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5 Vom Vögeln und anderen Flugobjekten

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Auf den Schreck brauchte ich erst einmal ein Schlückchen Spirituelles. Nachdem ich Thomas den Verwöhner abgewimmelt hatte (mir war überhaupt nicht mehr nach Verwöhnung), rauschte ich schnurstracks nach Hause und an meine Hausbar. Ich öffnete die Küchenschranktür neben Igor, dem Kühlschrank, wo ich die harten Sachen und das Hamsterfutter aufbewahrte.

Erschrocken musste ich feststellen, dass ich zwar noch über jede Menge Hamsterfutter, aber nur noch über einen Viertelliter Eierlikör verfügte, der schon vor Monaten in Igors Obhut gehört hätte. Für diese gelbschleimige Soße war meine Verzweiflung nicht stark genug. Wie wohl die meisten Menschen verwende ich Eierlikör allerhöchstens zum Backen – wenn ich Proteine und Alkohol kombinieren will, esse ich lieber eine Bierwurst. Außerdem befand sich hinter meiner Küchenschranktür noch eine Riesenflasche Wodka für den Pfirsich-Eistee, in welcher der Wodka leider noch genau zwei Millimeter hoch stand. Den trank ich direkt aus der Flasche. Besser als nichts.

Danach riss ich mich am Riemen und rief Tom an. Also den, der eigentlich mit mir zusammen ziehen hatte wollen, anstatt mir das Hirn herauszubumsen. Er freute sich, von mir zu hören. Stotternd erzählte ich ihm von meiner Verwechslung, was etwas schwierig war, weil ich mich dadurch als ziemliches Luder offenbarte. Glücklicherweise lachte er nur.

„Ich muss schon sagen, das mit dir war die äh, herzlichste Begrüßung, die ich auf Wohnungssuche jemals erlebt habe. Aber mach dir mal keinen Kopf. Hey, das kann doch mal passieren! Mensch, in anderen WGs sind die Leute seit zwanzig Jahren verheiratet. Die wissen gar nicht, dass sie eigentlich nur noch Mitbewohner sind. Da ist es doch besser, wir hatten den ganzen Quatsch mit dem Poppen schon zu Anfang auf dem Tisch. Oder?“

Wo er natürlich Recht hatte. Ich war so erleichtert, dass ich ihn direkt fragte, ob er nicht trotzdem bei mir einziehen wollte. „Ich verspreche dir auch, nie wieder mit dir zu füßeln. Oder dir was von meiner fehlenden Unterhose zu erzählen.“

Das sei eigentlich schade, meinte Tom belustigt. Er hatte selbst die Idee, sich das Zimmer noch mal bei Tageslicht anzusehen, „ganz unvoreingenommen“.

Das kann doch mal passieren. Tja. Trotzdem bat ich nach dem Telefonat Freddy, ebenfalls vorbei zu schauen. Etwas weibliche Unterstützung würde nicht schaden.

„Und bring Wodka mit“, bat ich sie.

Sie versprach mir, sich sofort aufs Fahrrad zu schwingen. „Es ist gut, dass du anrufst. Ich muss dir nämlich sowieso was sagen“, meinte sie mysteriös.

Für die knapp drei Kilometer von ihrem Ein-Zimmer-Appartement zu mir brauchte sie weniger als eine Viertelstunde, Zwischenstopp in einer Tanke zwecks Wodka-Erwerb inklusive. Das war absoluter Rekord für Freddy, die normalerweise nicht durch Pünktlichkeit oder gar Schnelligkeit glänzt. Als sie dann leicht angeschwitzt in der Tür stand, mir wortlos um den Hals fiel und ebenso wortlos eine klare Glasflasche in die Hand drückte, wusste ich auch, weshalb sie so schnell gewesen war. Sie hatte sich nicht geschminkt! Kein bombenfest sitzendes, wasser- wind- und wetterabweisendes Make-Up, kein Lippenstift, kein Kajal, nicht mal ein Hauch von Wimperntusche. Ihre Haare waren ebenfalls so ungemacht wie ein Teenagerbett. Die rötlichen Locken flogen, hüpften und standen in alle Richtungen. Ich war doppelt überrascht. Noch nicht einmal damals in der fünften Klasse hatte ich Freddy jemals ohne Generalüberholung gesehen. Sie ging sogar mit Make-Up zum Sport, deshalb wählte sie auch immer so bombenfeste Kosmetikprodukte. Schminken war das beständigste ihrer zahlreichen Hobbies. Diese „rohe“ Freddy sah aber gar nicht so übel aus. Eigentlich sogar ziemlich gut. Ich finde, stark zurechtgemachte Frauen mit XXL-Brüsten haben immer so etwas RTL-Mäßiges. Hätte ich Freddy aber nie gesagt.

„Was ist passiert?“, fragte ich mitfühlend, als ich sie neben Igor auf einem wackeligen, aber hübschen Metallstuhl postiert hatte und unseren ersten Eistee on the Rocks zubereitete. „Du wirkst so, äh, sportlich.“

Freddy lachte. „Bist du zu Männern auch so überhöflich? Mir kannst du es ruhig ins Gesicht sagen: Du siehst fertig aus. Ich weiß! Das ist meine volle Absicht.“

„Statt fertig hätte ich jetzt vielleicht lieber natürlich gesagt. Aber spuck’s schon aus – warum?“

Meine beste Freundin brauchte einen weiteren starken Eistee, bis sie mit der ganzen Geschichte herausrückte. Es war aber auch starker Tobak. Für mich. Sie selbst überspielte mit ihrer direkten, ironischen Art, wie blöd es bei der Sache wirklich stand.

Seit zwei Jahren lebte sie in einem schicken kleinen Appartement mitten in Schwabing. Ein Jahrhundertwende-Traum mit fast vier Meter hohen Decken, Originalstuck und einem schwarzweiß gefliesten Treppenhaus mit abgetretenen, knarzenden Holzstufen, dabei aber toprenoviert. Die Wohnung im dritten Stock bestand aus einem einzigen, langen Schlauch von Zimmer samt offener Küche, an das sich ein Designerbad vom Feinsten anschloss. Es gab sogar einen kleinen schmiedeeisernen Balkon in einen lauschigen Innenhof hinein, auf dem Freddy im Sommer Cocktailtomaten zog. Wegen der repräsentativen Lage und den entsprechenden Preisen handelte es sich bei den anderen Einheiten fast ausschließlich um Büros, deren Mieter um spätestens achtzehn Uhr in den Feierabend verschwanden. Freddy war also nachts fast allein in dem Gebäude und konnte tun und lassen, was sie wollte. Um den Neidfaktor komplett zu überhöhen, lag die Miete in einem mittleren dreistelligen Bereich, für den man in diesem Nobelviertel ansonsten kein WG-Zimmer betreten durfte.

