Читать книгу Luis und die Aliens - Edel:Kids Books - Страница 4
ОглавлениеVerflixt noch mal! Wo war bloß dieser Schuh?
Auf allen vieren kroch Luis durch den schwankenden Schulbus und schaute unter die Bänke. Er musste fürchterlich aufpassen, nicht aus Versehen von jemandem getreten zu werden, denn die Schüler lärmten achtlos durcheinander und wechselten wild die Plätze.
Schulleiter Rooney bedauerte insgeheim, dass er sich hatte überreden lassen, bei dieser Klassenfahrt dabei zu sein. Zum Glück waren sie bald zu Hause.
„Hi, Luis!“
Luis blickte auf. Vor ihm stand Jennifer und hielt ihm ein Mikrofon unter die Nase. Verlegen rappelte er sich hoch und murmelte: „Hi, Jennifer.“ Er mochte sie gern, sie war freundlich und außerdem ziemlich hübsch. Aber … natürlich wollte sie nichts von ihm, außer Interviews für die Schülerzeitung …
„Luis, du musst mir ein paar Fragen für die Schülerzeitung beantworten“, sagte Jennifer da auch schon wichtig. „Patty, läuft die Kamera?“, fragte sie ihre Freundin, ein pummeliges, stilles Mädchen. „Also, Luis, auf einer Skala von eins bis zehn – wie hat dir die Klassenfahrt zum Drachengipfel gefallen?“
Ratlos strich sich Luis über den Kopf. „Tja, also … Hast du vielleicht meinen Schuh gesehen? Er ist gelb.“
„Nee, Luis, ich bin hier die Journalistin, ich stell die Fragen!“, sagte Jennifer streng.
„Hey, Luiseee!“, brüllte da jemand durch den Bus. Marlon, ein großer Junge mit einem fiesen Grinsen im Gesicht, kam auf Luis zu. „Suchst du vielleicht den?“, fragte er und ließ Luis’ Schuh vor seiner Nase baumeln.
„Gib ihn her“, sagte Luis.
Aber daran dachte Marlon nicht im Traum. Schon schmiss er den Schuh quer durch den Bus einem Kumpel zu. Doch Jennifer fing ihn geschickt aus der Luft und drückte ihn Luis in die Hände. „Hier. Und jetzt zurück zu meiner Frage. Also?“
„Danke“, meinte Luis. „Äh … Fünf?“
„Wunderbar. Danke, Luis. Hast du das im Kasten, Patty?“
Doch im Tumult war Patty die Kamera aus dem Fenster gefallen. Alles, was sie noch festhielt, war ein trauriges Kabel …
Endlich bog der Bus auf den Parkplatz der Walnut-Hill-Schule ein, die Türen öffneten sich, und Mr Rooney sagte jedem Kind Auf Wiedersehen.
Luis sah, wie seine Klassenkameraden in die Autos ihrer Eltern stiegen. Jennifer fuhr mit ihrer Mutter in einem kleinen roten Auto davon. Marlon steuerte mit seinem silbernen Hartschalenkoffer einen großen funkelnagelneuen SUV an.
Seine Mutter empfing ihn mit einem kritischen Blick und knöpfte sofort die oberen Knöpfe seines Hemdes zu.
„Schau nur, wie du rumläufst“, tadelte sie ihn. „Was sollen denn die Leute denken?“
„Yo, Mum, mach dich doch mal locker“, stöhnte Marlon, bevor er den Koffer ins Auto legte.
Luis seufzte, hievte die geblümte Tasche in den Fahrradkorb am Lenker und den alten Lederkoffer auf den Gepäckträger seines verbeulten Fahrrads.
„Luis, was machst du denn noch hier?“ Mr Rooney trat auf Luis zu. „Hat dein Vater wieder vergessen, dich abzuholen?“
„Was? Äh … nein, äh … er ist sehr beschäftigt mit … äh …“, stotterte Luis verlegen. „Ich muss dann los!“
Kopfschüttelnd sah Mr Rooney dem dünnen Jungen mit den blonden Strubbelhaaren hinterher, wie er mühsam in die Pedale seines uralten Fahrrads trat. Er musste dringend mal mit Luis’ Vater sprechen …
Luis fuhr quer durch die Stadt. Der freundliche Eismann winkte ihm aus seinem Eiswagen zu.
„Hey, Junge, ich glaube, dein Fahrrad ist schrottreif!“, rief er.
„Morgen bekomme ich ein neues zum Geburtstag!“, rief Luis fröhlich.
