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LORD FALMOUTH’

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Verbindung zu Daniel Swigerts Beschäler Glenelg führt über die von Falmouth gezogenen Queen Bertha, die für ihn 1863 die Epsom Oaks gewann, seine Gründerstute und die Mutter der Champions Spinaway und Wheel of Fortune wurde. Die Oaks-Siegerin stammte von Kingston, dem mütterlichen Vater des Elmendorfer Beschälers. Dieser Züchter schickte seine Stuten, ähnlich wie Italiens berühmter Frederico Tesio 70 Jahre später, schon immer zu fremden Spitzenhengsten, während auch Lord Derby die besten Deckhengste nutzte, wenn diese nicht in seinem Besitz waren. Mit solchen züchtete er so großartige Pferde wie Hyperion, Phalaris, Swynford, Alycidon oder Chaucer. Auch die Züchter von Nasrullah, Blandford oder Tourbillon griffen diesen Gedanken auf, wenn sie es für richtig erachteten. Auffallend auch, dass in den erfolgreichen Pedigrees jener Zeit die wiederholte Kreuzung mit Speed, klassischem Stehvermögen und Härte zu finden war, während Züchter, die „klassische Stuten“ mit „klassischen Hengsten“ paarten, auf Dauer weniger erfolgreich waren, weil sich der Speed nach und nach verlor. Und diejenigen, die „Speed“ mit „Speed“ paarten, erzeugten nur Sprinter. Und die meisten dieser hatten auch wenig Qualität. Andererseits konnte nicht übersehen werden, dass die Inzucht eines sehr nahen Vorfahrens positiv wirkte. Lexington, Phalaris, Domino, St. Simon, Nearco, Djebel oder Stockwell sind dafür Beispiele.

Lord Falmouth, mit bürgerlichem Namen Admiral Edward Boscawen, nahm den französischen Admiral de Hocquart dreimal gefangen, an den seit 1861 der den Dreijährigen vorbehaltene Prix Hocquart zu Longchamp erinnert. Boscawen studierte Rechtswissenschaften, führte diesen Beruf jedoch nicht aus, nachdem er den Titel von einem Cousin geerbt hatte. Er heiratete eine sehr reiche Frau, errichtete seinen Sitz in der Nähe von Leybourne Grange, wo Sir Joseph Hawley sechs große Rennpferde gezogen hatte, zu Mereworth (später bekannt als Mereworth Castle). Und hier züchtete der Lord von fremden Hengsten in 22 Jahren die Sieger von 19 Klassiks, darunter sechs Oaks- und drei Derby-Sieger. Was jedoch als Hengst auf die Welt kam, wurde in der Regel verkaufte oder verpachtete. Auf diese Art kam auch der Thormanby-Sohn und 2000 Guineas-Sieger Atlantic (1871) als Deckhengst nach Frankreich, wo der Fuchs Vater des Schimmels Le Sancy (1884) wurde, der erst als Vier- und Fünfjähriger voll ausgereift war und in diesem Alter 19 Rennen in Folge (insgesamt 27) gewann. Dieser Hengst, dessen Großvater die gleichen Eltern hatte wie seine Urgroßmutter Lady Hawthorn, wurde im Gestüt einer der größten Beschäler Frankreichs, zeugte viele klassische Sieger und etablierte eine Schimmellinie, zu der auch The Tetrarch gehörte. Le Sancy wurde auch mütterlicher Großvater von Baron R. de Rothschilds Alcantara II (1908), der 1920 und 1928 an der Spitze der französichen Beschäler stand und, 1932/33, auch die Liste der Väter erfolgreicher Mütter anführte, und die Zucht ganz besonders durch seine Töchter beeinflusste. Von diesen trug ganz besonders die 1920 geborene Tochter Deasy bei, die, vor ihrem ersten Hengst, acht Stuten fohlte, von denen vier eine sehr bedeutende Nachkommenschaft begründeten, die sich u. a. auch auf Argentinien, australien und Südafrika bezog. Le Sancy war auch der Vater von Justita, die 1912 nach Rabelais Reine Mab fohlte. Diese blieb zwar sieglos, doch stammten von ihr elf Sieger ab, die 47 Flachrennen gewannen.

