Читать книгу Die Mulgacamper Romane - Sequel - Band 11 und 12 - Elda Drake - Страница 4

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Kapitel 1

Hetty lag stöhnend auf dem Boden. Ihre Brust schmerzte höllisch an der Stelle, wo sie soeben der Schlag von Kais Faust mit voller Wucht getroffen hatte und sie musste hart mit sich kämpfen, um nicht in Tränen auszubrechen. Als er einen Schritt auf sie zutrat, erschienen erst seine langen Beine in ihrem Blickfeld und, nachdem sie sich mühsam auf den Rücken gedreht hatte und den Kopf hob, konnte sie auch den Rest seines Körpers sehen.

Ihr Freund stand in einer lässig entspannten Haltung über ihr und musterte sie mit einem absolut gnadenlosen Blick aus seinen strahlend blauen Augen. Und in denen war auch nicht das klitzekleinste Anzeichen zu erkennen, dass es ihn irgendwie tangierte, dass er ihr soeben Schmerzen zugefügt hatte.

Seine Stimme klang reichlich mitleidlos, als er sie mit unbeweglicher Miene ansah und das lapidare Statement von sich gab: »Ich habe dich gewarnt. Mit mir kannst du keine Spielchen machen.«

Hetty versuchte keuchend wieder Luft in ihre geprellte Lunge zu bekommen und die Rippen an ihrer rechten Seite vermeldeten mit einem stechenden Schmerzsignal, dass tiefes Einatmen zur Zeit nichts war, das man dem Körper zumuten sollte. In eine schonende Flachatmung übergehend, versuchte sie verzweifelt eine Lösung zu finden, wie sie ihre Lage verbessern konnte. Doch momentan befand sie sich leider in einem Zustand absoluter Demoralisierung und das blockierte ihre Gedanken.

Anstatt Ideen zu entwickeln, was sie tun könnte, beschäftigte sich ihr Gehirn mit dem Ausleben depressiver Anwandlungen und gab schlussendlich den schulterzuckenden Kommentar von sich: »Tja, nun hast du eine kleine Vorstellung davon, was passiert, wenn man sich mit Kai anlegt.«

Na ja, dass der Mann gefährlich werden konnte, hatte sie in der Vergangenheit oft genug mitbekommen, aber so, wie jetzt, hatte sie sich das alles nicht vorgestellt. Vor allem hatte sie nicht geglaubt, dass er seine Drohung tatsächlich wahrmachen und wirklich zuschlagen würde. Aber Kai hatte sie eines Besseren belehrt.

»Komm, gib mir deine Hand, ich helfe dir hoch.«

Hetty ignorierte die Aufforderung und trat ihm mit einer schnellen Bewegung die Beine weg. Kai konnte gerade eben noch soweit reagieren, dass er sich abrollte, um nicht mit voller Wucht auf die Matte zu schlagen. Doch das war nun endgültig die letzte Chance gewesen, die er ihr gelassen hatte.

Als er sich auf sie warf, blitzten seine strahlend blauen Augen mit einem äußerst amüsierten Funkeln. »Vergiss es, Prinzessin.«

Eine bissige Antwort konnte sie ihm nicht mehr geben, da sie damit beschäftigt war, seinen Kuss ausgiebig und mit viel Leidenschaft zu erwidern.

»Ähm Chef, wir wären dann auch soweit!« Georges Stimme unterbrach die Stille, die in der Trainingshalle geherrscht hatte.

Dann sprach Tom ins Mikrofon. »Wenn du nichts dagegen hast, würden wir jetzt dann gerne alle diese letzte Übung mit Hetty machen, wir haben auch richtig gut aufgepasst, wie es geht.«

Das war für die ganze Mannschaft das Zeichen vergnügt loszulachen und zweideutige Bemerkungen von sich zu geben. Denn die Kusseinlage, die ihr Boss mit seiner Freundin da gerade hingelegt hatte, war vom Allerfeinsten gewesen und sie hatten alle grinsend zugesehen, wie die zwei völlig vergaßen, dass außer ihnen noch zwanzig Leute anwesend waren. Schließlich hatten sie sich mit dem Umziehen beeilt, als sie erfahren hatten, dass dieses Mal Kai gegen Hetty antreten würde. Diese Show wollte sich keiner entgehen lassen und sie waren nicht enttäuscht worden.

