Читать книгу Cyrano de Bergerac - Edmond Rostand - Страница 8
Оглавление3. Auftritt
Vorige, alle außer Lignière. De Guiche, Valvert, dann Montfleury.
Ein Marquis [Beobachtet De Guiche, der aus Roxanes Loge herabsteigt und umgeben von unterwürfigen Adligen, unter ihnen der Vicomte de Valvert, das Parkett durchquert]: Hält sich einen ordentlichen Hofstaat, Euer De Guiche!
Ein anderer Marquis: Pfui!. Noch ein Gascogner!
Der Erste: Kein Wunder, der kühle, geschmeidige Gascogner – das ist der Stoff, aus dem Erfolg geschmiedet wird! Glaubt mir, wir sollten uns vor ihm verbeugen. [Gehen auf De Guiche zu]
Zweiter Marquis: Was für edle Bänder! Wie nennt Ihr diese Farbe, Graf de Guiche? "Küss mich, mein Liebling", oder "Scheues Reh"?
De Guiche: "Verfluchter Spanier", so nennt man diese Farbe.
Erster Marquis: Meiner Treu! Die Farbe spricht Wahrheit, denn dank Eurer Tapferkeit wird es den Spaniern in Flandern bald schlecht ergehen.
De Guiche: Ich gehe auf die Bühne! Werdet Ihr mitkommen? [Geht auf die Bühne zu, gefolgt von den Marquisen und Edelleuten. Er wendet sich um und ruft] Kommt, Valvert!
Christian [Der zuschaut und zuhört, erschrickt bei diesem Namen]: Der Vicomte! Ah! Ich schleudere ihm meine –– .[Steckt die Hand in die Tasche und findet dort die Hand eines Taschendiebs, der ihn gerade ausrauben will. Er dreht sich um] Heda"
Der Taschendieb: Oh!
Christian [Hält ihn fest]: Ich habe einen Handschuh gesucht.
Der Taschendieb [Lächelt mitleiderregend]: Und eine Hand gefunden. [Wechselt den Tonfall, eilig und flüsternd] Lasst mich nur gehen, und ich werde Euch ein Geheimnis verraten.
Christian [Hält ihn immer noch fest]: Und was wäre das?
Der Taschendieb: Lignière – also der, der Euch gerade verlassen hat –– .
Christian: Und weiter?
Der Taschendieb: Sein Leben ist in Gefahr. Ein von ihm verfasstes Lied hat in hohen Kreisen großen Anstoß erregt, und heute Nacht sind hundert Mann – ich bin einer von ihnen –auf dem Posten –– .
Christian: Hundert Mann! Von wem befehligt?
Der Taschendieb: Darf ich nicht sagen – ein Geheimnis –– .
Christian [Zuckt mit den Achseln]: Ach!
Der Taschendieb [Übertrieben würdevoll]: Von Berufs wegen.
Christian: Wo stehen diese Männer?
Der Taschendieb: An der Porte de Nesle. Auf seinem Heimweg. Warnt ihn.
Christian [Lässt seine Handgelenke los]: Aber wo kann ich ihn finden?
Der Taschendieb: Lauft in alle Schenken – in die Goldene Kelter, in den Tannenzapfen, in den Berstenden Gürtel, in die Zwei Fackeln, in die Drei Herde – und hinterlasst überall die Nachricht, dass er auf der Hut sein muss.
Christian: Gut – ich fliege! Diese Schurken! Hundert Mann gegen einen! [Mit liebevollem Blick auf Roxane] Ach, sie zu verlassen –– ! [Mit wütendem Blick auf Valvert] Und ihn erst –– ! Aber ich muss Lignière retten!
[Er eilt hinaus. De Guiche, der Vicomte, die Marquisen sind alle hinter dem Vorhang verschwunden, um auf den auf der Bühne aufgestellten Bänken Platz zu nehmen. Das Parkett ist ziemlich voll; auch die Galerien und Logen sind bereits überfüllt].
Das Publikum: Anfangen!
Ein Bürger [Dessen Perücke ein Page auf der oberen Galerie am Ende einer Schnur hochzieht]: Meine Perücke!
Freudenschreie: Er ist kahlköpfig! Bravo, Page – ha! ha! Ha –– !
Der Bürger [Wütend, schüttelt die Faust]: Kleiner Ganove!
