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Vom Motorradfahrer zum Flugschüler.

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Das erste Gleitflugzeug — des Dreizehnjährigen — ging am ersten Tage programmäßig in Trümmer.



chon als Bub interessierte ich mich für die Fliegerei und baute mit meinen Kameraden Modell-Flugzeuge. Als ich 13 Jahre alt war, „konstruierte“ ich mir einen Gleitflugapparat. Es war ein ganz primitiver Eindecker, der siebzig Pfund wog und 14 Quadratmeter Tragfläche hatte.

Die Versuche mit diesem Ding wurden von mir in Niederaschau auf einem Hügel vorgenommen, Natürlich zur größten Hetz der Landbevölkerung. Damals war ich stolz auf die zurückgelegte Gleitflugstrecke. Aber ich habe nach wenigen Jahren ohne Gleitflugzeug, beim Skispringen die vier- bis fünffache Entfernung der Flugstrecke zurückgelegt, auf die ich mir so viel eingebildet hatte. Mein Gleitflugzeug ging natürlich auch am ersten Tage programmäßig in Trümmer, worauf ich mich zunächst wieder dem Modellbau zuwendete und von der eigentlichen Fliegerei abließ.

Im Gymnasium hatte mein Interesse für das Flugwesen den Erfolg, dass mir von meinen Lehrern das Schlimmste für meine Zukunft vorausgesagt wurde. Außerdem durfte ich — der erste Erfolg meiner Flugstudien eine Klasse repetieren.

Nach einiger Zeit baute ich trotz alledem wieder ein Flugzeugmodell, das ich über die Isar fliegen lassen wollte, die für mich den Ärmelkanal bedeutete. Alles war bestens vorbereitet und der Pressluftmotor vollgepumpt; so übergab ich das Modell dem Clement, für das es bestimmt war, der Luft. Aber schon nach wenigen Sekunden vertraute es sich einem anderen Clement an, mit dem es eigentlich nichts zu tun haben sollte: es fiel ins Wasser und mit ihm meine Hoffnung. Das schöne Modell verschwand in der grünen Isar, die mir noch niemals so wenig hoffnungsgrün erschienen ist, wie an jenem Tage.

Als im August 1914 der große Krieg ausgebrochen war und Hunderttausende aus Begeisterung freiwillig zu den Fahnen eilten, da erwachte auch in mir der Drang, dem Vaterland zu dienen. Ich war aber erst achtzehn Jahre alt und körperlich noch nicht derart entwickelt, das; ich auf Aufnahme bei irgendeinem Truppenteil hätte rechnen können. Da kam mir plötzlich ein Gedanke! Ich hatte mich im letzten Jahr eifrig dem Motorsport gewidmet. Zu einem eigenen Auto hatte ich es allerdings noch nicht gebrach, aber ich besaß ein leistungsfähiges Motorrad, mit dem ich manche achtbare Tour gemacht hatte. Nun wurden freiwillige Motorradfahrer für das Feld gesucht; das war etwas für mich. Sofort ließ ich mich beim Allgemeinen Deutschen Automobilklub, der die Vermittlung für das Heer übernommen hatte, als Herrenfahrer eintragen. Zu meiner großen Freude genügten ich und meine Maschine den gestellten Anforderungen. Ich konnte kaum die mir in Aussicht gestellte Einberufung abwarten und ging täglich zum Klub, um mich zu erkundigen, wie viele Vordermänner ich noch habe.

Endlich kam der ersehnte Tag, an dem meine Wünsche ihrer Erfüllung entgegengehen sollten. Es wurde mir aufgegeben, mich marschbereit zu halten und für meine Ausrüstung zu sorgen. Schnell waren alle Einkäufe erledigt und wir Einberufenen fuhren — ich mit einem schweren Lederanzug bekleidet und mit militärische? Kopfbedeckung versehen — stolz durch die Straßen Münchens, um noch mancherlei für die feldmäßige Ausrüstung zu erledigen.