Kai sprang auf und half Hetty auf die Beine. Dann richtete er, ohne im Geringsten verlegen zu wirken, das Wort an seine Männer. »Das würde euch so passen. Träumt weiter.«

Hetty schmunzelte in sich hinein. Die Übung war ihnen wohl etwas aus dem Ruder gelaufen. Aber es war schließlich erst wenige Wochen her, dass sie von der Welt der Toten zurückgekehrt war und da hatten sie beide ihre Emotionen noch nicht wieder so ganz unter Kontrolle. Abgesehen davon, dass die Leute zwar feixten, die Worte aber alle liebevoll gemeint waren und es keinen gab, der ihnen das nicht gönnte.

Inzwischen hatte sich die Mannschaft auch schon daran gewöhnt, dass ihr Chef in Gegenwart von Hetty von seinem üblichen Verhaltensschema abwich. Sobald sie da war, benahm sich die eiskalt wirkende Maschine fast wie ein normaler Mensch. Manchmal lächelte er sogar in aller Öffentlichkeit, was die Leute am Anfang in blankes Erstaunen versetzt hatte.

Denn dass sein verschlossenes Gesicht einen Ausdruck von Gefühl zeigen konnte, war bisher von den meisten Menschen, die ihn kannten, in das Reich der Fabeln und Märchen verwiesen worden. Verblüfft hatte seine Umgebung erkannt, dass dieser Mann sehr wohl zu Emotionen fähig war. In den letzten Monaten hatten alle mit Kai mitgelitten, als er verzweifelt versucht hatte, Hetty zu finden. Seine Leute hatten immer schon große Hochachtung und Respekt vor ihrem Chef gehabt, doch in der Zeit hatten sie ihn auch in ihr Herz geschlossen.

Während Kai und George mit den Männern den Trainingsablauf besprachen, erinnerte Hetty sich an die ersten Tage nach ihrer Ankunft.

Die Nachricht, dass sie wieder da war, hatte überall eingeschlagen, wie eine Bombe. Schließlich war sie seit über vier Monaten abgängig und wenn inzwischen auch jeder wusste, dass die verbrannte Leiche in ihrem Camper nicht sie selbst war, konnte sich doch niemand erklären, warum sie sich nicht meldete.

Hetty verzog den Mund. Woher hätten sie auch wissen sollen, dass sie ihr Gedächtnis verloren hatte. Sogar Kai war nicht auf diese Idee gekommen, ganz abgesehen davon, dass er keine Ahnung davon hatte, dass ihre damalige Mitfahrerin nicht Britney, sondern Conny hieß. Denn das hatte sie selbst erst in dem Moment erfahren, als diese eine Kugel auf sie abfeuerte, um sie zu töten.

Ihr Mund verzog sich zu einem sarkastischen Grinsen. Da hatte das Schicksal wieder mal kräftig am Rad gedreht und statt der miesen Erpresserin, die sich mit ihrer Identität ein neues Leben gönnen wollte, hatte es diese kurz darauf selbst erwischt. C‘est la vie. Wie hatte Britney, oder richtiger Conny, als letztes gesagt: „Einmal trifft es jeden“. Na ja, der Schuss war im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten losgegangen. Jetzt war sie mausetot und ihre Asche in alle Winde verstreut.

»Besser gesagt bei Steven und Kim im Garten!« Die Partei, die in ihrem äußerst konträr bestückten Gehirn für die spitzen Bemerkungen zuständig war, bog sich vor Lachen, bei der Erinnerung daran, wie ihre Freunde aus Alice ihr von der misslungenen Beerdigungsfeier berichtet hatten.

