes feindliches Torpedoboot. Auch vom Vordermann trifft den Feind der Lichtkegel. Die Stille der Nacht ist zerrissen, die Artillerieleitung arbeitet, die Signalglocken tönen, Mündungsfeuer blitzt grell auf, die Granaten pfeifen dem Feind entgegen. Wassergarben spritzen um das Ziel auf, Dampfwolken schießen aus der zerrissenen Bordwand, Feuer züngelt auf am wunden Leib des Bootes, das leicht entzündliche Heizöl gießt sich als Feuermeer darüber und wie eine mächtige Fackel versinkt der vernichtete Feind in die Flut. Die Scheinwerfer klappen zu, wieder ist dunkle Nacht, wartende Finsternis und lautlose Stille.

Plötzlich leuchtet es unmittelbar vor uns bei „Thüringen“ und „Ostfriesland“ auf. Ein mächtiger feindlicher Panzerkreuzer steht in grellem Scheinwerferlicht und auch „Friedrich der Große“ greift in den Kampf ein. Unsere Granaten schlagen in das überraschte Schiff, das keine Zeit zur Gegenwehr findet. Man sieht die Mannschaften drüben, taghell beleuchtet, hin- und herlaufen, schon reißen die deutschen Geschosse die Schiffswand auf, Feuer und Explosionen beginnen ihr schauriges Werk, schon jagt rote Glut über das Schiff, bis zu den Masten hinauf klettert die gierige Flamme und während Salve auf Salve hineinfegt, steht Rumpf und Takelwerk in blendendem Flammenmeer, die englische Flagge grell beleuchtend, dann geht schweres Zucken durch den mächtigen Schiffskörper, Stichflammen schießen hervor, in grauenhafter Explosion hebt sich der stolze Panzerkreuzer, in glühende Atome zerspringend. Klapp, schlagen die Scheinwerfer zu, die Artillerie klingelt „Batterie halt“! Wieder herrscht stille Finsternis, nur das gleichmäßige Surren der Ventilationsmaschinen und das Rauschen der See singen ihr einförmiges Lied.

Als der Morgen graut, steht die deutsche Flotte geschlossen vor der Deutschen Bucht.

Auf der Kommandobrücke des Flottenflaggschiffs wird der Aufmarschbefehl für den kommenden Tag festgelegt. Meldungen aller Geschwader laufen ein und stellen trotz mancher schweren Zerstörungen die Gefechtsbereitschaft der Flotte fest. Es ist erstaunlich, was unsere Schiffe ausgehalten haben und wie wenig die schwere Artillerie der Engländer geleistet hatte. Mit 20 schweren Treffern im Rumpf steht das Flaggschiff des Admiral Behncke, S. M. S. „König“, fest in der Linie, S. M. S. „Lützow“, die als Flaggschiff der Kreuzer viele Stunden an vorderster Stelle geführt hatte, hat sich gegen Morgen nicht mehr halten lassen, aber die tapfere Besatzung ist durch unsere Torpedoboote geborgen; der kleine Kreuzer „Frauenlob“ ist, in nächtlichem Zusammenstoß mit überlegenen Gegnern kämpfend, gesunken, und die kleinen Kreuzer „Rostock“ und „Elbing“ haben aufgegeben werden müssen, nachdem ihre Besatzungen durch Torpedoboote in Sicherheit gebracht waren. „Pommern“ und „Wiesbaden“ sind geblieben.

Vom Feinde nichts zu sehen. Die Meldungen der Luftschiffe, die auf die ersten Nachrichten vom Zusammentreffen mit dem Feinde trotz des unsicheren Wetters aufgestiegen waren, stellten einen Teil, des feindlichen Gros im Norden von Jütland in der Jammerbucht, einen anderen englischen Verband in der südlichen Nordsee fest. Die übermächtige feindliche Flotte ist nicht einheitlich mehr in der Hand ihres Führers. Sie zu einem Endkampf zu stellen, ist aussichtslos; das Wetter ist trüber geworden, die eigene Linie nur wenige Schiffe weit zu übersehen, ein Vorstoß in die Nordsee würde ein Zufallsunternehmen werden. Dem Admiral Scheer bleibt nur der Entschluss einzulaufen nach Wilhelmshaven, um die Flotte so schnell wie möglich wieder gefechtsbereit zu machen. Währenddessen kommen immer neue Torpedoboote längsseit mit englischen Gefangenen der verschiedensten Schiffe und Zerstörer an Bord. Mit Hurra begrüßt und mit Jubel beantwortet, bringen sie Berichte über vernichtete Feinde und stolze Erfolge, immer klarer und größer wird das Bild der englischen Niederlage. Als am Nachmittage vor Wilhelmshaven der Anker fällt, und Admiral Scheer S. M. S. „Friedrich der Große“ verlässt, da schallen donnernde Hurras übers Wasser, den Flottenchef als Sieger jauchzend zu begrüßen. Deutsche Tüchtigkeit und Pflichttreue und das in ernster Friedensarbeit gegründete Vertrauen zwischen allen Stellen der Flotte hatten den deutschen Waffen das stärkere Können, der deutschen Führung den Sieg in die Hand gegeben und bald erklang es von den Schiffen:

England komm‘ nur dem Barbaren

Nicht zu dichte bei,

Sonst gibt‘s wieder Himmelfahren

So wie jüngst im Mai.

Solange wir fest und vertrauenvoll zusammenstanden, hat uns kein Engländer besiegt, ist kein Franzose auf See uns im Kampf entgegengetreten. Möge aus dem sieghaften Kampfe Scheers, aus dem Opfermut und der Treue unserer vielen Kameraden, die den Heldenschlaf halten im tiefen Meer, aus der Kraft unserer unbezwungenen Schiffe, über die die Wogen der See sich geschlossen haben, Glauben und Wollen und Sieg erwachsen für eine deutsche Zukunft auch über See, zum Nutzen aller Kultur in der Welt und zum Segen unseres deutschen Vaterlandes.


Auf See unbesiegt

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