So eine Wichsvorlage von einer Wohnung bekam man in München eigentlich nur, wenn man ein sagenhaft reicher schwuler Fernsehstar ohne Anhang und Haustiere war. Bei Freddy hatten damals die Brüste genügt. Denn bei dem Vermieter handelte es sich um einen bekannten Sportmanager, der so auf ihre Oberweite abgefahren war, dass er ihr sogar noch einen Job bei seinem Fußballverein in Aussicht gestellt hatte.

Den Job hatte sie abgelehnt, und das rächte sich jetzt. Seit einiger Zeit bedrängte sie der Vermieter mit privaten Details – „ja, wenn du es unbedingt wissen willst, Schwanzfotos waren auch dabei“ – und nun hatte er ganz klar gemacht, wie er sich das Mietverhältnis in Zukunft vorstellte. Entweder, Freddy ließe ihn einmal die Woche in die Wohnung, „um bei meiner Lieblingsmieterin persönlich nach dem Rechten zu sehen“, wie er es nannte. Oder er würde plötzlich irgendeinen Chemiekram in den Zwischenwänden entdecken, was eine sofortige Räumung zur Folge hätte. Er habe da einen guten Freund, der Baugutachter sei.

Ich war entsetzt. Aber Freddy, wieder ganz der fröhliche Panzer, rollte einfach über die Zumutungen hinweg.

„Na ja, alles halb so wild. Erst mal probiere ich es mit der Täuschungs-Strategie. Auf den natürlichen Typ mit Schweißflecken und Pickelchen steht er nicht so, hoffe ich. Deshalb schminke ich mich erst wieder, wenn ich woanders wohne.“

„Hast du denn schon was in Aussicht?“

Freddy beugte sich zu mir und blickte mich ein paar Sekunden verschwörerisch an.

„Schon, ja. Da gibt es eine ziemliche Superbude. Kommt genau zur richtigen Zeit. Ist zwar nicht so cool wie Schwabing, aber von den Schnöseln da hab ich sowieso erst mal genug. In der neuen Bude ist es dafür viel gemütlicher und sozusagen mit Familienanschluss.“

„Ja?“, freute ich mich. „Wo denn?“

„Na, genau hier! Dein zweites Zimmer ist doch jetzt frei“, sagte Freddy. „Prost!“

Ich war so verdattert, dass ich mit ihr anstieß und mein Glas in einem Zug hinunter kippte. Eine WG mit Freddy! Dass ich nicht gleich selbst auf die Idee gekommen war!

„Wir bräuchten uns nie wieder gegenseitig die Mailboxen vollquatschen oder bei unseren Eltern anrufen, wenn wir uns sehen wollen. Du könntest mich darauf aufmerksam machen, wenn mein Busen zu weit raushängt. Und im Gegenzug würde ich deinen Hamster adoptieren und dir immer sagen, wenn dein Outfit zu langweilig ist.“

„Und im Supermarkt um die Ecke würden wir Mengenrabatt auf Eistee kriegen. Das könnte klappen“, murmelte ich. „Das könnte echt klappen.“

„Finde ich auch“, strahlte Freddy. „Aber jetzt erstmal zu dir“, fuhr sie fort. „Du hast vorhin am Telefon gesagt, du brauchst weibliche Unterstützung. Wieso eigentlich?“

„Na ja, weil äh, weil ich auch schon nach einem neuen Mitbewohner gesucht habe. Und eigentlich habe ich auch schon einen gefunden. Er heißt Tom. Du solltest ihn ein bisschen abchecken. Es kann sein, dass ich seine Mitbewohnerqualitäten nicht besonders objektiv beurteilen kann. Ich habe ihn nämlich gestern aus Versehen schon gevögelt. Aber wenn du jetzt bei mir einziehen willst, dann ist das natürlich auch kein Problem. Wir wollten doch schon in der zehnten Klasse eine WG aufmachen. Und dann machen wir das halt jetzt, diesen Tom kenne ich ja noch längst nicht so gut wie dich, ich kann den doch einfach wieder rausschmeißen...“

Bevor ich weiter vor mich hin quatschen konnte, klingelte es. Es war Tom. Er trug ein ausgewaschenes Bandshirt, Bermudas und einen Dreitagebart. Fast wirkte es so, als wollte er auf keinen Fall den Eindruck erwecken, irgendetwas von mir zu wollen. Wir schüttelten uns förmlich die Hand und er drückte mir eine Flasche Wodka als Mitbringsel in den Arm. Lustigerweise war es genau dieselbe Sorte, die Freddy von der Tankstelle mitgebracht hatte. Ich stellte die beiden einander vor, und da passierte es: Sie verliebten sich. Ich konnte die Elektrizität zwischen ihren Körpern geradezu hin- und herspringen sehen. Die Luft prickelte und bitzelte um sie herum wie Mineralwasser. Wahrscheinlich hatten sie die ideal zueinander passenden Genome, und um sie herum tanzte ein ganzer Schwarm theoretischer, unsichtbarer Kinder, die sich schon mal über die perfekte Konstellation ihrer zukünftigen Eltern freuten.

Was dann anfing wie eine Art Flaschendrehen mit Erwachsenen – drei Leute saßen peinlich betreten in einem Wohnzimmer und wussten nicht so recht, was sie sagen sollten – wurde dank Spezial-Eistee zum lustigsten Abend seit Langem. Ich konnte mich nicht mehr erinnern, wann ich zuletzt so befreit gelacht hatte.

„Siehst du, mit Max hätte es das alles nicht gegeben“, stupste mich Freddy zufrieden in die Seite. Wobei sie mit „alles“ in erster Linie meinen neuen Mitbewohner meinte, wie ich ihren enthusiastischen Blicken entnahm. Sie war (wenn auch nicht optisch) in der Flirtlaune ihres Lebens. Tom in seinem gezielt unangestrengten Outfit schien das nicht zu stören. Er wollte weiterhin bei mir einziehen und vereinbarte gleich den kommenden Montag, um seine paar Sachen aus dem Studentenheim zu holen. Er war mit dem Putzplan einverstanden, versprach mir, sich um sämtliche kleinen Renovierungsstaus zu kümmern und spielte sogar freiwillig mit dem Hamster. Das kleine Missverständnis zwischen uns wurde mit keinem weiteren Wort erwähnt und fiel zur allgemeinen Zufriedenheit unter den Tisch. Schwamm drüber.