Glücklicherweise war gerade in dem Moment, als die Urne vom Sockel gefallen war und die Asche sich mit dem umliegenden Sandboden zu einer Masse vereint hatte, die Meldung gekommen, dass die von Kai hinter dem Rücken der Behörden veranlasste DNS-Analyse, keinen Treffer ergeben hatte. Hetty schmunzelte in sich hinein. Schade, dass kein Film gedreht worden war, bei YouTube hätten sie damit ein Vermögen verdient.

»Die Szene, als du vom Schimmel abgeworfen wurdest, hätte noch mehr Geld gebracht!«

Tja, da musste sie ihrer Sarkasmusabteilung vollkommen recht geben. Wenn jemals ein Auftritt wirklich voll in die Hose gegangen war, dann ihre Ankunft bei Kai, auf der Farm seiner verstorbenen Eltern. Zwangsgedrungen mit einem alten weißen Schimmel unterwegs, da ein überflutetes Flussbett eine Weiterfahrt mit dem Auto verhindert hatte, war sie erst noch der Meinung gewesen, das wäre ein tolles Omen: Sie, die Prinzessin, die zum Prinzen eilte, um ihn zu freien. Zugegebenermaßen schwärmte sie für gute Geschichten und vor allem für Märchen. Und sie deklamierte für ihr Leben gern.

Das hatte dem Schimmel allerdings nicht gefallen und die Folge davon war ein bühnenreifer Salto gewesen, der sie Kai vor die Füße geworfen hatte. Zumindest einen Erfolg hatte das Ganze gehabt: Kai hatte sich vor Lachen gekringelt und noch heute brachte ihn die Erinnerung an den Vorfall zum Lächeln.

Kai hatte noch am selben Abend bei George angerufen und ihm gesagt, dass sie wieder da war. Gesund und heil. Dann hatte er eine Weile warten müssen, bis er weiterreden konnte. Denn sein bester Mitarbeiter hatte zwar eine Statur wie ein Kleiderschrank auf zwei Beinen, aber gleichzeitig ein sehr empfindsames Herz. Und ganz abgesehen davon, dass Hetty eine Freundin seiner Frau Molly war, hatte er selbst sie schon seit ihrer ersten Begegnung in sein Herz geschlossen. Als die Meldung kam, dass sie tot sein sollte, hatte ihn das tief getroffen.

Jetzt kriegte er sich vor lauter Freude nicht mehr ein und brauchte eine Weile, um sich die restlichen Informationen von Kai geben zu lassen. Sofort danach griff er zum Telefon, um Molly die erlösende Nachricht mitzuteilen. Den Rest des Tages verbrachte er dann damit, der Reihe nach sämtliche Mitarbeiter von Kai zu informieren und mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht, den verschiedenen Jubelschreien zu zuhören.

Als Hetty und Kai dann zwei Tage später in die Firma kamen, hatte er eine große Willkommensparty organisiert, an der sämtliche Mitarbeiter von Kai teilnahmen.

Der hob kurz die Augenbrauen und runzelte die Stirn. Wer machte momentan die Arbeit? Seine Sicherheitsfirma mit angegliederter Detektei hatte schließlich Aufträge in ganz Australien und keine festen Arbeitszeiten.

George, der seinen Blick bemerkte, nahm ihn zur Seite. »Momentan steht nichts Besonderes an und ich habe die Zeit so gelegt, dass die meisten gerade keinen Einsatz haben. Für die anderen habe ich mir ein paar Ersatzkräfte besorgt.«

Kai wusste, dass George, genauso wie er, einige Beziehungen zur Polizei hatte und vermutete, dass er es irgendwie geschafft hatte, dass ein paar Leute von dort kurzfristig aushalfen. Und da George sich in den letzten Monaten als seine rechte Hand bewährt hatte, ließ er es damit gut sein. Als er die eigenständig getroffene Entscheidung von George mit einem kurzen Nicken für in Ordnung befand, stellte der wieder einmal fest, dass er wohl den besten Chef hatte, den man in ganz Australien finden konnte.

