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Minderheitenspezifische Insignien

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Es ist, um Verdrängungsprozesse einzuleiten und aufrecht zu erhalten, notwendig, dass die Mitglieder einer Minderheit in Kleidung, Verhalten, Sprache, religiöser Ausrichtung oder beispielsweise Ernährung von den Mitgliedern der Mehrheit unterscheidbar sind.

Je mehr und je stärker diese Unterschiede sind, umso besser ist es für den Verdrängungsprozess.

Besonders starke Wirkung haben natürlich minderheitsspezifische Insignien, die den oder die Träger/in sofort als Minderheitenmitglied erkennbar werden lassen. Solche minderheitsspezifischen Insignien sind praktisch Selbstläufer: Wenn sie sich einmal etabliert haben, verstärken sie ihre Wirkung mit jedem Mitglied, dass sich ihrer bedient. Das heißt, dass auf den Mitgliedern der Minderheit ein enormer Gruppenzwang lastet, auch diese Insignien tragen zu müssen. Tun sie dies nicht, ist eine soziale Ächtung (geringeren oder stärkeren) Ausmaßes innerhalb der Minderheiten-Gruppierung absolut sicher.

Andererseits zeigt es aber auch den Mitgliedern der Mehrheit, dass es keine Bereitschaft gibt, sich ihnen anzupassen, sondern dass man als Gruppierung geschlossen bleiben möchte und dass ein Verdrängungsprozess in Gang gekommen ist. Beispielsweise könnten sich Männer im Vorfeld der iranisch-islamischen Revolution 1979 nur durch das Tragen eines Bartes als Mitglied einer Minderheit und Sympathisant Ajatollah Chomeini erkennbar gemacht haben. Was dazu führte, dass auch Männer, die ihren Bart völlig unvoreingenommen trugen, diesen abnahmen, weil dies als minderheitsspezifisches Merkmal gedeutet werden konnte.

Minderheitsspezifische Insignien sind besonders perfide: Sie werden in der Regel von radikaleren Mitgliedern einer Minderheitengruppierung eingeführt. Einmal etabliert müssen sie aber von liberaleren Mitliedern früher oder später angenommen werden. Dies führt natürlich zur gewünschten Abgrenzung der Gruppierung. Diese Abgrenzung und die damit verbundenen minderheitsspezifischen Insignien stoßen verständlicherweise bei den Mitgliedern der Mehrheit auf wenig Gegenliebe.

Ebenso wie bei den liberaleren Mitgliedern der Minderheit, welche das Tragen von minderheitsspezifischen Insignien vielleicht persönlich gar nicht wollen, stehen auch diese diesem Phänomen praktisch machtlos gegenüber. Gehen sie dagegen vor, so ist dies für die Radikalen der Minderheiten höchst willkommen, da dies zeigt, wie sehr die Minderheit von der Mehrheit unterdrückt wird.

Besonders eindrucksvoll ist dies, weil minderheitsspezifische Insignien meist nur unbedeutenden Charakter haben. Also vordergründig keinerlei Aussage damit verbunden ist. Für einen neutralen Beobachter würde eine (wie auch immer geartet) Reglementierung daher als maßlos übertriebene Maßnahme einer ohnehin überlegenen Mehrheit gegenüber einer leidenden Minderheit gedeutet werden. Der unmittelbare Rückschluss eines neutralen Beobachters wäre: Wenn die Mehrheit bereits mit solcher Strenge wegen solchen unbedeutenden Kleinigkeiten gegen die Minderheit vorgeht, dann müssen die Einschränkungen die die Mitglieder der Minderheit bei anderen (bedeutsameren) Dingen erfahren noch viel größer sein.

Dass ein solcher Eindruck entsteht, ist natürlich ganz im Sinne der radikaleren Mitglieder einer Minderheit. Geht die Mehrheit aber gegen minderheitsspezifische Insignien nicht vor, sondern toleriert diese, ist dies für die radikalen Mitglieder der Minderheit eine Argumentationsvorlage für Schwäche, Dekadenz und Uneinheitlichkeit der Mehrheit. Insbesondere bietet dies die Grundlage, weitere, deutlichere minderheitsspezifische Insignien einzuführen. Schreitet man nicht gegen diesen Automatismus der Radikalisierung ein, kann im Extremfall eine Gesellschaftsordnung dabei herauskommen, wie die während der Herrschaft der Taliban in Afghanistan.

