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Szenen einer Ehe

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1. Szene

Er ist 30, Sie 25 Jahre alt

Er: Was riecht denn da so gut, Schatzi?

Sie: Ein Henderl.

Er: Ein Henderl? Dass du dir am Abend so viel Mühe machst… und gar nicht angebrannt.

Sie: Mir ist noch nie ein Henderl angebrannt

Er: Wenn du mich weiter so verwöhnst, werd´ ich bald hundert Kilo haben.

Sie: Die hast du bereits, Erwin!

Er: Kannst mir aber trotzdem noch was geben…

Sie: Und bitte, iss mit Ehrfurcht! Das ist ein Butterhenderl vom Biobauern.

Er: Geh´ Schatzi, warum drehst denn den Fernseher schon wieder auf?

Sie: Weil ich mir heute den „Tatort“ anschau´.

Er: Dabei wär´ im zweiten „Universum“. Von den Laichzügen der Lachsschwärme…

Sie: Die Laichschwärme… das ist ja zum Einschlafen, Erwin…

Er: Oder machen wir uns unser eigenes Programm, Schatzi?

Sie: Und das wäre?

Er: Na, du weißt schon… mit allen Finessen…

Sie: Heute nicht! Ich hab´ Migräne.

Er: Du hast schon die ganze Woche Migräne. Was hast übrigens mit deinen Haaren gemacht, Schatzi?

Sie: Das dir das endlich auffällt…

Er: Musst du denn jede Woche zum Friseur?

Sie: Sowieso! Und bei der Kosmetikerin war ich auch… Gesichtspeeling…

Er: Bei deiner blühenden Jugend, Schatzi, hast du das aber wirklich nicht notwendig! Ich werd´ mir deinen gehobenen Lebensstandard bald nimmer leisten können.

Sie: Das Geld dafür hat mir die Mama ´geben.

Er: Bei deiner Mutter warst? Hast ihr auch recht liebe Grüße ausgerichtet von mir?

Sie: Das Henderl ist von ihr, Erwin.

Er: Was, von ihr? Ich hab´ mir eh schon gedacht, woher du plötzlich kochen gelernt hast.

Sie: Kannst ja ab morgen zum Mac Donalds essen geh´n.

Er: Aber Schatzi, jetzt sei nicht bös´… war ja nicht so gemeint…

Sie: Pst! Der „Tatort“ fangt gleich an.

Er: Als Wiedergutmachung trag´ ich alles raus und räum´s in den Geschirrspüler hinein. Sind wir wieder gut?

Sie: Übrigens brauch´ ich fünfhundert.

Er: Bist du wahnsinnig? Für was?

Sie: Für meine Herbstkollektion…

Er: Aber ich bin ja noch deine Fetzen vom Frühjahr schuldig…

Sie: Dann mach´ halt zum Beispiel mehr Überstunden, Erwin!

Er: Aber Schatzi, dir gehören vom Einbaukasten eh schon sechs Meter und ich hab´ nur noch drei Kleiderbügeln.

Sie: Schrei´ nicht so oder willst, dass die Kinder aufwachen?

Er: Ich mach dir ein faires Angebot: Dreihundert… und da hast noch fünfzig dazu… für so ein durchsichtiges mit Spitzen… ein Necklischee…..geh, sei nicht fad, Schatzi!

Sie: Ende der Diskussion… ich möcht´ jetzt fernseh´n!

Er: Heute ist er ja wieder ganz besonders spannend dein „Tatort“ … ist aber eine Wiederholung… soll ich dir verraten, wer der Mörder ist?

Sie: Nein! Bitte nicht!

Er: Der Autohändler.

2. Szene

Er ist 35, Sie 30 Jahre alt

Er: Was riech´ ich da? Gibt´s denn heut´ gar keine Pulversuppe?

Sie: Die haben wir gestern gehabt.

Er: Na, dann sicher ein Dosengulasch.

Sie: Du irrst dich wieder, Erwin. Heut´ gibt´s ein Henderl… ein Butterhenderl vom Biobauern.

Er: Ein Henderl? Dann war´st bei deiner Mutter.

Sie: Na und? Hast du was dagegen?

Er: Du, die Besuche bei der musst ein bisserl einschränken. Auch wenn´s jede Wochen ihre alten Viecher mitschickt, wird sie mir deswegen nicht sympathischer.

