Читать книгу Paddington 2 - Edel:Kids Books - Страница 5
ОглавлениеEin typischer Morgen
Alles, was Paddington seiner Tante Lucy geschrieben hatte, stimmte: Er fühlte sich in Windsor Gardens Nummer 32 richtig zu Hause. Die Browns waren eine entzückende Familie und sehr gastfreundlich und herzlich. Am meisten liebte Paddington sein Zimmer oben auf dem Dachboden. Er tat nichts lieber, als an dem kleinen runden Fenster zu sitzen und auf die Stadt zu blicken, die ihm inzwischen richtig ans Herz gewachsen war.
»Ah, London«, seufzte er eines Morgens, als er in den frühen Herbst hinausblickte. »Ein weiterer schöner Tag liegt vor uns«, sagte er, sprang von der Fensterbank und ging ins Badezimmer, um sich fertig zu machen.
Er putzte sich wie jeden Morgen die Zähne und gurgelte mit Mundwasser. Als er sich daran erinnerte, was er das erste Mal im Badezimmer der Browns angestellt hatte, musste er schmunzeln. Damals hatte er eine ganze Flasche Mundwasser leer getrunken und es geschafft, das Badezimmer unter Wasser zu setzen! Solchen Unsinn machte er natürlich nicht mehr, oh nein. Inzwischen wusste er, wie man sich zu benehmen hatte, dachte er und griff nach Mrs Birds Handstaubsauger, um sich die Achselhöhlen zu säubern.
Nach seiner morgendlichen Reinigungsaktion rannte Paddington zur Treppe und hüpfte aufs Geländer. Er rutschte ins Erdgeschoss, wo ihm Mrs Bird, die Haushälterin der Familie Brown, ein leckeres Frühstück in Form von frischen Marmeladenbroten bereitet hatte.
»Besten Dank, Mrs Bird!«, rief er und lüftete seinen Hut. »Sie wissen wahrlich, wie man ein köstliches Bärenfrühstück zubereitet!«
»Aber gern, mein Kleiner!«, sagte Mrs Bird erfreut.
Sie wischte ein paar Krümel von ihrer Schürze und sah wohlwollend, mit welchem Hochgenuss er aß.
Da kamen Judy und Jonathan, die beiden Kinder der Browns, in die Küche und setzten sich zu Paddington. Sie hatten sich für ihren ersten Tag im neuen Schuljahr anders gekleidet als in den Ferien, und Judy sah zum ersten Mal seit Tagen aufgeregt und glücklich aus.
»Weißt du was, Paddington?«, sagte sie. »Heute kommt der Jahrmarkt in die Stadt! Ich gehe gleich heute Abend hin und werde in meiner neuen Zeitung darüber berichten.«
»Wer will denn so was lesen?«, brummte Jonathan.
Judy zog eine Schnute. »Jeder!«, sagte sie spitz. »Der Jahrmarkt reist mit einem alten Dampfzug durch die Lande. Ich dachte, gerade dir würde das gefallen.«
»Ja, schon, aber erzähl’s ja niemandem, okay?«, sagte Jonathan. »Ist nicht cool.«
Judy wollte etwas darauf sagen, doch da kam ihre Mutter in die Küche — gerade noch rechtzeitig, um einen Streit zu verhindern.
»Warum gehen wir nicht alle zusammen hin?«, schlug Mrs Brown vor.
»Gute Idee«, sagte Mr Brown, der hinter seiner Frau hereingekommen war, und griff nach einer Scheibe Toast.
Mrs Brown lächelte ihren Mann zärtlich an. »Euer Vater ist ein Ass im Kokosnuss-Werfen«, erklärte sie ihren Kindern. »Wurfkönig Brown wurde er früher genannt.«
Judy verdrehte die Augen.
»Ooh, diese Zeiten sind vorbei«, sagte Henry Brown und schüttelte den Kopf. »Dieses Wurfspiel ist etwas für junge Leute.« Übermütig tat er so, als wolle er einen Ball werfen, doch mitten im Schwungholen zuckte er zusammen und griff sich an die Schulter.