Um zehn gingen die beiden gemeinsam. Angeblich nur, damit Freddy Tom den schnellsten Weg zur U-Bahn zeigen konnte. Ich hoffte, dass sie ihm hinterher noch den Weg zu ihr nach Hause zeigen würde, damit er wiederum ihrem Vermieter zeigen könnte, wo der Hammer hängt... ein schönes Paar. Ich freute mich für Freddy, und ich freute mich auf Toms Einzug in der kommenden Woche. Wenn sich das mit den beiden so gut weiterentwickelte, würde Freddy in Zukunft wohl noch öfter hier sein, egal ob mit festem Wohnsitz oder nicht.


Die Sache war also noch einmal glimpflich ausgegangen. Ich machte mir einen Feierabend-Eistee und legte mich ins Bett. Am nächsten Tag würde ich ausnahmsweise früh arbeiten müssen. Mein Plan war daher, so lange zu trinken und dabei eine uralte Folge von Desperate Housewives anzusehen, bis ich einschlief. Aber in den paar Minuten, die mein Feierabend-Eistee und Eva Mendes’ superknappes Minikleid brauchten, um mir das Denken vor lauter Bettschwere angenehm unmöglich zu machen, meldeten sich doch ein paar fiese kleine Skrupel unter meinem flotten Stufenschnitt.

Klar, ich freute mich auf den Einzug von Tom und auf den von Freddy sowieso. Wir würden eine nette kleine Familie abgeben. Es wäre immer jemand da, mit dem ich quatschen könnte, und so wie ich Tom einschätzte und Freddy kannte, würde es Igor niemals an Inhalt mangeln. Wir könnten auf dem Balkon grillen, was Max immer wahnsinnig spießig gefunden hatte. Und sogar der arme Hamster hätte endlich genügend Pulliärmel um sich herum, in die er hineinpinkeln konnte.

Aber die spontane Harmonie zwischen Freddy und Tom hatte mir auch noch etwas ganz anderes aufgezeigt: Wenn man mit sich im Reinen war und alle Viere gerade sein ließ, war es durchaus möglich, auch als Mann und Frau mit einem gewissen Interesse am anderen zivilisiert miteinander umzugehen.

Nur in mir herrschte immer noch eine Leere, die sich nur durch Schwänze stopfen ließ. Vor mir breitete sich eine Parade von willigen Männern aus, die an diesen Schwänzen dran hingen und mir bei meinem kleinen Bestätigungsproblem nur zu gern weiterhalfen.

Es war ein Leben wie das von Alice im Wunderland. Kaum war ich durch Schorschis spiegelglatte Oberfläche getaucht, konnte ich überall auf den weißen Hasen treffen. Mit einem Riesenständer. Oder den verrückten Hutmacher – ebenfalls mit einem Riesenständer. Oder die Grinsekatze mit verbotenen oralen Vorlieben. Manchmal fühlte ich mich zwar auch wie ein Elefant im Porzellan-Penis-Laden, aber meistens doch wie Alice im Bumswunderland.


Dann zog Tom tatsächlich ein. Nachdem wir das mit der versehentlichen körperlichen Anziehungskraft gleich zuallererst thematisiert hatten (diese war glücklicherweise von alleine erloschen), waren die Fronten so angenehm geklärt, wie sie zwischen Männern und Frauen nur sein konnten. Friends with ehemaligen benefits sozusagen.

Wir schafften mit Hilfe von Freddy den gesammelten Krempel von Maximilian Emanuel Herzog in ein Lager auf Zeit an der Kreillerstraße. Es wurden siebenundzwanzig Umzugskartons. Die Kosten für das Acht-Quadratmeter-Lager konnte man glücklicherweise so lange schuldig bleiben, bis man das Zeug wieder abzuholen gedachte. Ich würde es einfach dem nächsten Vertreter der Familie Herzog anlasten, der danach fragte.

Ich hatte noch nie einen männlichen Freund gehabt. Angeblich gibt es das ja gar nicht. Aber Tom entpuppte sich als die Idealbesetzung eines männlichen Freundes: Locker, positiv gestimmt, mit einer unerschöpflichen Menge an dämlichen Ideen und genau der richtigen Portion Altklugheit ausgestattet. Auch als Mitbewohner war er erste Sahne. Er putzte klaglos das Bad, und zwar nicht nur Sonntagabend fünf Minuten vor Ablauf seiner Zuständigkeitswoche, sondern immer dann, wenn es nötig war. Er sah den Dreck. Ein Mann, der von selbst bemerkte, wann der Boden gewischt, die Ecken von Staubflusen befreit und das Waschbecken geschrubbt werden wollten! Das musste eine genetische Mutation sein, vielleicht ausgelöst durch Tschernobyl.

Leider musste ich mich von dem Gedanken verabschieden, mit Tom und Freddy glückliche kleine Familie zu spielen. Nicht, dass sie etwas gegen einen gemeinsamen Sonntagsbrunch oder einen kleinen Feierabendausflug gehabt hätten – aber für so etwas fanden sie keine Zeit. Sie bumsten nämlich am laufenden Band.

Anfangs fand ich das ja noch ganz witzig. Ich saß im Wohnzimmer und lackierte mir nichtsahnend die Fußnägel, als der erste gemeinschaftliche Höhepunkt im Zimmer nebenan die Deckenlampe zum Wackeln und die Fensterscheiben zum Klirren brachte. Doch schnell stellte sich ein gewisses Gefühl der Ermüdung ein. Kein Ort der Wohnung war vor ihrem Herumgesexe sicher. Das lüsterne Gestöhne und erhitzte Kreischen verfolgten mich noch bis an die Espressomaschine und auf den Balkon. Und nachdem die beiden überhaupt nichts anderes mehr taten, stundenlang die Badewanne blockierten und ich sie eines Tages auch noch auf dem hässlichen Sofa erwischte, gab ich mich geschlagen.

