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Nationalstolz und Gruppenidentität

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Dass die ideologische Denkweise der Angelsachsen über die logisch-pragmatische Denkweise der Kelten eindeutig siegte, erscheint uns in unserer vernunftgeprägten Welt erstaunlich. In den westlichen Gesellschaften wird uns von klein auf gepredigt, dass derjenige, der vernünftig und rational handelt, richtig handelt. Uns erscheint das Handeln kleiner Minderheiten wie der Basken in Spanien oder der Korsen in Frankreich, welche zeitweise einen erbitterten Widerstand gegenüber den Zentralregierungen leisteten (der übrigens jederzeit auch wieder aufflammen kann) als unlogisch und unvernünftig. Schnell tut man solche Verhaltensweisen als Separatismus oder gar als Terrorismus ab. Es wird dabei aber vergessen, dass diese Völker schlichtweg verschwunden wären, hätten sie sich vollständig assimiliert. In der Geschichte findet man immer wieder Fälle davon, dass ideologische Denkweise über die rationale Denkweise siegt.

Umgekehrt ist es für beispielsweise für einen Besatzer von besonderer Wichtigkeit, die ideologische Gruppenzugehörigkeit der eigenen Gruppe zu stärken und gleichzeitig die Identität der Besetzten zu zerstören. Der Besatzer hält seine Sache immer für gut und gerecht und der Unterlegene wird immer als böse wahrgenommen. Daher siegt am Ende immer das Gute.

So gab es in den USA Umerziehungsschulen für die indianische Urbevölkerung. Die Zerstörung der indianischen Identität ging dabei so weit, dass junge Indianer jubelten, wenn in Cowboyfilmen Indianer erschossen worden. Wenn diese meist nationale Gruppenidentität zerstört wird, ist das der sichere Untergang dieser Gruppierung. Wenn es gelingt, eine Gruppenidentität (beispielsweise Nationalstolz) aufrechtzuhalten, dann haben selbst kleine Gruppierungen unter widrigsten Bedingungen Bestand.

Umgekehrt haben Mehrheitsgruppierungen großes Interesse daran, jedes Anzeichen von Identität von kleineren Gruppierungen zu zerstören. Beispielsweise war in Frankreich das Sprechen von Normannisch in der Normandie und das Sprechen von Deutsch im Elsass zeitweise verboten. Erst wenn diese Identität größtenteils zerstört ist und sozusagen nur noch den Status einer altertümlichen Folklore hat, wird die Einstellung der Mehrheitsgruppierungen gegenüber solchen Erscheinungen wieder toleranter.

So wurden früher Indianer in amerikanischer Literatur und in amerikanischen Verfilmungen meist als dumm und aggressiv dargestellt. Ein edles Image wie bei Karl May gab es in Amerika nicht. Erst als die indianische Identität fast zur Gänze zerstört wurde und als die indianische Bevölkerung in Relation zu Gesamtbevölkerung fast ausgerottet war, konnten Filme wie „Der mit dem Wolf tanzt“ entstehen, in dem amerikanischen Indianern ein positives Antlitz verpasst wurde. Eine Darstellung die der Realität vermutlich genauso wenig nahe kommt wie die Darstellungen zuvor.

Obwohl die amerikanischen Indianer fast vollständig ausgerottet wurden, haben sie sich willfährig vor den Karren ihrer Besatzer spannen lassen. So wurden sie beispielsweise im zweiten Weltkrieg für die Übermittlung von Botschaften eingesetzt. Ihre Sprachen waren teilweise so exotisch, dass der Gegner selbst bei einer Entschlüsselung des Funkcodes kaum etwas mit der Nachricht hätte anfangen können. Interessant dabei ist, dass jeder in dieser Weise eingesetzte Indianer einen weißen Offizier an die Seite bekam. Nicht etwa um diesen zu schützen, vielmehr hatte dieser die Aufgabe, den Indianer bei einer drohenden Gefangennahme zu erschießen. Es scheint paradox, dass einige Indianer stolz darauf waren, für die eigenen Besatzer in den Krieg gezogen zu sein. Dies ist ein Beleg dafür, dass nicht nur Sprache, sondern auch Identifikation und Stolz angenommen werden.