Die Taliban sind auch in Afghanistan eine Minderheit und man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung Taliban oder deren Sympathisanten sind. Trotzdem ist eine Gesellschaft entstanden, welche starke destruktive Züge trägt.

Ähnlich, aber trotzdem etwas anders, ist die Entwicklung im Iran. Zwar ist es zu einer Radikalisierung gekommen, aber es scheint deutliche Gegentendenzen zu geben.

So schreiben viele Gesetze im Iran unverhältnismäßig hohe Strafen vor, doch kommen diese oft gar nicht mehr zur Anwendung. Es gibt also offensichtlich in großen Bevölkerungsteilen starke Tendenzen gegen eine weitere Radikalisierung. Da diese aber aus den erwähnten Gründen einem Automatismus unterliegt, bleibt eine solche Gesellschaftsordnung instabil und latent gespalten. Aus der Perspektive einer Mehrheit lassen sich daher folgende Rückschlüsse ziehen:

Je früher gegen Tendenzen (wie beispielsweise gruppenspezifische Insignien) vorgegangen wird, umso länger dauert die Separierung und Radikalisierung Und Je früher dagegen vorgegangen wird, umso leichter ist dies.

Wie alle natürlichen Verteilungsprozesse wird auch die Verteilung von toleranten, durchschnittlichen und radikalen Mitgliedern einer Gruppierung mit der Gauß`schen Normalverteilung beschrieben. Diese sagt aus, dass Extreme selten sind und die Masse sich im Mittelfeld aufhält.

Wir können aber darüber hinaus davon ausgehen, dass es Rückkoppelungseffekte innerhalb von Gruppierungen gibt, dass die Mitglieder einer Gruppierung sich also gegenseitig beeinflussen. Gibt es beispielsweise innerhalb einer Gruppierung vermehrt liberale und tolerant eingestellte Mitglieder, so hat dies auch eine Wirkung auf die radikaleren Mitglieder. Diese können dann eben nicht mehr so radikal sein oder dies nicht mehr so offen zeigen, weil eine soziale Ächtung innerhalb der Gruppierung eintreten könnte.

Deutlich häufiger ist aber der umgekehrte Fall: Tolerante Mitglieder werden sozial geächtet, weil die radikaleren Mitglieder aggressivere Verhaltensweisen an den Tag legen. Daraus folgt eine eindeutige Tendenz zur Radikalisierung einer Gruppierung. Hat sie es erst einmal geschafft, in einem Territorium eine Mehrheit zu bilden und gruppenspezifische Insignien einzuführen, geht es zum großen Teil nur noch in Richtung Radikalisierung.

Die minderheitsspezifischen Insignien sind in diesem Zusammenhang besonders interessant: Einerseits sind sie leicht einzuführen, da sie zunächst für viele nicht mit einer besonderen Bedeutung verbunden sind, sondern vielmehr als neutrales Element wahrgenommen werden. Andererseits bieten sie die Möglichkeit, von liberalen zu radikaleren gruppenspezifischen Insignien überzugehen. Das heißt, kann eine Minderheit eine gruppenspezifische Insignie allgemein etablieren, kann zu der nächsten strengeren und radikaleren gruppenspezifischen Insignie übergegangen werden.

Beispielsweise ist im Iran, dass Tragen des islamischen Kopftuches, des Hidschab, nicht genug, hier ist bereits des Tschador, welcher den Körper bis zu den Füßen bedeckt und nur Gesicht und Hände frei lässt, Standard.

Zur Radikalisierung gibt es aber auch Gegentendenzen. Viele Iranerinnen versuchen gegenzusteuern, indem sie Kopftuch mit einem passenden Mantel kombinieren. Sie versuchen damit, das Tschador-Gebot zu unterlaufen. Solche Gegenbewegungen wirken auf einen neutralen Beobachter sehr schwach, um nicht zu sagen hilflos. Genau hier liegt die besondere Problematik der gruppenspezifischen Insignien. Ihre Dynamik in Richtung Radikalisierung ist viel stärker als in Richtung Liberalisierung. Einmal eingeführt, gibt es in Grunde nur noch eine Richtung: Radikalisierung.

