Читать книгу Die Mulgacamper Romane - Sequel - Band 11 und 12 - Elda Drake - Страница 8
ОглавлениеKapitel 5
Glücklicherweise war Kais Geländewagen groß genug, um das Gepäck für drei Leute problemlos unterbringen zu können. Wobei interessanterweise Hetty, als Frau, den kleinsten Koffer mit auf die Reise nahm, wie Kai schmunzelnd bemerkte. Sie würde wohl nie die große Modepuppe werden und vermutlich war sie der Meinung, dass ein einziges schönes Kleid neben ihren ganzen Freizeitklamotten, den Fall einer eventuell notwendigen Aufbrezelung abdecken würde. Während er ins Haus zurückging, um seine Sachen zu holen, verstauten Nat und Hetty ihre Gepäckstücke im Wagen.
Nat sah Hetty fragend an. »Und du hast Tim tatsächlich noch nie gesehen?«
Die schüttelte den Kopf. »Ich habe auch noch kein Wort mit ihm gesprochen und kenne ihn nur vom Hörensagen. Mit dem ganzen Durcheinander hatten wir bis jetzt noch keine Zeit ihn zu besuchen. Mister Brown, euer ehemaliger Ausbilder bei den Marines, hat mir damals in Darwin erzählt, dass er auch zu der Vierergruppe gehörte, die ihn fast in den Wahnsinn getrieben hat. Also gehe ich davon aus, er wird so sein, wie ihr drei anderen. Auf alle Fälle ist er auch einer von den Leuten, die Geld haben ohne Ende.«
Diese Schlussfolgerung zog sie natürlich auch aus dem Wissen, dass der Mitbegründer von Kais Sicherheitsfirma sich, nach ein paar Jahren Arbeit, in den Withsundays eine Insel gekauft und danach aus dem Berufsleben zurückgezogen hatte.
Nat grinste. »Na, dann bin ich schon gespannt, was du sagen wirst, wenn du den Letzten aus unserer Runde zu sehen bekommst.«
Als Kai zu ihnen trat, hob der seine rechte Augenbraue und musterte Nat. »Was ist so lustig?«
Nat sah ihm starr in die Augen und antwortete, ohne mit der Wimper zu zucken. »Hetty glaubt, dass Tim auch so ein Geldprotz und Anzugheini ist, wie wir beide und Hashimoto.«
Kai erwiderte seinen Blick, ohne jegliches Anzeichen von irgendetwas. Nur seine Lachfältchen wurden tiefer. »Du weißt doch genau, dass wir mit ihm nicht mithalten können! An seinen Stil kommt keiner von uns auch nur im Entferntesten ran.«
Nat versuchte vergeblich ein erneutes Grinsen zurückzuhalten und gab einen langen Seufzer von sich. »Stimmt, er ist ja schließlich schon fast Gottgleich!«
Jetzt verzog auch Kai seinen Mund zu einem Lächeln und Hetty bekam die leise Ahnung, dass Tim wohl doch nicht ganz so sein würde, wie sie ihn sich vorstellte. Aber morgen würde sie ihn sowieso sehen, also warum sollte sie sich jetzt darüber den Kopf zerbrechen.
Achselzuckend nahm sie im Heck des Wagens Platz. Sie hatte Nat den Beifahrersitz angeboten, denn mit ihrer Größe saß sie im Geländewagen auch hinten sehr bequem und warum sollte er seine guten 1.90 Meter verbiegen. Der dankbare Blick, den er ihr zuwarf, war gepaart mit einem leisen Ausdruck des Bedauerns, den Hetty aber wohlweislich ignorierte.
Während Kai den Wagen startete und Richtung Airlie losfuhr, unterzog sie Nat einer heimlichen Musterung. Glücklicherweise war sie in Sydney so schlau gewesen, sich nicht näher mit ihm einzulassen, sonst wäre das für alle der absolute Supergau geworden. So aber war nicht nur sie, sondern auch Nat, mit einem blauen Auge davon gekommen.
Hetty lehnte sich zurück und starrte aus dem Fenster. Sie hatte sehr wohl bemerkt, dass er von ihrem wahren Ich bei weitem nicht so begeistert war, wie von der Frau, die er zu kennen geglaubt hatte. Auch wenn ihm damals schon bewusst gewesen sein musste, dass sie ein ziemlich selbstständiger Typ war, hatte er doch nicht die geringste Ahnung davon gehabt, wie weit entfernt sie sich tatsächlich von seiner Imagination befand. Jetzt wo er wusste, wie die Dinge lagen, würde er sicher nicht mehr lange brauchen, um die Sache endgültig abzuschließen.