Widerstand scheint ein ganz wichtiges Element in diesem Zusammenhang zu sein. Derjenige, der sich mit den Situationen abfindet und keinen Widerstand gegenüber den Umständen leistet, geht zunächst den Weg des geringsten Widerstandes. Er handelt logisch-pragmatisch. Aber dieser Weg scheint, zumindest evolutionär, in den Untergang zu führen. Froh darüber zu sein, dass die eigene Gruppierung besiegt wurde und Angehörige der eigenen Gruppierung getötet wurden, ist aus evolutionärer Sicht höchst frevelhaft – aber genau im Sinne des Besatzers. Dieser handelt aber aus evolutionärer Sicht löblich und richtig und nur diejenigen der unterlegenen Gruppierung bekommen Unterstützung, die sich eben in dieser Art und Weise verhalten.

Es ist daher für die Überlegenen wichtig, die Geschichte, die Errungenschaften und Taten des Unterlegenen in möglichst schlechtem Licht darzustellen. Dazu hat der Überlegene auch alle Möglichkeiten. Denn er kann bestimmen, welche Informationen der Unterlegene bekommt oder nicht. Er kann die Errungenschaften der Unterlegenen Gruppierung kleinhalten und die eignen überhöhen, er kann die Schandtaten des Unterlegenen aufbauschen und die eigenen kleinreden oder sie komplett verneinen. Am besten ist es für ihn, wenn die Angehörigen der unterlegenen Gruppierung sich für ihre Identität schämen und möglichst als Angehörige der überlegenen Gruppierung wahrgenommen werden möchten und daher auch die deren Lebensweise annehmen.

Erst wenn der beschriebene Prozess der Zerstörung der Gruppenidentität weit fortgeschritten ist, ändert sich die Einstellung des Überlegenen. Das öffentliche Bild des Unterlegenen wird zum Positiven hin verschoben. Dann werden solchen Minderheiten oft Minderheitenrechte eingeräumt oder sie bekommen andere Vergünstigungen. Auch kann es zu einer öffentlichen Diskussion über die Ungerechtigkeiten der Vergangenheit kommen. Dabei übernimmt der Überlegene aber keine konkrete Verantwortung. Die Taten werden als Taten Einzelner in einer schweren Zeit dargestellt. Zu einer finanziellen Wiedergutmachung, oder gar der Rückgabe von Land, kommt es natürlich nicht.

Gelingt es, die Gruppenidentität (also beispielsweise den Nationalstolz) einer Gruppierung zu zerstören, ist dies praktisch gleichbedeutend mit der Auslöschung ihrer selbst. Sie wird als Gruppierung keinen Bestand haben.

Andererseits können auch Minderheiten ihre Gruppenidentität stärken und die Absonderung zur Mehrheitsgruppierung ausbauen.

So wurde beispielsweise in der Türkei extra ein Ministerium nur für Auslands-Türken eingerichtet, dessen Ziel es ist, eine Assimilation mit dem Gastland zu verhindern und die eigene Gruppenidentität zu stärken und auszubauen. Was offensichtlich ist, aber natürlich bestritten wird.

Die gezielte Stärkung der Gruppenidentität wird auch mit Einführungen wie der „blauen Karte“ verdeutlicht, welche Auslands-Türken fast alle Rechte (mit praktisch unbedeutenden Ausnahmen) einräumt, genau wie den in der Türkei lebenden Türken. Dies ist überaus geschickt, denn im Gegensatz zu einer doppelten Staatsbürgerschaft, welche Regelungen enthalten könnte, die die Bindung an die Türkei schwächen, muss man dies bei der „blauen Karte“ nicht fürchten. Was diese Karte beinhaltet und wer sie bekommt, bleibt eine rein nationale Angelegenheit. Man kann also alles nach Gutdünken steuern, ohne sich mit anderen Staaten auseinandersetzen zu müssen. Ziel solcher Maßnahmen ist es, dass sich Türken im Ausland nicht mit dem jeweiligen Gastland identifizieren – sich also nicht als Niederländer, Franzose oder Deutscher verstehen, sondern weiterhin als Türke – und dies möglichst über Generationen hinweg – und dies gelingt offenbar auch.