Le Sancy hatte auch zwei in Frankreich geborene Söhne gleichen Namens, doch war es der von Baron Arthur de Schickler 1895 geborene Schimmel Le Samaritain, der u. a. den Großen Preis von Deauville gewann und der die Linie fortsetzte, die über Roi Herode (1904), der 4 x 4 auf Thormanby ingezogen war, zu dem großen Iren The Tetrarch (1911) führt.

Um Thormanby (1857; Windhound), der 14 von 24 Starts gewann, darunter die Gimcrack Stakes als Zweijähriger, und in den beiden folgenden Jahren Derby und Ascot Gold Cup, gab es einige Diskussionen, ob er von Melbourne oder Windhound stammt, weil seine Mutter damals von beiden Hengsten gedeckt worden sein soll. Klarheit brachte schließlich sein Trainer Mathew Dawson in diese Diskussion, der zu Russley Park, in der Nähe von Lambourn, sein Domizil hatte und den Jährling von dessen Züchter Benjamin Plummer für 350 Pfund privat gekauft hatte. Als Thormanbys Mutter, die Ausnahmerennstute Alice Hawthorn (1838; Muley Moloch), 1856 gedeckt wurde, arbeitete M. Dawson im Gestüt und stellte klar: “Die Stute lehnte Melbourne ab und wurde von dem weniger attraktiven Windhound gedeckt“, womit klar war, dass Thormanby ein Vertreter der Herod-Hengstlinie war. Zusätzlich führte man an, dass Melbourne, ein Sohn des Triple Crown-Siegers West Australian, bisher ausschließlich braunen und dunkelbraunen Nachwuchs gezeugt hatte, sodass auch die Fuchsfarbe nicht zu Melbourne passte.

Mit dem Jährling Thormanby, der auf den Doncater Yearling-Sales keinen Käufer fand, und den Dawson „auf Verdacht“ für seinen größten Besitzer vom Züchter erhandelt hatte, bekam der Trainer selbst auch noch Probleme, denn James Merry wollte das Pferd nicht, und es dauerte Monate, bis er den Kaufpreis auf den Tisch legte. Bereut hat er es sicherlich nicht, denn seine Neuerwerbung, die der Trainer im ersten Jahr vierzehnmal anspannte, gewann als Zweijähriger neun Rennen. Und zu diesen Siegen zählten Yorks wichtigstes Rennen für den jüngsten Jahrgang, die Gimcrack Stakes, und beim letzten Jahresstart setzte er sich auch noch zu Newmarket in den hoch dotierten Criterion Stakes durch.


Thormanby (Litografie von John Sherer) und seine Mutter Alice Hawthorn

Und diese Alice Hawthorn gewann insgesamt 52 Rennen, darunter auch die Chester-, Goodwood- und Doncater Cups, Gold Vase und das Ebor Handicap. Und sie wurde zur Gründerin der F-Linie der Familie 4.

Thormanby war auch der mütterliche Vater von Bend Or, den der Duke of Westminster 1877 von Doncater zog. Dieser Stockwell-Enkel blieb als Zweijähriger in fünf Rennen ungeschlagen, und sein Stehvermögen reichte gerade aus, das Derby unter Fred Archer zu gewinnen, obwohl sein Vater ein eiserner Steher war. Beide waren damals jedoch ziemlich angeschlagen. Der Hengst litt unter Schienbeinen, und sein Reiter war von dem aggressiven Muley Edris grausam gebissen worden. Für das Duo reichte es dennoch zu einem Kopfsieg gegen das bessere Rennpferd Robert The Devil.

Die wichtigste Gründerstute des Lords war jedoch die Oaks-Siegerin Queen Bertha (1860; Kingston), die ihm nach dem sehr guten Stutenerzeuger Macaroni (1860; Sweetmeat), der die 2000 Guineas, Derby und Doncaster Cup gewann, die 1000 Guineas- und Oakssiegerinnen Spinaway (1872) und, vier Jahre später, Wheel of Fortune (Adventurer) lieferte. Insgesamt siegten diese beiden Stuten in 22 Rennen und brachten rund 150.000 Dollar Gewinnsumme nach Hause. Der große Jockey Fred Archer war sogar der Meinung, dass Wheel of Fortune, die Mathew Dawson trainierte, das beste Pferd gewesen sein könnte, das er je ritt. Und Archer saß auch auf einem St. Simon und Ormonde, zwei ungeschlagenen absoluten Cracks. „The thin man“ Archer, der schon mit elf Jahren 1868 als „Stift“ zu Trainer M. Dawson kam und von 1874 bis 1886 sein Stalljockey war, gewann von 8.084 Starts 2.748 und, bis 1886, auch dreizehn Jockey-Championate in Folge. Ormonde war der letzte seiner fünf Derbysieger, denn im Herbst des gleichen Jahres nahm sich dieser begnadete Reiter mit 29 Jahren das Leben.