Mir blieb gar nichts anderes übrig, als mich ebenfalls wieder in den zwischenmenschlichen Nahkampf zu stürzen. Zuhause zu sitzen und dem körperlichen Glück der besten Freunde zu lauschen, machte ungefähr so gute Laune wie niemals von der Reservebank aufstehen zu dürfen.

Ich ließ mich also auch wieder selbst verwöhnen. Zum Beispiel von Thomas, dem Verwöhner, dem ich dann doch noch ein zweites Date gönnte. Er hatte zwar in seinem Profil ziemlich gemogelt: Das superheiße Foto mit den vielen Muckis und Tattoos war schon ein paar Jährchen alt. Mittlerweile waren es zwar sogar noch ein paar mehr Tattoos geworden, aber deutlich weniger Muckis. Die hatten eher dem Speckansatz Platz gemacht, mit dem Thomas seit seinem Abschied aus der Bundeswehr kämpfte. Aber hey, wer war ich, um über so etwas zu richten. Immerhin zeigte sein Profilfoto auch tatsächlich ihn selbst!

Und überhaupt geriet ich wieder in einen wahren Dating-Taumel. Mein Telefon schmatzte nur so von eingehenden Mail-Küssen, dass es eine wahre Freude war. Ich antwortete auf fast alle Anfragen und ich traf mich mit beinahe einem Drittel davon. Die Kerle, die es bis zu einem Date schafften, kriegten mich dann normalerweise auch ins Bett.

Oh ja, ich lernte viel über meinen Marktwert. Und über Schwänze. Sie existierten in so vielen Variationen, wie ich niemals gedacht hätte. Klar, ich wusste schon vorher, dass es dicke und dünne, lange und kurze, krumme, gerade, beschnittene und solche mit Vorhäuten bis zum Knie gab, ich war ja nicht in Teheran aufgewachsen. Aber das wirklich Erstaunliche waren nicht die äußeren Unterschiede, sondern die inneren.

Schwänze haben alle dieselbe Zusammensetzung: Schwellkörper, Harnröhre, Eichel, viele Nervenenden. Vor allem aber Schwellkörper. Ohne die geht nun mal nix. Und so ein Schwellkörper kann in so unterschiedlichen Formaten und Fähigkeiten daherkommen wie es Eissorten in Italien gibt. Gerade die, von denen man es nicht erwartet, sind oft die Leistungsstärksten. Da gibt es recht unscheinbare Schniepelchen, die sich in gigantische Lanzen aus Stahl verwandeln können, und solche, die in steifem Zustand auch nicht größer sind als vorher. Andere, wie der von dem unverschämten Loveboy, werden überhaupt nicht wirklich hart, was man auch tut. Mir persönlich am Liebsten war schnell das Modell „Eher unauffällig mit Überraschungseffekt“. Wie Marathonläufer im Fernsehen. Am Ende gewinnen immer die zähen Drahtigen.

Mittlerweile zog sogar Freddy die Augenbrauen hoch, wenn ich ihr in der Mittagspause meine neuesten Errungenschaften aufzählte. Sie war aber zu höflich, um mich irgendwie in die Schranken zu weisen. Immerhin war sie es ja selbst gewesen, die mir den Floh mit Schorschi und luvjah ins Ohr gesetzt hatte. Doch trotz der Selbstbestätigung und trotz der vielen Orgasmen, die mir all diese Kerle verschafften, blieb immer ein kleines Stückchen Unwohlsein. Jedes Mal, wenn ich von einem Fick nach Hause kam und mich im Spiegel betrachtete, wurde das Stückchen Unwohlsein größer. Ich nannte es Routine. Routine ist im Grunde eine gute Sache, kann aber auch zu schlimmen Unfällen führen, wenn man immer dieselbe Strecke fährt und deshalb vergisst, den Blinker zu setzen. Vor der Frage, ob ich es nicht vielleicht langsam ein wenig übertrieb mit der Herumbumserei, konnte ich mich aber durch einen kleinen Arbeitsunfall erfolgreich drücken.

Die praktischste Dating-App der Welt hat nämlich eine Besonderheit, die sie von allen anderen Dating-Apps unterscheidet: Den Fick-Mich-Radar. Der heißt natürlich nicht Fick-Mich-Radar, sondern luvjah Benutzersuche, aber wozu sollte man andere Benutzer sonst suchen wollen? Wohl kaum zum Briefmarken- Tauschen oder Museumsbesuch. Der Fick-Mich-Radar oder, pardon, die Benutzersuche ist eine Funktion, mit der man schnell mal nachsehen kann, ob sich im Umkreis von einem Kilometer ein paarungswilliges Gegenüber befindet. In so einem Fall wird einem dann auf einer Umgebungsmappe ein hektisch blinkendes rotes Herz angezeigt. Der Radar ist nicht so genau, dass man einzelne Fenster oder gar Stockwerke zuordnen könnte, aber für den richtigen Häuserblock reicht es allemal. Theoretisch wäre es möglich, zu der Adresse hinzurennen und laut schreiend mit den Armen zu wedeln oder sich gleich schon mal die Klamotten vom Leib zu reißen, um den möglichen Bumspartner sofort aus der virtuellen in die reale Beziehungsebene zu locken. Praktisch tut man so was ja doch nicht.

In meiner eigenen Wohnung hatte ich mich noch nie getraut, den Radar anzuschalten. Was, wenn in meiner nächsten Nachbarschaft Dutzende Suchende säßen? Wenn mein eigenes Haus vor hormonell überladenen luvjah-Mitbenutzern überquölle? Ich käme ja nie mehr auch nur bis zum Briefkasten, geschweige denn zum Bäcker oder gar zur Arbeit.

Aber, Stichwort Arbeit, dort war das ja etwas ganz anderes. Wenn man grundsätzlich schon keinen Handyscheiß veranstalten darf, ist die Hemmschwelle eine ganz andere. In einer müßigen Minute in der Umkleide probierte ich den Fick-Mich-Radar also einfach mal aus. Wieder einmal war ich auf meinen eigenen Wecker hereingefallen und saß eine Stunde zu früh in der Klinik. Anstatt mir den fünften Kaffee zu holen oder gar freiwillig eine Überstunde zu leisten, dödelte ich mit Schorschi herum. Aus Jux schmiss ich die Benutzersuche an. Einfach so. In diesem relativ noblen Viertel, mit all den schicken Villen und Anwaltskanzleien rundherum, würde sowieso niemand mit dem Telefon auf Partnersuche gehen.

