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CORNUKES ARCHE
ОглавлениеBob Cornuke, ehemals polizeilicher Ermittler und Angehöriger eines Sondereinsatzkommandos, der inzwischen als „biblischer Forscher, internationaler Entdecker und Bestsellerautor“ reüssierte, leitete im Juli 2006 die jüngste Expedition zur Suche nach der Arche Noah.13 Cornuke diente ursprünglich in den 80ern dem Ex-Astronauten James Irwin und seinem Team bei der Suche nach Überresten der Arche Noah in der Osttürkei als Sicherheitsberater – in der gleichen Gegend, wo später Ron Wyatt und seine Kollegen von kurdischen Separatisten gekidnappt wurden. Nach Irwins Tod gründete Cornuke das BASE (Bible Archaeology Search and Exploration) Institute und startete seine eigenen Forschungen.
Medienberichten zufolge fand Cornukes Expedition am Berg Suleiman im iranischen Elburs-Gebirge auf 4000 Metern Höhe Felsen, die die Form von Schiffen hatten.14 Von Expeditionsteilnehmern aufgenommene Fotos sollten denselben Berichten zufolge eine Felsnase zeigen, die wie der Bug eines aus einem Grat herausragenden Schiffs geformt war. Cornuke sagte, die Felsen wirkten „auf unheimliche Weise wie Holz … Wir haben dünne Scheiben aus dem Holz (schneiden) lassen und können darin (Holz-)Zellstrukturen erkennen.“
Die meisten Experten ließen sich jedoch nicht überzeugen. Kevin Pickering, Geologe am Londoner University College und Spezialist für Versteinerungen, sagte: „Die Fotos zeigen anscheinend eisendurchsetztes Sedimentgestein, vermutlich dünne Schichten von verkieseltem Sandstein und Schiefer, wahrscheinlich vor langer Zeit in Meeresumgebung abgelagert.“ Robert Spicer, Geologe an der englischen Open University und auf die Untersuchung von Versteinerungen spezialisiert, meinte dazu: „Was in diesem Fall dokumentiert werden müsste, sind erhaltene, von Menschenhand angefertigte Verbindungsstücke, etwa Nuten und Zapfen oder auch nur genagelte Bretter. Davon sehe ich auf diesen Bildern nichts. Das ist alles kaum überzeugend.“
Es ist schwer, wenn nicht unmöglich, die biblische Erzählung von der Sintflut und Noahs Arche in einen historischen Kontext zu stellen, weil sich diese Ereignisse lange vor den Anfängen der Geschichtsschreibung abspielten, die man um das Jahr 3000 v. Chr. ansetzt, als in Mesopotamien und Ägypten die Schrift erfunden wurde.
Mesopotamische Zikkurats wie diese 4000 Jahre alte bei Ur waren religiöse Bauten, die möglicherweise zur Entstehung der Geschichte vom Turmbau zu Babel beitrugen.
Wir sollten die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle die Erzählung vom Turmbau zu Babel zu erwähnen, auch wenn das etwas abwegig erscheinen mag – immerhin folgt sie in der Genesis (11,1–9) direkt auf den Bericht über Noahs Arche. Vor allem aber passt die Beschreibung des Turms auf archäologische Überreste aus dem 2. Jahrtausend v. Chr. von religiösen Bauten in Babylon, Uruk, Ur und anderswo in Mesopotamien, die wir Zikkurats nennen. Die Babel-Geschichte könnte somit als ein Punkt dienen, wo sich tatsächlich ein Stück der Genesis in den archäologischen Befunden niedergeschlagen hat.15
Gut möglich, dass die Geschichte des Turms von Babel ursprünglich erfunden wurde, um zu erklären, weshalb es so viele unterschiedliche Sprachen auf der Welt gab, und um die Bedeutung Babylons zu unterstreichen.16 In der biblischen Version wurde an der Erzählung gefeilt; sie soll allgemeiner Ansicht der Wissenschaft zufolge dazu dienen, die Überheblichkeit und Sündhaftigkeit der Menschheit zu verurteilen. Der biblische Bericht lautet wie folgt:
Alle Menschen hatten die gleiche Sprache und gebrauchten die gleichen Worte. Als sie von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Land Schinar und siedelten sich dort an. Sie sagten zueinander: Auf, formen wir Lehmziegel und brennen wir sie zu Backsteinen. So dienten ihnen gebrannte Ziegel als Steine und Erdpech als Mörtel. Dann sagten sie: Auf, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm mit einer Spitze bis zum Himmel und machen wir uns damit einen Namen, dann werden wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen. Da stieg der Herr herab, um sich Stadt und Turm anzusehen, die die Menschenkinder bauten. Er sprach: Seht nur, ein Volk sind sie und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen. Auf, steigen wir hinab und verwirren wir dort ihre Sprache, so dass keiner mehr die Sprache des anderen versteht. Der Herr zerstreute sie von dort aus über die ganze Erde und sie hörten auf, an der Stadt zu bauen. Darum nannte man die Stadt Babel (Wirrsal), denn dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt, und von dort aus hat er die Menschen über die ganze Erde zerstreut. (Genesis 11,1–9)
Archäologen und Althistoriker siedeln die „Ebene im Lande Schinar“ für gewöhnlich nahe Euphrat und Tigris in Mesopotamien an. Dort erblühte die Stadt Babylon, berühmt geworden vor allem durch Hammurabi (ca. 1792–1750 v. Chr.) und seine berühmte Gesetzessammlung (die wir in Kapitel 4 diskutieren). Die Stadt bestand fast 1000 Jahre, ihre Bedeutung nahm zu und wieder ab; hier starb Alexander der Große im Jahr 323 v. Chr.
Eines der auffälligsten und dauerhaftesten Gebäude der Stadt Babylon war die pyramidenförmige Zikkurat. Sie wurde in mehreren Stufen erbaut, indem immer kleinere Abschnitte aufeinander gestellt wurden, wodurch sie so hoch wurde, dass „ihre Spitze bis zum Himmel“ zu reichen schien, wie die Bibel berichtet. Solche Zikkurats wurden im 2. Jahrtausend v. Chr. in vielen größeren babylonischen Städten erbaut und dienten religiösen Zwecken. (Am Rande sei erwähnt, dass auch vermutet wurde, die Zikkurat von Babylon sei der wahre Ort der Hängenden Gärten – eines der sieben Weltwunder –, da das Drapieren von Pflanzen von den Stufen der Zikkurat diese in einen veritablen hängenden Garten verwandeln würde.)17
Den Turm von Babel mit der Zikkurat in Verbindung zu bringen, die im 2. Jahrtausend v. Chr. in Babylon stand, mag weit hergeholt erscheinen, um die biblische Geschichte von Noahs Arche in einen historischen Kontext zu stellen – und das ist es auch.18 Es ist jedoch schlicht und einfach möglich, einige Mysterien in den biblischen Berichten zu enträtseln, indem man sie als historische Erinnerungen an Babylon oder Sumer betrachtet, die durch die Jahrhunderte an die Israeliten überliefert wurden und schließlich in der Bibel landeten.
Anhand der textlichen Belege ist klar zu erkennen, dass es eine Reihe von großen Übereinstimmungen und Unterschieden zwischen der Fluterzählung im Alten Testament und den Berichten älterer mesopotamischer Kulturen gibt, die alle mindestens acht oder neun Jahrhunderte älter sind als die Bibel. Wo stehen wir also?
Die große Mehrheit der Wissenschaftler ist sich einig, dass die Flutberichte älterer sumerischer und babylonischer Kulturen – insbesondere die Version im Gilgamesch-Epos – vermutlich den historischen Kern bilden, auf dem die biblische Erzählung von der Sintflut und Noahs Arche beruht. Daraus ergibt sich die Frage, ob an den Geschichten von Ziusudra, Atrahasis und Utnapischtim – den Überlebenden der Flut – etwas dran ist. Leider ist es unmöglich, diese Frage zu beantworten.
Es gibt viele, viele Flutlegenden anderer Kulturen auf der ganzen Welt, aber sie stammen alle aus wesentlich späteren Zeiten. Selbst die frühesten Geschichten anderer Kulturen, etwa der griechische Mythos von Deukalion und der Flut, sind höchstwahrscheinlich Anleihen aus dem Nahen Osten aus Zeiten des kulturellen Kontakts lange nach Entstehung der ursprünglichen Berichte, beispielweise während der Orientalisierung Griechenlands im 1. Jahrtausend v. Chr.19 Um diese Zeit gelangten viele Erzählungen, darunter das mesopotamische Gilgamesch-Epos und der hethitische Mythos von Kumarbi, nach Westen und beeinflussten dort Homers Ilias und Odyssee sowie Hesiods Theogonie.