Selbst der Tschador kann dann noch zu freiheitlich sein. Beim Nikab bleibt nur noch ein kleiner Sehschlitz der ansonsten komplett verhüllten Frau. Zusätzlich wird durch das Tragen von Handschuhen noch mehr Bedeckung erzielt. Bei der Burka schließlich bleibt nicht einmal mehr ein Sehschlitz, sondern lediglich ein Gitternetz, durch das die Augen nicht mehr sichtbar sind. Die Möglichkeiten einer wie auch immer gearteten öffentlichen Mitgestaltung sind unter solchen Bedingungen natürlich gleich Null. Die Frau wird zum anonymen, uniformierten Objekt, ohne jegliche individuelle Merkmale.

Eine Reglementierung von solchen minderheitsspezifischen Insignien scheint für die Mehrheit sinnvoll, da sie an einem Zusammenhalt und nicht an einer Aufspaltung der Gesellschaft Interesse haben muss. Da sich minderheitsspezifische Insignien nur in Ausnahmefällen verbieten lassen, reglementiert die Mehrheit sie, indem sie ihre Aussagekraft abschwächt, sie zu bestimmten Zeiten oder an bestimmten Orten verbietet oder ihren Gebrauch anderweitig einschränkt.

Damit steht die Mehrheit im Grunde genommen vor einem Dilemma und entsprechend ungeschickt erscheinen solche Reglementierungen. Schränkt die Mehrheit den Gebrauch dieser Insignien nicht in irgendeiner Form ein, werden in ihrer Aussagekraft immer stärkere eingeführt, welche langfristig zur Abspaltung und Abschottung der Minderheit führen – mit entsprechenden negativen Folgen für die gesamte Gesellschaft.

Schränkt sie diese hingegen stark ein, macht sie sich unglaubwürdig, da sie toleranter sein muss als die Minderheit.

Dies ist eine Zwangsbedingung. Wäre diese Konstellation nicht so, würde es die beschriebene Problematik gar nicht geben. Ist nämlich die Mehrheit intoleranter als die Minderheit, wird diese verdrängt, vertrieben, zwangsassimiliert oder nur als unbedeutende Randgruppierung ohne jeglichen Einfluss akzeptiert.

So gibt es beispielsweise selbst im Iran kleine, unbedeutende christliche und sogar jüdische Gemeinden, selbstverständlich ohne jegliche politische oder gesellschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten.

Manche Staaten erkennen die Gefahr, die in minderheitsspezifischen Insignien schlummert und versuchen mit entsprechenden Maßnahmen gegenzusteuern. Diese Maßnahmen sind natürlich sofort heftigster Kritik ausgesetzt.

So verbot Frankreich (wie auch andere Staaten) die Ganzkörperverschleierung. Obwohl diese Gesetze gar nicht die Burka oder den Niab als solches verbieten, sondern lediglich eine Verhüllung des Gesichts in der Öffentlichkeit im Allgemeinen, laufen muslimische Verbände Sturm.

Dies ist ein interessanter Faktor, denn die Verschleierung hat im Grunde nichts mit der Religiosität der Person zu tun. Eine westlich gekleidete Muslima kann durchaus viel religiöser sein als eine Muslima, welche nur mit Burka das Haus verlässt. Warum aber setzen sich sogar liberale muslimische Verbände gegen diese Gesetzesregelung ein? Dies ist vielfach widersinnig, denn viele dieser Verbände zeigten in der Vergangenheit meist wenig Sympathie für die Ganzkörperverschleierung und waren bemüht, für den Islam in der öffentlichen Wahrnehmung ein friedliches und harmonisches Image aufzubauen. Hier zeigen sich die besonderen Gefahren, welche in minderheitsspezifischen Insignien für die Gesellschaft schlummern.