Das Thema Nat war eines ihrer kleinsten Probleme. Da war das mit Patrick bedeutend größer. Wenn sie an die Szene zurückdachte, die er ihr gemacht hatte, dann bekam sie jetzt noch eine Gänsehaut. Der Junge dachte tatsächlich allen Ernstes, er könnte ihr Vorschriften machen.
»Na ja, kann er doch auch, oder? Schließlich bist du eingeknickt und hast ihm beteuert, dass Nat dir nichts, aber rein gar nichts bedeutet. Und eigentlich hatte er wirklich kein Recht dazu, solche Fragen zu stellen.«
Da hatte ihre Sarkasmusabteilung tatsächlich recht, wie sie sich eingestehen musste. Patrick hatte, objektiv betrachtet, nicht den geringsten Grund, sich einzumischen. Doch er hatte es getan und ihr dabei auch sehr nachdrücklich klargemacht, dass er sehr wohl wusste, dass bei ihr immer noch Gefühle für ihn da waren. Hetty runzelte die Stirn. Das Irritierende daran war eigentlich, dass sie ihm nicht im Geringsten böse sein konnte.
»Gib doch zu, du findest es ganz toll, dass er sich in die Front wirft. Der treue Ritter mit seinem Schwert und so.«
Betreten sah Hetty auf den Armreif von Kai. Tja, anscheinend war das die Rolle, die Patrick jetzt übernommen hatte. Kai konnte er noch akzeptieren, aber jeden anderen, der ihr zu nahe kam, würde er vernichten.
Ein leises Lächeln zog über ihr Gesicht. Und Kai lehnte sich ganz gemütlich zurück und ließ Lancelot seine Arbeit erledigen. Nach der Devise, warum sollte er sich die Hände schmutzig machen, wenn Patrick immer auf der Hut war. Sie wurde wieder ernst. Die Beziehung zwischen den beiden war äußerst seltsam. Patrick hatte ihr erzählt, dass Kai inzwischen wusste, dass sie vor seiner Hochzeit eine Affäre gehabt hatten, zumindest hatten sie über die erste Nacht, die sie mit ihm verbracht hatte, gesprochen und Kai konnte zwei und zwei zusammen zählen und seine Schlussfolgerungen ziehen, auch wenn er sonst nicht mehr erfahren hatte.
Doch das hakte ihr Lebensgefährte genauso ab, wie ihre Nacht mit Patrick, bevor sie zu ihm zurückgekommen war. Und auch wenn sie bei ihrer Berichterstattung nichts Detailliertes erwähnt hatte, so konnte er sich unschwer zusammenreimen, dass es nicht nur bei einem tröstendem Schulterklopfen auf Patricks Rücken geblieben war. Nur gut, dass er keine Ahnung davon hatte, dass sie diese Nacht wirklich nicht zu ihren kleinen Sünden zählen konnte.
Im Nachhinein war ihr inzwischen wieder einmal bewusst geworden, dass sie dabei Patrick viel zu viel über ihre eigenen Gefühle verraten hatte. Doch wie üblich hatte sie, als er sie in seinen Armen gehalten hatte, den Rest der Welt völlig vergessen und natürlich auch, dass es kontraproduktiv war, ihm zu sagen, dass sie ihn nach wie vor liebte. Das hatte ihn dann wohl auch dazu bewogen, sich keine Hemmungen aufzuerlegen, als er ihr wegen Nat Vorwürfe machte.
Sie seufzte leise in sich hinein und hob den Kopf. Kais strahlend blaue Augen waren im Rückspiegel mit einem wissenden Blick auf sie gerichtet und leicht entsetzt hielt sie kurz die Luft an. Woher wusste er nur schon wieder, über was sie gerade nachdachte?
Kai verkniff sich ein Grinsen und konzentrierte sich wieder auf die Straße. Inzwischen war er schon ganz gut darin geworden, Hetty nervös zu machen. Es war einfach am besten, sie immer glauben zu lassen, dass er mehr wusste, als sie dachte und schon war er auf der sicheren Seite. Nur gut, dass Patrick genauso verschwiegen war wie er. So würde Hetty von dem Vorfall in der Halle nie etwas erfahren. Bei manchen Dingen war es besser, wenn sie nichts davon wusste. Vor allem nicht, dass er Patrick nach wie vor schonte. Er unterdrückte ein Aufseufzen. Der Junge konnte nichts für seine Gefühle und wenn er eines nachempfinden konnte, dann war das, dass man Hetty einfach lieben musste.
