Читать книгу Schmetterlinge im Bauch sind für'n Arsch - Emanuel Erk - Страница 9

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Das verrückte Gefühl, das wir Liebe nennen

Liebe – das ist ein Begriff, der fast so oft gebraucht wie missbraucht wird. Aber was bedeutet Liebe eigentlich? Was steckt hinter diesem sagenumwobenen Wort?

Wenn wir an Liebe und Beziehungen denken, verbinden wir das mit der Aktivität der besagten Schmetterlinge in unserem Bauch. Doch diese ist nicht mehr als ein Vorgeschmack auf die Liebe, wenn überhaupt. Wenn man es sehr unromantisch sagen will, dann ist Verliebtheit erst mal nur das Produkt unserer schwächeren und stärkeren Neurosen. Wir finden jemanden, bei dem wir uns wichtig, geliebt, gesehen und wertgeschätzt fühlen. Einen Menschen, der uns endlich all das gibt, wonach wir gesucht haben. Die Freude darüber lindert die kleinen oder größeren Mängel, die wir in uns tragen. Endlich fühlen wir uns vollständiger – zumindest temporär. So kann Verliebtsein fast zu einer Sucht werden.

Leider ist dieses erste Gefühl für viele oftmals schon der Höhepunkt ihrer Partnerschaft. Dabei ist das nur der Anfang von Liebe. So etwas wie ein kleiner »Gruß aus der Küche«, der vielversprechend zeigt, was in einer Beziehung möglich ist. Aber wenn wir den Gruß aus der Küche bereits für die Hauptspeise halten, werden wir immer wieder enttäuscht werden.

Irgendwann kann dann das böse Erwachen kommen, wenn wir realisieren, dass unsere Beziehung uns nicht dauerhaft erfüllt und glücklich macht. Sondern uns sogar stattdessen mit unseren tiefsten Ängsten und Schmerz konfrontiert. Aber dann beginnt die Beziehung erst wirklich, wenn wir uns durch die Partnerschaft unseren eigenen Themen stellen müssen und sie heilen. Erst dann können wir es schaffen, immer tiefer in der Beziehung zu uns selbst und unserem Partner zu kommen. Erst dann sind Nähe und Wachstum möglich.

Beim Verliebtsein gibt es zwei Varianten. Entweder sind wir Hals über Kopf in jemanden verknallt. Dann lassen wir uns in einer überdimensionalen Euphorie auf jemanden ein. Meistens wird diese Gefühlsachterbahn beendet, wenn Prince Charming oder die Traumfrau dann doch zwischendurch quaken wie der garstige Frosch im Märchen.

Oder wir lernen jemanden kennen, und es kommt irgendwie nicht das Gefühl auf, das wir eigentlich erwartet haben. Wir beenden dann vielleicht eine Partnerschaft, die eigentlich großes Potenzial gehabt hätte. Und das nur, weil wir nie den Unterschied zwischen Verliebtsein und Liebe realisiert haben.

Bei beiden Extremen haben unsere Wahrnehmungen und Gefühle eigentlich wenig mit dem anderen zu tun und dafür viel mehr mit uns selbst: Eine übereuphorische Person kann zum Beispiel ein großes Thema mit Einsamkeit und Selbstliebe haben und springt deswegen umso stärker darauf an, wenn jemand ihr endlich Nähe schenkt und der Zeit des Alleinseins ein Ende bereitet. Eine zweifelnde Person hat oftmals ein Thema mit Bindungsangst und hat sich dann eine Idealvorstellung im Kopf gebastelt, wie sich das Kennenlernen anfühlen müsste. Dabei hat sie unbewusst Angst, ihr Herz für jemanden zu öffnen und unterbindet mit ihren Zweifeln, dass überhaupt irgendwelche Gefühle hochkommen können.

Je früher es vorbei ist, umso besser

Die Schmetterlinge in unserem Bauch sind für’n Arsch, wenn sie uns davon ablenken, was wirkliche Liebe in einer Beziehung bedeutet. Liebe, die nicht plötzlich da ist, sondern reifen darf.

Mir geht es nicht darum, die Phase des Verliebtseins oder die Schmetterlinge schlechtzureden, sondern darum, dass wir eine Art Realismus entwickeln, der eine echte und längerfristige Beziehung ermöglicht.

Das Bild der Schmetterlinge passt da sehr gut. Jeder von uns weiß ja, dass nicht wirklich irgendwelche Schmetterlinge eine Party in unserem Bauch schmeißen. Und genauso ist es mit dem Verliebtsein. Wir dürfen es genießen, sollten dabei aber nicht vergessen, dass es ein Produkt aus unseren individuellen »Neurosen« sowie Hormonen ist, das auch wieder verschwinden wird. Es muss nicht einmal eine intensive Verliebtheitsphase da gewesen sein, und trotzdem kann eine erfüllte Beziehung entstehen.

