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Club Ivy und ganz andere Groupies

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Wenn ihr mal nach London kommt, besucht den Club Ivy. Er ist vielleicht nicht der bekannteste Club in der Stadt, aber er ist beliebt bei den Reichen und Schönen, bekannt bei Prominenten und hat einfach alles zu bieten. Ihr findet ihn in Covent Garden, in der 9 West Street. Hierhin verschlägt es Trish und mich, wenn uns nach einem netten Abend zu zweit ist, den wir aber auch gleichzeitig dafür nutzen wollen, den einen oder anderen neuen Kunden auf uns aufmerksam zu machen.

The Ivy kann man nicht beschreiben, man muss es mit all seinen privaten Räumen gesehen haben: den nur Mitgliedern zugänglichen Räumen, Bars und Restaurants. Der Club ist fast wie eine kleine Stadt. Dass Andy zum ersten Mal hier ist, sehe ich ihrem erstaunten Gesichtsausdruck an, als wir die Aula durch den Haupteingang betreten und wir dem Concierge im Vorbeigehen unsere Mitgliedskarten zeigen. Diese Karten hat Lola uns natürlich versorgt.

»Das ist unglaublich«, sagt Andy und betrachtet mit großen Augen die bemalte, hohe Decke, die von unzähligen Lampen beleuchtet wird.

Ich hake mich bei Andy unter, bevor sie einem älteren Herrn in teurem Armani in den Rücken prallt, und ziehe sie zur Seite. »Dort hinten geht es in den Nachtclub. Der ist unser Ziel«, erkläre ich. »Und mach dir keine Sorgen um die Preise der Cocktails, die Agentur zahlt.« Ich ziehe die Kreditkarte, die Lola uns für Abende wie diese, an denen wir auf Kundenfang gehen, gegeben hat, aus meiner Handtasche und zeige sie Andy.

Wir folgen Trish, die in einem eleganten königsblauen Kleid vor uns läuft und mit selbstsicherem Lächeln einem Mann zuzwinkert, der sie ansieht, als wäre sie der Koh-i-Noor, einer der größten Diamanten der Welt. Ein Stück indische Geschichte, das jetzt zu den britischen Kronjuwelen zählt. Ich versuche mich erst gar nicht an einem solchen Lächeln, denn wenn Trish der Koh-i-Noor ist, dann bin ich ein kleiner schwarzer Zirkonia. Ich werde niemals so strahlen wie Trish.

Wir gehen direkt an die Bar, bestellen uns Sex on the Beach, weil dieser am besten zu den heißen Sommertemperaturen heute passt, und wenden uns der Tanzfläche zu, um die Tänzer beobachten zu können, während wir unseren Cocktail trinken. Zumindest fallen meine Haare zwischen den beiden blonden Frauen auf, neben denen ich sonst eher unscheinbar wirke.

Andy trägt ein kurzes rotes Kleid, das ihren schlanken Körper und ihre langen Beine betont. Mein Kleid ist schwarz und hat einen Faltenrock, der bis knapp über meine Knie reicht. Anfangs ist es mir schwergefallen, mich in Kleidern wohlzufühlen, ich habe Jeans immer viel lieber getragen, aber mein Job fordert von mir häufig, mich gut und elegant zu kleiden. Am liebsten sind mir aber die Aufträge, bei denen ich mich kostümieren darf. So wie heute bei Steve. Dann kann ich in eine andere Rolle schlüpfen, eine andere Person sein.

»Ist das Lord Rochester?«, stößt Andy überrascht aus und zeigt mit ihrem Glas in der Hand auf einen Mann, dessen Haar tiefschwarz im Licht der zuckenden Laser glänzt. Ihm gilt die Aufmerksamkeit sehr vieler Mädchen im Club. Er ist ein gutaussehender, bekannter und reicher Junggeselle. Und mit 38 Jahren wahrscheinlich bereit, um an den Haken gelegt zu werden.

»Das ist er«, bestätige ich und kann nicht umhin, ein paar Sekunden im Anblick seines markanten Kinns zu schwelgen. Rochester ist diese Art Mann, denen Testosteron aus jeder Zelle tropft. Das könnte man von all seinen »Brüdern« sagen. Meist trifft man ihn nicht ohne seine Freunde an, aber im Moment kann ich sie nicht entdecken. »Er ist ein Kunde von Trish, ich hatte noch nicht das Vergnügen«, kläre ich Andy bedauernd auf.