Inzwischen war wieder das normale Alltagsleben eingekehrt und das bestand neben den Einsätzen eben vor allem aus einem ausgiebigen Fitness- und Kampftraining. Und für diesen Bedarf war das große Firmengelände im Außenbezirk von Brisbane bestens eingerichtet. Neben einigen Geländestrecken, die an die Ausbildungszentren von Militärfilmen erinnerten, einem Übungsplatz für Paintball-Waffen und einer klimatisierten Schießhalle, gab es eine große Trainingshalle, die neben den üblichen Geräten auch noch eine Kletterwand besaß, welche allerdings von den meisten Mitarbeitern mehr gehasst, denn geliebt wurde. Muskelbepackte Kleiderschränke waren eben nur bedingt dazu geeignet, sich elegant und gelenkig an einer steilen Wand hochzubewegen. Zu der Anlage gehörten auch noch die Garagen für die Firmenwägen, der Landeplatz für Kais Hubschrauber und ein modernes Bürogebäude, in dem ihr Lebensgefährte seine Zentrale eingerichtet hatte.

Hetty hatte bereits bei ihrer ersten Besichtigung vor fast zwei Jahren, anerkennend zu Kai gesagt, dass sich viele Polizeiausbildungsstellen in Deutschland solch eine Einrichtung wünschen würden. Damals hatte sie allerdings nicht in ihren kühnsten Träumen daran gedacht, dass sie hier eines Tages als Freundin des Chefs tagtäglich ein- und ausgehen würde.

Hetty beendete ihre gedankliche Erinnerungsreise und kehrte in die Jetztzeit zurück. Sie musterte die Männer, die aufmerksam den Anweisungen zuhörten und zuckte mit den Schultern. Es machte keinen Sinn hier noch lange rumzustehen und von der Vergangenheit zu träumen. Der Schweiß, der ihr immer noch auf der Stirn stand, gab einen deutlichen Hinweis darauf, was eine bessere Alternative war.

Sie nickte Kai zu. »Ich gehe duschen.«

Obwohl in seiner Sicherheitsfirma nicht viele Frauen beschäftigt waren, so hatte Kai dennoch auch für diese einen großzügig ausgestatteten Dusch- und Umkleidebereich eingerichtet. Dort konnte sie sich jetzt vor dem Heimfahren noch etwas restaurieren und vor allem überprüfen, was sein Schlag auf ihrem Körper angerichtet hatte. Mit einem Ächzen zog sich Hetty das T-Shirt über den Kopf und kontrollierte vor dem Spiegel, ob sich schon ein blauer Fleck auf ihren Rippen abzeichnete. Denn diese Aktion würde ihr mit Sicherheit einen ausgewachsenen Bluterguss einbringen und sie noch einige Zeit an ihren Fehler in der Verteidigungshaltung erinnern.

»Tja, selber schuld, du willst ja unbedingt mitmachen!«

Da musste sie ihrem Verstand recht geben. Sie hatte noch vor ihrem Verschwinden vereinbart, dass sie Kai nicht nur bei den Akquiseaufgaben helfen würde, sondern eben auch hin und wieder bei kleineren Aufträgen seiner Firma eingesetzt werden wollte. Da die auch mal aus dem Ruder laufen und gefährlich werden konnten, war es selbstverständlich von Vorteil, über eine gewisse körperliche Grundkonstitution zu verfügen, um sich im Falle eines Falles verteidigen zu können. Abgesehen davon, dass Kai gesagt hatte, ohne ein entsprechendes Nahkampftraining könnte sie sich die Idee abschminken. Und auch, wenn sie sich von ihm nicht gerne etwas sagen ließ, in seiner Firma war er der Chef und sie hatte seinen Befehlen genauso Folge zu leisten, wie seine anderen Angestellten.