Religion hat sich hierzu als überaus guter Gefährte entpuppt. Was paradox ist, denn die Türkei ist ein überaus weltlicher Staat, mit strikter Trennung zwischen Staat und Religion. Es ist also kein Wunder, dass in der seit Atatürk säkularen Türkei die Politiker aus rein pragmatischen Gründen immer religiöser werden. Regelungen in der „blauen Karte“ verhindern auch, dass ausländischer Einfluss auf die in der Türkei Lebenden Einzug hält. So haben Auslands-Türken zwar so gut wie alle Rechte wie Inlands-Türken. Sie können dort arbeiten oder Grundstücke erwerben, Beamte werden oder sich politisch betätigen (indem sie sich zum Beispiel bei einer Wahl als Kandidat aufstellen lassen), können sie allerdings nicht. So können sich keine westlichen Ideen, Gedanken und Einstellungen in die türkische Innenpolitik einschleichen. Die „blaue Karte“ ist im Grunde eine ziemlich rassistische Angelegenheit: Personen, welche beispielsweise in dritter Generation in Deutschland leben, haben in Deutschland selbstverständlich die gleichen Rechte wie Personen, welche einen jahrhundertealten Stammbaum innerhalb Deutschlands nachweisen können. Sie sind natürlich vollkommen gleichgestellt. Allerdings ist diese Gleichstellung einseitig. Bei der Beantragung der „blauen Karte“ würden sich in diesen Fall nämlich doch Unterschiede zeigen: Der eine kann sie bekommen, der andere nicht. Die Herkunft scheint also bei der Vergabe der derselben ein zu beachtender Faktor zu sein. Würde man umgekehrt so verfahren, also jemanden aufgrund seiner deutschen Herkunft bevorzugen, würde dies vermutlich einen Sturm der Entrüstung auslösen.

Die Türkei ist mit der konkreten Umsetzung von evolutionären Wirkzusammenhängen schon deutlich weiter als andere Staaten. So forderte der türkische Ministerpräsident Erdogan, dass jede türkische Frau drei Kinder bekommen solle, um die Nation zu stärken. Während einer privaten Veranstaltung wurde er noch deutlicher: Er bezeichnete Geburtenkontrolle als Landesverrat. Es soll möglichst viel Einfluss nach außen geltend gemacht werden und gleichzeitig jeglicher Einfluss nach innen verhindert werden.

Diese Grundeinstellungen führen dazu, dass sich die nationalen Gebilde auf Staatsebene immer weiter entfernen. Die Türkei macht eine Politik für die Türken. Sie können sich sozusagen gar nichts Schöneres vorstellen, als wenn die gesamte Welt türkisch wäre. Sie versuchen ihren Einfluss so groß wie möglich zu gestalten und andere in möglichst vielen Bereichen zurückzudrängen. Die Türkei verhält sich aus staatspolitischer Sicht vollkommen natürlich. Sie nimmt ihre Chancen wahr und gewinnt damit stetig an Macht und Einfluss. Vor nicht allzu langer Zeit war die Türkei ein außenpolitischer Zwerg. Mittlerweile strahlt sie einen ganz erheblichen Einfluss aus. In bestimmten Bereichen ist man sogar schon abhängig vom Wohlwollen der Türkei.

Andere Staaten, beispielsweise Russland, verhalten sich vernünftigerweise ebenso. Diejenigen Staaten aber, welche sich selbst nicht gegen Verdrängung schützen und keine Ambitionen zeigen, die eigene Kultur zu exportieren, werden langfristig in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Selbst gestandene Industriestaaten werden davon betroffen sein. Es wird langfristig zu einer massiven Verschiebung der Kräfte kommen.

