Читать книгу Ich, Napoleon, Sohn des Glücks - Elmar Bürger - Страница 9

Оглавление

Oberbefehl über die Italienarmee

Die Soldaten der Republik, mit denen ich in Oberitalien gegen die Österreicher gekämpft habe, sind schon wilde Kerle. Oft haben sie nur Lumpen am Leibe und gar oft fehlt es ihnen an Brot. So anspruchslos wie sie sind auch ihre Offiziere. Viele stammen aus dem Mannschaftsstand, sind Söhne von Bauern oder Arbeitern, haben sich in den Kämpfen hochgedient bis zum Obristen oder General. Wenn sie ihre Männer in den Kampf führen, dann geschieht dies in einer ganz neuen Art. Sie rücken in getrennten Einheiten gegen den Feind vor, konzentrieren ihre Truppen und ihre Artillerie an den entscheidenden Schwerpunkten der Front und lassen dort in Massen ohne Rücksicht auf eigene Verluste angreifen. Sie handeln beweglicher als die Generale der Fürstenheere, die streng in den Regeln der alten Kriegskunst gefangen sind. Wenn die Situation dies erforderlich macht, lassen die Revolutionsoffiziere ihre Truppen auch in aufgelöster Ordnung vorgehen und nutzen dabei geschickt die Deckungsmöglichkeiten im Gelände, um der feindlichen Artillerie kein Ziel zu bieten. Diese Männer halten einiges aus. Sie können hungern, dürsten, Schmerzen ertragen, sie fluchen und schimpfen – wenn aber die Fahne der Revolution empor gehoben wird, dann stellen sie sich in Reih und Glied ohne Unterschied zum Kampf auf.

Mit solchen Männern soll ich die Österreicher aus Oberitalien hinaus jagen! Sie gehorchen mir und rasch haben wir die ersten Siege errungen.

Ich spreche zu ihnen:

“Soldaten, in vierzehn Tagen habt Ihr 10 Siege davongetragen ... Ihr habt Schlachten ohne Kanonen gewonnen, Flüsse ohne Brücken überquert, Gewaltmärsche ohne Schuhe zurückgelegt, ohne Schnaps und oft ohne Brot biwakiert. Nur die republikanischen Heerscharen, die Soldaten der Freiheit, waren fähig, das zu erdulden, was Ihr erduldet habt.

Aber, Soldaten,...Ihr müsst noch Schlachten schlagen, Städte einnehmen, Flüsse einnehmen ... Ihr alle wollt ... mit Stolz sagen können: `Ich gehöre zu der Eroberungsarmee Italiens!`

Freunde, ich verspreche euch diese Eroberung; aber ihr müsst schwören .. die Völker, die ihr befreit, zu achten ... Plünderer werden unerbittlich erschossen.

Völker Italiens, die französische Armee kommt, um eure Ketten zu zerbrechen; das französische Volk ist Freund aller Völker. Habt Vertrauen zu uns; euer Eigentum, eure Religion, eure Sitten werden geachtet werden. Wir führen als großmütige Feinde Krieg und nur gegen Tyrannen, die euch knechten.“(1)

So eine Sprache mögen meine Männer. Wenn man sie als Franzosen anspricht, kann man alle soldatischen Aufgaben von ihnen abverlangen. Um ihnen zu zeigen, wie sehr ich sie als Soldaten meiner Armee achte, halte ich mich oft bei ihnen auf. Ich esse ihr verschimmeltes Brot, hungere mit ihnen, schlafe genau so auf dem Boden in einer Decke wie sie. Ich merke mir die Namen von vielen Soldaten und achte besonders darauf, dass Tüchtige auch befördert werden. Bald höre ich, wenn sie von mir sprechen, dass mich die Männer ihren „petit caporal“ nennen. Für mich klingt das wie die echte, richtige Beförderung.

Meine Armee darf ich nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Denn mit nur 36 000 Mann anzutreten gegen Österreich kommt sogar mir etwas waghalsig vor. Ich muss also strategisch dafür sorgen, dass meine Verluste klein bleiben. Meinen Offizieren erkläre ich eine neue Taktik: Wir führen schnelle Märsche durch und greifen an vielen Stellen mit kleineren Verbänden an. Das Schützengefecht wird die traditionelle Lineartaktik ersetzen. An den strategisch wichtigen Orten konzentrieren wir die Truppen, setzen verstärkt dort die Artillerie ein. Je nach Lage werde ich entscheiden, wo angegriffen, wo hingehalten oder wo bloß getäuscht wird. Immer müssen Reserven zurück gehalten, die im entscheidenden Augenblick am kritischen Punkt eingesetzt werden können. Ein General hat beweglich zu führen. Man muss improvisieren können. Diese Taktik schärfe ich meinen Offizieren ein.