Deshalb hatte Hetty die letzten Wochen fleißig mit George, seinem Trainingsleiter, gearbeitet und inzwischen enorme Fortschritte gemacht. Wobei natürlich allen klar gewesen war, dass sie mit ihren 1.60 Metern Körpergröße und siebenundvierzig Jahren keine bestialische Kampfmaschine werden würde. Aber es gab genügend Mittel, die auch eine Frau befähigten in einem Ernstfall den Gegner auszuschalten. Dazu gehörte vor allem als Grundeinstellung eine absolute Gnadenlosigkeit beim Zuschlagen und die rigorose Anwendung aller erlaubten und unerlaubten Methoden. Und das waren bei Hetty maßgebliche Charaktereigenschaften, denn gegenüber ihr feindlich gesinnten Menschen, war sie noch nie übertrieben rücksichtsvoll gewesen.

George war deswegen bezüglich der Wahl der Mittel auch nicht zimperlich und verriet ihr eine Gemeinheit nach der anderen. Die durfte sie dann, nach einem intensiven Grundtraining mit ihm, bei dem sie die Technik einübte, der Reihe nach an Kais Männern ausprobieren, die sich voller Begeisterung als Kampfpartner zur Verfügung stellten. Wobei die Freude nur von kurzer Dauer war, denn sie mussten ziemlich schnell feststellen, dass die Freundin ihres Chefs sie tatsächlich aufs Kreuz legen konnte. Schon bald gestanden sie sich ein, dass sie sich dann doch lieber von Kai auf die Matte legen ließen, denn gegen Hetty, war ihr gnadenloser Boss die reinste Mutter Theresa und seine Schläge beinahe Streicheleinheiten.

George, der bekannt dafür war, auf alles und jeden zu wetten, hatte in der letzten Zeit schon viel Geld aufgrund ihrer Erfolge gewonnen. Wobei es ein Gebiet gab, in dem sich sowieso keiner mit ihr anlegte und das war der Schießstand. Da gab es nur einen in der ganzen Firma, der noch besser als Hetty schießen konnte und das war Kai selbst. Und der hatte schließlich bei den Marines unter anderem eine Ausbildung zum Scharfschützen gemacht.

Heute hatte er sich die Zeit genommen, zuerst eine Weile beim Training von Hetty zuzusehen, und sich dann selbst als Sparringspartner zur Verfügung gestellt. Bevor sie mit dem Kampf begannen, hatte er ihr anschaulich und eingehend gezeigt, welche Fehler sie in ihrer Deckung machte. Hetty hatte genickt, aber seine Warnung nicht sonderlich ernst genommen. Schließlich hatten die letzten Tage ihr bewiesen, dass sie mit ihren Tricks seine Männer immer wieder überlisten konnte. Kai allerdings hatte schon nach kurzer Zeit zweimal ihre Abwehr durchbrochen, doch dabei immer seinen Schlag abgebremst und den Treffer nur angedeutet.

Mit einem Stirnrunzeln hatte er schließlich gesagt. »Ich warne dich. Beim nächsten Mal schlage ich richtig zu. Das hier ist kein Spiel!«

Dabei hatten seine strahlend blauen Augen sie äußerst ernst angesehen. Das hätte ihr als Warnung eigentlich genügen sollen. Schließlich war sie der einzige Mensch auf der Welt, der wirklich hinter die Fassade dieses, nach außen hin, so emotionslos und introvertiert wirkenden Mannes sehen konnte. Und sie konnte eigentlich inzwischen alle seine kleinen Gesichtsregungen deuten und hätte wissen müssen, dass er keinen Spaß machte.