Es dauerte eine Weile, bis die Daten durch die dicken Betonwände der Klinik drangen, doch dann saß ich kerzengerade vor Schreck: Es gab tatsächlich andere luvjah-Benutzer in der näheren Umgebung, und zwar genau dort, wo ich mich gerade aufhielt! Das hektisch blinkende rosa Herz erschien ziemlich genau über meinem eigenen zentralen Standpunkt. Wie auf einer Schießscheibe. Voll ins Schwarze. Freddy konnte es auch nicht sein, die hatte an diesem Tag, es war ein Montag, frei. Bei meiner Suche hatte ich sowieso nur „Männer“ angetippt. Der andere Nutzer musste sich also direkt hier in der Klinik befinden!

Ein Patient? Ein Besucher, dem ebenso langweilig war wie mir? Der Pförtner? Gar unser Chef? Nein, der war doch glücklich verheiratet. Oder etwa nicht…? Dieses Rätsel durfte nicht ungelöst bleiben. Ich musste wissen, wer das war. Wenn ich sein Profil anguckte, würde er zwar auch meines sehen können, aber das machte nichts. Mein Profil war anonym genug. Außer meinem Alter und meiner Körpergröße würde er nichts erfahren, und in der Kragenweite gab es noch mindestens zwei weitere Schwestern hier.

Sein Profil war leider auch anonym genug. Er nannte sich Rappelvollachtzehn, war 28 Jahre alt und 1 Meter 82 groß. Dazu fielen mir auch mindestens vier Kollegen ein. Hobbies: „Auf Achse sein.“ Das traf auf die meisten Angestellten einer Klinik zu, ob männlich oder weiblich. Wer nicht gern auf Achse war, für den war das hier nichts. Und wenn es doch ein Patient…? Nein, meine Überlegungen würden nicht ausreichen. Kurz entschlossen tippten Schorschi und ich eine Nachricht an Rappelvollachtzehn.

Hey. Ich sehe gerade, dass wir uns gleichzeitig an diesem schönen Ort befinden. Also ich hätte heute noch etwas Freizeit. Du?

Die Antwort kam prompt.

Ich auch. Wann denn?

Öh, jetzt gerade. Die nächste halbe Stunde.

Prima. Das reicht genau für einen Quickie in der Putzkammer im zweiten Stock. Wir treffen uns dort in zwei Minuten!

Oh. So ein Tempo bei der Date-Anbahnung hatte es vermutlich in der ganzen Geschichte von luvjah noch nicht gegeben. Der Fick-Mich-Radar verdiente seinen Namen voll und ganz. Ich ließ Schorschi sinken und kratzte mich im flotten Stufenschnitt. Wollte ich da jetzt wirklich hingehen? Wenn ich die Tür zu dieser Putzkammer öffnete, würde er mich ja sicherlich nicht gleich sofort anspringen. Oder? Aber ich musste einfach wissen, wer das war. Noch hatte ich ja nicht besonders viel herausgefunden außer dem Verdacht, dass es sich doch um einen vom Personal handelte. Wer würde sonst wissen, wo man sich in der Orthopädischen Klinik Nordheide zum Bumsen treffen könnte? Die Putzkammern waren nämlich von innen abschließbar.

Nach ungefähr dreißig Sekunden innerlichen Ringens sprang ich auf, verließ die Umkleide und machte mich eilig auf den Weg in den zweiten Stock. Noch gut neunzig Sekunden, das sollte zu schaffen sein! Ich nahm den Lift, der ausnahmsweise sogar funktionierte. Leider hielt er aber im ersten Stock, um einen Pfleger mit einem Putzeimer einzulassen. Ich fluchte innerlich. Es war ein arroganter Kerl, den wir Schwestern den „heißen Ivan“ nannten. Keine Ahnung, ob er diesen Spitznamen seiner Herkunft oder nur dem rassigen Äußeren verdankte, jedenfalls behandelte er uns Mädels alle etwas herablassender, als es einem Pfleger zustand. Wir grüßten uns kurz. Er drückte ebenfalls auf den Knopf für die zweite Etage, und wir verbrachten die Fahrt schweigend. Im zweiten Stock angekommen, zog er sofort mit seinem Putzeimer von dannen. Mir blieb noch eine Minute, von der ein Großteil für Warten auf freie Bahn draufging. Möglichst unauffällig lungerte ich im Treppenhaus herum und schielte immer wieder durch die Glastür, bis ich im langen Flur niemanden mehr entdeckte. Dann bog ich um die Ecke, flitzte schnell zu der unauffälligen Tür am Ende des Flurs, riss sie auf und schwang mich in eleganter Geheimagenten-Manier hinein, bevor jemand von draußen auf mich aufmerksam werden konnte.

Innen stolperte ich nicht ganz so Geheimagenten-mäßig über einen Putzeimer und wäre der Länge nach auf den ekelig klebrigen Linoleumboden gefallen (ist es ein Naturgesetz, dass die Böden von Putzkammern immer am absolut ungeputztesten von allen sein müssen?), wenn nicht starke Männerarme meinen Sturz aufgehalten hätten. Die starken Arme des heißen Ivan.

„Der heiße Ivan!“, entfuhr es mir.

„Die Ficki!“, entgegnete er nicht weniger uncharmant.

Ich brauchte eine ganze Weile, um den Mund wieder schließen zu können. „Bitte waaas?! Ihr Arsch-Pfleger nennt mich Ficki? Ich glaub, ich hör nicht recht!“

„Na aber mal halblang, junge Frau. Der Name stimmt doch. Du hast dich gerade auf einen Quickie verabredet, Ficki. Mit einem Unbekannten.“

„Ich wollte ja nur wissen, wer du bist. Und du bist ja gar kein Unbekannter, du Blödsack!“

„Wärst du denn gekommen, wenn du gewusst hättest, dass ich es bin?“

„Natürlich nicht! Ich mach’s doch nicht mit einem von euch Pflegern in meiner eigenen Klinik, das wäre ja wie Inzucht im Goldfischteich oder so! Und warum überhaupt der Putzeimer?“

„Alles Tarnung. Hat doch auch geklappt! Nicht mal du hast es gecheckt.“

Beim Versuch, sich zu rechtfertigen, stemmte Ivan sogar die Hände in die Seiten. Putzig. Das blaue T-Shirt, das er unter dem offenen weißen Kittel trug, war dadurch etwas nach oben gerutscht. Und weil Ivan seine weiße Pflegerhose eine Nummer zu groß und sehr lässig unterhalb der Hüftknochen trug, sah ich fast eine ganze Handbreit perfekt angebräunte glatte Haut zwischen T-Shirt und der herauslugenden schwarzen Boxershorts. Das besänftigte mich ein wenig. Ficki.