Bezüglich der Türkei geht die Verdrängung so weit, dass türkische Politiker außerhalb der Türkei (also auf fremdem Staatsterritorium) Wahlkampfveranstaltungen abhalten. Die Verdrängung und Kolonisierung ist so weit fortgeschritten, dass sich Kolonien in Größenordnungen gebildet haben, dass sich dieser Aufwand lohnt. Die Angehörigen dieser Kolonien identifizieren sich nicht mit dem Wahlstaat, sondern mit dem Ursprungsland. Menschen, welche keine Kenntnis über evolutionäre Wirkmechanismen haben, dürften darüber erstaunt sein: Schließlich hat der Staat, in dem diese Menschen aufgewachsen sind, erhebliche Investitionen für sie getätigt. Er hat ihnen eine Schulbildung finanziert, gibt ihnen die Sicherheit eines Rechtsstaates und hat ihnen unzählige Vorteile verschafft, welche den Betreffenden in ihrem Ursprungsland nicht, oder nicht in dem Maße zur Verfügung gestanden hätte. Trotzdem identifizieren sich türkische Einwanderer über Generationen hinweg nicht mit ihrem Wahlland, sondern weiterhin mit der Türkei und dies trifft auch auf alle folgenden Generationen zu.

Die Einstellung, dass man nur lange genug in einer Kultur mit all ihren Vorzügen leben müsse, um diese anzunehmen, ist falsch!

Dieser Irrtum ist aber keinesfalls neuartig. Viele Hochkulturen unterlagen diesem Irrtum. Dass sich die Angehörigen nicht mit den Vorzügen einer anderen Kultur ködern lassen, ist integrierter Bestandteil von Verdrängungsmechanismen. Genau aus diesen Grund konnten kleine religiöse Gruppierungen in den USA über Jahrhunderte Bestand haben, konnte das Judentum unter widrigsten Bedingungen überleben, konnten sich winzige ethnische Gruppierungen wie die Basken behaupten. Die Mitglieder all dieser Gruppierungen hätten fast nur Vorteile gehabt, wenn sie einfach das getan hätten, was die Mehrheit gerne gesehen hätte. Aber genau weil sie das nicht getan haben, gibt es sie heute noch. Einige Gruppierungen haben es sogar geschafft, von der Minderheit selbst zur Mehrheit zu werden. In praktisch allen Fällen brachte diese neue Mehrheitsgruppierung gegenüber den einstigen Mehrheitsgruppierungen keinesfalls mehr die Toleranz auf, die ihnen entgegengebracht wurde.

Dies ist auch das Schicksal, das den meisten westlichen Staaten droht, da sie unfähig sind, diese Gefahr zu erkennen!

Dass in Deutschland massiv Verdrängung und keinesfalls Integration stattfindet, kann man kaum an Statistiken feststellen, sondern vielmehr an ganz banalen Tatbeständen. So wird man bei Hochzeiten von türkisch-stämmigen Deutschen fast ausschließlich türkische Fahnen und nationale Symbole wahrnehmen, obwohl die meisten Beteiligten in Deutschland geboren worden und in Deutschland ausgewachsen sind.

Einheimische, welche sich nicht über evolutionäre Wirkzusammenhänge bewusst sind, nehmen solche Phänomene nicht selten als Undankbarkeit wahr und sind echauffiert. Schließlich hat ihnen dieser Staat alles gegeben und ihr Ursprungsstaat meistens nichts. Dies hat aber nicht mit Undankbarkeit oder anderen sozialen Eigenschaften zu tun, sondern vielmehr etwas mit Verdrängung und mit Verdrängungsmechanismen. Wohlwollend nehmen einheimische Passanten auch wahr, dass sich einige Fahnen des Gastlandes (eigentlich ist es ja ihr Heimatland, aber die Beteiligten schließen dies ja offensichtlich selbst aus) unter die türkischen Fahnen mischen. Diese Passanten unterliegen aber einer Fehleinschätzung.