»Du darfst dir nicht anmerken lassen, dass ihre Bekanntheit dich beeindruckt, versuch so ungerührt wie möglich zu sein. Groupies haben sie genug. Was sie nicht haben, sind Frauen, die ihnen die kalte Schulter zeigen«, rate ich Andy. Nur weil jemand Kunde in der Agentur ist, bedeutet das nicht, dass automatisch jedes Mädchen das Glück haben wird, diesen Kunden treffen zu dürfen. Insgeheim träume ich schon eine Weile davon, mir von Rochester auch mal den Arsch verhauen zu lassen. Trish schwärmt nur noch lauter von ihm, wenn ich ihr davon erzähle. »Wenn du es richtig anstellst, kann ein Date mit einem von ihnen, dir genug Geld für einen ganzen sehr angenehmen Monat sichern«, erzähle ich Andy, weil ich weiß, dass sie sich noch immer nicht richtig wohl mit ihrer Entscheidung fühlt, sich für Sex bezahlen zu lassen.

Andy lächelt aufgeregt, streckt mir ihr Glas entgegen und ich stoße meins gegen ihres und anschließend gegen das von Trish, die neben mir steht und leicht ihr Becken zur Musik wiegt. Ich trinke mein Glas aus und genieße jeden eisig kalten Zug, der sich meine Speiseröhre nach unten arbeitet. Mittlerweile fühle ich mich im Club sehr wohl, aber Anfangs habe ich kaum gewagt, mich zu bewegen, geschweige denn einen Fuß auf die Tanzfläche zu setzen, oder einen Mann anzusprechen.

»Wollen wir?«, fragt Trish und schielt aufgeregt zur Tanzfläche. Wahrscheinlich werde ich zwischen zwei Tänzerinnen eher ungelenk wirken, aber ich tanze gern, auch wenn man es nicht glauben mag. Und die Tanzfläche ist der Ort, an dem wir unsere Angel auswerfen. Hier gibt es noch viel mehr potentielle Kunden als Rochester und seine »Brüder«. Nur soll unser Haken die Männer nicht auf Dauer an Land ziehen, ganz anders als der der Groupies, die hier sind, um sich einen reichen Ehemann zu sichern.

Ich nehme Trish an der Hand und ziehe sie hinter mir her in die Mitte der Tanzfläche, möglichst nah an Rochester heran, was uns ein paar böse Blicke seiner Groupies einbringt. Aber davon lassen wir uns nicht stören. Trish und ich beginnen sofort, unsere aufreizende Nummer abzuziehen, nur diesmal sind wir zu dritt. Ich schmiege meinen Rücken an Trishs Vorderseite, streiche mit meinen Fingern über Andys nackte Arme, bewege meine Hüften, hebe die Arme und schmiege mich wieder an Trish oder Andy. Für manche mag es aussehen, als hätten wir Sex, aber was wir in Wirklichkeit machen, ist uns verkaufen. An alle Männer im Raum. Sie sollen unsere Qualitäten sehen und dann zu uns kommen. Denn was wir nicht dürfen, ist sie ansprechen und ihnen unsere Dienste anbieten. Das wäre Prostitution, und die ist im Ivy verboten. Kommen die Männer aber zu uns …

Als Rochesters Blick auf meinen trifft, halte ich ihn fest. Ich sehe ihm direkt in die Augen und tanze weiter, gehe leicht in die Knie, streiche meine Hände über meine Taille, ziehe Andy an mich und küsse sie auf den Mund. Männer können nur selten widerstehen, wenn sie zwei Frauen zusammen sehen. Ich löse mich von Andy und suche wieder Rochesters Blick, der noch immer wie gebannt auf mir fixiert ist. Ich will unbedingt mein Glück bei ihm versuchen. Die Mädchen, mit denen er eben noch Spaß hatte, hat er vergessen. Zeit die Angel einzuholen.

Ich werfe Trish einen kurzen Blick zu, dann gehe ich allein zurück zur Bar, wo ich mich erschöpft anlehne und mir Luft zufächle. Ich wende mich dem Barkeeper zu, um zu bestellen, werde aber von einem Mann neben mir unterbrochen. Es ist Rochester.

»Was möchtest du trinken?«, fragt er mich mit einem lässigen Lächeln und lässt seinen Blick über mein Gesicht gleiten. Ich frage mich, warum er mich ausgewählt hat und nicht Trish oder Andy. Vielleicht, weil er Trish schon kennt und ihm Andy zu unsicher erscheint. Von Trish weiß ich, dass er auf Frauen mit Erfahrung steht, denen kann er leichter seine Fantasien aufdrücken, ohne dass sie sich abgeschreckt fühlen.

Da ich weiß, dass sich jede Frau sofort von ihm einladen lassen würde, tue ich es nicht. Denn ich will mehr als das, was er den Mädchen gibt, mit denen er sich sonst umgibt. Ich will seine Neugier und das, was er sich nur bei Professionellen wagt. Eine so intensive Neugier, dass es ihm unmöglich ist, nein zu sagen. Ladys, wollt ihr einen Mann, der sonst jede Frau haben kann, tut so, als könne er euch nicht haben.

