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Die Dumky-Falle

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Das Hotel Bären im Zentrum von Langenthal ist schon im Vorfeld bestürzend ehrlich. Sein Name weist alle potentiellen Besucher darauf hin, dass seine massiven Türen nur von ausgewachsenen Bären geöffnet werden können oder von Menschen, die, so wie ich, immer eine Seilwinde in der linken Sakkoinnentasche mit sich führen. Das Sakko ist meine Geheimwaffe im Kampf um meine Dazugehörigkeit zur Langenthaler Konzertbesucherschicht. Heute Abend spielt ein berühmtes italienisches Klaviertrio im großen Hotelsaal. Ich möchte dieses Konzert einfach nur anonym besuchen, ohne das Gefühl, hier aufzutreten wie im Yogastudio. Dort hat sich die Lage immerhin halbwegs beruhigt. Schau Tal und die anderen Frauen haben sich damit abgefunden, dass ich jeden Dienstagvormittag die aktuelle österreichische Obdachlosenmode präsentiere.

Momentan befinde ich mich im Stadtzentrum und bewege mich im Kriechgang über die Trottoirs, die in Wahrheit winzige Betonschluchten sind und Langenthal den Beinamen Klein-Venedig eingebracht haben. Warum man hier die Gehsteige höher gelegt hat, leuchtet einem ahnungslosen Besucher zunächst nicht ein. Erst wenn er so wie ich das Heimatmuseum besucht hat und dort Augenzeuge der Großereignisse wurde, zu denen ein kleiner Fluss wie die Langete imstande ist, dämmern ihm die Zusammenhänge. Im Museum hängen alte Schwarzweiß-Fotos von Kindern, die mit Luftmatratzen und Schlauchbooten auf meterhohen Wellen durch die Langenthaler Häuserschluchten reiten. Auf den schmalen, extrahoch angelegten Gehsteigen stehen Erwachsene und blicken gebannt auf das Treiben. Diese Leute befinden sich in einem Zwiespalt. Einerseits freuen sie sich über die Freude der Kinder und lachen sogar ein wenig mit. Andererseits fragen sie sich, ob sie die Kinder jemals wiedersehen, nachdem sie der Fluss aus der Stadt gespült hat. So ähnlich wie diese Menschen müssen sich die Bürger von Hameln gefühlt haben, als sich der Rattenfänger ihrer Kinder angenommen hat. Halb froh, halb verzweifelt und ganz gelähmt von der eigenen Ohnmacht angesichts der Wassermassen, die hier manchmal durch den Stadtkern donnern.

Aktuell schwimmt niemand durch die Straßen. Nur alte, zähe Gedanken und einige zumeist neuwertige Autos sind unterwegs, ab und zu ein Bus, ein paar Radfahrer und Fußgänger, die um diese Abendstunde entweder nach Hause strömen oder eines der in ihrer Anzahl überschaubaren Wirtshäuser anvisieren.

Im Eingangsbereich des Bärenhotels befinden sich ein spärlich besuchtes Restaurant und eine Rezeption, an der auf engstem Raum zwei junge Frauen und ein junger Mann herumwuseln. Noch bevor ich den Mund öffnen kann, fragt eine der Frauen dezidiert nach meinem Begehr. Dabei sieht sie mich derart aufmerksam und erwartungsfroh an, dass ich es nicht über das Herz bringe, mit Die ganze Fülle des Seins zu antworten. Stattdessen begnüge ich mich mit dem Satz: «Ich würde gerne das Konzert besuchen.»

«Haben Sie schon eine Eintrittskarte?»

«Hab ich – gestern gekauft.»

«Das ist ja wunderbar», antwortet die Rezeptionistin mit einer Begeisterung, als wäre meine Karte nicht nur meine Karte, sondern auch ihre Karte und überhaupt die Karte, um in eine Welt einzutreten, deren Schönheit man sich ohne unsere Karte gar nicht vorstellen kann. Sie ist nicht die erste Schweizerin, die das Wort wunderbar so ausspricht, als hätte sich tatsächlich ein Wunder ereignet. Nachdem wir beide ausführlich über dieses Wunder gestaunt haben, erklärt sie mir genau, wie ich den Großen Saal finde: nämlich durch die forsche Beschreitung einer Treppe, die so steil und breit ist, wie die Stufen eines Inka-Tempels.