Die Provokation der Mehrheitsgesellschaft ist eines der wichtigsten Elemente minderheitsspezifischer Insignien. Sie müssen provozieren und einen Konflikt auslösen, den es mit der Mehrheit gar nicht gibt. Dies führt unweigerlich zu einer Solidarisierung sogar der Mitglieder einer Gruppierung, die eben diese minderheitsspezifischen Insignien eigentlich ablehnen. Was natürlich ganz in Sinne der radikalen Mitglieder der betreffenden Gruppierung ist. Das Ziel von minderheitsspezifischen Insignien ist es, eine Gruppe geschlossen zu halten und Aufweichungserscheinungen entgegenzuwirken. Ein solcher Konflikt zielt daher auch eher auf die zu Abtrünnigkeit neigenden Mitglieder einer Gruppierung ab und nicht auf die radikalen Mitglieder. Deren Weltbild ist ohnehin geschlossen.

Minderheitsspezifische Insignien sind ein hervorragendes Instrument, um liberale Mitglieder einer Gruppierung auf die Seite der radikalen Mitglieder zu ziehen. Dieser Wirkmechanismus ist umso effektiver, je unbedeutender der Charakter der jeweiligen Insignie ist.

Was kann jemanden an einem Kopftuch schon aufregen? Genauso gut könnte man sich über ein Halstuch aufregen.

Aber genau hierin liegt die besondere Problematik von minderheitsspezifischen Insignien. Denn diejenigen, die bereits gegen ein Kopftuchverbot zu Felde gezogen sind, unterliegen nun dem Zwang, sich auch gegen ein Burka-Verbot auszusprechen. Sogar dann, wenn sie die Burka als solche ablehnen.

Reglementiert die Mehrheit solche minderheitsspezifischen Insignien, ist das immer mit Problemen und Widerstand verbunden, tut sie es nicht, ist das zunächst bequem. Allerdings werden die Probleme, die durch dieses Unterlassen zukünftig entstehen werden, noch weit größer sein. Denn aufbauend auf den tolerierten liberalen minderheitsspezifischen Insignien werden immer radikalere eingeführt. Die liberalen stehen dann gar nicht mehr zu Diskussion – sie sind etablierter Standard, welcher als selbstverständlich hingenommen werden muss. Stufenweise können so neue immer radikalere Standards etabliert werden. Die Mehrheit ist gut beraten, wenn sie nach dem Motto handelt: wehret den Anfängen. Es besteht für die Mehrheitsgesellschaft die Gefahr, dass ein Entgleiten der Kontrolle über einen Bevölkerungsteil einsetzt. Das Entgleiten ist meist schon viel weiter fortgeschritten als man denkt. Westliche Staaten neigen dazu, solchen Gruppierungen Minderheitsrechte einzuräumen. Eine zutiefst widersprüchliche Lösung, denn ein elementarer Grundpfeiler demokratischer Gesellschaftsmodelle ist der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Wenn man aber Minderheitsrechte einräumt, widerspricht man grundlegend diesem Gebot – mit weitreichenden Folgen.

Denn auch hier treten Aufweichungsprozesse ein. Einmal eingeräumte Rechte können nicht mehr zurückgenommen werden. Aber dadurch werden immer umfangreichere Rechte eingefordert.

Mit dem Einräumen von Minderheitsrechten ebnet man der Spaltung der Gesellschaft den Weg und macht sich selbst unglaubwürdig. Vor dem Gesetz sind dann eben doch nicht alle gleich!

Das Einräumen von Minderheitsrechten ist zunächst einmal der leichteste Weg. Eine Regierung wird von dem Druck, welchen eine Minderheit ausgeübt, zunächst entlastet und steht gleichzeitig noch als liberal und tolerant da. Allerdings öffnet sie damit die Büchse der Pandora: Denn wer Verbrechen wie Kindesmisshandlung und Körperverletzung in Form von Beschneidung von kleinen Jungen zulässt, muss sich nicht wundern, dass andere Minderheiten dann auch das Recht einfordern, auch die Beschneidung von Mädchen zuzulassen. Man liefert damit auch eine wunderbare Argumentationsvorlage für Dinge, welche mit dem eigentlich eingeräumten Recht gar nichts zu tun haben.

Wie soll man denn gegen körperliche Strafen zu Felde ziehen, wenn man auf der anderen Seite Straftatbestände für bestimmte Gruppierungen im Nachhinein legalisiert? Für Demokraten ist der Grundsatz „vor dem Gesetz sind alle gleich“ heilig. Wenn man aber diesen Grundsatz aufweicht, kann daraus nichts Gutes resultieren.

