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Das Selbstbild des Beraters

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Schon aufgrund der Tatsache, es in das Auswahlverfahren geschafft zu haben, entwickeln Anwärter ein ganz besonderes Selbstbild: »Ich bin gut – richtig gut! Ich bin etwas Besonderes!« Es ist das Gefühl, dazuzugehören zu diesem elitären Kreis von Spezialisten, die sich durch Aufnahme- und Strukturierungsfähigkeit auszeichnen und die komplexer denken und sich leichter anpassen können als die meisten anderen Kommilitonen. Die großen Beratungsunternehmen ziehen den größten Nutzen aus diesem Selbstbild – haben sie doch relativ günstige neue Mitarbeiter voller Tatendrang – auf Kosten ebendieser Youngster, die zum Zeitpunkt des Einstiegs in die Branche noch voller Motivation sind und 110 Prozent Arbeitseinsatz und mehr bringen.

Für viele ist Berater ein Traumjob, mit dem man innerhalb kürzester Zeit seine Karriere boosten kann. Klaus Reiners, Pressesprecher beim Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e. V., untermauert diese Auffassung mit der Aussage: »Ein Jahr in der Unternehmensberatung entspricht drei bis vier Jahren in anderen Wirtschaftsunternehmen.«26 Die Karrierechancen sind in der Tat extrem interessant, wenn man in der Wirtschaft vorankommen möchte. Wer nicht in einem großen Beratungsunternehmen weiter aufsteigen möchte, dem bieten sich in den ersten drei bis fünf Jahren zahlreiche Möglichkeiten, sich von Kunden abwerben zu lassen. Diese Praxis ist sehr verbreitet und stellt eine Win-win-Situation dar: Der Berater hat mit seiner bisherigen Arbeit bewiesen, was er drauf hat, und der Kunde holt sich einen strategischen Spezialisten ins Haus, dessen Arbeitsweise er bereits kennt und der ihm von nun an allein zur Verfügung steht.

In keiner anderen Brache kann man in vergleichbar kurzer Zeit eine derartig große Bandbreite an Wissen aufnehmen. Als Berater landet man in Firmen, die ein Problem haben (obwohl Berater nie dieses Wort in den Mund nehmen, sondern immer von »Herausforderung« oder anglisiert »Issue« reden), analysiert die Situation und entwickelt einen Lösungsentwurf und die notwendigen Schritte für die Umsetzung. Die Fähigkeit, sich schnell in das Unternehmen einzudenken, bringen die Berater bereits mit – als Grundausstattung sozusagen. Das Entwickeln von immer wieder neuen Lösungen bringt jedes Mal einen immensen Wissenszuwachs mit sich, und mit jedem Projekt lernt man dazu. Learning on the job in Reinkultur – ein Paradies für karriereorientierte Berufseinsteiger.

Doch es gibt auch Schattenseiten: Es kommt immer wieder vor, dass Berater in Gewissenskonflikte geraten, nämlich dann, wenn ihre ausgearbeiteten Lösungsvorschläge nicht mit ihren Werten übereinstimmen. Logisch betrachtet – also nur unter Berücksichtigung von Daten und Fakten – mögen die erarbeiteten Lösungsvorschläge und Strategien vollkommen korrekt sein, doch in Bezug zu den eigenen Werten gesetzt, kann es ziemlich große Diskrepanzen geben. Sieht sich ein Berater regelmäßig mit solchen Situationen konfrontiert, sollte er seinen Job überdenken, denn irgendetwas scheint hier nicht zu passen. Auf Dauer bringt das mehr Frust als Lust, denn er muss hier in eine Rolle schlüpfen, die nicht seinem Naturell – seiner Identität und seinem Werteverständnis – entspricht.

Natürlich gibt es auch Berater, die regelrecht in ihrer Profession aufgehen. Sie ziehen keine Maske auf, die sie unnahbar macht, um möglichst allwissend und unantastbar zu wirken. Sie verkörpern einfach von Natur aus den typischen Berater und blühen bei ihrer täglichen Arbeit voll und ganz auf. Dass Menschen sich in diesem Punkt unterscheiden, liegt daran, dass sie ein unterschiedliches Werteverständnis haben. Das Werteverständnis ist etwas, das Berater (und natürlich auch alle anderen Menschen) in ihrem Denken, Fühlen und Handeln steuert – meist unbewusst.

Goodbye, McK... & Co.

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