Der prozentuale Anteil der nationalen Symbole des Gastlandes ist abhängig von dem Grad des Fortschrittes der Verdrängung. Das heißt: Ist in einem bestimmten territorialen Bereich die Verdrängung der einheimischen Bevölkerung schon weit fortgeschritten (zum Beispiel im Berliner Stadtteil Neukölln), wird man bei türkischen Veranstaltungen auch relativ viele deutsche Fahnen sehen. Ist diese Mischung annähernd ausgeglichen dann kann davon ausgegangen werden, dass die Verdrängung in diesem Bereich fast vollendet ist. Das heißt, dass sich einheimische Passanten, beispielsweise bei türkischen Hochzeiten, eher über den hohen Anteil von türkischen Fahnen freuen sollten, da dies darauf hindeutet, dass die Verdrängung ihrer eigenen Ethnie noch nicht weit fortgeschritten ist.

Ebenso banal, aber viel aussagekräftiger als offizielle Statistiken, ist es, sich die Vornamen von Neugeborenen näher anzuschauen. Wenn man die relativ wenigen europäischen Einwanderer, welche in die USA übersiedelten, genauer anschaut, fällt auf, dass sie ihren neugeborenen Kindern sehr selten Vornamen geben, welche typisch für ihr Herkunftsland sind.

Vielmehr vergeben sie Vornamen, welche typisch für ihr Wahlland (also in diesem Fall die USA) sind. Man kann hieraus schließen, dass hier keinerlei Verdrängung stattfindet. Die europäischen Einwanderer integrieren sich nahtlos in die amerikanische Gesellschaft.

Ganz anders ist aber die Situation von türkischen Einwanderern in Europa. Sie vergeben höchst selten typische Vornamen ihres Wahllandes, sondern bleiben bei den türkischen Vornamen – und dies über Generationen hinweg. Die Namen von Neugeborenen türkischstämmiger Eltern unterscheiden sich klar von den Namen Neugeborener einheimischer Eltern. Obwohl es sich hierbei um ein ganz klar erkennbares Phänomen handelt, ist es in westlichen Gesellschaften verpönt, dies zu thematisieren. In Demokratien ist die Freiheit des Wortes eine Selbstverständlichkeit, trotzdem scheint es so, als ob über bestimmte Themen nicht gesprochen werden darf.

Hier liegt die große Schwäche von westlichen Gesellschaften begründet. Sie schätzen nur das hoch ein, was sich mit Zahlen stichhaltig beweisen lässt. So etwas wie das Verhältnis von Fahnen bei einer Hochzeit oder die Art der vergebenen Namen bei Neugeborenen wird als irrelevant abgetan. Die westlichen Gesellschaften sind offensichtlich unfähig zu erkennen, welche Gefahren für sie daraus entstehen könnten. Sie verlassen sich nur auf Zahlen und verlieren zunehmend die Fähigkeit, die wirkliche Stimmung von Gruppierungen in ihrem Heimatland zu erkennen.

Durch ihre Blindheit werden sie zunehmend von bestimmten Entwicklungen überrollt werden. Es werden in Zukunft immer wieder neue derartige Phänomene, scheinbar aus dem Nichts, auftreten. Da deren Erscheinen aufgrund der zunehmenden Blindheit der nationalen Führungen für diese völlig überraschend sein wird, werden ihre Reaktionen entsprechend unbeholfen ausfallen. Deren Vertreter, die Regierungen, wären gut beraten, wenn sie sich zukünftigen Entwicklungen zuwenden und heute schon die richtigen Schritte für kommende Situation einleiteten. Dies ist im Grunde genau das, wozu Regierungen eigentlich da sein sollten. Wenn sie aber von der Bevölkerung nur noch als herzloser Verwaltungsapparat ohne Gefühl für ihre Stimmung wahrgenommen wird und deren Äußerungen nur noch als sinnentleerte Phrasen, dann werden sie an die Wand gedrängt und können nur noch reagieren statt zu agieren.