Man muss allerdings sagen, dass der Staat solchen Phänomenen praktisch machtlos gegenübersteht. Mit oder ohne Regelung kann er bestimme Praktiken nicht verhindern. Trotzdem ist die Legalisierung ein ausgesprochen schlechter Weg. Dadurch vermittelt der Staat den Eindruck, als hätte er die Macht, darüber zu entscheiden.

Eigentlich ist es aber ein Zeichen des kompletten Kontrollverlustes über bestimmte Gruppierungen. Er kann nicht verhindern, dass beispielsweise Körperverletzungen wie Beschneidungen auf dem eigenen Territorium durchgeführt werden oder er kann nicht verhindern, dass Tiermisshandlungen in Form von Schächten stattfinden.

Man neigt dazu, den Schein von Kontrolle über ein Hintertürchen zu wahren. So wird beim Schächten eine vorherige Betäubung des Tieres gesetzlich verlangt. Allerdings ist der Staat kaum in der Lage (vermutlich auch gar nicht gewillt), dies tatsächlich zu kontrollieren. Aber er demonstriert, dass man sozusagen noch Herr im eigenen Haus ist. Wenn ich etwas nicht verhindern kann, tue ich wenigstens so, als hätte ich die Macht, darüber zu entscheiden. Allerdings wird dieses Vortäuschen von Macht von weiten Teilen der Mehrheitsbevölkerung auch als solches bemerkt, was die Gräben zwischen Mehrheit und Minderheit noch vertieft.

Evolutionär gesehen ist dies aber erstaunlicherweise eher vorteilhaft für die Minderheit. Je größer die Differenzen zwischen Minderheit und Mehrheit, desto besser sind die Verdrängungsbedingungen für die Minderheit.

Je mehr sich die Minderheit der Mehrheit annähert, desto schwieriger wird es für sie, Verdrängungsprozesse in Gang zu setzen und umso mehr läuft sie Gefahr, selbst verdrängt zu werden. Das heißt, eine Minderheit kann durch die Einführung von minderheitsspezifischen Insignien nur gewinnen.

und die Mehrheitsbevölkerung nur verlieren. Toleriert die Mehrheitsbevölkerung die minderheitsspezifischen Insignien, werden diese immer radikaler, geht sie dagegen vor, entfacht sie einen Konflikt zwischen Minderheit und Mehrheit. Die Mehrheit zieht also sozusagen immer den Kürzeren, egal wie sie sich verhält. Diese spezifische Problematik gibt es in erster Linie nur in westlichen Ländern. Diese sind für Verdrängungsprozesse besonders anfällig.

Dies liegt zum einen daran, dass die meisten dieser Länder in den vergangenen Jahrhunderten zu den Verdrängern gehörten und selbst kaum Verdrängung unterlagen. Daher stehen sie entsprechend hilflos da. Zum anderen sind die Verdrängungsbedingungen in demokratischen, auf Gleichheitsgrundsätzen basierenden Gesellschaften für die Verdränger-Gruppierung besonders gut.

In demokratischen westlichen Länder gibt es einen gesellschaftlichen Konsens von Meinungsfreiheit, Gleichheit, Toleranz, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Redefreiheit und Ähnlichem. Diese Grundsätze werden zwar von vielen Verdränger-Gruppierungen benutzt, um ihre Ziele zu erreichen, aber in ihren eigenen Gruppierungen gelten sie nicht oder nicht in dem Maße. Das heißt, westliche Länder fördern ihre Verdränger noch, indem sie ihnen einen Zug zur Verfügung stellen, auf den sie bereitwillig aufspringen, aber nach Erreichen ihrer Ziele auch wieder abspringen.

Der große Irrtum des „Westens“ liegt darin, dass man glaubt, diese Gruppierungen würden auf dem demokratischen Zug weiterfahren – das wird aber nicht der Fall sein. Was wir als Toleranz und Individualismus bezeichnen, nehmen andere Gruppierungen als Dummheit und Feigheit wahr und als Beweis für die Überlegenheit ihrer eigenen Ideologie.