„Oh, da wirst du beg-EIS-tert sein! Verstanden? EIS-tert. Weil ich doch ein EIS-Mann bin. Lustig, oder?“
Luis fuhr weiter … am großen Einkaufszentrum vorbei und über eine große Brücke … nach Hause.
In seiner Straße sahen alle Häuser gleich aus: Alle waren ordentlich weiß getüncht, hatten graue Dachziegeln und einen tadellos grünen Rasen im Vorgarten.
Alle – bis auf das Haus von Luis und seinem Vater.
Der Rasen war braun und vertrocknet, von der Hauswand blätterte die Farbe – und aus dem Dach ragte ein riesiges Teleskop. Luis’ Vater war „Ufologe“. So nannte er sich jedenfalls selbst, denn er hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, nach bösartigen Außerirdischen Ausschau zu halten.
„Hallo, Luise!“, brüllte Marlon ihm aus dem Nachbargarten zu. „Wieso hast du so lang gebraucht?“
Ja, Marlon war nicht nur der unsympathischste Schnösel der ganzen Schule, sondern außerdem noch Luis’ Nachbar …
Mr Winter, Marlons Vater, kam mit Zornesfalte auf der Stirn auf Luis zu. „Luis Sonntag! Sag deinem Vater, dass er eine Schande für unsere Straße ist. Er sollte sich lieber um sein Anwesen kümmern, als sich die Nächte mit irgendeinem hirnverbrannten Blödsinn um die Ohren zu schlagen. Richte ihm aus, dass er von meinem Anwalt hören wird, klar?“
„Ja, ja“, murmelte Luis. Immer dieselbe Leier. Als würde ein Anwalt seinen Vater auf andere Gedanken bringen … Er stellte sein Fahrrad ab und betrat leise das Haus.
Die Vorhänge waren zugezogen.
Luis ließ seinen Blick über das in Dämmerlicht getauchte Durcheinander im Wohnraum schweifen. Überall lagen Bücher, leere Teller, ungeöffnete Rechnungen und hohe Stapel vom Buch seines Vaters. Armin Sonntag: Aliens. Sie existieren!, stand in großen Buchstaben auf dem Cover.
Sein Vater lag auf dem Sofa und schnarchte laut. Offenbar hatte er wieder die ganze Nacht lang Ausschau nach Außerirdischen gehalten. Als ob die ausgerechnet in einem Städtchen wie Walnut Hill landen würden!
Luis wollte sich in sein Zimmer schleichen – doch dabei stieß er mit der Tasche aus Versehen an einen Bücherstapel, der polternd in sich zusammenbrach.
„Luis!“ Sein Vater schreckte auf. „Wo kommst du denn her?“
„Von der Klassenfahrt zum Drachengipfel, Dad, weißt du nicht mehr?“
Armin Sonntag blickte seinen Sohn an, als habe er ihn schon lange nicht mehr gesehen.
„Du bist groß geworden. Wie lang warst du fort?“
„Vier Tage, Dad.“
„Ach so, ja, ja“, sagte er konfus. „Wie spät ist es denn?“
„Halb sechs.“
„Halb sechs? Da wird es ja bald dunkel. Zeit, an die Arbeit zu gehen.“ Und damit stieg er die Treppe zum Dachboden hinauf. Dort hatte er nämlich seinen Beobachtungsposten: Rings um das riesige Teleskop standen unzählige Rechner, Transistoren und Maschinen, die Wellen und Signale aufzeichneten, die sie von irgendwoher empfingen.
Es war Dads Reich. Hier ging er völlig in seiner Arbeit auf und vergaß alles andere um sich herum. Meistens merkte er es noch nicht einmal, wenn Luis ihm eine kleine Mahlzeit zubereitet hatte und sie ihm in sein Arbeitszimmer brachte.
Luis ließ seinen Vater auch lieber in Ruhe, wenn er arbeitete. Wenn sein Vater ihn bemerkte, würde er ihm nur wieder von seiner angeblichen Begegnung mit einem echten Außerirdischen erzählen. Die Geschichte kannte Luis in- und auswendig.
Also räumte er ein bisschen im Wohnzimmer und in der Küche auf und buk dann einen Kuchen. Er machte ihn genau so, wie seine Mutter ihn immer zubereitet hatte, als sie noch lebte – einen richtigen Geburtstagskuchen. Mit Rosinen und Kerzen. Schließlich würde er morgen zwölf Jahre alt werden. Und bestimmt schenkte ihm Dad dann das neue Fahrrad, das er sich so wünschte.