Je toleranter eine Gruppierung ist, umso eher läuft sie Gefahr verdrängt zu werden. Dies gilt insbesondere für Minderheiten innerhalb einer Gruppierung. Ist die Minderheit zu tolerant, läuft sie Gefahr, sich schlichtweg in der Mehrheit aufzulösen. Dies führt zu paradoxen Situationen, in denen Minderheiten innerhalb größerer Gruppierungen eine Toleranz entgegengebracht wird, welche sie selbst eigenen Minderheiten niemals einräumen würden. Innerhalb von Minderheiten können extrem intolerante Regeln gelten, gerade weil die Mehrheit eine tolerante Haltung ihr gegenüber hat. Beispielsweise genießen radikale religiöse Gruppierungen innerhalb der USA Minderheitenschutz. Innerhalb dieser Minderheiten können aber Regeln gelten, zum Beispiel Zwangsehen, Prügelstrafen oder Zensur, welche den allgemeinen Regeln der amerikanischen Gesellschaft widersprechen. Einige Dinge, die dort geschehen, sind sogar schlichtweg illegal – was dazu führt, dass solche Minderheiten oft so etwas wie eine eigene Rechtsprechung einführen. Also einen Staat im Staat bilden.

Prinzipiell kann man zwei Gruppierungen unterscheiden: Gruppierungen, welche einer Verdrängung unterliegen und Gruppierungen, welche Verdrängung betreiben. Diese lassen sich meist recht klar voneinander unterscheiden. Allerdings gibt es bei Verdrängungsmechanismen keine Absolutheit. Beispielsweise können Gruppierungen, welche massiv von Verdrängung betroffen sind, im kleinen Rahmen (meist regional beschränkt) selbst andere verdrängen. Es kann aber auch sein, dass Verdränger-Gruppierungen selbst regionaler Verdrängung unterliegen. Trotzdem lassen sich diese meist recht zuverlässig in Verdrängte und Verdränger unterteilen.

Beispielsweise versucht die Türkei durch das bereits erwähnte Auslandsministerium die Integration der im Ausland lebenden Türken zu verhindern, gleichzeitig wird insbesondere in der Osttürkei teilweise massiv versucht, dort lebende Minderheiten zu assimilieren. Aus westlich geprägter Weltsicht ist dies natürlich ein Paradoxon: Einerseits Toleranz und Freiheit für die Angehörigen der eigenen Gruppierungen im Ausland einzufordern, aber nicht im Mindesten dazu bereit sein, diese Toleranz und Freiheit den eigenen Minderheiten einzuräumen. Im Grunde genommen ist diese Einstellung aber viel natürlicher als die westliche Einstellung.

Die westlichen ethnisch-moralischen Vorstellungen sind kaum kompatibel mit der Evolutionsmoral. Daher werden die meisten westlichen Länder in Zukunft vermehrt Verdrängung ausgesetzt sein. Obwohl praktisch die gesamte Welt heute kulturell westlich geprägt ist, obwohl praktisch alle technischen Innovationen wie Computer, Flugzeug, Auto oder Internet in westlichen Ländern erfunden und entwickelt wurden, obwohl westlicher Einfluss, auch militärischer, weltweit spürbar ist, so unterliegen besonders die westlichen Länder massiver Verdrängung. Wir halten uns selbst für beispielhaft für die ganze Welt und glauben, dass alle Menschen, wenn sie sich nur weit genug entwickeln, solche Einstellungen erlangen werden wie wir.

Dies ist aber ein Trugschluss, dem praktisch alle Hochkulturen unterlagen. Vielmehr ist es so, dass wir uns fragen sollten, ob nicht vielleicht die Moralvorstellungen anderer richtiger sind als unsere, weil sie näher an der Evolutionsmoral sind.

Die USA ist heute die einzige verbliebene Supermacht.

Die Gründer-Gruppierung der USA hat es geschafft, die amerikanischen Ureinwohner praktisch vollständig von ihrem angestammten Territorium zu verdrängen.

