Читать книгу Cyrano de Bergerac - Edmond Rostand - Страница 7
Оглавление2. Auftritt
Vorige. Christian. Lignière. Später Ragueneau, Le Bret.
Cuigy: Lignière!
Brissaille [Lacht]: Immer noch nicht betrunken?
Lignière [Zu Christian]: Darf ich Euch vorstellen? [Christian nickt zustimmend] Baron de Neuvillette. [Verbeugt sich]
Das Publikum [Applaudiert, als der erste Lüster angezündet und hochgezogen wird]: Ah!
Cuigy [Zu Brissaille, sieht dabei Christian an]: Was für ein hübscher Kerl!
Erster Marquis [Der dies mitbekommen hat]: Puh!
Lignière [Stellt sie Christian vor]: Die Herren de Cuigy. De Brissaille –– .
Christian [Verbeugt sich]: Sehr erfreut!
Erster Marquis [Zum zweiten]: Zugegeben, nicht schlecht anzuschauen, aber er ist nicht gerade nach der neuesten Mode gekleidet.
Lignière [Zu Cuigy]: Der Herr kommt aus der Touraine.
Christian: Ja, ich bin gerade mal zwanzig Tage in Paris; morgen trete ich als Kadett in die Garde ein.
Erster Marquis [Beobachtet die Leute, die in die Logen kommen]: Da ist die Frau des Obersten Richters.
Die Büffetdame: Orangen, Milch –– .
Die Geiger [Stimmen ihre Instrumente]: La – la –– .
Cuigy [Zu Christian, zeigt auf den Saal, der sich schnell füllt]: Gut gefüllt.
Christian: Ja, in der Tat.
Erster Marquis: Gütiger Himmel!
[Sie erkennen und benennen die verschiedenen, elegant gekleideten Damen, die die Logen betreten, und verbeugen sich tief vor ihnen. Die Damen antworten mit einem Lächeln].
Zweiter Marquis: Madame de Guemenee.
Cuigy: Madame de Bois-Dauphin.
Erster Marquis:
Von uns allen verehrt!
Brissaille: Madame de Chavigny –– .
Zweiter Marquis: Die sich mit unseren armen Herzen einen Spaß macht –– !
Lignière: Ha! Monsieur de Corneille ist also aus Rouen zurück!
Der junge Mann [Zu seinem Vater]:Ist die Akademie hier?
Der Bürger: Oh ja, ich sehe sogar einige Mitglieder. Da sind Boudu, Boissat, Cureau de la Chambre, Porcheres, Colomby, Bourzeys, Bourdon, Arbaud – alles Namen für die Ewigkeit! Hervorragend!
Erster Marquis: Aufgepasst! Da kommen unsere Schönheiten; Barthenoide, Urimedonte, Cassandace, Felixerie –– .
Zweiter Marquis: Ach! Wie exquisit ihre ausgefallenen Namen klingen! Kennt Ihr sie alle, Marquis?
Erster Marquis: Ja, Marquis, ich kenne sie – alle!
Lignière [Zieht Christian zur Seite]: Mein Freund, ich kam nur her, um Euch eine Freude zu machen. Die Dame scheint nicht zu kommen, also werde ich mich wieder meinem liebsten Laster widmen.
Christian [Beschwichtigend]: Nein, nein! Ihr, der Ihr bei Hofe und in der Stadt gleichermaßen für Eure Balladen bekannt seid, könnt mir besser als jeder andere sagen, wer die Dame ist, für die ich aus Liebe sterbe. Bleibt bitte noch ein Weilchen.
Die erste Geige [Schlägt ihren Bogen auf das Pult]: Meine Herren Geiger! [Hebt seinen Bogen]
Die Büffetdame: Makronen, Zitronenwasser –– .
[Die Geigen beginnen zu spielen]
Christian: Ach! Ich fürchte, sie ist kokett, viel zu nett und anspruchsvoll! Ich, der ich so arm an Verstand bin, was soll ich mit ihr reden – wie sie ansprechen? Diese Sprache, die man heute spricht, sogar schreibt, verwirrt mich; ich bin nur ein ehrlicher Soldat, und schüchtern dazu. Ihr Platz ist immer dort, auf der rechten Seite – die leere Loge, seht nur!
Lignière [Macht Anstalten zu gehen]: Ich muss gehen.
Christian [Hält ihn auf]: Nein, bleibt.
Lignière: Ich kann nicht. D'Assoucy wartet auf mich in der Schenke, und hier verdurstet man ja.
Die Büffetdame [Geht mit einem Tablett an ihnen vorbei]: Ein Orangensaft?