«Herzlichen Dank», sage ich und nehme den Schrägaufstieg in Angriff. Auch du, mein Sohn Kehricht, verdankst diesen Stiegen nicht wenig, motiviere ich mich, weiter und höher zu steigen. Immerhin hat dieses Hotel vor Zeiten der Familie Eymann gehört. Frau Eymanns Vater hat das Vermögen, das seine Vorfahren als Käsebarone im Emmental verdient haben, hier angelegt und damit den Grundstock zu einem noch größeren Vermögen geschaffen, das über diverse finanztechnische Umwege uns Stipendiaten heute noch zugutekommt. Ein maiwarmer Gefühlsschauer durchwogt mich. Ich bin kein allzu Fremder, sondern der Wahlurenkel eines legendären Käsemoguls.

Nach dieser kleinen, aber ehrlichen Zwischenandacht wende ich mich endlich der Frage zu, die sich mir mit jedem weiteren Schritt nur umso berechtigter aufdrängt: Was, um alles in der Welt, hat euch, meine lieben Schweizer Gastgeber, dazu bewogen, die Innenwände dieses ohnehin schon martialischen Hauses mit diesem Grau zu streichen? Das ist ja nicht einfach nur ein Asphaltgrau, das da von den Wänden strahlt, als wären sie alte, senkrechte Straßen, die man nach Ablauf ihrer Zeit hier drinnen montiert hat. Nein, dieses Grau, dieses Hotelinnengrau ist weit mehr als ein Abklatsch der trostlosen Verkehrsbahnen, es ist das Grau des Grauens selbst, gewissermaßen dessen platonischer Kern.

Grundsätzlich habe ich überhaupt nichts gegen die Farbe Grau. Ich finde alle Farben total okay. Außer vielleicht Ocker. Obwohl, wenn ich es genau bedenke, ist auch Ocker in Ordnung. Man braucht nur an die schönen Äcker in meiner Heimat, dem Mühlviertel, zu denken. Das dortige Ackerocker ist nicht nur eine dicke, sich duckende Decke, es ist auch eine ausgesprochen stimmige Farbe, die dem Grün der Fichten in einer aufrichtigen Freundschaft zugetan ist. Draußen in der Landschaft, überlege ich weiter, gibt es überhaupt nur befreundete Farben, lauter alte Kumpel. Zu Gegenspielern werden Farben erst dann, wenn sie in menschliche Hände geraten. Ein knallrotes Klo oder eine tiefschwarze Küche sind für mich genauso fragwürdige Orte wie die grauengrauen Innenwände im Hotel Bären. Fragwürdig, aber nicht stimmungsverdunkelnd. Momentan kann keine noch so schrullige Farbe an meiner euphorischen Stimmung rütteln. Ich bin geschützt durch das Bad im Drachenblut der Vorfreude auf das Dumky-Trio, das die Musiker laut Programm am Ende ihres Konzertes spielen werden. Dvorak hat ja viele großartige Sachen komponiert. Aber das Dumky-Trio ist so phänomenal beschwingt und beswingt, dass auch Nichttänzer wie ich unweigerlich anfangen, Schuh zu platteln und Veits zu tanzen, wenn das tamti-tideldi tamti-tideldi tümm-tata tümm-tata ertönt. Am Anfang hört man es natürlich so gut wie gar nicht, weil es idealerweise in einem sagenhaft leisen Pianissimo gespielt wird. Aber dann zieht die Geige das Tempo an, die Lautstärke nimmt zu, das Cello spielt Hufgetrappel, das Klavier peitscht seine Stahlseiten, alles wird intensiver, lauter und schneller, bis deine inneren Wildpferde endlich durch das Gatter brechen und durch eine steile Schlucht Richtung Walhalla preschen. Sie halten aber nicht in Walhalla, sie jagen einfach durch und lassen Götter zurück, denen der heiße Fahrtwind die Barthaare in die Suppe weht.