Am 18. August 1914 fuhren wir abends vom Hauptbahnhof gegen 10 Uhr nach dem Westen ab. Es waren noch vier Münchener dabei, die sich ebenfalls freiwillig gemeldet hatten. Nach zweitägiger Fahrt langten wir am 20. August 1914 in Straßburg an, wo wir uns sofort beim Verkehrsoffizier vom Platz melden mussten. Wir wurden einer württembergischen Reservedivision als Meldefahrer zugeteilt und sollten uns sofort zu dem Stab der genannten Division begeben, die sich in Schirmeck befand. An demselben Nachmittag noch knatterten wir mit unseren Maschinen in Richtung Schirmeck ab. Aus dem Hinweg begegneten uns zahlreiche Verwundeten- und Gefangenentransports und in des Ferne dröhnte Kanonendonner. Es war das erste kriegerische Bild, das sich mir auftat.

In Schirmeck meldeten wir uns sofort bei einem Hauptmann. Am gleichen Tage noch erhielt jeder von uns als Extrawaffe eine Pistole, und wir waren auf diese Weise im Handumdrehen Soldaten geworden. Über den Zweck unserer Verwendung war man sich aber anscheinend noch nicht ganz im Klaren. In der Hauptsache bestand unsere Tätigkeit zunächst nur im Postholen. Für wichtigere Aufträge nahm man lieber Meldereiter.

Langsam rückten wir indessen nach Westen vor. In Rotau, Saales usw. blieben wir noch kurze Zeit, um dann in St. Dié etwa acht Tage zu verweilen. Mit unseren Motorrädern hatten wir nichts Besonderes auszurichten vermocht. Auch war mancher von uns körperlich nicht in der Lage, die Strapazen auszuhalten. Ein Herr von uns war gefallen, ein anderer hatte sich nach völligem Zusammenbruch seiner Nerven neben seiner Maschine in einem Anfall geistiger Umnachtung erschossen. Bei einem nächtlichen Sturz in ein Granatloch war mein Motorrad derart auseinandergeraten, dass es einer gründlichen Reparatur in Straßburg unterzogen werden musste. Nachdem ich die Maschine etwa 15 Kilometer im Schweiße meines Angesichts schiebend nach rückwärts gebracht hatte, trieb ich einen leeren Wagen auf, dessen brave Zugtiere mich von meinen Beschwerden erlösten.

Nach Beendigung der Reparatur erfuhr ich in Straßburg, dass die Division, der ich zugeteilt war, inzwischen nach Belgien verladen worden wäre. So begab ich mich denn teils mit der Bahn, teils mit dem Motorrad nach R. Dort teilte man mir mit, dass man den jetzigen Standort der Division nicht wisse, ich könnte aber auch bei einem Kraftwagenpark an Ort und Stelle bleiben, wenn ich Lust dazu hätte. Ich blieb nun fast einen Monat in R.

Bei meinem Aufenthalt in Belgien hatte ich Gelegenheit, mit Fliegeroffizieren zu verkehren; einmal durfte ich sogar einen Flug als Beobachter mitmachen. Da erwachte meine Begeisterung für die Fliegerei von neuem. Ich bemühte mich deshalb schon in Belgien, zu einer Fliegerabteilung zu kommen, leider ohne Erfolg. Als dann die Verträge der freiwilligen Motorradfahrer aufgelöst wurden, kehrte ich kurzerhand nach der Heimat zurück, mit der festen Absicht, mich bei einer Flieger-Ersatzabteilung zu melden.

Aber trotz Empfehlungen war es nicht leicht, sofort anzukommen. Es herrschte damals großer Andrang bei den Flieger-Ersatzabteilungen; besonders zahlreich meldeten sich aktive Offiziere und Unteroffiziere, die den Vorrang hatten. Monatelang hätte ich deshalb warten müssen, bis ich Annahme gefunden hätte.

Da bot sich mir ein Ausweg. Ich hatte erfahren, dass fertig ausgebildete Flieger sofort eingestellt würden und erkundigte mich deshalb bei den Ottowerken in München, ob ich hier ausgebildet werden könnte. Ingenieur Gustav Otto zeigte in entgegenkommender Weise Verständnis für meine Pläne. Und so sah ich Ende 1914 meine dringendsten Wünsche erfüllt: ich war Flugschüler bei den Ottowerken in München.

Kreuz wider Kokarde

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