Fred Archer, der 1857 in Cheltenham geboren wurde, und dessen Siegzahl erst Englands 26-facher Champion-Jockey Sir Gordon Richards mit 4.870 Erfolgen (bei 21.834 Starts) in einer wesentlich längeren Karriere überbot, ritt seinen ersten Sieger 1870 und gewann zwei Jahre später das Cesarewich. Der Wendepunkt in seiner Karriere kam, als Lord Fallmouth seinen verstorbenen Stalljockey Tom French ersetzen musste, und die Wahl auf Archer fiel. Und dafür bedankte sich der junge Reiter in seiner ersten Saison für den Lord mit Siegen in den 1000, 2000 Guineas und Oaks, während es im Derby nur ein dritter Rang wurde. Zu den fünf Derbysiegen kamen sechs St. Legers, je vier Oaks und 2000 Guineas, als auch zwei Erfolge in den 1000 Guineas hinzu. Der für einen Jockey sehr große Reiter, der unbeugsamen Siegeswillen, hervorragendes Einfühlungsvermögen und ein starkes Finish gehabt haben soll, hat aber auch seinem Körper Unglaubliches zugemutet. Im Winter soll die Waage zehn bis elf Stones (63-70 Kilo) angezeigt haben, während zu seinem „Saison-Dinner“ berichtet wird, dass dieses in der Regel ein Wasserkeks und ein halbes Glas Champagner gewesen sei.


„The thin man“ Fred Archer

1883 heiratete der Jockey, dessen Vater ein bekannter Steeplechase-Jockey war, die Tochter seines Trainers, die jedoch schon ein Jahr nach der Geburt einer Tochter verstarb. Über diesen Verlust kam Archer nie hinweg, und als seine Gesundheit 1886 schwer angeschlagen war hat er, depressiv und von Fieber geplagt, sich selbst erschossen. Sir Gordon Richards hingegen, der im November 1986 diese Welt verließ, wurde 82 Jahre alt. Seine Siegzahl ist längst überboten – der Weltrekord steht bei mehr als 12.800 Erfolgen – denn seinem großen Landsmann Lester Piggott gelangen mindestens 5.191 Siege, die aus 4.349 britischen Erfolgen, 20 über Hürden und, minimal, 822 Auslandssiegen resultierten. Einen Rekord dürfte er aber noch halten, 12 ununterbrochene Siege. Der Start dafür war am 3. Oktober 1933, als er zu Nottingham das letzte Rennen des Tages beherrschte, am folgenden Tag zu Chepstow bei sechs Starts alle gewann. und, am nächsten Tag auf gleicher Bahn, in den ersten fünf Rennen den Sieger ritt.

Lord Fallmouth zog aber noch einige weitere gute Pferde, darunter die Derbysieger Silvio (1874; Blair Athol) und Harvester (1881; Sterling), als auch die Hengste Charibert (1876; Thormanby) und Galliard (1880; Galopin), die beide die 2000 Guineas an die Farben ihres Züchters hefteten. Und die 1875 geborene Lord Cliften-Tochter Jannette gewann die Oaks, das St. Ledger, war Zweite in den 1000 Guineas und setzte sich als Vierjährige im Jockey Club Cup durch. Am Ende standen 17 Siege 24 Starts gegenüber.