Sie hat es geschafft, das Land so zu entwickeln, dass es zur weltweit führenden Wirtschaftsnation wurde.

Sie hat es geschafft, dass die USA einen weltumspannenden Einfluss geltend machen kann.

Sie hat ganze Weltkriege für sich entscheiden können und trotz all dieser Erfolge, welche zum ganz überwiegenden Teil einer Gruppierung der Nachfahren europäischer Einwanderer zuzuschreiben sind, ist diese Gruppierung gegenüber Verdrängung komplett hilflos.

Sie wird von Gruppierungen verdrängt, die wirtschaftlich und technisch keinesfalls zu diesen Leistungen fähig gewesen wären.

Sie wird von Gruppierungen verdrängt, die bei einem militärischen Konflikt nicht den Hauch einer Chance hätten.

Zum ersten Mal in der Geschichte der USA waren die Mehrheit der neugeborenen Babys zwischen Juli 2010 und Juli 2011 nicht Nachkommen der europäischen Einwanderer. Diese Gruppierung ist zum ersten Mal von anderen Gruppierungen reproduktiv geschlagen worden. Die europäischstämmige Bevölkerung hat das Land zu dem gemacht, was es heute ist und wird in Zukunft doch verschwinden. Dieser Prozess ist unumkehrbar.

Denn es ist nicht so, dass die verdrängte Gruppierung wieder reproduktiver werden kann und erneut mehr Kinder zeugt als andere Gruppierungen. Im Gegenteil: Hat dieser Verdrängungsprozess einmal eingesetzt, ist er irreversibel, denn die Verdränger-Gruppierung ist reproduktiver. Da die aus der Verdränger-Gruppierung stammenden Nachkommen selbst ins reproduktive Alter vorrücken werden, wird das Ungleichgewicht immer weiter zu Ungunsten der verdrängten Gruppierung verschoben.

Daraus folgt, dass das Schicksal der Nachkommen der Staatsgründer der USA besiegelt ist.

Die Verdränger-Gruppierungen werden sich aber die Errungenschaften der USA auf die eigenen Fahnen schreiben, auch wenn sie im Grunde genetisch so gut wie nichts mit ihnen gemeinsam haben.

Solche Prozesse sind aber nichts Neues. Praktisch alle Hochkulturen (wie zum Beispiel die griechische oder ägyptische Hochkultur) unterlagen diesen Verdrängungsprozessen. Bemerkenswert ist hingegen die enorme Geschwindigkeit, mit der die Verdrängung in den USA abläuft. So kann von einer starken Einwanderung von nicht europäisch-stämmigen Personen gerade einmal seit einigen Jahrzehnten die Rede sein. Die Auswirkungen dieses Verdrängungsprozesses kann man leicht prognostizieren: Wie andere vergangene Hochkulturen auch, wird auch die USA zukünftig an Einfluss verlieren. Sie wird wirtschaftlich von anderen Gruppierungen bedrängt und schließlich überholt werden.

Solche Prognosen mögen übertrieben und weit hergeholt erscheinen, doch kann man die Weichenstellung dafür auch heute schon erkennen. Wenn man beispielsweise das Bruttoinlandsprodukt der USA mit anderen Ländern vergleicht, wird man feststellen, dass hier in den letzten Jahrzehnten ein ständiges Abschmelzen des Vorsprunges der USA eingetreten ist. So hat das Bruttoinlandsprodukt der USA 1970 etwa das Sechzehnfache des Bruttoinlandsprodukts von Indien ausgemacht. 2010 war es nur noch das Neunfache. Gleiches gilt für Brasilien. Hier ist der Vorsprung im gleichen Zeitraum vom Vierundzwanzigfachen auf das Siebenfache gesunken.

Gleiches gilt für China: Der Vorsprung betrug 1970 das Elffache und ist 2010 auf das lediglich Doppelte abgeschmolzen.