Bei einem Durchgang halte ich die Türe auf für ein paar andere Konzertbesucher, die etwas hinter mir über die Stiege steigen. Ein Mann und eine Frau, beide deutlich über siebzig, mit einem Wort gute achtzig, wenn nicht schon neunzig oder womöglich sogar darüber, sehr bedächtig, sehr langsam, für sie sind die Stufen ein noch größeres Abenteuer als für mich, äußerst vornehm gekleidet. Sie nicken mir zu und sagen: «Merci.»

Wie alle Schweizer betonen auch sie die erste Silbe, als wäre der Rest des Wortes ein bedeutungsloser Anhang. Meine Ohren hören nur: «März» und dann lange nichts und irgendwann ein versickerndes « … ih.»

Ich bringe es nicht übers Herz so zu tun, als sähe ich nicht schon die nächsten Besucher die Treppe heraufkommen. Also bleibe ich weiter stehen, stemme mich gegen das Türmonster und sage, kurz bevor sie die letzte Schwelle erreichen: «Schönen guten Abend, ich bin hier der neue Türsteher und begrüße Sie auf das Herzlichste.»

Mein ohnehin aus allen Nähten platzendes Archiv der Scherze, die in die Hose gingen, wird sofort um einen Eintrag reicher. Statt zu lachen sagen auch die beiden nur: «März-ih.»

Endlich gebe ich meinen Türsteherposten auf, durchquere einen Flur und stehe im Foyer zum berühmten Barocksaal des Bärenhotels. Das Publikum, obwohl schon zahlreich erschienen, wuselt nicht geschäftig herum. Der Altersdurchschnitt ist einfach zu hoch. So sagenhaft hoch, dass aus meinen farbigen Vorstellungen plötzlich Schwarzweißbilder werden. Vollends zeitversetzt fühle ich mich, als ich den Saal betrete, der ungefähr zweihundert Menschen Platz bietet. Von der Stuckdecke hängen Metall-Lüster, die schon auf der Titanic und der Queen Victoria geleuchtet haben. Überhaupt habe ich das Gefühl, mich im großen Saal eines gesunkenen Schiffes zu befinden. Einmal im Jahr feiern die Passagiere ihre Wiederauferstehung. Man findet sich zusammen, hängt ein paar Lampions in das Labyrinth der sepiadunklen Höhlen, leuchtet den Meeresboden aus und grinst mit den Muränen um die Wette. Beim Konzert flattern auch einige Menschen aus der Gegenwart herum. Besonders solche wie ich, die ohnehin nie wissen, in welcher Zeitzone sie sich gerade befinden.

«Hab ich dich, du Kröte!», höre ich plötzlich die Stimme einer älteren Frau. Noch während ich mich umdrehe, bekomme ich einen dumpfen Schlag in die linke Niere, gleich darauf einen in die Leber und schließlich noch einen, den finalen und schwersten, in den Nacken. Ich gehe in die Knie und sinke langsam zur Seite, bis ich mit der rechten Wange auf dem Parkettboden aufklatsche. Dort sehe ich zwischen den kleinen, glitzernden Sternen, die überall herumschwirren, unzählige sauber polierte Konzertschuhe, deren Spitzen plötzlich alle in meine Richtung zeigen.

«Ich wusste, dass er der Dumky-Falle nicht widerstehen kann», sagt die alte Dame grinsend, während sie mich mit groben Stricken fesselt. Die anderen Besucher, die mich lückenlos umringen, nicken zustimmend und ergötzen sich an dem Schauspiel, als hätten sie nur darauf gewartet. Die Frau, die mich wie ein Paket verschnürt, trägt den Hut eines Großwildjägers und hat eine brennende Zigarette im Mundwinkel.

«Frau Eymann?», stammle ich in meinem Delirium, «Sind Sie das?»

«Er hat gewildert», wendet sich die alte Jägerin an die Umstehenden, ohne auf meine Frage einzugehen, «in meinem Revier, an meinem schönen Wasser. Er und sein verbissener Komplize haben geglaubt, dass sie damit durchkommen.»