Mit Little Charley (1848; Charles The Twelfth) gewann Fred Archers Vater William die Grand National 1858 (Foto nach einem Gemälde von H. P. Woollett, 1883)

Silvio gewann als Zweijähriger zwar vier Rennen, hatte aber keine großen Gegner geschlagen, sodass er im Derby als 100:9-Chance antrat. Zu Tottenham Corner lag Silvio noch weit hinten im Feld, lieferte auf den letzten Metern unter Archer jedoch ein packendes Finish gegen Glen Arthur (Adventurer), der den Franzosen Dodge im Sattel hatte und gewann mit einer halben Länge. Knapp dahinter lief der Favorit Rob Roy (Blair Athol) auf Platz drei. Vierjährig siegte Silvio im Jockey Club Cup gegen den ein Jahr jüngeren französichen Derbysieger Insulaire, der im Epsom Derby nur Sefton (Speculum) unterlegen war und die Farben von Count Frederick De Lagrange trug. Fünfjährig blieb der Hengst sieglos, lieferte als Zweiter aber zwei hervorragende Rennen zu Ascot ab. In der Golden Vase gab er dem Sieger Isonomy sieben Pfund, und in den Hartwicke Stakes Chippendale achtzehn. Danach ging er in England ins Gestüt, richtete wenig aus und wurde drei Jahre später nach Frankreich exportiert. Dort war er wesentlich erfolgreicher und führte auch einmal die französichen Vererber an.

Das Derby 1884 hatte eigentlich schon am 2000 Guineas-Renntag 1983 zu Newmarket seine Schatten vorausgeworfen, als Prince Batthyany voller Hoffnungen war, Lord Falmouth Galliard siegen zu sehen, der seinen geliebten Galopin zum Vater hatte. Der Hengst gewann an jenem Tag auch, doch der alte Herr erlitt schon vorher auf den Stufen zum Jockey Club Luncheon Room einen Herzanfall und verstarb. Durch den Tod dieses Ungarn waren auch alle klassischen Nennungen seines St. Simon (1881; Galopin) erloschen, weil das die Paragraphen der englischen Rennordnung damals so bestimmten. Und somit wurde im Derby 1884 nicht dieser Schimmel gefeiert, der mit ziemlicher Sicherheit auch die „Dreifache“ gewonnen hätte, sondern St. Gatien (The Rover) und Lord Fallmouth Harvester, die im „Toten Rennen“ endeten, wie 1828 Cadland und The Colonell. Harvester, der insgesamt fünf von 13 Rennen gewann und am Ende des Jahres in Newmarket ins Gestüt ging, wurde kurz später für 850 Guineas nach Österreich verkauft. St. Gatien wurde im Laufe des Jahres immer besser und gewann insgesamt 16 von 19 Rennen, darunter Cesarewitch, Free Handicap, drei Jockey Club Cups; zwei Newmarket King’s Plate, Alexandra Plate, Ascot Gold Cup und, fünfjährig, die Rous Memorial Stakes zu Ascot. Nach kurzer Gestütszeit wurde er an Graditz verkauft. Von dort soll die Reise in die USA, dann zurück nach England gegangen sein, wo er erneut über den „großen Teich“ verschifft worden sein soll. Diesen Weg ging auch 1893 sein bester Sohn Meddler (1890), ein in drei Rennen ungeschlagener Zweijährigen-Champion in England. Ihn hatte ein ähnliches Schicksal getroffen wie St. Simon, denn auch sein Besitzer, George A. Baird, war verstorben und die klassischen Nennungen für Meddler hinfällig. In den USA wechselte er, nach dem Tod seines dortigen Eigners, auf der Auktion für 55.000 Dollar in den Besitz von William C. Whitney und stand 1904 und 1906 an der Spitze der amerikanischen Deckhengste.

Die 2000 Guineas-Sieger Charibert und Galliard haben beide ihren Lebensabend in Deutschland verbracht. Ersterer, der eine Birdcatcher-Enkelin zur Mutter hatte, war als Zweijähriger in den Champagne Stakes erfolgreich, heftete vierjährig die über 1.000 Meter führenden King’s Stands Stakes zu Ascot an seine Farben, als auch den Sieg in den July Stakes, in denen er sich 12 Monate später erneut durchsetzte. Insgesamt ergaben 37 Starts 10 Siege. Galliard, der 4 x 4 auf Voltaire und Birdcatcher ingezogen war, hatte eine Macaroni-Stute zur Mutter. Auf der Rennbahn gewann er sechs von acht Starts, darunter auch die in den Prince Of Wales- und St. Jame’s Palace Stakes. Zunächst wurde er nach Frankreich exportiert, und 1895 von dem weltweit bekannten jüdischen Berliner Bankier James Soloschin, der Immobilien in Berlin und Paris besaß, für seine Zucht in Alt Golm gekauft. Das in Brandenburg in der Nähe des Scharmützelsees gelegene 670 Hektar große Anwesen – Alt Golm gehört heute zur Gemeinde Rietz-Neuendorf – hatte er 1895 von dem Berliner Druckereibesitzer Georg W. Büxenstein erworben, die Gebäude ausgebaut, erweitert und das heute nicht mehr existierende „Schloss“ zum Familien-Landsitz mit Pferdezucht erkoren. Der Geschäftsgedanke zur Zucht lag mit der damals zu Fürstenwalde und Beeskow beheimateten Kavallerie, die später auch „Hindernis-Rennen“ organisierte, nahe, doch brachte Soloschin Leben in das kleine Dorf, baute auch eine Schule und galt als geachteter Gutsherr.