Die lange Fahrt verlief dank Nat äußerst kurzweilig. Schließlich war er nicht gerade schweigsam veranlagt und nachdem ihn Kai aufgefordert hatte, doch mal ein paar Geschichten aus der Militärzeit zum besten zu geben, legte er los. Natürlich erzählte er nur von den Einsätzen, die offiziell bekannt geworden waren, denn die Geheimmissionen unterlagen nach wie vor dem absoluten Redeverbot.
Das hatte Hetty von Kai bereits eindrücklich erklärt bekommen und auch, dass es nach wie vor Einsätze für ihn gab, von denen er ihr nichts erzählen würde. Dies hatte sie zu akzeptieren und mit seiner üblichen kurzangebundenen Art, ließ er da auch gar nicht mit sich diskutieren.
Hashimotos Frau Susi, mit der sie seit ihrer gemeinsamen Reise vor eineinhalb Jahren eng befreundet war, hatte, nachdem sie ihr das leicht vergrätzt berichtete, geschmunzelt. »Das Gleiche hat mir auch mein Mann gesagt. Denn Kai greift bei diesen Aktionen ab und an mal auf seine Mithilfe zurück, da er seine eigenen Leute dabei nicht einsetzen darf. Ich habe nicht die geringste Ahnung, um was es dabei geht, und der verfluchte Japaner verrät mir rein gar nichts. Aber er bringt mir dann immer einen riesigen Strauß roter Rosen mit und trägt mich im wahrsten Sinne des Wortes die nächsten Tage auf Händen – also warum sollte ich mich beschweren?«
Hetty hatte mit den Schultern gezuckt. Wenn eine rothaarige Sexbombe ihrem Mann, der sie abgöttisch verehrte und liebte, schon nichts entlocken konnte, dann brauchte sie bei Kai gar keinen Versuch zu starten. Gegen den war schließlich jede Auster ein redseliges Plappermaul.
Nat hatte freilich nicht das geringste Problem in seinem reichen Schatz an Erinnerungen auch einige Geschichten auszukramen, die für die Öffentlichkeit geeignet waren. Da er mit viel Gestik und äußerst anschaulich erzählte, amüsierte sich Hetty königlich und sogar Kai schmunzelte leise vor sich hin, vor allem, wenn sein Freund wieder einmal arg übertrieb und der Eindruck entstand, dass sie mindestens die Welt gerettet hätten, wenn nicht die ganze Galaxie.
Nach einem Tankstopp und einer nachmittäglichen Kaffeepause kamen sie am frühen Abend in Airlie an und checkten in einem Hotel in der Nähe der Marina ein. In dessen Parkgarage würden sie den Wagen für die nächsten Tage deponieren, schließlich gab es auf Tims kleiner Insel keine Straße und das Fahrzeug einfach auf einem der öffentlichen Parkplätze stehen zu lassen, war bei diesem Boliden nicht gerade angeraten. Kais pechschwarzer Geländewagen wäre vermutlich die Nummer Eins für jeden Autodieb auf der Liste der klaubaren Gegenstände gewesen. Denn selbstverständlich hatte der Wagen, neben seinen erstklassigen Ledersitzen, auch noch sämtliche anderen Sonderausstattungen, inklusive Schnorchel und Funkantennen an Bord.
Beim Abendessen auf der Hotelterrasse konnten sie, neben dem hervorragenden Essen, auch einen grandiosen Sonnenuntergang genießen, der auf das Meer und die Inseln, die man von hier aus sehen konnte, ein wunderbares Lichterspiel zauberte. Hetty lehnte sich zufrieden und glücklich in ihrem Rattansessel zurück und hörte den beiden Männern bei ihrer Unterhaltung zu. Wobei die meiste Zeit allerdings Nat sprach, denn Kai beschränkte sich in altgewohnter Weise darauf nur ein paar Sätze einzuflechten, um das Gespräch am Laufen zu halten.
Ihr Blick richtete sich aufs Meer, in dem sich das goldene Licht in den Wellen spiegelte, die träge an das Ufer schwappten. Airlie Beach gehörte eindeutig zu ihren Favoriten unter Australiens Städten. Der kleine Ort schmiegte sich mit seinen Häusern malerisch an die niedrigen Küstenberge und lag mitten in den Withsunday Inseln. Trotzdem war er, nach wie vor, nicht völlig von Touristen überlaufen, wie inzwischen so viele der schönen Städte an der Ostküste. Hetty vermutete einen Zusammenhang zwischen den doch nicht ganz so billigen Unterkünften und nur einem Backpackerhotel.