»Ich kann das allein«, sage ich knapp, ohne ihn anzusehen und winke dem Barkeeper zu. Ich bestelle einen teuren Macallan, weil Männer es lieben, wenn Frauen Geschmack haben. Eine Frau, die den richtigen Whiskey trinkt, macht sie neugierig. Als er bezahlen will, gebe ich dem Barkeeper die schwarze Karte der Agentur, bevor dieser nach Rochesters Platinkarte greifen kann.

Rochesters Blick verengt sich etwas, aber er kann trotzdem nicht verbergen, dass er interessiert ist. »Colton«, stellt er sich vor und hält mir seine Hand hin.

»Amy«, antworte ich knapp, nehme einen Schluck von dem widerlich nach Straßenbelag schmeckendem Whiskey und ignoriere seine Hand. Irgendwann wird mir hoffentlich jemand erklären, wieso etwas, das nach heißem Teer schmeckt, 1000 Pfund kosten kann. Ich schwenke das Eis im Glas und wende mich zur Tanzfläche um, wo Trish ihren Körper gerade an Lord Damien Westhouse presst. Also ist Rochester doch nicht allein hier. »Ich bin nicht interessiert. Meine Freundinnen und ich, wir sind hier, um Spaß zu haben.«

Rochester nickt zu Trish und Andy. »Deine Freundinnen haben Spaß, du aber nicht.«

Ich werfe Rochester einen gespielt genervten Blick zu. »Wer sagt, dass man beim Trinken von Whiskey keinen Spaß haben kann?«

Rochester neigt sich zu mir. »Nicht, wenn man allein trinkt«, sagt er gerade laut genug in mein Ohr, dass ich es über die Musik hinweg hören kann. »Erzähl mir von dir«, fordert er mich auf.

Ich nippe an dem Whiskey und sehe ihn jetzt doch an, weil ich mir sicher bin, dass ich mich lange genug desinteressiert gegeben habe, um sein ernsthaftes Interesse geweckt zu haben. Er wird nicht gleich wieder gehen, wenn er das Gefühl bekommt, er hätte jede Chance bei mir. Jeder Mann auf diesem Planeten ist auch ein Raubtier mit einem Jagdinstinkt, der befriedigt werden möchte. Bei Männern wie Rochester ist dieser Jagdinstinkt besonders ausgeprägt und wird oft enttäuscht, weil die Frauen es ihm zu einfach machen. »Wieso sollte ich das tun?«

»Weil du mit Sicherheit schon alles über mich weißt, ich aber gar nichts über dich.«

Ich schenke ihm ein müdes Lächeln. »Ich weiß, was die Medien über dich berichten, was bedeutet, dass ich eigentlich nichts über dich weiß«, sage ich zu ihm, gehe aber nicht darauf ein, was ich dank Trish über ihn weiß. Auch Callgirls sollten Geheimnisse wahren, das ist absolute Pflicht. Nur ist es schwierig, die körperlichen Zeugnisse von hartem Sex zu verbergen, wenn man zusammenwohnt.

Er zieht bewundernd eine Augenbraue hoch. »Du glaubst also nicht, was in der Zeitung steht?«

Ich lächle wieder träge und tippe gegen seine Brust. »Ich glaube, dass der Mann, den Sie mir gerade präsentieren und der Mann, den Sie in der Öffentlichkeit zeigen, nicht der ist, der hier drinnen steckt, Lord Rochester.«

Er lacht düster auf und zeigt mir seine perfekten Zähne, die im Licht aufblitzen. »Welcher von beiden würde dich denn interessieren?«

»Um ehrlich zu sein, keiner von beiden.« Ich beuge mich zu ihm, so wie er es vorhin bei mir getan hat. »Mein Interesse liegt ganz woanders«, sage ich heiser. »Mir ist der Mann selbst egal, ich bin hinter seinen Talenten her.« Mit diesen Worten trinke ich mein Glas aus, stelle es zurück auf die Theke und gehe an Rochester vorbei zurück auf die Tanzfläche, wo ich mich zwischen Westhouse und Trish dränge, als hätte ich Westhouse nicht bemerkt. Man kann Westhouse unmöglich nicht bemerken: er ist groß, breitschultrig und hat diese Augen, die man nie wieder vergisst. Er ist die Sorte Mann, die Frau in ihre Träume verfolgt. Dunkel, oft kalt und arrogant und sehr attraktive 35 Jahre alt.