Zu dem genannten Galopin-Sohn Galliard war als Deckhengst zu Alt Golm nichts zu erfahren, doch zeigt eine Zeichnung von Karl Volkers, die in den 1890er Jahren entstand, und die mir freundlicherweise der Regionalhistoriker Hans-Werner Hintze mit einigen weiteren Informationen zur Verfügung stellte, dass damals Fohlen von dem Franzosen Chamant (1874; Mortemer) und St. Gatien (1881; The Rover) auf Soloschins Koppeln standen. Die Mutter des Chamant-Fohlens, Harzrose (1867) stammte von dem Buccaneer-Hengst und Union-Sieger Filibuster (1867), den Graf Johann Renard gezogen hatte. Der Hengst deckte auf dessen Gestüt Olschowa, dass wahrscheinlich auch Schlesisches Warmblut züchtete, doch wird zu Filibuster auch vermerkt, das er 1884, 1888 und ein Jahr später Championbeschäler war. Chamant, der in Frankreich aus einer importierten Engländerin gezogen wurde und in England lief, kam 1878 nach Deutschland und startete zunächst in Beberbeck (in der Nähe von Hofgeißmar), das damals zu den fünf preußischen Hauptgestüten Graditz, Trakhenen, Neustadt/Dosse und Altefeld gehörte. Graditz schickte diesem Stallion aber sofort und konstand einige Stuten, und 1892 wurde der Hengst dann endlich „Graditzer“ und verhalf dieser Zuchtstätte bei Torgau zum ersten Aufschwung. Insgesamt gilt der Hengst als großer Zuchterfolg. Graditz erhielt von ihm die drei Derysieger Potrimpos, Peter und Habenichts, die 1886, 1891 und 1898 gewannen, und Schlenderhans Saphir holte sich 1897 das „Blaue Band“ in Wien. Seine Sohn Pumpernickel (1884) gewann in Deutschland und Ungarn die St. Legers, und Weltmann (1881) wechselte 1893 von Graditz als Hauptbeschäler nach Beberbeck.

St. Gatien kam nach 16 Siegen 1891 nach Graditz, nachdem er im Epsom Derby 1884 mit Lord Fallmouth Harvester „Totes Rennen“ lief, aber auch Ascot Gold Cup und Cesarewitch gewonnen hatte. Waschfrau (Preis der Diana) war seine beste Vertreterin. Er reiste weiter nach Kalifornien …


James Soloschin überwacht zu Alt Golm das Training der Jährlinge mit seinen Söhnen Edgar und Victor


Das Alt Golmer „Schloss“ des Gutsbesitzers J. Soloschin (Fotos: Hans-Werner Hintze, nach einem Gemälde des Polen A. von Kossack und einer alten Postkarte

Zu anderen wichtigen Siegern von Lord Fallmouth zählten noch Cecilia (1870; Blair Athol; 1000 Guineas); die Oaks-Siegerin Gamos (1867; Saunterer); die Zweijährigen-Championess Bal Gal (1878; Adventurer) und die ein Jahr jüngere Durch Oven (Dutch Skater), die beide aus der Stockwell-Tochter Cantiniere stammten. Letztere zählte zu ihren 16 Siegen u. a. St. Ledger, Yorkshire Oaks, Dewhurst Plate und Rous Memorial.