Paddington hatte ihn interessiert beobachtet. »Nun, ich finde, Sie sind noch sehr fit für einen Mann Ihres Alters, Mr Brown«, sagte er.
»Danke, Paddington«, sagte Mr Brown geschmeichelt, doch dann stutzte er. »Moment mal …« Er kniff die Augen zusammen. »Für wie alt hältst du mich?«
Paddington wurde unsicher. Bären sind nicht gut darin, das Alter von Menschen zu schätzen. »Ähm … ungefähr achtzig?«
»Achtzig!?« Mr Brown schnappte nach Luft.
»Mindestens!«, betonte Paddington mit neuer Zuversicht. Er schob seinen Stuhl zurück und wollte die Küche verlassen, aber natürlich erst, nachdem er sich noch ein Notfall-Marmeladenbrot unter den Hut geschoben hatte.
Mrs Bird, die am Herd stand, drehte sich um. »Moment noch, mein Kleiner. Hab ich dir nicht gesagt, dass du dich auch hinter den Ohren waschen musst?« Sie bemühte sich um einen strengen Tonfall.
Paddington krauste die Stirn. »Aber das hab ich doch gemacht, Mrs Bird. Ich …«
Mrs Bird beugte sich vor und griff hinter Paddingtons rechtes Ohr. »Ich weiß nicht …«, sagte sie dann. »Ich fürchte, du hast ein paar Stellen ausgelassen. Was sehe ich da?« Als sie sich wieder aufrichtete, hatte sie ein glänzendes Fünfzig-Cent-Stück in der Hand.
Paddington riss die Augen auf. »Du meine Güte! Wie ist das dorthin gekommen?«
Mrs Bird reichte ihm die Münze. »Bewahre sie lieber an einem sicheren Ort auf, mein Kleiner«, sagte sie lächelnd.
»Mach ich«, versprach Paddington und steckte die Münze in die Tasche seines Dufflecoats. »Dann wünsch ich euch allen einen schönen Tag! Ich muss los. Ich habe eine SEHR WICHTIGE MISSION vor mir.«
Die ganze Familie winkte ihm nach, und Mr Brown murmelte fassungslos vor sich hin: »Achtzig … Ich glaube, ich spinne!«
Paddington verbrachte die Morgenstunden immer auf die gleiche, angenehme Weise. Er kannte jeden in der Nachbarschaft und konnte die Uhr danach stellen, wen er auf dem Weg zu Mr Grubers Antiquitätengeschäft wann traf.
Er stellte sich an die Straßenecke und wartete auf Mademoiselle Dupont, die immer um Punkt halb neun vorbeiradelte. Und wenn sie sich näherte, rief er laut: »Bonjour, Mademoiselle!«
»Bonjour, Paddington!«, rief die bezaubernde Französin und bremste kurz ab, damit Paddington wie jeden Morgen auf ihren Gepäckträger aufspringen konnte.
Während sie weiterradelten, hielt Paddington nach Dr. Jafri Ausschau. Der Doktor war ein zerstreuter älterer Herr, der jeden Morgen zur gleichen Zeit sein Haus verließ — und regelmäßig seinen Schlüssel vergaß. Ein Glück, dass es Paddington gab, der ihn daran erinnerte, damit sich der Doktor nicht ausschloss.
So auch an diesem Tag. Dr. Jafri trat gerade aus der Haustür, die hinter ihm zuzufallen drohte, als Paddington vorbeifuhr und ganz laut »Ihre Schlüssel, Dr. Jafri!«, rief.
»Schlüssel?« Stirnrunzelnd klopfte der Doktor an seine Jackentasche und merkte, dass er sie schon wieder vergessen hatte. »Schlüssel!«, rief er dann triumphierend und drehte sich blitzschnell um, bevor die Tür ins Schloss gefallen wäre. »Was täte ich nur ohne dich, Paddington?«, rief er kopfschüttelnd.
