Читать книгу 6 Punkte zum Glück? - Elfi Loth - Страница 11
8
ОглавлениеEine Stunde später, ich hatte gerade das Nachdenken aufgegeben und stieg aus der Badewanne, stand meine Schwester, ziemlich abgehetzt vor der Tür.
„Komm rein Moni“, begrüßte ich sie und hielt ihr die Wohnungstür auf.
„Bist du bis zu mir gerannt oder warum wirkst du so abgehetzt?“
Sie ging ins Wohnzimmer und ließ sich auf mein Sofa fallen.
„Ich kann dir sagen, ich hab jetzt wieder eine Diskussion mit Steffen hinter mir.“ Moni atmete einmal ganz tief durch, setzte sich auf und sah mich fragend an.
„Weswegen hattest du eigentlich angerufen? Ist was passiert?“
Moment! Sollte sie mir nicht erst mal was erklären und nicht ich ihr?
„Moni, was war das für eine Geschichte, die Steffen mir vorhin aufgetischt hat? Du warst doch rechtzeitig zu Hause?“
Schuldbewusst schüttelte sie ihren hübschen Kopf.
„Wie? Ich verstehe kein Wort. Los raus mit der Sprache“, forderte ich sie zum Geständnis auf.
Moni atmete noch einmal tief durch, verdrehte ihre karamellbraunen Augen und seufzte.
„Also, ich fange am besten ganz von vorne an. Als ich das Geld für den Kaffee holen wollte, habe ich meinen Tennislehrer getroffen. Ich sage dir, so ein süßer Typ. Wir flirten schon länger und dann stand er plötzlich vor mir.“
Sie machte eine Pause, aber ich wollte die ganze Geschichte hören.
„Ja, und was dann?“, hakte ich ungeduldig nach.
„Dann sind wir zu seinem Auto raus gegangen auf den Parkplatz.“
„Und habt euch unterhalten, das sagtest du schon. Und weiter?“
Moni wirkte irgendwie verlegen, aber sie erzählte weiter.
„Naja, da haben wir geredet, aber nicht nur.“
„Wie jetzt? Ach komm, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen“, forderte ich sie auf weiter zu sprechen.
„Na wir haben, du weißt schon …“
„Was? Echt? Ihr habt?“
Ich konnte es nicht glauben.
„Ja! Und es war toll!“ schob sie schnell noch hinterher.
Aha, ihr Tennislehrer war also der Typ, mit dem sie im Auto „geredet“ hatte. Na jetzt wurde mir einiges klar. Die zerknitterte Bluse, die zerzausten Haare. Da hatte ich ja vollkommen Recht mit meinem Spruch, der mir in der Disco so spontan in den Sinn gekommen war. Ach so war das.
„Du hast mich also wegen eines Kerls da stehen lassen?“
Ich konnte es nicht glauben. Meine brave Schwester, wobei sich das BRAV gerade erledigt hatte, trieb es mit ihrem Tennislehrer im AUTO!
„Du hast dich doch gut unterhalten“, versuchte sie zu scherzen.
„Wie man’s nimmt. Darüber wollte ich auch noch mit dir reden. Und warum warst du dann nicht rechtzeitig zu Hause?“
Ich hielt es vor Neugier kaum aus und ich spürte, da kam noch mehr.
„Naja … als ich dich abgesetzt hatte, haben wir uns noch mal getroffen“, erzählte sie und sah schuldbewusst auf den Boden.
„Oh Mann, Moni, du hast ja Nerven! Und ich darf mich von Steffen anmotzen lassen? War’s wenigstens schön? Hat es sich gelohnt? Das nächste Mal sagst du mir aber Bescheid. Ich wusste überhaupt nicht, was Steffen von mir wollte. Fast wärst du aufgeflogen!“
In gewisser Weise verstand ich meine Schwester ja sogar. Sie war unglücklich mit Steffen, trennte sich aber wegen Lukas, ihren achtjährigen Sohn nicht von ihm. Jetzt wusste ich auch, wie Moni sich beim Tennis auspowerte. Mann oh Mann.
Ich streichelte meiner Schwester über den Arm.
„Ist schon gut. Ich bin nicht mehr sauer. Aber ich wollte dir was ganz anderes erzählen. Rate mal, wer heute vor der Fleischerei auf mich gewartet hat?“
Ich sah sie mit diesen Das – errätst – du- nie Blick an.