Eine Frau könnte sich völlig unbedenklich in einer Burka durch London, Paris oder Berlin bewegen. Das gleiche könnte sie kaum in einem Minirock in Mekka, Riad oder Teheran tun. Keine Frau käme auch nur auf die Idee, so etwas auch nur in Erwägung zu ziehen. Evolutionär gesehen, ist der Tolerantere der Dümmere – und so etwas wie Gleichheit oder gar Gerechtigkeit existiert in der Evolution überhaupt nicht.

Insbesondere die Ganzkörperverschleierung stellt für westliche Länder ein praktisch unlösbares Problem dar. Man kann davon ausgehen, dass die überwiegende Mehrheit der Frauen, welche unter diesem Joch leben müssen, keine Möglichkeit haben, ihrer Situation zu entfliehen. Es gibt aber wenige Frauen, welche dies aus ideologischen Gründen ganz bewusst propagieren. Interessanterweise sind dies häufig westlich sozialisierte Konvertitinnen, welche offensichtlich ein hohes Maß an Ideologisierung und Radikalisierung aufweisen. Das Problem daran ist, dass fast nur diese überhaupt öffentlich wahrgenommen werden. Es kommt daher zu einer verzerrten öffentlichen Wahrnehmung, welche die reale Situation beschönigt und somit das Leid derer, welche damit nicht einverstanden sind, manifestieren. Diese dürfen sich nämlich nicht äußern – und genau diese stellen vermutlich die überwiegende Mehrheit dar. Es gibt daher bei den Burka- Nikab- oder Tschador-Trägerinnen nur zwei Gruppen, welche sich zu dieser Thematik äußern: Erstens Frauen, welche stark ideologisiert sind und zweitens Frauen, welche in hohem Maße abhängig sind.

Wie Angehörige der zweiten Gruppierung sich äußern, ist daher recht gut vorhersehbar und hat kaum etwas mit der tatsächlichen Meinung zu tun. Ebenso gut könnte man in Nordkorea eine beliebige Person vor laufender Kamera nach ihrer Meinung über die Regierung fragen. Auch eine solche Äußerung wäre recht vorhersehbar und spiegelt kaum die tatsächliche Meinung wider. Die meisten Burka-Trägerinnen kommen gar nicht in Situationen, in denen sie sich frei äußern können.

Wir unterliegen daher einem kollektiven Trugschluss, wenn wir glauben, dass alles in Ordnung ist, da diese Frauen ja scheinbar alles freiwillig machen. Von freiem Willen kann aber in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Vielmehr belügen wir uns selbst. Es ist auch deshalb nicht alles in Ordnung, da nicht wenige dieser Frauen bereits im Kindesalter zwangsverheiratet werden. Die Ganzkörperverschleierung dient auch dazu, Straftäter zu schützen und Straftaten zu verschleiern. Da diese Kinder unter der Burka als Kinder gar nicht wahrgenommen werden, ist dieser Umstand gesellschaftlich auch nicht auffällig. Dies ist ein paradiesischer Zustand für Kinderschänder. Die Ganzkörperverschleierung gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Vorstellungen mitten innerhalb westlicher Gesellschaften auszuleben.

Während wir mit dem Zeigefinger auf andere Nationen verweisen, werden Menschenrechte innerhalb unserer Gesellschaft mit Füßen getreten. In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass diejenigen, die für diese entmündigten Frauen Partei ergreifen könnten, ihnen kaum eine Stimme verleihen.

Insbesondere muss man hier den Frauenverbänden ein Versagen attestieren. Würden westliche Frauen so entrechtet und entmündigt werden, würde (ganz zu Recht) ein Sturm der Entrüstung losbrechen. Das Engagement, welches bei dieser Problematik an den Tag gelegt wird, ist eher rudimentär.

Minderheitsspezifische Insignien wie Burka oder Nikab sind eigentlich kaum der Rede wert. Es sind eigentlich nur Kleidungsstücke, welche eben nur ein paar Prozent mehr Haut als üblich bedecken. Aber genau hier liegt der entscheidende Wirkmechanismus von minderheitsspezifischen Insignien. Sie sind ein Instrument der Verdrängung.

