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Von der Revolution empor getragen

Mit gerade einmal 10 Jahren hat mich mein Vater zur Erziehung nach Frankreich geschickt. Die Militärschule von Brienne, die ich wegen eines Stipendiums besuchen durfte, stellte bald fest, dass ich ein heller Kopf bin. Von meinen Kameraden werde ich oft wegen meines seltsamen Namens und meines fremdländischen Aussehens gehänselt. Meine Haut ist leicht olivfarben. Doch auch wenn ich etwas kleiner als die meisten bin, so weiß ich mich durchzusetzen und mir Respekt zu verschaffen. Wegen guter Leistungen werde ich dann in die Militärschule von Paris, die Ecole militaire du Champs-de-Mars, geschickt und 1785 zum Sekondeleutnant bei einem Artillerieregiment befördert. In diesem Jahr stirbt mein Vater und ich kehre zunächst nach Korsika zurück, um mein Glück dort zu suchen. Dass Joseph, der Erstgeborene, das Oberhaupt unseres Clans wird, muss ich Zähne knirschend hinnehmen. Trotzdem fühle ich mich für die Familie verantwortlich.

Dort bleibe ich einige Jahre. Dass Korsika wieder loskommen will von Frankreich, finde ich durchaus interessant. Ich schließe mich 1789 dem korsischen Volksaufstand gegen Frankreich an. Obwohl ich ein junger französischer Offizier bin, kann ich die Ziele der korsischen Separatistenbewegung gutheißen, auch wenn deren Anführer mir nicht zusagen. Bald kommt es zum Bruch und ich muss mit meiner ganzen Familie Korsika verlassen. Außerdem kann ein Offizier ohne feste Anstellung auch in der Heimat nicht gut leben. Jetzt richte ich meinen Ehrgeiz auf das Fortkommen im revolutionären Frankreich.

1792 trete ich wieder in die französische Armee ein und werde rasch zum Hauptmann befördert. Im Sommer erlebe ich, wie der Pariser Pöbel zum ersten Mal in das königliche Schloss eindringt. Ich stehe mit einem Kameraden auf der Terrasse am Seineufer, gegen einen Sockel gelehnt und beobachte den Ansturm der Massen auf den Palast. Mich verwundert vor allem, dass niemand Widerstand leistet. Diesem Pöbel gegenüber kann ich nur Verachtung empfinden und ich sage angewidert zu meinem Kameraden, dass man die ersten Fünfhundert dieser Elenden niederkartätschen müsste, der Rest würde schnell davonlaufen. Als Freund der Revolution in Frankreich bin ich durchaus mit der Abschaffung des Königtums einverstanden, aber die leidenschaftlichen Ausbrüche von Volksmassen verabscheue ich zutiefst.

Da mache ich die Bekanntschaft mit Robespierres Bruder Augustine und vielleicht ist es dieser Begegnung zu verdanken, dass ich endlich ein militärisches Kommando bekomme, in dem ich mein militärisches Talent beweisen kann. Im Auftrag des Konvents soll ich als Artilleriehauptmann die abtrünnige Stadt Toulon von den Engländern zurück erobern. Im Dezember 1793 wird mein Plan zur Beschießung Toulons so erfolgreich in die Tat umgesetzt, dass die Engländer kapitulieren und Stadt und Hafen räumen müssen. Jetzt kennt man in ganz Frankreich meinen Namen. Zur Belohnung ernennt Robespierre mich, den „Bürger Bonaparte“, zum Brigadegeneral. Ich bin gerade einmal 25 Jahre alt.

So könnte es meinetwegen mit mir weitergehen.

Aber als das französische Volksheer einen britischen Invasionsversuch bei Toulon und Quiberon abgeschlagen hat, wird das französische Volk der Terrorherrschaft der Jakobiner und besonders Robespierres überdrüssig und will nach diesen vielen Siegen endlich Frieden. Deshalb kommt es in Paris zum Sturz der Jakobinerherrschaft am 9. Thermidor (27. Juli) 1794. Robespierre wird mit 21 seiner Anhänger, darunter der radikale Saint-Just, auf der Guillotine hingerichtet. Das Revolutionstribunal wird geschlossen, die Pariser Kommune wird durch die Muscadins, eine Jugendbewegung, gesäubert. Als ein Freund von Robespierres Bruder falle ich in Ungnade und werde verhaftet und muss in das Gefängnis – zu meinem Glück nur für einige Tage. Allerdings streichen sie mich von der Liste der Generäle.

Als Reaktion auf die Zeit des großen Terrors erhält Paris nun eine neue Verfassung. Deren Regierung besteht aus fünf Direktoren, dem sogenannten „Direktorium“. Dieses wird bald zu schwach sein, wieder aufkeimende Unruhen zu unterdrücken. Wegen Preissteigerungen und einer großen Hungersnot im harten Winter 1794 / 95 erheben sich in Paris die Sansculotten gegen die Regierung. Und immer wieder bilden sich königstreue Banden, die die Macht zurück erobern wollen.

Jetzt lernen mich die Pariser wirklich kennen. Mit einer Reitertruppe und mit eilig herbeigeschafften Kanonen führe ich allen mit wenigen Salven blutig vor, wie man mit dem Pöbel umgehen muss. Völlig überrascht stellen die Pariser Aufständischen fest, dass in den Seitenstraßen, die sie kreuzen, bereits meine Artillerie postiert ist. Schussentfernung kaum fünfhundert Schritt. Sie feuert mitten hinein. Der Aufstand ist rasch niedergeschlagen und ich habe die Weiterherrschaft des Direktoriums gesichert.

Als Belohnung erhalte ich dafür das Kommando über die italienische Armee. Was werden die Historiker einmal zu mir und meiner militärischen Karriere sagen?

Ich, Napoleon, Sohn des Glücks

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