Читать книгу Geschickt geflickt. Lieblingskleidung ausbessern statt wegwerfen. - Erin Lewis-Fitzgerald - Страница 7
EINLEITUNG
ОглавлениеIch liebe die Flickkunst. Ich kremple meine Ärmel hoch und repariere fast alles: Kleider, Schuhe, Keramik, Haushaltswaren, misslungene Haarschnitte und sogar Liebesleben. (Ich habe mal eine Singleparty bei mir zu Hause veranstaltet, die ich Meet Market nannte, um Freunden mit Pech in der Liebe zu helfen.)
Seit ich denken kann, repariere und flicke ich, aber ich war nicht immer umweltbewusst. Ich habe schon als Kind gelernt, mit einer Nähmaschine zu arbeiten, das Flicken bedeutete also bloß, die Kleider, die ich herstellen konnte, in Ordnung zu bringen. Den größten Teil meines Lebens sah ich diese Fähigkeit als selbstverständlich an und dachte, jeder mache es so. Erst 2012, als ich anfing, mit Reparaturcafés zusammenzuarbeiten, und 2014, als ich die Organisation Bright Sparks (die Elektrogeräte repariert) gründete, wurde mir das Müllproblem in Australien und der ganzen Welt bewusst. Und auch, wie wichtig Reparaturen – und sie anderen beizubringen – für einen gesunden Planeten sind.
Nichts ist „weg“
Laut der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) ist die Modeindustrie für circa 10% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Laut einer Greenpeace Studio zur Fast Fashion (2017) kaufen deutsche Verbraucher im Jahr durchschnittlich 60 Kleidungsstücke – tragen diese allerdings nur noch halb so lang wie vor 15 Jahren. Doch es wird nicht nur mehr Kleidung konsumiert – wir werfen auch mehr weg. In Deutschland insgesamt circa 1,3 Tonnen Kleidungsstücke pro Jahr. Und dies sind nicht nur ausgiebig getragene Stücke, sondern häufig auch Teile, die ungetragen im Kleiderschrank hingen.
Ein beängstigender Gedanke, denn: Wenn man etwas wegwirft, ist es nicht weg. Ob man nun Kleider in die Mülltonne schmeißt oder sie spendet, sie existieren immer noch – das Problem wird bloß verschoben.
Wenn wir Kleidung spenden, sehen wir nur, was wir selbst weggeben, nicht wie viel Zeug andere spenden. Tatsache ist, dass die Secondhandläden in Fast Fashion ersticken und nur einen geringen Teil wiederverkaufen. Der Rest wird weggeworfen, verschifft oder zu Lumpen verarbeitet.
Secondhandläden werden unerwünschte Kleider nicht für Sie flicken.
Es gibt einen anderen Weg
Ein Journalist hat mich mal gefragt, ob Flicken den Planeten retten könnte. Vielleicht nicht, habe ich geantwortet, aber ein sichtbar geflicktes Kleidungsstück inspiriert eventuell drei andere Leute, mit dem Flicken anzufangen und umweltbewusster zu sein. Reparieren bedeutet, sich zu kümmern und sich bewusst zu werden. Das sind die ersten Schritte, die nötig sind, um den Mist, in dem wir stecken, zu beseitigen. Jeder trägt Kleidung, und praktisch jeder kann Kleidung flicken, (auch Sie!), es ist also einfach, die Dinge besser zu machen.
Aber es ist eine Sache, über das Problem und den Lösungsweg zu reden, und eine andere, über die Fähigkeiten und das Wissen zu verfügen, es tatsächlich zu tun. Reparieren wird oft als Lösung genannt, ohne dass praktische Anleitungen geboten werden. Genau an dieser Stelle setzt dieses Buch an.
Ich habe Geschickt geflickt geschrieben, weil das Buch, das ich haben wollte, nicht existiert. Und die wirklich nützlichen Bücher zum Flicken, die vor Jahrzehnten erschienen sind, sind nicht mehr lieferbar, außerdem muss man sie an die aktuelle Kleidung anpassen.
Ich habe das Buch so aufgebaut wie meine Flickkurse: Mit 5 Haupttechniken, vielen nützlichen Tipps und Beispielen zur Inspiration. Stellen Sie sich Geschickt geflickt als eine Art Kochbuch vor. Sie müssen es nicht von Anfang bis Ende durchlesen, sondern können mal hier, mal da nachschlagen, gerade so, wie Sie es brauchen. Und mich können Sie sich als Ihre Cheerleaderin vorstellen, ich feuere Sie an, bis Sie es schaffen. Ich weiß, dass Sie es können!
Reparieren-Probieren
Beschädigte Kleider sind immer einzigartig. Manchmal muss man über dieses Buch hinaus denken, und anhand der neuerworbenen Fähigkeiten eine Methode ausprobieren oder Methoden kombinieren. Hauptsache, es funktioniert. Manches, was im Buch vorgestellt wird, sind traditionelle Techniken, anderes das Ergebnis von jahrelangen Experimenten.
Wenn Sie eine neue, bessere Art entdecken, etwas zu flicken, loben Sie sich und teilen Sie Ihr neugefundenes Wissen mit anderen! Ich finde es so wichtig, es einfach zu versuchen, denn nur so lernt man.
Wenn Hände arbeiten, geschieht Magisches – Ihre Hände lernen etwas und das ist anders, als sich eine Zeichnung anzusehen oder eine Anleitung zu lesen. Kochen Sie eine Tasse Tee und machen Sie es sich gemütlich! Ich liebe Tee, und das Ritual des Teekochens ist eine schöne (und leckere) Art, ein neues Projekt zu beginnen. Es hilft, sich zu entspannen und zu konzentrieren, so dass man bereit ist, etwas Neues auszuprobieren und zu lernen. Viel Spaß beim Flicken!
– Erin Lewis-Fitzgerald