Lignière: Igitt!
Die Büffetdame: Milch?
Lignière: Bloß nicht!
Die Büffetdame: Einen Muskateller?
Lignière: Unbedingt. [Zu Christian] Ich bleibe noch ein Weilchen. Lasst mich diesen Muskateller kosten.
[Er setzt sich ans Buffet, die Dame schenkt ihm ein].
Das Publikum [Schreit beim Eintritt eines molligen kleinen Mannes freudig erregt]: Ah! Ragueneau!
Lignière [Zu Christian]: Das ist der berühmte Schankwirt Ragueneau.
Ragueneau [In der Sonntagskleidung eines Pastetenbäckers, geht schnell auf Lignière zu]: Mein Herr, habt Ihr Monsieur de Cyrano gesehen?
Lignière [Stellt ihn Christian vor]: Der Zuckerbäcker aller Schauspieler und Dichter!
Ragueneau [Überwältigt]: Ihr erweist mir zu viel der Ehre –– .
Lignière: Nein, nein, schweigt, Maecenas, der Ihr seid!
Ragueneau: Gewiss, diese Herren beschäftigen mich ––– .
Lignière: Ohne zu bezahlen! Seid ja selbst ein Dichter mit einem gewissen Talent –– .
Ragueneau: So sagt man.
Lignière: Verrückt nach Poesie!
Ragueneau: Es stimmt, für eine kleine Ode –– .
Lignière: Gibt es eine Torte –– .
Ragueneau: Ach was! – ein Törtchen!
Lignière: Tapferer Bursche! Würde sich gerne entschuldigen! Und für ein Triolett, habt Ihr im Tausch –– .
Ragueneau: Ein paar kleine Brötchen gegeben!
Lignière [Ernst]: Es waren Milchbrötchen! Und was das Theater angeht, das mögt Ihr doch am meisten?
Ragueneau: Oh! Nur zum Zeitvertreib!
Lignière: Wie bezahlt Ihr die Eintrittskarten, hm? Mit Torten? Kommt, sagt es mir ins Ohr, was hat Euch Euer Platz heute Abend gekostet?
Ragueneau: Vier Krapfen und fünfzehn Windbeutel. [Schaut sich nach allen Seiten um] Ist Monsieur de Cyrano nicht hier? Das ist seltsam.
Lignière: Warum ist das seltsam?
Ragueneau: Montfleury steht auf der Bühne!
Lignière: Stimmt; das alte Weinfass wird heute Abend Phaedons Rolle spielen; aber was kümmert das Cyrano?
Ragueneau: Wie? Ihr wisst es nicht? Er ist außerordentlich wütend auf Montfleury, und hat ihm strengstens verboten, sein Gesicht auf der Bühne blicken zu lassen – und zwar einen ganzen Monat lang.
Lignière [Trinkt sein viertes Glas]: Und nun?
Ragueneau: Montfleury wird spielen!
Cuigy: Das wird er nicht verhindern können.
Ragueneau: Oh, oh! Um das herauszufinden, bin ich heute gekommen!
Erster Marquis: Wer ist dieser Cyrano?
Cuigy: Ein Bursche, der in allen Kunstgriffen des Fechtens bewandert ist.
Zweiter Marquis: Ist er von edler Geburt?
Cuigy: Sicher, er ist Kadett in der Garde. [Zeigt auf einen Herrn, der im Saal auf und ab geht, als ob er jemanden sucht] Das dort drüben ist sein Freund Le Bret, der kann Euch am besten Auskunft geben. [Ruft ihn] Le Bret! [Le Bret kommt auf sie zu] Sucht Ihr nach de Bergerac?
Le Bret: Ja, ich bin etwas in Sorge –– .
Cuigy: Ist er nicht ein sehr außergewöhnlicher Kumpan?
Le Bret [Sanft]: Auf jeden Fall gehört er zu den vornehmsten aller irdischen Geschöpfe!
Ragueneau: Dichter!
Cuigy: Soldat!
Brissaille: Philosoph!
Le Bret: Musikant!
Lignière: Und welch fantastisches Aussehen!