Trish und ich tanzen zusammen, ohne die beiden Männer in unserer Nähe zu beachten. Wir haben Spaß miteinander und haben Spaß mit Andy. Wir lachen viel, bis sich eine Fremde zu uns gesellt und versucht, sich immer wieder zwischen uns und die beiden Lords zu drängen. Sie biedert sich ihnen regelrecht an, reibt ihren Körper mal an dem einen und mal an dem anderen Mann. Als Damien sich von ihr befreit und sich wieder auf Andy zubewegt, stößt die Fremde Andy so grob zur Seite, dass Andy stürzt und mit dem Gesicht auf dem Boden aufschlägt. Mir bleibt fast das Herz stehen, und sekundenlang bekomme ich keine Luft mehr und bin erstarrt.

Ich packe die Fremde wütend am Oberarm, damit sie mir ihre Aufmerksamkeit schenkt, denn es interessiert sie nicht, dass Andy auf dem Boden liegt, dass sie verletzt sein könnte oder um sie herum Menschen stehen, die aufgrund ihrer brutalen Attacke erschrocken sind, sie schmiegt sich einfach an Lord Westhouses Seite und sieht zufrieden lächelnd zu ihm auf. »Du gehst jetzt besser«, sage ich ruhig zu ihr und wende mich dann Andy zu, der Damien gerade aufhilft. Die Fremde geht, ohne sich zu entschuldigen, aber das habe ich auch nicht erwartet. Ich sehe mir besorgt Andys Gesicht an, auf ihrer Stirn entsteht eine Beule von der Größe eines Taubeneis, aber sie weint nicht, vielmehr ist sie verwirrt, wegen dem, was ihr gerade passiert ist. Das sind wir alle, weil wir ein solches Potential zur Gewalt noch nie erlebt haben.

»Geht es dir gut?«, frage ich Andy, hake mich bei ihr unter und führe sie auf die Bar zu, wo ich etwas Eis bestelle und damit Andys Stirn kühle. Ich bin ziemlich wütend auf diese Frau, und ein wenig auch auf mich selbst und auf die beiden Lords. Noch vor ein paar Jahren wäre ich wie ein Berserker auf die Fremde losgegangen und hätte ihr ihr hübsches Gesicht ramponiert. Aber ein paar Jahre Therapie haben mir dabei geholfen, meine Gefühle besser kontrollieren zu können, also bleibe ich ruhig und lasse mir nicht anmerken, wie es in mir drin aussieht, stattdessen konzentriere ich mich auf Andy, deren Stirn immer mehr anschwillt.

»Wie geht es ihr?«, möchte Colton aufrichtig besorgt wissen und mustert Andy. »Wir haben eine Lounge im VIP-Bereich, dort kannst du dich besser um deine Freundin kümmern«, schlägt er vor.

»Darf ich mal sehen?«, mischt sich Damien Westhouse ein und tritt neben mich. Er nimmt mir den Eisbeutel aus der Hand und sieht sich Andys Stirn an. Über Lord Westhouse ist bekannt, dass er, als er seinem Land gedient hat, eine Ausbildung zum Sanitäter gemacht hat, also lasse ich ihn einen Blick auf Andy werfen.

»Gehen wir nach oben«, wirft Rochester wieder ein und schüttelt wütend den Kopf, als eine Frau versucht, sich an seinen Unterarm zu hängen. »Jetzt nicht, Kleine«, sagt er abfällig zu ihr und gibt einem seiner Bodyguards ein Zeichen. Der Mann kommt sofort näher und drängt sich zwischen uns und jeden anderen im Club, und baut sich wie eine Mauer auf.

Ich sehe kurz zu Trish, die den Kopf schüttelt. Wir gehen nie mit unseren zukünftigen Kunden mit, nicht ohne Bezahlung. Das ist eine unserer wichtigsten Regeln. Privates und Geschäftliches darf nie vermischt werden. Unsere Grenzen sind klar und strikt, auch um uns und die Kunden zu schützen.

»Danke«, sage ich deswegen ernst. »Es war nett mit euch Jungs, aber wir fahren jetzt nach Hause. Es ist wohl besser, wenn Andy sich jetzt etwas hinlegt, weg von der lauten Musik, Alkohol und eurem Fanclub.« Ich ziehe eine meiner Visitenkarten aus der Clutch und gebe sie Rochester mit einem Lächeln. »Aber ruf doch mal an.«

Rochester nimmt die Karte, ohne einen Blick darauf zu werfen, schnappt nach Luft, als wolle er uns aufhalten, aber ich wende mich ab und ziehe Andy und Trish mit mir nach draußen. Es ist besser, den Club jetzt zu verlassen und Andy nach Hause zu bringen. Schade, dass unser Abend zu Ende geht. Aber auch solche Abende gibt es.

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