„Das sehen wir ja gleich, wer hier noch alles kommt“, sagte ich mit ruhiger Stimme und schloss die Tür hinter uns ab. Länger als nötig verharrte ich mit dem Rücken zu Ivan, weil sein Blick so schön in meinem Nacken prickelte. Ich war auch ein klein wenig unsicher, ob er überhaupt noch wollte. Meinte er es tatsächlich ernst mit dem Quickie in der Putzkammer, oder würden gleich seine Kollegen mit der versteckten Kamera hinter dem Schrank hervorspringen? Ich für meinen Teil wollte schon noch. Jetzt erst recht. Der heiße Ivan und ich, eine Viertelstunde Zeit – wo die Peinlichkeit der Enttarnung schon einmal passiert war, konnten wir es doch auch gleich richtig krachen lassen. Wie heißt es so schön: Gelegenheit macht Triebe.

Dann drehte ich mich um. Wir waren immer noch alleine in dem kleinen Raum, keine grinsenden Pflegerkollegen hielten mir die Kamera ins Gesicht. Ich konnte auch relativ sicher sein, dass keine mehr kamen, denn zwischen Wischeimern, Zellstoffvorräten und Chemikalienschrank war nicht viel mehr Platz als in einer Telefonzelle. Die einzige Neonröhre flackerte unregelmäßig. Im Grunde war es hier drin ganz romantisch: Kuschlig warm, blickgeschützt, gedämpftes Licht und ich alleine mit dem schärfsten Mitarbeiter der ganzen Nordheide-Klinik... ganz ehrlich, der Kerl hätte auch als Unterwäschemodel arbeiten können, anstatt Bandscheibenvorfälle durch die Gänge zu karren.

Ivan und ich standen uns gegenüber und belauerten uns eine Weile. Dann brach er das Eis, indem er sich den Kittel und das T-Shirt auszog. Mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre er am Baggersee. Er gönnte mir einen Blick auf seine beeindruckenden Bauch- und Brustmuskeln, bevor er den Arm mit einem nicht weniger beeindruckenden Bizeps um mich legte und mich an sich zog. Ich drückte die Nase gegen seine Schulter, sog seinen holzigen Duft nach Duschgel, Deo und Mann ein und schloss die Augen, während er mit beiden Händen meine Pobacken umfasste. An seiner Bereitschaft gab es nichts mehr zu deuteln, denn durch all die Lagen von Arbeitskleidung presste sich ein immenses hartes Ding an meinen Unterbauch. Wow! Ich presste zurück und rieb mich neugierig an ihm, um die Ausmaße besser einschätzen zu können. Ivan atmete etwas schwerer und knetete inbrünstig meinen Hintern.

„Ich mag deinen Arsch“, flüsterte er. „Von allen Schwestern hier bist du eindeutig die mit dem geilsten Hintern. Aber meinst du nicht, du könntest deinen Kittel auch langsam ablegen?“, raunte er mir ins Ohr. Dabei streifte seine stoppelige Oberlippe mein Ohrläppchen. Sofort lief eine Gänsehaut von dort ausgehend über meine ganze Körperoberfläche. Wie die kreisförmigen Wellen in einem Teich, in den jemand einen Stein geworfen hat.

„Bei uns Mädels heißt das Kasack“, stöhnte ich. „Du bist hier derjenige mit dem Kittel. Oder warst es.“

„Stimmt ja gar nicht, wir nennen das Arbeitsmantel.“ Er musste lachen und trat einen Schritt zurück, um mich begehrlich anzusehen. „Egal wie das heißt, zieh es aus. Jetzt. Bevor ich es dir runterreiße.“

Ich hätte den Kasack ganz gerne angelassen, weil es unmöglich war, ihn sexy aufzuknöpfen. Dazu waren es einfach viel zu viele Knöpfe – zwölf Stück. Um ihn an- oder auszuziehen, wurstelte ich ihn mir normalerweise immer über den Kopf. Die meisten Schwestern machten das so. Aber vor dem heißen Ivan wollte ich möglichst wenig herumwursteln. Also schob ich mir das steife weiße Textil einfach über die Hüften nach oben und hoffte, er würde mir das so als „Ausziehen“ durchgehen lassen. Die aufgebauschten Stoff-Falten des Kasacks lenkten noch dazu ganz prima von meinem Minibusen ab. Glücklicherweise trug ich an diesem Tag meine neue Dessous-Unterhose. Ich schob Ivan mein Becken entgegen und lächelte.

„Guck mal, hab’ sogar extra mein Aufreißerhöschen angezogen.“

„Hast du’s etwa drauf angelegt, an deinem Arbeitsplatz durchgepoppt zu werden?“

„Neeein! Natürlich nicht. Ich mach das immer so, ist rein für’s Ego.“

Dass ich über genau dieses eine Aufreißerhöschen verfügte und sonst nur in Baumwolle unterwegs war, musste Ivan ja nicht wissen. Das hier war ein One-Gelegenheit-Stand. Ivan würde nie wieder in die Verlegenheit kommen, meine Unterwäsche zu bewundern. Prompt ließ er mir das Hochschieben als Ausziehen durchgehen. Mit bewundernswerter Lässigkeit knöpfte er seine locker sitzende Hose auf und holte seinen bereits stocksteifen Schwanz heraus. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Heiliger Wüstensand! Im kalten Neonlicht erstreckte sich eine wahre Monstrosität von Penis vor mir. Sofort fühlte ich, wie meine Klitoris anschwoll und sich mein Eingang neugierig zusammen zog. Ich wurde feucht. Ivans bestes Stück hier war mindestens doppelt so lang und breit wie das von Max.

„Achtzehn Zentimeter“, erklärte Ivan stolz.

„Ja, da kann sich manch einer schon mal ein Scheibchen abschneiden“, sagte ich. Im selben Moment wurde mir bewusst, was das für ein ekliger Satz war, gerade in einer Klinik. „Ich meine, da sind bestimmt viele neidisch“, ergänzte ich hastig.