Ragueneau: Selbst unser grimmiger Maler Philippe de Champaigne hätte seine Probleme, ihn zu porträtieren! Mich dünkt, so skurril, wild und komisch er auch sein mag, nur der bereits verstorbene Jacques Callot hätte dies gekonnt; er hätte aus ihm den tollsten Kämpfer seines ganzen Trupps gemacht, mit dreifach gefiedertem Dreispitz und sechsfach abgesetztem Wams – und der Schwertspitze, die unter seinem Mantel hervorragt wie ein vorwitziger Hahnenkamm! Er ist stolzer als alle wilden Artabaner, die dem Nährboden der Gascogne jemals entsprungen sind oder noch werden! Und über seiner Halskrause trägt er eine Nase! Ach, meine Herren, und was für eine Nase das ist! Wenn man sie sieht. ist man geneigt, laut zu rufen: "Nein, das ist zu viel! Er spielt uns einen Streich!" Dann lacht man und sagt: "Er wird sie bald abnehmen." Aber nein! Monsieur de Bergerac behält sie immer an.
Le Bret: [Wirft seinen Kopf nach hinten] Er behält sie an – und spaltet jeden, der es wagt, sie zu erwähnen, in zwei Teile!
Ragueneau [Stolz]: Sein Schwert – wie die römischen Schicksalsgöttinnen kann es Euren Lebensfaden im Nu durchtrennen!
Erster Marquis [Zuckt mit den Schultern]: Er wird nicht kommen!
Ragueneau: Ich halte dagegen! Und ich wette ein Hühnchen – à la Ragueneau.
Der Marquis [Lacht]: Gilt!
[Bewunderndes Raunen im Saal. Roxane ist soeben in ihrer Loge erschienen. Sie setzt sich nach vorne, die Gouvernante nach hinten. Christian, der das Buffetmädchen bezahlt, sieht ihren Auftritt nicht].
Zweiter Marquis [Unter kleinen Freudenschreien]: Ach, meine Herren! sie ist so unfassbar – wahnsinnig – hinreißend!
Erster Marquis: Wenn man sie ansieht, denkt man an einen Pfirsich, der eine Erdbeere anlächelt!
Zweiter Marquis: Und diese Kühle! Einem Mann, der sich ihr zu sehr nähert, könnte vielleicht das Herz erfrieren!
Christian [Hebt den Kopf, sieht Roxane und fasst Lignière am Arm]: Da ist sie!
Lignière: Ach! Sie ist das?
Christian: Ja, sagt mir Ihren Namen – schnell!
Lignière [Nimmt immer wieder kleine Schlucke von seinem Wein]: Magdaleine Robin – auch genannt Roxane! Gewitzt, raffiniert, hochnäsig, prunksüchtig.
Christian: Weh mir!
Lignière: Sie ist noch frei. Ein Waisenkind. Die Base Cyranos, von dem wir gerade sprachen.
[In diesem Augenblick betritt ein eleganter Edelmann mit blauem Band über der Brust die Loge und unterhält sich im Stehen mit Roxane].
Christian [Zuckt zusammen]: Wer ist der Mann dort?
Lignière [Der beschwipst wirkt und ihm zuzwinkert]: Ha! ha! Der Graf de Guiche. Verliebt in Roxane, aber verheiratet mit der Nichte von Armand de Richelieu. Er würde Roxane gerne mit einem armseligen Kerl verheiraten, einem Monsieur de Valvert, seines Zeichens Vicomte, und – sehr entgegenkommend! Sie will nichts von ihm wissen, aber de Guiche ist mächtig und kann die Tochter eines einfachen Herrn ohne Adelsrang verfolgen. Mehr noch, ich selbst habe der Welt seinen schlauen Plan offenbart, und zwar in einem Lied, das –– . Ha, er muss toben vor Wut! Ich habe genau ins Schwarze getroffen – hört zu! [Steht schwankend auf, erhebt sein Glas und möchte anfangen zu singen].
Christian: Nein. Gute Nacht.
Lignière: Wo geht Ihr hin?
Christian: Zu Monsieur de Valvert!
Lignière: Nehmt Euch in Acht! Er wird Euch töten, wenn es sein muss. [Lässt seinen Blick zu Roxane schweifen]: Bleibt, wo Ihr seid – sie sieht Euch an.
Christian: Wahrlich! [Er bleibt stehen und schaut sie an. Die Gruppe der Taschendiebe, die ihn so stehen sieht, den Kopf in der Luft und mit offenem Mund, nähert sich ihm]
Lignière: Ich werde stattdessen gehen. Ich bin durstig! Und man erwarten mich – in den Gastschänken! [Geht taumelnd hinaus]
Le Bret [Der sich im ganzen Saal umgesehen hat und beruhigt zu Ragueneau zurückkommt]: Keine Spur von Cyrano.
Ragueneau [Ungläubig]: Dennoch –– .
Le Bret: Eine Hoffnung ist mir geblieben – dass er den Spielplan nicht gesehen hat!
Das Publikum: Anfangen, anfangen!