Aber nein, sie hatte ihn angeschaut und wieder einmal mit Wonne festgestellt, dass dieser so unwahrscheinlich attraktive Mann tatsächlich ihr Lebenspartner war. Denn mit seinem knapp 1.90 Meter großen, athletisch durchtrainiertem Körper, schmalen Hüften und breiten Schultern war er, alleine schon von der Figur her, ein Leckerbissen für die Augen. Dazu noch schwarze halblange Haare, die ein feingeschnittenes Gesicht mit den blauesten Augen der Welt umrahmten und der Traumprinz war perfekt. Die feine Narbe über seiner linken Wange störte den Gesamteindruck nicht im Geringsten, sondern sorgte dafür, dass die Perfektion noch das letzte i Tüpfelchen erhielt, denn damit bekam seine Ausstrahlung auch noch den Anflug von Verwegenheit.

Doch dass er nicht nur perfekt, sondern leider auch gnadenlos und rational sein konnte, hatte kurz darauf ein genau gezielter Schlag gezeigt, der ihr die Tränen in die Augen getrieben hatte. Wobei sie noch froh sein musste, dass er ihr dabei keine Rippe gebrochen hatte, sondern nur so stark zugeschlagen hatte, dass es richtig schmerzte.

Mit einem tiefen Aufseufzen stellte sich Hetty unter die Dusche. Kai hatte eine sehr nachdrückliche Art, ihr Gehirn zum Denken anzuregen. Er wusste genau, dass sie anders seine Anweisungen nie richtig ernst genommen hätte. Jetzt hatte sie verstanden, wie gefährlich ihr Leichtsinn im Ernstfall geworden wäre. Stöhnend schloss sie die Augen. Das kam davon, wenn man glaubte, man könnte mit jemanden wie Kai locker mithalten.

Als sie das Wasser abdrehte und sich abtrocknete dachte sie an den Tag zurück, als sie endlich zurückgekommen war.

»Du solltest besser wieder kalt duschen!«

Hetty lächelte. Ihre Hormongruppe war wieder voll in ihrem Element. Na ja, der Kuss hatte zumindest gezeigt, dass es Kai mit ihr nach wie vor nicht langweilig wurde.

»Wie denn auch, schließlich seid ihr jetzt zwar schon seit über einem halben Jahr ein Paar, habt aber durch den Vorfall mit deiner Amnesie und deiner blöden Reise erst sieben Wochen miteinander verbracht. Da sieht doch jeder von euch noch alles durch die rosarote Brille.«

Hetty zog leise jammernd ein frisches T-Shirt an. Von wegen! Kai wusste genau, mit welchen Fehlern sie behaftet war und auch er hatte einige Eigenheiten, die von ihr relativ viel Toleranz abverlangten.

»Was soll denn das sein?« Der Verstand mischte sich ein. Hormone hin, Hormone her, man sollte die Kirche im Dorf lassen.

»Er lässt sich nichts sagen und will immer seinen Willen durchsetzen.«

Wieherndes Gelächter brandete auf. Sämtliche Gehirnfraktionen waren sich einig. »Also ist er genauso wie wir!«

Während Hetty ihre Bermuda anzog, runzelte sie die Stirn. Jawohl, und das würde mit Sicherheit immer wieder einen Reibungspunkt abgeben. Denn sie hatte nicht vor, nur nach seiner Pfeife zu tanzen.

»Aber meistens hat er doch recht, oder?«

Als sie sich nach den Schuhen bückte, kam von ihren Rippen ein deutliches Schmerzsignal.

»Er weiß ganz genau, dass du immer wieder meinst, alles läuft ganz locker und ungefährlich. Bis du dann wieder in der Bredouille steckst und er einen auf Retter in der Not machen muss. Du solltest endlich mal auf ihn hören, schließlich willst du noch länger leben!«

Stöhnend richtete sie sich auf und hielt sich die Seite. Vor allem würde sie bedeutend gesünder leben. Das war nicht von der Hand zu weisen.

Die Mulgacamper Romane - Sequel - Band 11 und 12

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