Viele Menschen im Publikum schütteln ihre Köpfe, als könnten sie das Gehörte nur mit größter Mühe nachvollziehen. Manche der älteren Damen legen die Handfläche vor ihren Mund, der ihnen vor lauter Fassungslosigkeit offensteht. Frau Eymann, ich bin mir mittlerweile sicher, dass sie die Jägerin ist, steckt eine Stange durch meine gefesselten Hände und Füße, hebt mich in die Luft und legt sich die Stange auf ihre rechte Schulter, während ich hilflos herumbaumle wie ein Faultier an seinem Ast.

«Platz machen!», befiehlt sie der Menge, die sich vor ihr teilt wie die Ozeanwände vor Moses. Mit mir als pendelndem Paket auf dem Rücken strebt sie der Bühne zu, die sie mit ein paar beherzten Schritten geradezu bespringt. Sie wirkt unglaublich vital. Auf der Bühne macht sie kehrt und wendet sich an die Anwesenden, die ihren Durchgang sofort wieder geschlossen haben und bis ganz an die Bühnenkante herangetreten sind. Aus dem Augenwinkel sehe ich etwas, das ebenso beunruhigend ist, wie die vielen alten Augen, die mit der glühenden Inbrunst erfolgreicher Jäger leuchten. Sie stehen kurz davor, das noch lebende Wild in Stücke zu zerlegen und an den ganzen Stamm zu verteilen.

«Pergynti?», flüstere ich hängend und verblüfft in Richtung des Prangers, der neben mir und Frau Eymann auf der Bühne steht. Dieses Folterwerkzeug sieht aus wie eine Mischung aus einer Betbank und einem Kreuz. Aus den drei Löchern im Querbalken hängen seitlich Pergyntis Hände und in der Mitte sein Kopf. In seinem Gesicht spiegeln sich Angst, Panik und eine gewisse Ergebenheit, die ich, außer in seiner Jugend, noch nie an ihm wahrgenommen habe. Für mich war er immer der invasive Typ, aber in diesem Gestell erscheint er plötzlich selbst als Beute.

«Wie haben sie dich denn gekriegt?», frage ich ihn keuchend, weil mich das Herumhängen anstrengt und die luftabschnürende Wucht der Schläge noch nachwirkt.

«Im Flugzeug», presst er sich ebenso mühsam ab, «während des Fluges.»

Auch seine Stimme klingt mitgenommen.

«Wie bitte?», krächze ich.

«Ja», bestätigt er angestrengt, «in zehntausend Metern Höhe. In der Luft rund um die BOEING waren plötzlich überall Besen, auf denen Frauen saßen. Angeführt von deiner Mentorin haben sie irgendwelche wahnsinnigen Tierlaute gebrüllt. Dann sind sie auf der Tragfläche gelandet und abgestiegen. Die Temperatur, der Luftzug, die Geschwindigkeit, die glatte Oberfläche der Flugzeugflügel, das alles hat ihnen überhaupt nichts ausgemacht. Und wie ich mir noch denke, gut, ihr seid auf dem Flugzeug, aber ich bin drinnen, lachen sie erst so richtig los. Mit ihren wehenden Haaren nicken sie mir zu, so nach dem Motto, fühl dich ruhig sicher. Drei Sekunden später haben sie ein Loch in die Außenwand gebissen, strecken ihre Hände durch, zerren mich aus meinem Sitz, fesseln mich und setzen mich hinterrücks auf einen ihrer Besen. Dann sind wir durch die Wolken hierher geritten.»

«Und das Flugzeug?», frage ich verwirrt.

«Was kümmert dich das verdammte Flugzeug?», keift er zurück.

«Ist es weitergeflogen?»

«Vermutlich. Aber wieso fragst du?»

«Das muss ein ganz schön großes Loch gewesen sein. Ich meine, damit so ein Brocken wie du durchpasst, müssen die ganz schön was weggebissen haben.»

«Ruhe», befiehlt uns Frau Eymann. Sie steckt die Stange, auf der ich hänge, in einen wuchtigen, hölzernen Ständer, sodass ich schräg vor und leicht über Pergynti pendle wie eine Karotte vor einem Esel. Dann wendet sie sich an die Menge und fragt, wer für die Höchststrafe ist. Alle Hände im Saal gehen sofort in die Höhe und stehen da wie Speere, die es gar nicht mehr erwarten können, geschleudert zu werden. Damit scheint der Fall für alle klar, außer für Pergynti und mich. Frau Eymann sieht ruhig und streng in unsere Richtung und vollstreckt das Urteil.