Der Ortskern bestand aus einer langgestreckten Einkaufsstraße mit netten Boutiquen und gemütlichen Kneipen, die sich preislich alle im normalen Rahmen bewegten. Die Marina mit dem Yachthafen und den Touristenausflugsschiffen lag genau zwischen Airlie und der Nachbarstadt Cannonvale, die direkt angrenzte.
Natürlich hatte Airlie, wie alle Städte Australiens die oberhalb des Wendekreises des Steinbocks lagen, jedes Jahr das übliche Würfelquallenproblem und wer hier Schnorcheln oder Tauchen wollte, musste sich in dieser Zeit in einen der Stingeranzüge quälen. Aber bevor man in Folge der grausamen Schmerzen, welche die Nesseln dieser hochgiftigen Quallen verursachten, an einem Herzinfarkt zugrunde ging, zog man eben lieber diese ungemein kleidsamen dünnen Anzüge an und versteckte das Urlaubsfoto von diesem Erlebnis ganz hinten im Album.
Damit die Bevölkerung und die Besucher aber nicht andauernd dieser Prozedur ausgesetzt waren, hatte Airlie, oberhalb des kleinen natürlichen Stadtstrandes, der leider mehr Steine als Sandkörner aufwies, eine wunderbare Schwimmlagune angelegt. Die künstliche Badelandschaft war mit einem weißem Sandstrand ausgestattet und zahlreichen Palmen dekoriert und wie am Meer, patrollierten auch hier die Lifeguards. Daran angrenzend konnte man auf gepflegten Rasenflächen sein Handtuch ausbreiten und mit Sonnendächern überschattete Barbecues zeigten, dass auch dem Lieblingspicknickverhalten der Aussies Rechenschaft getragen wurde.
Hetty senkte die Lider. Tja, und es gab auch einige Bänke, die zum gemütlichen Aufenthalt einluden. Vor allem eine Bestimmte, die mit einer ganz besonderen Erinnerung verknüpft war. Was ihre Gedanken zu einem, eben auch ganz besonderen Menschen führte, der hier beheimatet war. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihn zufällig treffen würde, lag nahe Null, denn Troy hielt sich die meiste Zeit seines Daseins auf dem Wasser auf, schließlich hatte er ein Segelboot, mit dem er Touristen durch die Withsundays schipperte und seine Landgänge waren begrenzt. Hetty schmunzelte – allerdings hatte er sich, seitdem sie sich kannten, angewöhnt, etwas öfters einen Aufenthalt auf festem Boden einzulegen.
Sie bemerkte, dass Kai sie ansah und lächelte ihm zu. Tja, der hatte natürlich keine Ahnung davon, dass er sich momentan in dem Revier eines Mannes aufhielt, der ihm im Aussehen in Nichts nachstand. Denn da sie ja beide übereingekommen waren, die Vergangenheit ruhen zu lassen, hatte sie natürlich diese Information für sich behalten. Allerdings hatte sie Troy, vor ihrem Gedächtnisverlust bei einem Telefonat bereits mitgeteilt, dass er in Zukunft nicht mehr mit ihr rechnen konnte, denn auch wenn sie und Kai sich nicht vor dem Altar die Treue gelobt hatten, waren sie sich dann doch einig, dass andere Personen außen vor bleiben sollten.
»Das hat auch bisher schon wunderbar geklappt – du bist mit Patrick ins Bett gegangen und er hat sich mit was weißt du wie vielen Frauen vergnügt, als du weg warst. Ihr solltet euch mal darüber aufklären lassen, wie man Treu sein herkömmlicherweise definiert.« Die Leute von der Sarkasmusabteilung meinten, wieder mal unqualifizierte Kommentare abgeben zu müssen.
Hetty zuckte innerlich mit den Schultern. Das war Schnee von gestern und weder Kai, noch sie, hatten ein Problem mit diesen Ausrutschern. Und von nun an würden sie sich an ihre unausgesprochene Vereinbarung halten, soviel war sicher.
»Sicher ist bei euch nur eines – nämlich dass nichts sicher ist!«
Hetty ignorierte diesen Nachsatz. Sie hatte schließlich ihren Traumprinzen am Tisch sitzen und warum sollte sie auch nur die geringste Lust dazu verspüren einen anderen Mann zu küssen, wenn sie Kai haben konnte.