Gelächter und Rufe [Zunächst sehr laut, dann langsam verklingend]: Ha! ha! ha! ha! ha! ha!
[Vollkommene Stille].
Le Bret [Erstaunt]: Was bedeutet diese plötzliche Stille –– ? [Ein Zuschauer sagt etwas mit leiser Stimme zu ihm] Ist das wahr?
Der Zuschauer: Ich habe es gerade aus erster Hand vernommen. [Im Saal erhebt sich ein Raunen] Pst! Ist er es? Nein! Doch, sage ich! In der vergitterten Loge! Der Kardinal! Der Kardinal!
Ein Page: Der Teufel persönlich! Wir sollten uns benehmen –– .
[Auf der Bühne hört man ein Klopfen. Kein Mensch rührt sich. Eine Pause].
Die Stimme eines Marquis [Durch die Stille, hinter dem Vorhang]: Löscht die Kerze!
Ein anderer Marquis [Steckt seinen Kopf durch die Öffnung im Vorhang]: Einen Stuhl!
[Ein Stuhl wird über die Köpfe der Zuschauer hinweg von Hand zu Hand gereicht. Der Marquis nimmt ihn und verschwindet, nachdem er einige Küsse zu den Logen hinauf zugeworfen hat].
Ein Zuschauer: Ruhe!
[Auf der Bühne hört man dreimaliges Klopfen. Im mittleren Tableau öffnet sich der Vorhang. Die Marquisen sitzen in gespannter Haltung auf jeder Seite der Bühne. Die Szene stellt eine ländliche Landschaft dar. Vier kleine Lüster beleuchten die Bühne; die Geigen spielen leise].
Le Bret [Leise zu Ragueneau]: Montfleurys Auftritt?
Ragueneau [Ebenfalls leise]: Ja, er sollte beginnen.
Le Bret: Cyrano ist immer noch nicht da.
Ragueneau: Ich habe meine Wette verloren.
Le Bret: Umso besser!
[Es ertönt ein Trommelwirbel, dann tritt Montfleury auf, groß und korpulent; er trägt ein idyllisches Hirtenkleid, ein mit Rosen geschmückter Hut hängt über einem Ohr; er bläst in einen mit Bändern verzierten Dudelsack].
Das Parkett [Applaudiert]: Bravo, Montfleury! Montfleury!
Montfleury [Nach tiefer Verbeugung beginnt er die Rolle des Phaedon]:
'Heureux qui loin des cours, dans un lieu solitaire,
Se prescrit a soi-meme un exil volontaire,
Et qui, lorsque Zephire a souffle sur les bois. . .'
Eine Stimme [Aus der Mitte des Parketts]: Schurke! Hatte ich Euch nicht für einen Monat untersagt, Euer Gesicht hier zu zeigen?
[Allgemeine Bestürzung. Alle drehen sich um. Raunen].
Verschiedene Stimmen: He! – was? – was ist los?
[Die Leute in den Logen stehen auf, um zu schauen].
Cuigy: Das ist er!
Le Bret [Entsetzt]: Cyrano!
Die Stimme: Oberster Hofnarr! Verlasst sofort diese Bühne!
Alle Zuschauer [Entrüstet]: Oh!
Montfleury: Aber ––– .
Die Stimme: Wagt Ihr es, mir zu trotzen?
Verschiedene Stimmen [Aus dem Parkett und den Logen]: Aufhören! Genug! Spielt weiter, Montfleury – nur keine Angst!
Montfleury [Mit zitternder Stimme]: 'Heureux qui loin des cours, dans un lieu sol...'
Die Stimme [Noch wütender]: Nun denn, Anführer aller Lumpen, dann muss ich wohl kommen und Euch eine Kostprobe meines Stocks geben! [Über den Zuschauern erscheint eine Hand, die einen Stock hält]
Montfleury [Mit mehr und mehr zitternder Stimme]: 'Heureux qui. . .'
[Der Stock bewegt sich].
Die Stimme: Runter von der Bühne!
Das Parkett: Oh!
Montfleury [Mit erstickter Stimme]: 'Heureux qui loin des cours. . .'
Cyrano [Der plötzlich im Parkett zu sehen ist, auf einem Stuhl stehend, die Arme verschränkt, den Dreispitz grimmig ins Gesicht gezogen, mit gesträubtem Schnurrbart und schrecklich anzusehender Nase]: Ah! Gleich werde ich wütend –– !
[Aufregung].