«Die hier Versammelten werden euch jetzt die Leviten lesen. Die Leviten, versteht ihr! Das ist ein Gedicht, das ich vor Zeiten geschrieben habe, um auf die Zustände in meinem Forellenrevier aufmerksam zu machen, ein Revier, das ihr geschändet habt!»

Noch während ich mich frage, welche Konsequenzen diese Schändung nach sich ziehen wird, breitet Lydia Eymann ihre Hände aus. Sie steht da wie eine Dirigentin, angespannt und hoch konzentriert. Aus den Augenwinkeln sehe ich unter den vielen Menschen auch die älteren Ehepaare, denen ich die Tür aufgehalten habe und die jetzt bis ganz an die Kante zur Bühne vorgerückt sind. Alle grinsen Pergynti und mich an, als hätten wir auch ihnen Goldfische aus dem Biotop gestohlen. Frau Eymann kostet die Stille vor der Bestrafung aus, die nach Genugtuung und Vorfreude schmeckt.

«So wie damals den Spaniern flüssiges Gold in ihre unersättlichen Münder geschüttet wurde», erklärt sie, «werden wir euch jetzt goldene Verse in eure Ohrmuscheln träufeln. So lange, bis ihr das ganze Ausmaß eurer Sünde begriffen habt.»

Dann gibt sie den Einsatz und zweihundert alte, aber hoch motivierte Kehlen legen los. Die ersten Worte erfüllen den Saal mit einer derartigen Wucht, dass ich nicht sofort mitbekomme, was hier gesprochen wird. Ich registriere nur, dass Frau Eymann gleichzeitig dirigiert und spricht. Ihre Stimme schwebt über dem Chor wie der Singsang einer Prophetin, die genau weiß, wie sie eine Menschenmenge in Raserei versetzt. Trunken vor gerechter Wut peitscht sie die ihr ergebene Meute an, während ich endlich anfange, die Worte zu verstehen, die hier in den Raum gehämmert werden.

Leere Büchsen von Sardinen,

Halbzerschlissene Gardinen,

Knopf von einer Abee-Türe,

Glas von Zwetschgenkonfitüre.

Haufenweise Jätt vom Garten,

Liebesbriefe, Ansichtskarten,

Faule Aepfel ab der Hurd,

Rosaroter Damengurt.

Knüppel einer Wäscheleine,

Abgehackte Güggelbeine,

Deckel einer Zuckerdose,

Fetzen einer Unterhose.

Weißer Hafen für die Nacht,

Röhrenteile von einem Schacht,

Leergeschminkter Lippenstift,

Kabelstück von einem Lift.

Henkel einer Kaffikanne,

Durchgebrannte Röstipfanne,

Knochen eines großen Schinkens,

Gabel, mit und ohne Zinken.

Von einem Gampiross der Schwanz,

Welke Blumen, dürrer Kranz,

Alter Polizistensabel,

Eingeschrumpfter Säulinabel.

Seipfeschalen, faule Gurken,

Alte ausgetrampte Schlurken,

Güllegohn mit einem Riss,

Vom Urgroßätti ein Gebiss.

Storzen von Salat aus Brüssel,

Zwei Drittel einer WC-Schüssel,

Chüngel-, Hunde-, Katzenleichen,

Krumme Kinderwagenspeichen.

Dies, mit schwarzem Dreck garniert,

Ist, was unsern Dorfbach ziert,

Und das nennt man, Gottfried-Stutz,

Unseren Gewässerschutz.

Vor lauter Schlamm und Dreck und Satz

Hat nicht einmal das Wasser Platz.

Nicht eine Maus kann drin ersaufen,

Bald müssen noch die Fische laufen!

Von mir aus müssten alle die,

Die vielen Sünder, kämen sie

Zum zweiten Male hier auf Erden,

In unserem Bach – Forelle werden!

Die Eimannfrau

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