»Gern geschehen!«, rief Paddington fröhlich zurück und zog seinen Hut, während Mademoiselle Dupont weiter in die Pedale trat.
Als Nächstes kamen sie an den Schwestern Peters vorbei — zwei temperamentvollen Jamaikanerinnen, die regelmäßig jeden Morgen ihre Orangenbäumchen gossen. Und wie immer um diese Zeit waren sie damit beschäftigt, die Bäumchen zu gießen, zu stutzen und an den heranreifenden Früchten zu schnuppern.
»Guten Morgen, Miss Peters! Hallo, Miss Peters!«, rief Paddington.
Die eine Miss Peters pflückte eine Orange und warf sie Paddington zu. »Schon reif?«, fragte sie.
Paddington schnupperte an der Frucht. »Noch nicht — am Donnerstag!«, rief er und warf die Orange zurück.
Die Schwestern bedankten sich und winkten ihm lange nach.
Kurz darauf trennten sich die Wege von Paddington und Mademoiselle Dupont. Sie radelte nach Knightsbridge weiter, während Paddington zu Mr Grubers Antiquitätengeschäft in der Portobello Road gehen wollte.
»Besten Dank, Mademoiselle!«, rief er und zog seinen Hut, nachdem er vom Gepäckträger ihres Fahrrads gehüpft war.
»Gern geschehen, Monsieur!«, rief sie. »Au revoir!«
Paddington kam am Colonel vorbei, der sich gerade wie jeden Morgen am Zeitungskiosk seine Zeitung gekauft hatte. Paddington, wie immer guter Dinge, rief fröhlich: »Was für ein herrlicher Tag, Colonel!«
Der Colonel war ein sauertöpfischer, ungepflegter Mann mit einem gewaltigen Oberlippenbart, der nie viel zu sagen hatte. »Herrlich?«, wiederholte er. »Ach ja, Bär? Wie aufregend.«
Paddington lüftete seinen Hut und ging zum Kiosk weiter, um eine Tageszeitung zu kaufen.
»Hallo, Miss Kitts!«, begrüßte er die Kioskbesitzerin. »Was für ein schöner Tag. Haben Sie schon Pläne für heute?«
Noch bevor Miss Kitts darauf antworten konnte, streckte der farbenprächtige Papagei auf ihrer Schulter den Kopf vor und krächzte: »Nach Liebe suchen! Nach Liebe suchen!«
»Oiih, Feathers, du frecher Kerl!« Miss Kitts lachte und tat so, als wollte sie dem vorlauten Vogel eins auf den Schnabel geben. »Er ist ein Albtraum, dieser Papagei! Hör nicht hin!«, sagte sie zu Paddington. »Hier, deine Zeitung. Und wie sieht’s bei dir aus? Hast du schon Pläne?«
»Oh ja, das habe ich«, antwortete Paddington. »Ich bin in einer SEHR WICHTIGEN MISSION unterwegs.«
»Klingt aufregend!«, sagte Miss Kitts.
In diesem Moment kam Paddingtons Freund Fred Barnes, der Müllmann, mit seinem Müllwagen angefahren. Er war für das Leeren der städtischen Abfalleimer zuständig.
»Was höre ich da von einer Mission?«, fragte er.
»Ich bin auf einer«, sagte Paddington geheimnisvoll. »Und sie hat etwas mit Mr Gruber zu tun.«
»Wie spannend!«, sagte Fred. »Komm, spring auf! Ich fahre dich hin. Ich muss für meine Prüfung die kürzesten Strecken kennen.«
»Was für eine Prüfung?«, fragte Paddington.
»Ich möchte mich zum Taxifahrer weiterbilden!«, erklärte Fred. Er drückte Paddington einen Stadtplan von London in die Hand. »Du kannst mich unterwegs abfragen.«