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1.1 Wikipedia als Online-Enzyklopädie und diskursiver Raum
ОглавлениеDie Wikipedia ist nicht nur ein kontrovers diskutiertes Nachschlagewerk, das vielen im Alltag zur ersten Orientierung dient, sondern mit über 40 Millionen Artikeln in rund 295 Sprachen auch die größte (Online-)Enzyklopädie weltweit. Monatlich greifen 500 Millionen Nutzer auf ihre Inhalte zu und Tausende ehrenamtlicher Autoren erweitern die Wikipedia kontinuierlich.
Die Erfolgsgeschichte der Wikipedia begann 2001 mit der Idee des Gründers Jimmy Wales, der sich fragte: „Was wäre, wenn das gesamte Wissen der Menschheit frei zugänglich ist?“ (Wikimedia e.V. Deutschland 2011: 9). Zwischenzeitlich liegt Wikipedia auf Rang 5 des Alexa-Rankings und ist somit eine der erfolgreichsten digitalen Plattformen weltweit („The top 500 sites on the web“1) noch vor dem sozialen Netzwerk Twitter (Rang 10).
Rund 17 Jahre nach ihrer Gründung verzeichnet die Wikipedia auch zahlreiche Artikel zu aktuellen Ereignissen oder prominenten Personen, die auf ein besonders großes Interesse stoßen: So wurde die Wikipedia-Seite zu Donald Trump in der englischen Wikipedia allein im Januar 2017 mehr als neun Millionen mal aufgerufen.2 Zu vielen dieser Artikel in der Wikipedia gibt es hypertextuell verknüpfte Diskussionsseiten, die den Autoren die Möglichkeit geben, die Ausgestaltung der Einträge, aber auch den Prozess der kollaborativen Wissensproduktion zu thematisieren. Die Online-Enzyklopädie ist somit nicht nur als eines der erfolgreichsten Projekte im Social Web zu verstehen, sondern auch als sozialer Raum zu deuten, in dem Wissen sprachlich von vielen Akteuren ausgehandelt wird.
Ein Grund für die frequente Nutzung der Wikipedia ist sicherlich auch, dass sie in der Suchmaschine Google oftmals unter den ersten Treffern zu finden ist, wie Spoerri bereits in der frühen Phase der Wikipedia feststellen konnte: In einer Fallstudie fand er heraus, dass bereits 2007 rund 96 Prozent der Einträge in seinem Sample an Wikipedia-Artikeln unter den sieben ersten Google-Treffern zu finden waren (Spoerri 2007: o.S.).
Bei einer Befragung deutscher Internetnutzer antworteten vier von fünf der rund 1000 Befragten, dass sie Wikipedia nutzen. Auch das Vertrauen in die Qualität der Wikipedia ist relativ hoch: Von den befragten Wikipedia-Nutzern stimmten 67 Prozent der Aussage zu „Die Inhalte der Artikel sind meistens verlässlich“. Weitere zwölf Prozent der Wikipedia-Nutzer hielten die enzyklopädischen Inhalte der Wikipedia für „immer verlässlich“.3
Ausschlaggebend für den Erfolg der Wikipedia ist sicher auch das große Spektrum an Themen, das dort enzyklopädisch dokumentiert wird. Die im Folgenden überwiegend betrachtete deutsche Sprachversion belegt – bei Betrachtung der Artikelzahl – mit ihren rund 2,18 Millionen Artikeln Platz vier der Liste der größten Sprachversionen. Angeführt wird die Liste von der englischen Sprachversion mit 5,65 Millionen Artikeln, gefolgt von der Sprachversion in Cebuano4 (5,38 Millionen Artikel) und der schwedischen Sprachversion (3,78 Millionen Artikel). Anzumerken ist jedoch, dass es große Unterschiede zwischen den Sprachversionen gibt: In der cebuanosprachigen Wikipedia etwa werden 99 Prozent und in der schwedischen Wikipedia 58 Prozent der Bearbeitungen von Bots durchgeführt, wohingegen in der englischen Version nur neun Prozent und in der deutschen Version lediglich zehn Prozent der Bearbeitungen durch Bots erfolgen. Vor allem in der Cebuano-Version sind viele Artikel kurze bot-generierte Übersetzungen aus anderen Sprachversionen.5
Die Sprachversionen unterscheiden sich jedoch nicht nur durch den Anteil maschinell erzeugter Textpassagen. Es gibt auch große Unterschiede bezüglich der Seitenaufrufe, die die einzelnen Sprachversionen aufweisen können und die deren Relevanz und Reichweite belegen: Die englische Sprachversion wird 4,5 Millionen mal, die deutsche Sprachversion 640000 mal pro Stunde aufgerufen. Die schwedische Version hingegen nur 34500 mal, die Version in Cebuano sogar nur 1270 mal pro Stunde.6