„Aber sicher.“ Ivan grinste wohlgefällig. Mir fiel auf, dass er die ganze Zeit meinen Mund anstarrte. „Probier doch mal aus, ob du ihn ganz reinkriegst.“

Das wollte ich tatsächlich gerne wissen. Ich ging vor ihm auf die Knie und nahm ihn hungrig zwischen die Lippen. Oh je, der war nicht nur extrem lang, sondern auch sehr dick! Es war anstrengend, die Zähne so weit auseinander zu halten. Trotzdem machte es Spaß, das Blasorchester mal auf so einen Baumstamm los zu lassen. Eigentlich hätte ich gar nicht saugen müssen, weil sich durch die enorme Präsenz des guten Stücks fast von alleine eine Vakuumwirkung bildete. Ich lutschte trotzdem, so gut ich konnte, machte eine durch den Platzmangel etwas eingeschränkte Zungengymnastik und kitzelte dabei mit beiden Händen seine Eier, bis Ivan sich atemlos aus mir zurückzog.

„Warte“, keuchte er. „Du willst doch noch einen zweiten Gang, oder?“

Es rumpelte. Ivan hatte den Putzeimer umgekickt und schob ihn mit der Öffnung nach unten an die Wand wie einen Hocker. Er legte seine großen Hände auf meine Hüften und zog mich an sich. Die achtzehn Zentimeter bohrten sich kurz bedrohlich gegen meinen Bauch, doch er hob mich hoch wie eine Puppe. Vorsichtig stellte er mich auf den umgedrehten Putzeimer.

„Dreh dich um“, forderte er, und ich tat es atemlos. Schon alleine, weil ich mich so besser an der Wand abstützen konnte. Ivan trat eng hinter mich. Statt mich zu küssen, ließ er nur seine Lippen an der Seite meines Halses entlang wandern und biss mich leicht in die nackte Schulter. Da war es um mich geschehen. Ich konnte ein entzücktes Wimmern nicht mehr unterdrücken. Ivan war gewandt genug im Umgang mit Frauen, um zu wissen, was das bedeutete. Er kannte seine Wirkung. Ich fröstelte sogar in der stickigen Hitze der kleinen Kammer, und er zog mir mit leisem, kehligem Lachen das Höschen über die Pobacken herunter.

Ich war mehr als feucht genug. Es triefte schon fast, als er mich mit seiner glatten, prallen Eichel berührte. Geschmeidig drang er in mich ein. Das war eindeutig der größte Schwanz, mit dem ich es jemals zu tun gehabt hatte, und es erstaunte mich, dass ich ihn problemlos aufnehmen konnte. Ein bisschen drückte es, aber das vorherrschende Gefühl auf meiner Seite war Lust. Als er ganz in mir versenkt war und mit genüsslichen Stoßbewegungen begann, hielt ich es nicht mehr aus. Unmöglich konnte ich mich vom größten Schwanz meines Lebens durchficken lassen, ohne mich dabei komplett zu verwöhnen. Ich schob eine Hand unter mich und rieb mit schnellen Bewegungen meine angeschwollene Perle. Weil der breite Schaft meine Schamlippen so weit aufspaltete, lag sie frei und war leicht zugänglich. Bald fühlte ich den Höhepunkt näher und näher kommen, und als Ivan immer härter stieß und meine Hüften mit stählernem Griff umklammerte, war es um meine Selbstbeherrschung geschehen. Ich fiel beinahe von meinem Eimer, als wir beide lautstark kamen.

Gleichzeitig gab die flackernde Neonröhre mit einem Knall ihren Geist auf. Plötzlich herrschte vollkommene Schwärze in der Putzkammer, nur ein winziger Streifen Licht drang von draußen durch den Türspalt und bewies, dass es überhaupt noch eine restliche Welt gab.

„Warum wolltest du dich eigentlich ausgerechnet hier mit mir treffen und nicht im Wäscheraum im Keller?“, fragte ich noch, bevor wir die Putzkammer wieder verließen. Ich hatte das Sperma notdürftig mit einem Tempotaschentuch aufgetrocknet und mich, soweit das im Dunkeln möglich war, wieder arbeitsfähig gemacht. „Der Wäscheraum wäre doch viel bequemer gewesen.“

„Weil man immer seine Spuren verwischen sollte“, antwortete Ivan etwas kryptisch und bestätigte damit meine Annahme, dass er nichts anbrennen ließ. Ich war bestimmt nicht die erste und auch nicht die letzte Klinikangestellte gewesen, die in den Genuss seiner achtzehn Zentimeter gekommen war.


Es ist erstaunlich, wie viel Power guter Sex verleihen kann. Obwohl es nur ein Quickie und durchaus nicht völlig unanstrengend für mich gewesen war, war ich längst nicht so geschafft wie nach einer der ewig langen Aktionen mit Max immer. Sicherlich lag auch viel an der Tatsache, dass es der heiße Ivan gewesen war, nach dem sich heimlich alle meine Kolleginnen verzehrten. Aus der Bumserei mit ihm hatte ich nicht nur Lust, sondern auch Energie gezogen. Durch den restlichen Arbeitstag flog ich nur so, wenn ich auch innerlich etwas aus der Spur geraten war. Ich bezog die Betten meiner Station in Rekordzeit, wobei ich immer daran dachte, was man auf diesen Betten alles so veranstalten könnte, wenn nicht immer diese lästigen Patienten drauflägen. Aber ich war so gut drauf, dass ich den lästigen Patienten einfach nicht böse sein konnte. Nicht nach den achtzehn Zentimetern!

Ich war sogar zu dem arroganten alten Herrn nett, der jetzt mit einem Beckenbruch im ehemaligen Zimmer der El-Fayyad residierte und dem angeblich eine der größten deutschen Technikfirmen gehörte. Seine genaue Patientenakte war für uns tabu. Für uns Schwestern und die Pfleger war er nur „der Herr S.“ Den Beckenbruch hatte sich der Herr S. beim Golfen geholt, und nun durfte er sich für sechs Wochen nicht bewegen. Das ist bei Brüchen in dieser Körperregion so üblich. Man kann einem ja schlecht den ganzen Arsch eingipsen. Da gibt es selbst in einer Spitzenklinik wie unserer bei allem medizinischen Fortschritt keine Alternative – wer sich den Allerwertesten bricht, muss sich einfach so lange hinlegen, bis alles wieder zusammen gewachsen ist. Die Klinik ist dann nur dazu da, den Heilungsprozess zu überwachen. Großartig unterstützen können wir ihn nicht.