Für den Verdränger ist es beispielsweise leicht zu sagen: „Seht her, wie verlogen und heuchlerisch der Westen ist! Er spricht von Freiheit und verbietet sogar simple Kleidungsstücke!“

Westliche Länder befinden sich daher in einem Zwiespalt. Einerseits können Sie im Namen der persönlichen Freiheit nicht dagegen vorgehen, andererseits müssen sie das tun, da eine Duldung nicht nur Verdrängung, sondern auch den unterschiedlichsten Straftaten Tür und Tor öffnen würde.

Dies können eher nichtige Ungerechtigkeiten sein, wie beispielsweise die Unmöglichkeit, eine Burka-Trägerin bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung beim Lenken eines Pkws anhand des Beweisfotos zu überführen. Das Beweisfoto ist damit gar kein Beweisfoto mehr – mit einer Burka beweist es rein gar nichts. Wahrscheinlich müsste man die Strafe trotzdem zahlen, aber man hätte die Möglichkeit, eine andere Person zu benennen oder anderweitige Manipulationen zu betreiben. Darüber hinaus schränkt die Ganzkörperverschleierung nicht nur die Sicht, sondern auch die Hörfähigkeit ein. Das könnte beim Führen eines Kraftfahrzeuges zu erheblichen Problemen führen. Das Tragen von Kopfhörern ist beispielsweise beim Führen eines Pkws aus gutem Grund verboten.

Die nichtigsten Kleinigkeiten werden mit einer Ganzkörperverschleierung zum problematischen Akt. So könnte man im Kindergarten Kinder kaum einer Person aushändigen, deren Identität man eigentlich nicht überprüfen kann. Unter der Ganzkörperverschleierung könnte sich auch eine ganz andere Person verstecken.

Bei anderweitigen Kontrollen (Fahrkarten, Flugtickets und dergleichen) behilft man sich daher mit Kontrollkabinen, zur Identitätsüberprüfung. Vielfach wird dieses Vorgehen als Lösung gepriesen. Aber es beinhaltet zwei problematische Aspekte:

Erstens hat eine Minderheit es geschafft, einen Sonderstatus gegenüber der Mehrheit durchzusetzen. Sie fühlt sich anders (auserwählt) und sie wird daher auch anders behandelt. Man sollte meinen, dass in einer Demokratie alle gleich behandelt werden. Dies ist aber hier nicht der Fall. Minderheitenspezifische Insignien zielen aber darauf ab, sich von anderen abzugrenzen. Mit diesem Vorgehen fängt die Mehrheit an, das zu tun, was eine Minderheit will. Die Gesellschaft knickt ein, weil die Minderheit entsprechenden Druck aufgebaut hat.

Zweitens werden „weichere“ minderheitsspezifische Insignien dadurch anerkannt. Wer regt sich schon über ein Kopftuch auf, wenn mittels Ganzkörperverschleierung der Status des Frauenrechts öffentlich sichtbar um tausend Jahre zurückgeworfen wird? Die hundert Jahre Rückschritt durch Kopftücher sind da vergleichsweise harmlos.

Die Einschränkungen von Frauen unter dem Joch der Ganzkörperverschleierung haben nicht nur administrativen oder pragmatischen Charakter, sondern auch seelischen. Die Demütigungen dieser Frauen gehen weit über das allgemein öffentlich Bekannte hinaus. Es ist klar, dass sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind und nicht mehr als Individuum wahrgenommen werden. Ganzkörperverschleierung hat mit zweckmäßiger Kleidung nichts zu tun. Das sieht man schon daran, dass die Ehemänner von vollverschleierten Frauen ganz andere, meist viel luftigere Kleidung tragen. Islamische Männer sind selbstverständlich von der ganzen Problematik nicht betroffen. Für sie gibt es keinerlei Kleidungsvorschriften. Sie kleiden sich entsprechen zweckmäßig. Vollverschleierte Frauen müssen hingegen unter ihrem textilen Verlies schwitzen. An heißen Tagen dürfte der Schweiß in Strömen am Körper herunterlaufen. Eine entsprechende Geruchsentwicklung ist da natürlich unvermeidlich.