Wenn wir die Illusion durchschauen, können wir sie trotzdem genießen. Das ist der Schlüssel. Bei einer Zaubershow rennt auch keiner nach vorn und sagt, dass das ja keine Magie ist, nur weil er den Trick durchschaut hat. Wir entscheiden uns dafür, an dem Zauber unsere Freude zu haben, und so würde ich es auch mit dem Verliebtsein halten. Es fühlt sich immer noch wunderschön an, auch wenn wir verstanden haben, dass die Schmetterlinge in unserem Bauch nicht wirklich existieren. Es macht uns sogar noch freier, und wir sind nicht gleich voller Sorge, falls dieses Gefühl in der Partnerschaft einmal weniger wird oder ausbleibt.

Das ist Liebe für mich

Was ist Liebe für mich persönlich? Während ich darüber nachdenke und diese Sätze schreibe, liegt meine wundervolle Partnerin neben mir, versunken im Schlaf. Wenn ich sie anschaue, bekomme ich Tränen in die Augen, weil es mich mit so tiefer Dankbarkeit erfüllt, sie in meinem Leben zu haben. Durch sie darf ich Liebe auf einer so viel tieferen Ebene erleben. Diese Liebe zwischen uns wirkt für mich nicht so, als ob es etwas ist, das neu zwischen uns entstanden ist. Es ist vielmehr wie ein Zurückfinden zu unserer wahren Essenz als Mensch. Diese Liebe ist der Moment, wo die Zeit für mich stillsteht. Liebe entsteht, wenn wir beide uns aus tiefstem Herzen wollen, aber nicht, weil wir uns brauchen oder voneinander abhängig sind. Diese Liebe ist ganz leise und berührt mich an so tiefen Stellen in mir, von deren Existenz ich vorher nicht mal etwas geahnt habe. In dieser Liebe darf ich meine Partnerin in all ihrer Schönheit erkennen. Sie strahlt dann so hell für mich, was weit über ihr wunderschönes Aussehen hinausgeht. Liebe ist der Augenblick, wo ich auf einmal realisiere, dass wir beide keine getrennten Wesen sind, sondern im tiefsten Inneren eins. Dann ist Liebe weit mehr als ein Gefühl, es ist der Zustand, in dem wir uns befinden.

Diese Erfahrungen der Liebe erleben wir, wenn wir es schaffen, mit uns selbst verbunden zu sein, wenn wir uns trauen, unser Herz weit zu öffnen und all die Schutzmauern um uns herum fallen zu lassen. Das ist kein dauerhafter Zustand in unserer Partnerschaft, sondern es sind magische Momente, die wie von selbst kommen und dann wieder gehen. Mit der Zeit lernen wir jedoch, wie wir sie immer häufiger, länger und tiefer erfahren.

Ich glaube, dass wir in unserer Essenz als Menschen die Liebe sind, aber all unsere Erlebnisse und Konditionierungen wie Schichten diese innere Wahrheit verdecken. Unsere Beziehungen geben uns die Möglichkeit, zu unserer Essenz zurückzufinden. Sie helfen, diese Schichten und Blockaden aufzudecken und aufzulösen.

Das Verliebtsein ist nur die erste Stichflamme, die dir zeigt, wie wärmend und erleuchtend das Feuer sein kann. Wenn wir nicht bereit sind, immer wieder Holz nachzulegen und aushalten, dass die Hitze auch mal unangenehm sein kann, dann wird die Flamme wieder verglühen, und wir begeben uns auf die Suche nach dem nächsten Menschen, der die Stichflamme in uns entzündet. Und so weiter.

Es ist so schwer, die Liebe zu beschreiben, denn wie will man etwas in Worte fassen, das man nur im Herzen erfahren kann. Mir ist es darum auch nicht wichtig, dir mit meinen Worten die Liebe vollständig zu erklären. Ich möchte dich vielmehr daran erinnern, dass wahre Liebe über all unsere romantischen Vorstellungen hinausgeht.

Es geht mir auch nicht darum, mit romantischen Anekdoten die Liebe zu verdeutlichen. Ich war schon oft selbst an dem Punkt, an dem ich die Hoffnung in die Liebe und Beziehung fast verloren hatte. Ich wünsche mir deswegen, dass ich dich aufwecken und begeistern kann, dass du dich dafür öffnest, dass in Beziehungen noch so viel mehr auf dich wartet und Liebe unsere Vorstellungskraft weit übersteigt, egal wie groß die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit auch sein mag.

Memo an dich!

Liebe kann sich in ihrer vollkommenen Pracht dann entfalten, wenn du mit dir selbst verbunden bist, dein Herz weit geöffnet ist und all die einengenden Schutzmauern um dich herum endlich fallen dürfen.

Schmetterlinge im Bauch sind für'n Arsch

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