„Na komm schon, rate!“
„Michael“, kam es total überzeugend aus ihrem Mund. Für einen Moment war ich sprachlos.
Woher wusste sie das? Und dann dämmerte es mir.
„Du hast ihm verraten, wo ich arbeite!“
„Ja, als du zur Toilette bist, wollte er mich über dich ausquetschen. Er faselte irgendwas von, du hast kein Telefon oder so. Was hast du dem denn für einen Käse erzählt?“
Nun musste ich Rede und Antwort stehen.
Ich erzählte ihr, dass ich ihm nicht gleich meine Telefonnummer geben wollte. Da könnte ja jeder kommen. Außerdem war er Optiker und kam für mich somit nicht in Frage. Ich konnte ja nicht ahnen, dass ich ihn wieder sehen würde.
„Aber er gefällt dir doch, da bin ich mir sicher. Genau dein Typ, wenn du mich fragst“, mutmaßte Moni.
„Ja, schon. Aber wohin gutes Aussehen führen kann, sieht man ja an deiner Ehe.“
Kaum hatte ich das gesagt, tat es mir auch schon leid.
„Süße, sorry, aber er machte auf mich einen guten Eindruck, und er wollte dich unbedingt wiedersehen. Da hab ich ihm eben verraten, wo er dich finden kann. Aber mehr nicht, ehrlich! Ich habe ihm weder deine Dienste noch deine Nummer gesagt.“
Moni sah mich immer noch entschuldigend an. Diesem Dackelblick konnte ich nicht lange widerstehen. Ich nahm sie in die Arme und verzieh ihr. Dann erzählte ich ihr, dass ich mit Michael Billard spielen war, er mich auf die Wange geküsst hatte, ich daraufhin völlig durcheinander war und beim Heimfahren in alle Richtungen geblinkt hatte, obwohl es geradeaus ging.
Als ich mit meinen Schilderungen fertig war, hielt Moni sich vor Lachen den Bauch.
„Na Gott sei Dank bist du unfallfrei angekommen. Stell dir vor, dein geliebter Trabi hätte jetzt Beulen wegen eines Mannes. Ach nee, das geht ja gar nicht. Der hätte dann Löcher. Oder hast du schon mal ne Pappe mit Beulen gesehen?“ Sie konnte sich gar nicht beruhigen. Ihr Lachen war so ansteckend, dass wir beide gemeinsam lachten, bis uns die Tränen in den Augen standen.
„Ich habe ihm meine Nummer auf seine Hand geschrieben. Glaubst du er ruft mich an?“, Monis Meinung war mir schon immer wichtig, aber heute ganz besonders.
„Glaubst du der hat eine Freundin?“
„Ina, ich glaube, der will wirklich was von dir. Schau mal, er hat nicht gewusst, wann du Schluss hast. Wahrscheinlich stand der arme Kerl den ganzen Tag vor der Fleischerei und hat darauf gewartet, dass du raus kommst. Stell dir vor, du hättest frei gehabt. Der stünde jetzt noch dort.“
Bei der Vorstellung lachten wir schon wieder los.
„Und so wie du euer Treffen beschrieben hast, hat der keine Freundin. Warte es ab, er ruft dich die Tage an, du wirst sehen.“
„Na wenn du das sagst, wird es so sein“, erwiderte ich und sah die ganze Sache schon optimistischer. Ach Michael, ruf mich an!
Als Moni gegangen war, fiel mir auf, dass an meinem Schlüsselbrett ein Wohnungsschlüssel fehlte. Den hatte bestimmt meine Schwester aus Versehen eingesteckt. Wäre ja nicht das erste Mal. Morgen werde ich sie danach fragen, dachte ich und ging nach diesem schönen, aber auch ereignisreichen Tag schlafen. Vielleicht träumte ich ja wieder von Michael, von seinen schönen Augen, seinen Händen, wie sie sich auf meiner Haut anfühlen, seine vollen Lippen auf meinen … STOP!
Das ging jetzt aber zu weit. Ich kannte diesen Kerl praktisch erst seit heute und wusste so gut wie nichts von ihm. Ach Michael, RUF MICH AN!
Dieser Mann ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Vor lauter an IHN denken, hatte ich mein tägliches Spiegelritual völlig vergessen. Was soll’s, das brauchte ich sowieso nicht mehr. Ich schwebte ja bereits auf Wolke Sieben, im Moment nur leider alleine. Wenn es so was wie Liebe nach dem ersten Date gab, hatte es mich voll erwischt.