Читать книгу Hat aufgeschrieben - Erich Buchholz - Страница 10
Die Fronten sind klar
ОглавлениеVon meinen Genossen in Düsseldorf habe ich auch eine andere aufschlußreiche Sache erfahren, die mir immer wieder ins Gedächtnis kommt.
1932, am 26. Januar, wurde in Düsseldorf eine Zusammenkunft von Industriebossen organisiert. Eingeladen hatte der Präsident des Industrieclubs Jo Henkel vom Persilwerk, in dem meine Mutter gearbeitet hatte. Hitler hatte dort vor 650 Kohle-, Stahl- und Chemiebossen und vor Bank- und Presseleuten das Naziprogramm erläutert. Hitler wurde vom Düsseldorfer Oberbürgermeister, Robert Lehr, begrüßt. Nach dieser Veranstaltung im Parkhotel flossen mehrere Millionen Reichsmark in die Kasse der Nazis.
Als Hitler ein Jahr später, am 30. Januar 1933, Kanzler wurde, machte er unter anderem den Persilchef Henkel zu seinem Wehrwirtschaftsführer. Und als Konrad Adenauer 1949 zum Bundeskanzler aufstieg, berief er den ehemaligen Düsseldorfer Oberbürgermeister, Robert Lehr, zu seinem Innenminister. Herr Henkel und Adolf Hitler brachten es zu Ehrenbürgern der Stadt Düsseldorf.
In der Zeit, als die Menschen in Deutschland dabei waren, die Kriegsfolgen zu überwinden, die Versorgungsprobleme zu lösen und den von ihnen geforderten friedlichen Aufbau vorantrieben, schrieb der erste Bundeskanzler, Konrad Adenauer von der CDU am 21. 11. 1949 in der »Frankfurter Rundschau«:
»Ich wünsche keinesfalls eine Armee, wir wollen an keinem neuen Krieg teilnehmen, nachdem so viel Blut auf den Schlachtfeldern vergossen worden ist. Wir haben genug Tote gehabt, allzu viel junge Leute sind umgekommen. Denken Sie daran, daß in Deutschland gegenwärtig auf 100 Männer 160 Frauen kommen. Schließlich muß ich darauf hinweisen, daß ein neues Heer bei uns nur die militärische Erinnerungen wiederbeleben würde, die ein für allemal verschwinden müssen.«
Und kurze Zeit später schrieb dieser gleiche Adenauer am 6. 8. 1950 in der »Welt am Sonntag« :
»Ich habe mich wiederholt gegen die Wiederaufrüstung Deutschlands ausgesprochen, weil ich vor allem dem tiefen Friedenswillen des deutschen Volkes und der deutschen Jugend Ausdruck geben wollte. Man darf nicht vergessen, daß diese Jugend, die mit 15 Jahren von der Schulbank zu Flakhelfern gemacht und schließlich ungenügend ausgebildet in den Kampf geschickt wurde, einen tiefen Abscheu vor Uniformen, vor Waffen und Krieg hat.«
Das war genau das, was die Menschen in Deutschland und nicht nur hier wollten. Das war das, wofür wir, die Mitglieder der KPD und die Freie Deutsche Jugend kämpften.
Die FDJ trat gegen die Remilitarisierung, die Rüstungspläne und für die Einheit Deutschlands auf. Im ersten Bundestag forderte die KPD ein Verbot der Beteiligung Deutschlands an der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG), am Generalvertrag oder anderen militärischen Bündnissen. Die KPD wollte die Verständigung mit der Deutschen Demokratischen Republik.
Das war gegen den Antikommunismus in der Politik der Adenauerregierung gerichtet. Dieser Adenauer erklärte 1952, daß er bereits 1948, vor seiner Kanzlerschaft, dem Hitlergeneral Speidel den Geheimauftrag gegeben habe, Pläne für die Aufstellung einer westdeutschen Armee und ihren Aufgaben auszuarbeiten.
Unter der Parole der Freundschaft mit Amerika strebte Adenauer enge Beziehungen mit der Regierung der USA, mit den Monopolen und Rüstungskonzernen und mit dem Chef dieser Macht, dem Präsidenten, an. Dieser Präsident, Harry S. Truman, hatte nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima im August 1945 erklärt: »Hiroshima wurde bei guter Sicht bombardiert mit nur schwacher Bewölkung. Ergebnis in jeder Hinsicht ausgesprochen gut. Sichtbare Wirkung größer als bei allen Experimenten.«
Dieses »ausgesprochen gute Ergebnis« bestand aus 146.000 Toten, 68.000 zerstörten Häusern und unzähligen Strahlenopfern. Die Zahl der gestorbenen Strahlenopfer stieg bis 2007 auf 250.000 Menschen.
Das waren Gründe und Verpflichtung für uns, gegen die Politik des Atomkrieges, gegen die Remilitarisierung aktiv zu werden und für eine Politik des Friedens und der Entspannung einzutreten. Gerade in diesen Tagen, im Jahre 2009, in denen ich meine Erinnerungen aufschreibe, wird erneut dagegen protestiert, daß auf dem Fliegerhorst der Bundeswehr »Büchel« in der Eifel immer noch 20 Atomsprengköpfe der Freifallbombe des Typs B-61-11 lagern. Diese Bomben mit der 5-fachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe hatte Adenauer 1957 von den USA angefordert.
Unsere Aktivitäten gegen Kriegsvorbereitung und Sozialabbau alleine reichten nicht aus. Zum Leben waren auch das tägliche Essen und Trinken notwendig. Einen Arbeitsplatz, nach dem Umzug zur Familie im Kreis Moers, fand ich bei einer Firma mit Holzeinschlag und Trümmerbeseitigung. Über meine politischen Freunde und Genossen hatte ich bald in Moers bei einer Hoch- und Tiefbaufirma die auf mehreren Schachtanlagen Baustellen hatte, die Möglichkeit einen Umschulungsvertrag als Maurer abzuschließen. Und zwar am 18. 10. 1948 mit der Industrie und Handelskammer Krefeld.
Immer war ich aktiv in der Gewerkschaft tätig. Nachdem wir von der IG Bau-Steine-Erden in Moers uns mit den Kollegen der IG Bergbau für eine Lohnerhöhung von 16 Prozent im Juni 1951 auf der Rheinpreußenzeche, wo auch unsere Baustelle war, solidarisiert hatten, durften wir die Zeche nicht mehr betreten. Daraufhin bekam ich einen Arbeitsplatz in der Bergarbeitersiedlung bei der Firma Kotzan.
Als Kassierer von etwa 60 Gewerkschaftskollegen kam ich auch mit den Familien der Kollegen bei der Hauskassierung zusammen. Es ergab sich dann auch die Situation, daß einzelne Kollegen mit uns zu den Weltfestspielen nach Berlin fuhren. So auch der Sohn des Unternehmers bei dem ich beschäftigt war.
Es war also immer viel zu tun.
Und die Adenauerregierung hatte den Antikommunismus zur Staatsdoktrin erhoben. Da hatten wir Kommunisten es nicht immer leicht, über die Gefahren der Aufrüstung, der Wehrpflicht und gegen die Hetze, gegen die DDR, gegen unsere Organisation aufzuklären. Doch unsere Erfahrungen, unsere Erlebnisse und unser Wissen als Zeitzeugen ließen uns nicht ruhen und rasten. Darum war der Widerstand, blieb die Mahnung aktuell auf der Tagesordnung :
»Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!«