Читать книгу Psychologie in der Heil- und Sonderpädagogik - Erwin Breitenbach - Страница 18
2.6 Ethische und rechtliche Bestimmungen
ОглавлениеEs existiert kein spezifisches Gesetz zu den Pflichten und Rechten des Diagnostikers und die Anwendung von Testverfahren ist nicht explizit gesetzlich geregelt. Nur ansatzweise findet sich gelegentlich eine entsprechende Regelung in einem Landesschulrecht, aber dessen ungeachtet sind eine Reihe rechtlicher oder gesetzlicher Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Diagnostizieren relevant.
Der Umgang mit diagnostischen Daten und Informationen unterliegt, so Rentzsch und Schütz (2009), beispielsweise der Verschwiegenheitspflicht und den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes, wonach die Daten vor dem Zugriff Dritter zu schützen sind, Daten nur mit der Einwilligung der Betroffenen oder ihrer gesetzlichen Vertreter weitergegeben werden dürfen und die Betroffenen selbstverständlich das Recht auf Einsichtnahme in die diagnostischen Daten besitzen.
Ebenso unterliegt jeder Diagnostiker der Sorgfaltspflicht, was bedeutet, dass nur derjenige diagnostisch tätig werden darf, der eine qualifizierte Ausbildung durchlaufen hat und deshalb über die erforderlichen fachlichen Kompetenzen verfügt. Gegen die Sorgfaltspflicht verstößt auch ein Arbeitgeber oder Vorgesetzter, wenn er psychologische Diagnostik an Unqualifizierte delegiert und eine solche Delegation an Unqualifizierte kann, nach Friedrichs (2006), durchaus als fahrlässig oder grobfahrlässig eingestuft werden. Die meisten einschlägigen Verlage haben aus diesem Grund eine freiwillige Vertriebsbeschränkung für psychologische Tests eingeführt, die den Zugang für Unbefugte erschweren oder gar verhindern soll. Die Anbieter legen in diesem Zusammenhang vertraglich fest, dass psychologische Tests nur von fachlich qualifiziertem Personal, insbesondere Diplom-Psychologen, erworben und angewendet werden sollen.
Schließlich stellt, so Friedrichs (2006), die psychologische Diagnostik häufig einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eines anderen Menschen dar, der nur durch eine entsprechende Einwilligung gerechtfertigt ist. Eine solche Einwilligung des Betroffenen setzt implizit eine Qualifikation des Diagnostizierenden für seine Tätigkeit voraus. Denkbar wäre, dass ein Betroffener, hätte er um die mangelhafte Ausbildung des Untersuchers gewusst, seine Einwilligung nicht erteilt hätte. Für Friedrichs (2006) sind in diesem Zusammenhang auch mögliche Haftungsansprüche zu bedenken. Mitteilungen von Diagnosen und Untersuchungsergebnissen können z. B. bei manchen Menschen ein Trauma auslösen, das mit einem erheblichen finanziellen Schaden einhergeht. Stellen sich dann die mitgeteilten Testergebnisse und Diagnosen auch noch als falsch heraus, kann die Haftung empfindlich bis existenziell werden.
Jäger (2006) verweist auf allgemein- und berufsethische Bedingungen, unter denen ein diagnostischer Prozess ablaufen sollte, die in folgenden Anfragen an Diagnostiker zum Ausdruck kommen: Genügt das diagnostische Vorgehen wissenschaftlichen Kriterien? Wo wird eine Fragestellung angegangen, die mit den derzeitigen Methoden der psychologischen Diagnostik nicht zu beantworten ist? Wo kollidiert das konkrete Handeln mit den Ansprüchen und Erfordernissen der eigenen Berufsethik?
Letztendlich wird in den KMK-Standards zur Lehrerausbildung im Kompetenzbereich »Beurteilen« festgelegt, dass Lehrkräfte ihre Beurteilungsaufgaben gerecht und verantwortungsbewusst ausüben, indem sie z. B. Leistungen von Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe erfassen und bewerten (Paradies, Linser & Greving 2007).