Man hätte erwarten können, dass eine derartige „Stutenpower“ – Queen Bertha, ihre Töchter Wheel of Fortune und Spinaway, die Busybody (1881; Petrarch) fohlte, die das klassische Doppel ebenfalls gewann, nachdem sie bereits ihren Jahrgang als Zweijährige angeführt hatte – auch überragendes Zuchtpotential besitzt, doch das war nicht der Fall.

Abram S. Hewitt, der diese Zucht analysierte, wies auch darauf hin, dass es damals auch in der Hengstlinie der Derbysieger vom Vater zum Sohn nach drei Generationen nicht weiterging: Waxy gewann das Epsom Derby 1793, sein Sohn, der zwanzigfache Sieger und Ururgroßvater des Franzosen Gladiateur (1862), Whalebone, setzte sich 1910 Start-Ziel durch, und dessen Sohn Spaniel, der in der vierten und fünften Generation sehr stark ingezogen war, 1831. Der von Stockwell gezogene Doncaster kam 1873, als es auf den Epsom Downs für den zweiten Platz totes Rennen gab, zu Derbyehren. Sein Sohn Bend Or erkämpfte sich das „Blaue Band“ sieben Jahre später, und dessen Vertreter Ormonde 1886.

Eine Sequenz über drei Generationen lieferte auch das Vater-Sohn-Trio mit Gainsborough (gewann 1918 unter Joe Childs), Hyperion (siegte 1930 mit T.Weston) und Owen Tudor, der das Kriegs-Derby 1941 zu Newmarket unter der Regie von Trainer Fred Darling gewann. Der Zweite, Morogoro, stand damals im gleichen Trainingsquartier, und die Besitzerin des Siegers, Mrs. Macdonald-Buchanan, war erst die dritte Lady, die einen Derbysieger vom Geläuf abholen konnte. Sie war die Tochter von Lord Woolavington, der das Epsom Derby mit den Hurry On-Söhnen Captain Cuttle (S. Donoghue) 1922 und Coronach (J.Childs) vier Jahre später gewinnen konnte, und dessen Gestüt sie nach dem Tod ihres Vater erbte.

Owen Tudor zeugte schnelle Pferde als auch Steher, und sein Sohn Right Royal (1958), den Mme. Jean Couturié in Frankreich zog, gewann als Zweijähriger das Grand Criterium (1.500 m), und ein Jahr später u. a. die 2000 Guineas und das Derby (2.100 m) seiner Heimat als auch die King George VI and Queen Elizabeth Stakes über 2.400 Meter. Mit einer Tochter aus der Teddy-Hengstlinie lieferte dieser Hengst an Prince Regent den Irish Derby-Sieger 1969, der unter E. Pollet Ribofilio (Lester Piggott) mit einer Länge schlug.

Ähnlich verhielt es sich auch mit zwei „Dreiern“ in den USA, wo das Kentucky Derby an die Drei-Generationen-Kombination Reigh Count (Sunreigh), Sieger 1928; Count Fleet, der 1943 neben dem Kentucky Derby auch die „Dreifache Krone“ gewann, und Count Turf, der 1951 das Vater-Sohn-Enkel-Trio abschloss. Reigh Count stellte sich als Vierjähriger auch in England vor, gewann dort den Coronation-Cup und wurde im Ascot Gold Cup Zweiter.

Die andere Dreier-Version gewann ihre Derbys 1944, 1949 und 1956. Es begann mit dem Hyperion Sohn Pensive, der auch die Preakness Stakes gewann und als Zweiter zu Belmont die „Dreifache“ verlor. Sein Sohn Ponder, der wie der Vater auf der Calumet Farm geboren wurde, eine Blenheim-Tochter zur Mutter hatte und Needless zeugte. Er setzte sich zwar auch in den Belmont Stakes durch, war aber in den Preakness Stakes lediglich auf dem Ehrenpatz gekommen.

Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in England mit Spearmint, Spion Kop und Felstead erneut dieses Phänomen, die ihre „Vater-Sohn-Derbys“ 1906, 1920 und 1928 gewannen. Spearmints Vater Carbine (NZ) war das beste Rennpferd seiner Zeit in Australien, und sein Sohn gewann zehn Tage nach dem Epsom Derby auch den Großen Preis von Paris. Spearmint zeugte mit der St. Simon-Stute Concertina Plucky Liege (1912), die den Champion-Beschäler Bois Roussel (1935; Vatout) fohlte, als auch die sehr guten Teddy-Söhne Sir Galahad III (1920) und Bull Dog (1927), die zu führenden Deckhengsten in den USA aufstiegen.