Sie: Ich kann damit auch den Hund füttern.

Er: Was ist denn heut´ im Fernsehen?

Sie: Der „Tatort“.

Er: Wenn heut´ der „Tatort“ ist, dann bin ich außer Haus!

Sie: Geh´ Erwin, bleib´ doch da… wir könnten zum Beispiel ein Glaserl Rotwein trinken und nachher …

Er: Nachher? Ich bitt´ dich, lass´ wenigstens du mich in Ruh… mir genügen schon in der Firma die halblustigen Weiber.

Sie: Aber bei denen bist sicher ungemein witzig und charmant. Übrigens: Die Kinder brauchen was zum Anziehen.

Er: Tut mir leid, Gerda! Keinen Cent von mir! Zieh´ halt der Daniela an, was dem Markus nimmer passt. Heutzutag´ ist es ja eh schon wurscht: Kind ist Kind und Hose ist Hose!

Sie: Du bist wirklich ein Geizhals! Aber für deine blöden Schiffsmodelle haust das Geld beim Fenster hinaus. Genier`st dich denn gar nicht, Erwin?

Er: Na, von mir aus: Hundert Euro… aber das war für heuer der letzte. Ihr saugt´s mich ja aus wie Blutegel.

Sie: So geht das nicht mehr weiter!

Er: Was wär´s mit einer Heimarbeit? So wie die Frau Brehoda von Tür sieben.

Sie: Die? Die fädelt Glasperlen auf …. das ist doch völlig intelligenzbefreit…

Er: Genau das Richtige für dich!

Sie: Geh´st jetzt wirklich noch weg, Erwin?

Er: Bingo! Zum Wirten geh´ ich. Und dein Henderl, das kannst dir … aufwärmen. Das richte bitte auch deiner hochverehrten Mutter aus! Und sie soll einmal was anderes zusammen brutzeln wie ihre rachitischen Aasgeier. Eine Stelzen zum Beispiel oder einen Kalbsbraten. Aber die war ja schon immer phantasielos…genauso wie du!

Sie: Und wann wird der gnädige Herr wieder erscheinen?

Er: Ich komm´ erst wieder heim, wenn der depperte „Tatort“ aus ist. Wenn´st ein Pech hast, ist es eh eine Wiederholung … wo der Autohändler der Mörder ist. Gute Unterhaltung!

3. Szene

Er ist 45, Sie 40 Jahre alt

Er: Was stinkt denn da so penetrant? Verbrenn´st einen Reibfetzen, Gerda?

Sie: Ich wärm´ dir gerade was auf …

Er: Nicht rede weiter … ein Henderl von deiner Mutter! Den Dreck brauchst mir gar nicht servieren.

Sie: Das würde dir aber leid tun … ein Butterhenderl vom Biobauern.

Er: Ich fang´ ja direkt schon zum Gackern an. Soll ich mich umbringen lassen von diesen zähen Methusalems?

Sie: Koste es wenigstens!

ER: Jedes Mal wird mir nachher schlecht.

Sie: Wo gehst denn heute hin, Erwin? Tarockieren?

Er: Du irrst, meine Liebe! Heut´ ist unser Kegelabend, Kartenspielen tun wir erst morgen.

Sie: Übrigens: Der Markus hat ein Nichtgenügend auf die Englischschularbeit kriegt…

Er: Bitte, erzähl´ mir nichts von die G´frieser. Ich hab´ eh selber genug Aufregungen in der Scheißfirma.

Sie: Und die Daniela ist heute erst um zwei Uhr früh heimkommen.

Er: Na und, dann soll´s halt in der Diskothek übernachten dein Fräulein Tochter. Und so lang´ ihr angemalter Tschirokäs nicht auf meinem Fauteuil im Wohnzimmer hockt…

Sie: Im Mai will sie sich mit dem Alexander verloben.

Er: Verloben? Nur über meine Leiche, Gerda! Wie schaust überhaupt du aus? Hast du nichts anderes zum Anzieh´n wie den verschnudelten Kaftan?

Sie: Soll ich dich vielleicht in einem ein Cocktailkleid empfangen?

Er: Und dazu die Lockenwickler und die Fettmaske.