Der alte Herr S. allerdings dankte uns Schwestern nicht wirklich dafür, dass wir bereit waren, ihn sechs Wochen gepflegt herumliegen zu lassen. Er war nicht direkt unfreundlich, aber extrem wortkarg, misstrauisch und grundsätzlich schlecht gelaunt. Meiner Meinung nach hätte er sich auch einfach zuhause in seiner Villa hinlegen können, denn einer wie er verfügte sicher über genügend Personal, um alle Viere in der gewohnten Umgebung gerade sein zu lassen. Nichts war ihm gut genug, weder das Essen noch der Kaffee, obwohl wir ihm extra eine spezielle italienische Espressomaschine aus seinem Privatbesitz ins Zimmer gestellt hatten. Eine Spezialanfertigung der Rancilio Silvia mit eingraviertem Familienwappen und vergoldetem Tassenwärmer. Sozusagen die protzige große Schwester von meinem Wolfgang.

In meiner nicht enden wollenden Doofheit hatte ich das zu Anfang seines Aufenthaltes auch noch ausgeplaudert. Ich hatte ihm gesagt, ich wäre eine Art Hobby-Barista. Seither wollte der Herr S. nur noch von mir betreut werden, weil angeblich niemand sonst mit dem edlen Maschinchen umgehen konnte. Ich durfte ihm dann einen Espresso nach dem anderen zubereiten, pünktlich zu jeder vollen Stunde einen, aus ganzen Bohnen, die immer frisch gemahlen werden mussten. Wenn ich frei hatte und an meiner Stelle jemand anderer die heilige Silvia bediente, gab es nur Ärger. Meine Kolleginnen hatten mir erzählt, dass er sogar einmal einen Notizblock nach Vroni geworfen hatte, weil sie den Milchaufschäumer zu weit nach vorne gebogen und den falschen Knopf gedrückt hatte.

Aber mir gegenüber taute der Herr S. langsam auf. In den letzten Tagen hatten wir uns beinahe ein wenig angefreundet. Er sah mich wohl als eine Seelenverwandte in Sachen Espresso. Normalerweise lag er nur schlecht gelaunt da und starrte auf sein superteures Notebook, doch wenn ich hereinkam, legte er das Ding weg. Während er sein Tässchen schlürfte und ich die Maschine ein bisschen polierte, teilte er sogar sein Fachwissen mit mir. Welche Bohnensorte auf welchem Boden die besten Ergebnisse brächte, wie man Kaffeebohnen am besten pflückte und zu welcher Jahreszeit man diese Bohnen dann trocknen und verschiffen sollte, damit sie in nahezu unveränderter Qualität bei uns einträfen.

„Ja, ja, den Kaffee-Anbau muss man leider am anderen Ende der Welt betreiben. Da genügt die deutsche Tüchtigkeit nicht. Das können nicht einmal die Schweizer“, seufzte er gerne.

An diesem Tag war aber alles anders als sonst. Nachdem ich mit einem fröhlichen „Guten Morgen, Herr S.!“ das Zimmer betreten und die Fenster zum Lüften geöffnet hatte, wollte ich gleich die Kaffeemaschine einschalten. So konnte sie schon etwas warm werden, während ich mich um die Tablettenkontrolle und die Cortisonspritze kümmerte.

Doch als ich mich summend zur heiligen Silvia wandte und die Hand nach ihr ausstreckte, zischte mich ihr Besitzer an.

„Finger weg!“

Ich war ganz verwirrt. „Haben Sie denn heute keine Lust auf Kaffee, Herr S.?“

„Doch“, entgegnete er mit verschlossener Miene. „Aber von so einer Drecksschlampe wie Ihnen will ich gar nichts mehr annehmen. Ich möchte, dass Sie mir nie wieder unter die Augen treten. Und jetzt raus mit Ihnen, aber sofort!“

Sein Wunsch war mir Befehl. Ich verließ das Zimmer und marschierte leicht verstört zur Stationsleitung, die an diesem Tag Astrid innehatte.

„Der Herr S. will mich nicht mehr sehen und sofort von jemand anderem bedient werden. Ich weiß zwar nicht, warum ich in Ungnade gefallen bin und er mich plötzlich als Drecksschlampe bezeichnet, aber vielleicht fällt dir ja jemand Neutrales ein. Jemand, den er bisher noch nicht zusammengefaltet hat.“

„Puh, wird schwierig mitten in den Pfingstferien“, seufzte Astrid,ruckelte an ihrer Lesebrille und wandte sich dem Dienstplan zu. „Ah, wir haben Glück. Der Ivan hat heute noch Kapazitäten.“

Oh ja, dachte ich und ging schmunzelnd davon. Die hat er allerdings. Aber vielleicht nicht mehr ganz so viele wie vor zwei Stunden...

Ich arbeitete in anderen Zimmern der Station weiter und dachte mir erstmal nicht viel dabei. Jeder hat mal einen schlechten Tag, und ich hatte halt mal den vom Herrn S. erwischt.

Doch mit der Zeit schmerzte mich der Gedanke an das verlorene Vertrauen immer mehr. Besonders weh tat die Enttäuschung, die ich in den Augen von Herrn S. gesehen hatte. Ein so feiner, kultivierter Mensch, und der wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Warum denn? Etwa, weil er mir mein unzüchtiges Verhalten in der Besenkammer irgendwie angesehen hatte? Oder gar gehört…?

Oh, oh! Wie mir in diesem Moment siedend heiß bewusst wurde, lag die Besenkammer tatsächlich direkt neben seinem Zimmer. Der Herr S. hatte wahrscheinlich wirklich etwas gehört. Und zwar wie die nette Schwester, die ihm immer den Espresso machte, es sich so richtig besorgen ließ. Gott, wie peinlich! In seinen Augen war ich tiefer gesunken als die Titanic, und das gerade in dem Moment, in dem er mir zaghaft etwas Vertrauen zu schenken begann. Leute wie er waren nicht an die Spitze der Gesellschaft geraten, weil sie so hemmungslos in der Gegend herumvögelten. Leute wie er besaßen etwas, das ich offensichtlich nicht mal mehr vom Hörensagen kannte: Selbstkontrolle.

Ich schämte mich. Darüber würde ich ein bisschen länger nachdenken müssen. Gleich nach der Arbeit radelte ich direkt, noch im Kasack, auf Susi in den Ostpark.

Crazy Love

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