Читать книгу Geschickt geflickt. Lieblingskleidung ausbessern statt wegwerfen. - Erin Lewis-Fitzgerald - Страница 9

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BEVOR ES LOSGEHT

Bevor ich etwas flicke, gehe ich im Kopf eine Checkliste durch, um zu entscheiden, wie ich es angehe.

Normalerweise läuft das so:

1.Zu viele (oder zu waghalsige) Ideen, monatelanges Grübeln, wie es weitergehen soll.

2.Das kaputte Kleidungsstück so lang wie möglich beiseitelegen, manchmal so lang, dass es mir nicht mehr passt.

3.Endlich mit dem Flicken beginnen. Uff!

4.Ich hasse das Ergebnis und trenne alles wieder auf.

5.Mit einer anderen Methode oder Material neu anfangen. Uff! Ausrasten und die Frage stellen: Ist das hier meine beste Flickerei jemals oder eine sehr schlechte Idee, die meine Klamotten ruiniert?

6.Fertig werden und aufrichtig überrascht feststellen, dass das geflickte Kleidungsstück jetzt mein absolutes Lieblingsstück ist.

7.Ich trage es ständig und genieße die Komplimente.

8.Ab Punkt 1 so oft wie nötig wiederholen.

Ich habe nicht gesagt, dass sei die beste Herangehensweise. Sie sehen, auch ich werde nervös! Da muss man durch, um zum Ergebnis „Lieblingsstück“ zu gelangen. Aber es gibt ein paar Schlüsselfragen zu beantworten, bevor man loslegt:

Wo befindet sich der Schaden und wie ist es dazu gekommen?

Entstand der Schaden bei einem Unfall oder passiert so was immer wieder? Stellen, die besonders beansprucht werden, wie Knie, Achseln, Schritt, Taschen, müssen robust geflickt werden. Löcher am Knie können gestopft werden, aber Stoffflicken halten länger. Falls Sie wie der Unglaubliche Hulk aus Klamotten platzen, die an manchen Stellen zu eng sind, reicht es nicht, sie wieder zusammenzunähen, ein stärkerer Reißschutz ist dann nötig (oder vielleicht eine Änderung, um Ihrem Hulk mehr Platz zu bieten). Kleidungsstücke mit Flecken oder Farbverlust können mit rein dekorativen und weniger robusten Methoden behandelt werden: Färben, Bemalen, Besticken etc. Ich persönlich ziehe am Schritt, in den Achseln und anderen Stellen, auf die ich keine Aufmerksamkeit lenken möchte, unsichtbares Flicken vor, aber sonst überall deutlich sichtbares.

Woraus besteht das Kleidungsstück

Ist es gewebt oder gestrickt, schwer oder leicht, aus Natur- oder Kunstfasern?

Wollkleidung kann man gut stopfen oder Nadelfilzen, wohingegen gewebte Stoffe besser mit Flicken zu besetzen sind.

Wie wird das Kleidungsstück getragen und gewaschen?

Geschirrtücher, T-Shirts, Socken und Kindersachen brauchen etwas Robustes, das häufigem Waschen standhält, während Pullis nur selten und von Hand oder im Wollwaschgang gewaschen werden.

Sind die noch guten (intakten) Teile robust genug fürs Flicken?

Manchmal wird ein Kleidungsstück zu morsch und fadenscheinig, um es weiter zu flicken. Ich achte also darauf, dass die „guten“ Teile des Kleidungsstücks noch solide genug sind, damit sich das Flicken lohnt und darauf, dass sie neue Nähte und/oder Materialien halten können. Kleider, die zu kaputt sind, können noch zu einem tollen Erbstück werden, wie Patchworkdecken, und die besten Teile von Hemden und Unterhosen werden tolle Flicken und Putzlumpen.

Bilden die Löcher ein Muster, das als Inspiration dienen könnte? Gibt es ein Motiv oder Muster, das man wiederholen kann?

Ich lasse mich von dem Kleidungsstück inspirieren. Wenn es gepunktet ist, ergänze ich Punkte in anderen Farben. Ich liebe kontrastfarbige Streifen in Streifenmustern. Wenn auf dem Stoff Lebensmittel zu sehen sind, dann passt vielleicht ein Tier, das sie isst; auf einem blauen Hintergrund sehen Wolken oder Fische hübsch aus. Wenn etwas mehrere Löcher hat, markiere ich sie zuerst

mit Sicherheitsnadeln und schaue mir dann an, welches Muster die Verteilung nahelegt. Ich denke auch daran, wie das Kleidungsstück auf längere Sicht aussehen wird. Falls es das erste (oder zweite) Mal geflickt wird: Wie kann ich mein Design so ausrichten, dass zukünftige Flickereien gut einzufügen sind? Wenn ich für jemand anderen flicke: Kann der- oder diejenige das Thema, das ich begonnen habe, weiterführen?

Welchen Kleidungsstil hat der Besitzer?

Wenn ich mich nicht entscheiden kann, ob es eher lustig oder nur schön werden soll, frage ich den Besitzer, ebenso wenn es um die Farbwahl geht. Kinderkleider können spielerischer geflickt werden, wenn ich etwas für meinen Mann flicke, dann halte ich mich beim Stil und den Farben sehr zurück. Wenn ich für mich selbst flicke, geht einfach alles, aber meist neige ich zu Experimenten mit einer neuen Technik, einem neuen Design oder Material – dadurch bleibt es spannend und ich lerne ständig etwas Neues.

MIT MUSTERN SPIELEN


Mein Freund Michael hat dieses schöne Hemd genäht. Er hat sich leider einmal verschnitten, und seine Frau Cindy hat es vorne mit Zickzackstich und hinten mit einem Flicken geflickt.

Michael hat mich gefragt, wie ich es geflickt hätte.

Das Hemd ist gut geflickt, aber es gibt noch andere Möglichkeiten. Das hier könnte bloß der Anfang sein, und der Riss als Inspiration für ein paar lustige Dekorationen dienen. Ich habe ein paar Beispiele gezeichnet, um zu erklären, was ich meine, damit Sie auf neue Ideen kommen.


Hier der Riss aus der Nähe.


In dieser Version wird daraus Gras, auf dem die Pferde laufen.


Oder es sind VERLIEBTE Pferde.


Oder vielleicht reitet auf ihnen ein Cowboy mit einem Lasso. (Yee-haw!)

Gesprächsthema

Die Beispiele sind etwas albern und passen nicht zu jedem. Aber denken Sie mal kurz wie ein Aktivist: Lustige und interessante Reparaturen wecken eher die Neugier und regen zu Fragen an. Man hat so die Chance, der Welt zu erzählen, dass man etwas selbst geflickt hat. Ein witziger Flicken ist ein cleverer Trick, Leute dazu zu bringen, über Nachhaltigkeit, Slow Fashion und all die wichtigen und nicht witzigen Dinge zu sprechen, die wir öfter diskutieren müssten.

Diese Gespräche haben zwei Vorteile:

1.Sie ermuntern Leute, ihre Kleidung zu flicken (anstatt wegzuwerfen), woran sie vielleicht nicht gedacht hätten.

2.Sie brechen mit Vorurteilen, wie Flickereien aussehen und beweisen, dass sie witzig und/oder schön sein können.

Diese Gespräche müssen nicht persönlich geschehen – sie können auch online sein.


Geschickt geflickt. Lieblingskleidung ausbessern statt wegwerfen.

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