Sie: Das gehört alles zu meiner umfassenden Körperpflege…

Er: Da bin ich im Büro den ganzen Tag über von wirklich attraktiven Damen umgeben und dann daheim: eine Vogelscheuchin! Da treibt´s einen ja förmlich aus dem Haus!

Sie: Was ist jetzt Erwin, soll ich dir das Hendl servieren, oder nicht?

Er: Danke! Ich kauf´ mir lieber beim Wirten eine Geröstete Leber … die ist wenigstens nicht von deiner Mutter.

Sie: Bevor du gehst… ich brauch´ fünfhundert…

Er: Spinnst, Gerda? Möchtest du dir unseren letzten Kontoauszug anschau´n?

Sie: Ich fahr´ morgen mit den Kindern Wintersachen einkaufen.

Er: Logisch, dass sie nicht in Badeschlapfen herumrennen können, aber wenn wir so weiter wirtschaften, haben wir bald überall den Kuckuck drauf picken.

Sie: Und dein Gegenvorschlag?

Er: Geh´ in die Tauschzentrale oder zur Kleiderausgabe von der Caritas.

Sie: Du bist ein blöder Ignorant!

Er: Und wie wird die Gnädigste ihren Abend verbringen? Sicher vor dem Fernseher.

Sie: Geh´ jetzt bitte endlich, Erwin!

Er: Aha … der „Tatort“ ist? Na, da brauch´st du dich wenigstens nicht geistig überanstrengen. Sicher bringen´s eine Wiederholung. Na bitte, was hab´ ich gesagt?

Sie: Ja, ja… wo der Autohändler…

Er: …der Mörder ist. Richtig!

Sie: Wenn du heimkommst, dann bemühe dich, ein bisserl leise zu sein.

Er: Was? Leise soll ich sein? Einen Schmarrn werde ich leise sein! Vielleicht soll ich mich noch in Socken da hereinschleichen? Na, soweit kommt´s noch! Spalier müsstet´s ihr am Gang stehen vor mir, wenn der Ernährer heimkommt. Aber wenn euch was stört, dann stopft´s euch Watte in die Ohrwascheln. Da bin ich schon ang´fressen!

4. Szene

Er ist 60, Sie 55 Jahre alt

Er: Servus, Gerda…

Sie: Heute kommst aber schon früh nach Haus, Erwin. Ich bin mit dem Kochen noch gar nicht fertig. Ein Henderl kriegst!

Er: Also, wenn deine Mutter nicht eine gute Seele ist… trotz ihrer neunzig vergisst sie nie auf unser wöchentliches Henderl…

Sie: Ein Butterhenderl vom Biobauern…

Er: Ja, ja, auch wenn du nie kochen gelernt hast, Gerda… deine Mutter hat in dieser Hinsicht wieder vieles gut gemacht.

Sie: Was gibt´s denn Neues in der Firma?

Er: Frag´ mich lieber nicht. Mich geht schon alles an. Die Jungen tun so, als ob man schon nimmer da wär´. Dabei könnte ich noch Bäume ausreißen.

Sie: Sicher, Erwin. Einen ganzen Wald…

Er: Aber die zwei Jahr derpack ich auch noch.

Sie: Der Markus hat vorher angerufen.

Er: Geh´! Und wie geht’s ihm? Und warum rührt sich die Daniela nie?

Sie: Weißt eh, die renovieren doch gerade ihre Wohnung …

Er: Sie und ihr komischer Tschirokäs… Weißt, was du wieder einmal machst, Gerda? Am Sonntag ladest alle zu einer Jausen ein… so wie früher einmal.

Sie: Das wär´ gar keine schlechte Idee, Erwin.

Er: Wir verlieren ja den ganzen Kontakt zu den Kindern. Den einzigen Kontakt, den wir noch haben, ist der zu deiner Mutter und zu ihren Hendeln.

Sie: Und, schmeckt´s dir?

Er: Ja… ausgezeichnet… kannst mir gern noch ein Bügerl geben…und vielleicht noch ein Löfferl Reis… danke, Gerda.

Sie: Im Fernsehen ist heute der „Tatort“… schaust mit?

Er: Hoffentlich ist es keine Wiederholung.

Sie: Ich schau´ ihn mir trotzdem an.

Er: Was war sonst noch los?