In Deutschland brachte es die Vater-Sohn-Derbysieger-Linie sogar bis auf sechs Generationen, die ihr Deutsches Derby wie folgt gewannen: Landgraf siegte 1917, Ferro 1926; Athanasius 1934, Ticino 1942, Neckar 1951 und Zank 1964. Landgraf zeugte außerdem noch den 1922er-Derbysieger Hausfreund; Ticino neben Neckar auch die Triumphatoren Niederländer und Orsini, die das „Blaue Band“ 1950 und 1957 gewannen. Orsini seinerseits wurde Vater der Hamburger Derby-Sieger Ilix, Elviro und Don Giovanni, die 1966, 1968 und 1969 nicht zu schlagen waren, während Niederländer, in die damalige DDR verkauft, mit Sasso (1964), dem Schimmel Baba (1965) und Samariter (1968) drei Söhne zeugte, die in Hoppegartens Derby zu Ehren kamen. Alle drei gehörten dem Gestüt Boxberg, wurden von Willie Frommann trainiert und, außer Sasso (Rudie Lehmann), von dem später verunglückten Klaus Otto geritten. Auch Neckar kam neben Zank zu zwei weiteren Derby-Siegern: Der 1960 nach Brasilien verkaufte Ravensberger Wilderer gewann 1958 zu Hamburg, und Neckars Tochter Ondra, aus der Angeber-Stute Organza, ließ sich 1961 zu Hoppegarten unter Egon Czaplewski in Görlsdorfer Farben für Trainer Ewald Schneck das „Blaue Band“ nicht streitig machen.

Ende 1884 löste Lord Falmouth Zucht und Rennstall auf. Das auf „klassische Zucht“ ausgerichtete Unternehmen hatte nach 1881 auch keine großen Sieger mehr, und ähnlich erging es auch Lord Astor in England und William Woodward in den USA, die ebenfalls nach dieser Methode züchteten. Beobachter jener Zeit sprachen jedoch auch davon, dass Fred Archer sich auf Falmouth Galliard im Derby 1883 wohl von Highland Chief schlagen ließ, weil sein Bruder Charles, der diesen trainierte, angeblich eine sehr hohe Wette landen wollte. Gegen die Regeln ging das Wetten nicht, denn damals durften Reiter und Trainer noch auf „ihre“ Pferde wetten, doch „das gute Ding“ wurde im letzten Moment noch von dem von John Porter zu Kingsclere vorbereitete Hermit-Sohn St. Blaise mit einem Hals abgefangen. Und diese „Untreue“ soll den Lord zusätzlich bestärkt haben, sein angedachtes Vorhaben 1884 auch umzusetzen. August Belmont I importierte den Sieger in die USA, wo er 1890 die Hengstelite anführte. Ein Jahr später, nach Belmonts Tod, wechselte St. Blaise für 100.000 Dollar nach Tennesee in die Fairway Farm, wo er wenig erfolgreich war. August Belmont II kaufte ihn 1902 für sein Nursery Stud zurück. Dort kam er bei einem Stallbrand im Oktober 1909 ums Leben.


Der ungeschlagene St. Simon (Foto: Courtesy of Keeneland Library)

Ein bis zwei Pferde hatte Lord Fallmouth nach der Auflösung seines Bestandes aber immer noch bei Methew Dawson im Training, der seine Pferde seit 1868 betreut hatte. Zwei Jahre später übergab auch Dawsen den Stall an seinen Neffen George Dawson, der für den Duke of Portland ebenfalls sehr erfolgreich war und 1888 und 1889 an Ayrshire (Hampton) und Donovan (Galopin) die Epsom-Derbysieger sattelte. Ehe Methew Dawson 1897 starb, trainierte er in der Nähe von Newmarket auch noch einige Pferde für Lord Rosebery, darunter der Hampton-Sohn Ladas (2000 Guineas und Epsom-Derby 1894) und Sir Visto (Barcaldine), der ein Jahr später der Held zu Epsom war. Als Ladas triumphierte war der Lord auch noch als „British Prime Minister“ in Amt und Würden.

Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt

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