Der Feldzug mit meiner Armee dauert nur ein Jahr. In 18 Schlachten besiegen und vernichten meine tapferen Franzosen fünf österreichische Armeen. Nach Paris schicke ich Wagenzüge voller Beute. Ganz Europa ist verblüfft und Paris jubelt.

Schließlich richte ich die Stoßrichtung meines Heeres auf Wien und dringe über die Ostalpen vor. Da bietet mir Habsburg einen Frieden an. Ohne lange in Paris nachzufragen, schließe ich aus eigener Kraft mit Österreich zu Campo Formio 1797 Frieden. In diesen Friedensverhandlungen trete ich energisch auf und mache allen Beteiligten und auch dem Direktorium in Paris klar, dass ich ein unabhängiger General bin.

Während dieser Friedensverhandlungen verwickelt mich der französische Gesandte in der Toskana Miot de Melito in ein vertrauliches Gespräch, um mich auszuforschen und um über meine Motive etwas zu erfahren. Ich sage ihm ganz offen:

“ Glauben Sie, dass ich in Italien Siege erringe, um damit das Ansehen ... des Direktoriums zu erhöhen..? Glauben Sie vielleicht, dass ich eine Republik begründen will? Welche Idee! Eine Republik von dreißig Millionen Menschen! Mit unseren Sitten, unseren Lastern! Wie wäre so etwas möglich? Das ist ein Hirngespinst, von dem die Franzosen eingenommen sind, das jedoch wie alles andere vorüber gehen wird. Was die Franzosen brauchen, ist Ruhm, die Befriedigung ihrer Eitelkeit, aber von der Freiheit verstehen sie nichts. Sehen Sie doch das Heer an! Die Siege, die wir davon getragen haben, und unsere Triumphe haben bereits den französischen Soldaten seiner wahren Natur wiedergegeben. Ich bin ihm alles. Wenn es dem Direktorium einfiele, mich meines Kommandos zu entsetzen, so wird man ja sehen, wer der Herr ist. Das Volk braucht ein Oberhaupt, ein durch Ruhm und Siege verherrlichtes Oberhaupt, und keine Regierungstheorien. Phrasen und Reden der Ideologen; davon verstehen die Franzosen nichts. Der Frieden liegt nicht in meinem Interesse. Sie sehen ja, was ich bin, was ich jetzt in Italien vermag! Ist der Frieden geschlossen, und ich stehe nicht mehr an der Spitze des Heeres, so muss ich auf diese Macht, auf die hohe Stellung, die ich mir erworben habe, verzichten, um im Luxembourg Advokaten zu huldigen. Ich möchte Italien nur verlassen, um in Frankreich eine ebensolche Rolle zu spielen, wie sie mir hier zufällt. Dieser Augenblick ist aber noch nicht gekommen! Die Frucht ist noch nicht reif.“(2)

In diesen Monate langen Friedensverhandlungen setze ich meine Vorstellungen durch. Österreich muss das linke Rheinufer abtreten und auch die österreichischen Niederlande und die Lombardei. Den Österreichern gewähre ich dafür das Gebiet der Republik Venedig. Jetzt gehört das ganze linke Rheingebiet zu Frankreich. Ein altes Ziel ist durch mich und meine Soldaten erreicht worden.

Nun kümmere ich mich um die Neuordnung in den eroberten Gebieten und lasse durch meine Revolutionssoldaten die Regierungen stürzen und dort Republiken einrichten: in Oberitalien, in Holland, in der Schweiz und im Kirchenstaat. Für diese Befreiung müssen die Republiken allerdings schon einigen Tribut zahlen, denn Frankreich braucht Geld. Das bankrotte Direktorium wird sich freuen, wenn es durch mich immer wieder zu großen Einnahmen kommt. Vielleicht lässt sich dieser Umstand einmal zu meinen Gunsten nutzen. Die Zukunft wird dies weisen. Aber ich bin ja kein Historiker.

Ich, Napoleon, Sohn des Glücks

Подняться наверх