Sie: Gehäkelt hab´ ich…

Er: Bravo… da komm´st wenigstens auf andere Gedanken. Du, aus dem Kinderzimmer könnten wir auch was anderes machen. Ewig geht das nicht so weiter, dass du stundenlang drinnen sitzt und dir vorstellst, dass noch da sind.

Sie: Und was? Eine Sauna?

Er: Ich hab´ eine bessere Idee! Wir stellen eine Tiefkühltruhe hinein. Dann brauchst nicht jeden Tag einkaufen rennen mit deine Hühneraugen und wir könnten alles Mögliche einfrieren.

Sie: Ein Henderl zum Beispiel. Weißt eh, was nächste Woche am 13. ist?

Er: Hat eines von den Kindern Geburtstag?

Sie: Aber nein Erwin, am 13. ist doch unser 30. Hochzeitstag!

Er: Unglaublich! 30 Jahr´ ist das schon her? Gell, Gerda, schnell geht das? Oft glaub´ ich, dass es erst gestern war, wie ich dich zum ersten Rendezvous von deiner Mutter abgeholt hab´… ins Kino sind wir gegangen. Vorher hat es ein Henderl gegeben.

Sie: Pst! Der „Tatort“ fängt gleich an.

Er: Ui, jetzt drückt´s mich… hätt´ ich doch nicht die fette Haut essen sollen. Hast vielleicht ein Samarin?

Sie: Diesmal ist der „Tatort“ keine Wiederholung.

Er: Weißt was, ich leg´ mich trotzdem nieder. Nein, nein, schau nur zu, Gerda … ich hab´ Sodbrennen.

5. Szene

Er ist 70, Sie 65 Jahre alt

Sie: Das Essen ist fertig, Erwin.

Er: Du danke, ich hab´ keinen Hunger.

Sie: Schau, was ich dir gemacht hab´.

Er: Ein Henderl? Du hast für mich ein Henderl… stellst dich extra her und…

Sie: Sogar ein Butterhendl vom Biobauern…

Er: Kannst dich noch erinnern, wie deine selige Mutter uns jede Woche eines geschickt hat?

Sie: Möchtest lieber ein Bügerl oder die Brust?

Er: Egal, aber schneid´ es mir gleich zusammen … wenn möglich nur das weiße Fleischerl… ich sollt ja nimmer… aber wenn du dir soviel Mühe machst.

Sie: Na und? Schmeckt es dir, Erwin?

Er: Ausgezeichnet… ganz weich und knusprig… obwohl´s deine Mutter ein bisserl g´schmackiger gemacht hat.

Sie: Die Daniela hat heute angerufen…

Er: Geht´s ihr und dem Tschirokäsen eh gut? Und hat´s dir was von unserem Enkerl erzählt?

Sie: Der Florian geht schon in den Kindergarten..

Er: Da sind´s halt noch lieb, wenn´s klein sind…

Sie: Und der Markus kommt am Wochenende zu uns

Er: Na geh!

Sie: Seit er geschieden ist, macht ihm ja keiner mehr die Wäsch´…

Er: Muss denn dauernd der Fernseher rennen, Mama?

Sie: Der „Tatort“ fangt gleich an.

Er: Na, wenn der „Tatort“ ist … du, der ist auch schon hundert Jahr´ im Fernsehen… Zu meinem Glück hab´ ich ihn ja meistens versäumt…

Sie: So wie du vieles versäumt hast, Erwin. So vieles, was wichtig gewesen wär´. Wie zum Beispiel die Kinder…

Er: Die Kinder? Die haben uns nie richtig gehört. Ein paar Jahr´ haben´s uns geborgt von ihrem Leben.

Sie: Ich würde jetzt gern fernsehen.

Er: Komisch…bei der Folge weiß ich gar nimmer, wer der Mörder ist…

Sie: Weil es keine Wiederholung ist.

Er: Dann schau´ ich auch zu. Du, Mama… der Schauspieler dort… siehst ihn? Na, den dort, der im Liegestuhl liegt…? Weber oder so ähnlich heißt er… Kannst dich an den noch erinnern? Der war doch früher im „Tatort“ immer der junge Assistent vom Kommissar… und weißt, was er heute spielt? Einen Großvater spielt er…

Sie: Ja, jetzt ist er ein Opa … ein Opa mit schneeweiße Haar´… so wie du!

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