Das Bruttoinlandsprodukt ist natürlich nur ein Wirtschaftsfaktor von Vielen und sagt nur indirekt etwas über Wohlstand und Wirtschaftskraft eines Landes aus. Dieser Umstand ist aber für die Betrachtung einer tendenziellen, langfristigen Entwicklung zu vernachlässigen. Man könnte auch einen anderen Wirtschaftsfaktor heranziehen und würde tendenziell das gleiche Bild erhalten.

Es ist ein deutlicher Niedergang der USA und auch anderer Industriestaaten zu verzeichnen. Es wäre natürlich naiv zu glauben, diese Entwicklung würde stoppen, wenn die Schwellenländer das Niveau der traditionellen Industrienationen erreicht haben.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass Politiker aus den „alten“ Industriestaaten gerne interne Vergleiche heranziehen. So zum Beispiel den Status von heute im Vergleich zu früher oder ihre Nationen untereinander vergleichen. Denn diese Staaten leiden unter der gleichen Problematik. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtung ist es ähnlich wie bei einer evolutionären Betrachtung: Die absoluten Zahlen spielen praktisch keine Rolle, nur eine relative Betrachtung zu anderen ist ausschlaggebend. Es gibt bei solchen Betrachtungen sozusagen keine Basiseinheit oder Basiswährung, auf die man Bezug nehmen könnte. Absolut betrachtet hat eine Person mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen einer beliebigen Industrienation heute sicher einen deutlich höheren Lebensstandard als eine sehr wohlhabende Person vor hundert Jahren. Sie könnte also absolut betrachtet mehr als zufrieden mit der Situation sein. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass eine absolute Betrachtung unsinnig ist.

In Wahrheit befinden sich die traditionellen Industrienationen auf dem absteigenden Ast – ohne dass sie diese Situation überhaupt realisieren.

Die wirtschaftlichen, technologischen und wissenschaftlichen Erfolge der „alten“ Industrienationen spielen aus einer evolutionären Perspektive heute keine Rolle mehr. Im Gegenteil, es ist zu einem gravierenden Wandel gekommen, welcher als solches öffentlich kaum wahrgenommen wird. Dies liegt vermutlich auch daran, dass es sich hierbei um eine Entwicklung handelt, welche irgendwann nach dem zweiten Weltkrieg eingesetzt hat und nicht um ein singuläres Ereignis, welches man als solches benennen könnte.

Vor dieser Entwicklung war es so, dass Erfolge auf diesen Gebieten überwiegend derjenigen Gruppierung zu Gute kamen, welche diese Erfolge hervorgebracht hat. Durch technische und wissenschaftliche Erfolge prosperierten diese Gruppierungen auch evolutionär beziehungsweise quantitativ. Technisch-wissenschaftliche Erfolge führten zu evolutionären Erfolgen.

Dieser Wirkzusammenhang hat sich komplett umgekehrt.

Die reproduktionsärmsten Länder gehören allesamt dem sogenannten „Westen“ an. All ihre Erfolge nützen ihnen nichts, denn sie sind alle massiv von Verdrängung bedroht. Andere Gruppierungen, die den westlichen Werten mitunter kritisch oder gar feindlich gegenüberstehen, münzen die Erfolge, welche der Westen erarbeitet hat, evolutionär um. Sie prosperieren aufgrund von Errungenschaften, welche eine andere Kultur erschaffen hat, während die Schöpfer dieser Errungenschaften dem Aussterben entgegengehen.

Wenn sich beispielsweise Terroristen mit einem Flugzeug in ein Hochhaus stürzen, dann sind weder Flugzeug noch Hochhaus noch sonst ein technischer Gegenstand, der für die Tat benutzt wurde, in der Kultur entwickelt worden, aus denen die Terroristen stammen. Sie sind unfähig so etwas hervorzubringen, gleichwohl verwenden sie diese Dinge, ohne sich unterlegen zu fühlen. Ganz im Gegenteil: Sie halten sich für überlegen. Evolutionär betrachtet sind sie dies auch, denn ihre Kultur prosperiert, während der Westen bedrängt wird.

Spiegelrassismus und Verdrängung

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