Frauen sollen sich nicht nur als minderwertiges, austauschbares Objekt fühlen, sondern darüber hinaus auch als schmutziges und stinkendes Wesen verstehen, welches weit unterhalb von dem ihr zugewiesenen Ehemann dessen Wünsche erfüllen darf.

Es ist überaus erstaunlich, dass Demokratien, in deren Verfassungen meist von der „unantastbaren Würde des Menschen“ die Rede ist, mobile Kerker in Form von Burkas oder Nikabs einfach aus Bequemlichkeit und Unfähigkeit tolerieren. Wobei die geistigen Gitterstäbe wahrscheinlich schlimmer sind als die textilen.

Oft wird argumentiert, dass das Phänomen in den meisten westlichen Ländern eher selten anzutreffen und daher zu vernachlässigen sei. Dies ist aber eine gefährliche Verharmlosung. Insbesondere weil es für die Frauen, welche darunter leiden müssen, auch kein Trost ist. Solche Volksbeschwichtigungen sind aber auch deshalb gefährlich, weil Nichthandeln und Kleinreden eine Manifestation dieser Situation fördert. Denn nur solange man mit einem quantitativ kleinen Phänomen zu tun hat, kann man überhaupt dagegen vorgehen. Wartet man zu lange, ist der Zug abgefahren und man hat keine (oder nur noch eine sehr eingeschränkte) Handhabe dagegen. Genau dies ist charakteristisch für minderheitsspezifische Insignien und Verdrängung im Allgemeinen. Diese Prozesse laufen in gleitenden Hierarchie-Ebenen ab. Der Verdränger beansprucht so viel Raum wie der Bedrängte toleriert. Und: Je mehr Raum der Verdränger erobert hat, umso weniger Möglichkeiten hat der Bedrängte Raum zu verweigern.

Es ist beispielsweise sehr viel leichter durchsetzbar, die erwähnten Kontrollkabinen einzuführen, als sie wieder abzuschaffen. Selbst solche, eher als Kleinigkeiten einzustufende Erscheinungen sind dann kaum noch rückgängig zu machen. Diejenigen, welche argumentieren, dass dies doch alles nicht so schlimm ist, begreifen nicht, dass es eine kleine Zwischenstufe von vielen anderen in einem größtenteils irreversiblen Prozess ist. Für sie sind Erscheinungen wie die Unmöglichkeit der Identifizierung bei Geschwindigkeitsüberschreitungen oder beim Abholen der Kinder am Kindergarten zu vernachlässigende Tatbestände.

Ganzkörperverschleierungen könnten aber auch heute schon weit dramatischeren Charakter haben. Beispielsweise werden heute öffentliche Plätze und wichtige Einrichtungen in den meisten Metropolen und großen Städten kameraüberwacht. Diese Plätze stellen für terroristische Attentäter attraktive Ziele da. Diese wissen aber sehr genau, dass diese überwacht werden und die Überwachung bei einem Anschlag sehr wahrscheinlich zu ihrer Identifizierung führen wird. Die Möglichkeit der nachträglichen Identifizierung von Personen hat für Menschen, welche Böses im Schilde führen, ein hohes Abschreckungspotential. Der große technische Aufwand und die hohen Kosten, welche damit verbunden sind, dienen der Sicherheit der Menschen. Wird aber Ganzkörperverschleierung ein gesellschaftlich anerkanntes Phänomen, dann sind all diese Kosten und Aufwendungen umsonst getätigt worden.

Ein Attentäter könnte unter einer Burka einfach unerkannt auf einen beliebigen, kameraüberwachten Platz spazieren, eine Bombe platzieren und diesen wieder verlassen. Es gäbe keine Möglichkeit der Identifizierung. Man könnte nicht einmal feststellen, ob unter der Burka eine Frau oder ein Mann gesteckt hat. Der riesige technische Aufwand des Westens wird von ein paar Metern billigen Stoffs zunichte gemacht. Das sind Verhältnisse nach dem Geschmack der Terroristen.

Nicht wenige von diesen sind der Meinung, dass der Westen es aufgrund seiner eigenen Dummheit auch nicht anders verdient hat. Da könnte man fast versucht sein, diesen radikalisierten Personen, zumindest streckenweise, Recht zu geben.

Spiegelrassismus und Verdrängung

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