Was archäologische Belege anbelangt, ist die Arche Noah nach wie vor unentdeckt, jüngeren Behauptungen des Gegenteils zum Trotz. Indizien sprechen jedoch für eine Reihe von Überschwemmungen von unterschiedlichem Ausmaß in Mesopotamien und anderen Teilen der antiken Welt, etwa in der Region des Schwarzen Meeres.
Eventuell diente die Geschichte des Turmbaus zu Babel – hier zu sehen in Pieter Bruegels berühmtem Gemälde von 1563 – zur Erklärung der Vielzahl von Sprachen auf der Welt.
Was aber sagt all dies über die Existenz Noahs und seiner Arche? Gab es sie wirklich? Werden wir je ihre Überreste finden? Ich kann nur die letzte dieser Fragen beantworten. Meiner Ansicht nach ist es unabhängig davon, ob sich eine große Flut ereignete oder nicht, unwahrscheinlich, dass wir Überreste von Noahs Arche je finden werden … und wenn doch, dann zufällig, auf der Suche nach etwas anderem. Zu einer solchen Entdeckung wird es nur kommen, wenn die Arche durch glückliche Fügung versteinert oder auf andere Weise durch Zufall vor dem Verfall bewahrt wurde – und die Chancen für ein solches zufälliges Zusammentreffen von glücklichen Umständen stehen schlecht.
Die harte Wahrheit ist, dass die Suche nach Noahs Arche kaum Aussicht auf Erfolg hat. Selbst wenn die Arche wirklich existierte, wäre sie inzwischen ungeheuer alt und ihre hölzernen Bestandteile seit Langem zu Staub zerfallen, ohne große Spuren zu hinterlassen. Auffinden ließe sich höchstens so etwa wie das Sutton-Hoo-Schiff in England aus dem 7. Jahrhundert v. Chr.; das verrottete Holz und die korrodierten Nägel dieses Kahns hinterließen einen perfekten Abdruck in der feuchten Erde. Nur wenn die Arche im ägyptischen Sand gelandet wäre, wo wir bei den Pyramiden vollkommen erhaltene pharaonische Schiffe finden, oder am Grund eines Ozeans, wo es kaum Sauerstoff gibt und organisches Material daher vollkommen erhalten bleibt – etwa im Schwarzen Meer, wo Bob Ballards Expeditionen Schiffe fanden, die voll beladen untergegangen waren und in sauerstofffreiem Schlamm konserviert wurden –, dürften wir uns Hoffnungen machen, dass Noahs Arche oder Teile davon erhalten geblieben sind.
Der unwahrscheinlichste Ort, die Arche Noah zu finden, ist vermutlich ein Berggipfel wie der Ararat in der Türkei, das Ziel der meisten Expeditionen, oder gar das Ararat-Gebirge, wo die Arche der Bibel zufolge gelandet ist. Es ist sehr gewagt, darauf zu hoffen, die Arche könnte im Gletschereis erhalten geblieben sein wie die wolligen Mammuts in Sibirien und „Ötzi, der Eismensch“, jener 5000 Jahre alte Mann (datiert auf etwa 3200 v. Chr.), der 1991 gefroren und einigermaßen intakt an der österreichisch-italienischen Grenze in den Alpen gefunden wurde.
Am Ende bleibt eine Reihe von großen Fragen offen: Warum suchen so viele Leute nach der Arche Noah und niemand nach Utnapischtims Arche, Ziusudras Arche oder Atrahasis’ Arche? Weshalb interessieren wir uns so sehr für die biblische Geschichte, während kaum jemand von den früheren babylonischen und sumerischen Versionen gehört hat, die so gut wie identisch sind? Wieso sucht niemand nach dem Berg Nisir, aber alljährlich zahlreiche Expeditionen am Berg Ararat beziehungsweise im Ararat-Gebirge nach Noahs Arche? Sind diese Berge wirklich identisch oder nicht? Wenn wir den einen finden, können wir dann auch den anderen finden? Oder sind wir dazu verurteilt, eine hoffnungsvolle Expedition nach der anderen scheitern zu sehen? Das sind Fragen, die vorläufig weder ich noch irgendjemand sonst beantworten kann.