Читать книгу Warum ich tue, was ich tue - Evelin Kroschel-Lobodda - Страница 8
ОглавлениеGeleitwort
Für meine Frau, Dr. Evelin Kroschel-Lobodda, hatte die Suche nach Erkenntnis zeitlebens erste Priorität: vom ersten VHS-Kurs als Dozentin, über das Psychologie- und Philosophiestudium, bis zur Promotion und der bereits parallellaufenden therapeutischen Praxis. Es folgten Jahre in der Wirtschaft, mit der Aufgabe der psychologischen Unternehmens- und Wirtschaftsberatung für Konzerne, mittelständische Unternehmen, Behörden, Gewerkschaften und Betriebsräte.
Diese Suche zog sich als roter Faden kontinuierlich durch ihre Arbeit und war bereits bei ihrer ersten Veröffentlichung »Was passiert in der Psychotherapie?« erkennbar. Auch alle anderen Publikationen, wie ihr Buch Die Weisheit des Erfolgs und diverse Beiträge z. B. für die Zeitschrift GESTALTTHERAPIE oder auch ihre gezielten bzw. systematischen Auftragsarbeiten in der Wirtschaft folgten diesem Prinzip. Sie blieb sich dabei immer treu und lehnte dementsprechend auch Aufträge ab.
Sie setzte sich unter anderem mit den Arbeiten des Psychologen Abraham Maslow auseinander und wollte seine Motivationstheorie, die Bedürfnispyramide, vervollständigen und auf eine qualitativ neue Ebene bringen. Mit ihrem Polarisierungsmodell, der Definition vom Bedürfnis zum Motiv, dem Motivrad, ergänzt durch die Theorie der aus Kränkungen entstehenden Rachedynamik, wird sich mit der Resonanz auf das nun vorliegende Buch zeigen, ob ihr Anspruch in Erfüllung gegangen ist.
Zunächst arbeitete sie praktisch und sammelte Erfahrungen in der Wirtschaft etc., danach begann ihre sehr konzentrierte Forschungsarbeit. Auf der Grundlage ihres systematisch gespeicherten Erfahrungswissens, begann sie mit der Aufarbeitung der diesbezüglich relevanten Weltliteratur: von den Upanishaden, über Homer, Shakespeare, Goethe, Nietzsche, Schopenhauer, Sigmund Freud, C. G. Jung, Thomas Mann bis zum neusten Stand der Gehirnforschung. Neben den universalen Bedürfnissen und den sich daraus ableitendenden Motiven drängte sich auch das Thema ›Der freie Wille‹ in ihren Fokus.
Da ihr die Dimensionen und das Konfliktpotenzial ihrer Arbeit sehr bewusst waren, hatte ihr Anspruch auf Tiefe oberste Priorität, was sie mit zunehmender Erschöpfung bezahlte. Der Vollendung ihrer Arbeit, ihres Lebenswerkes, folgte eine mehrmonatige Krankheit, sie verabschiedete sich leise von dieser Welt und schlief friedlich, fast sorglos, neben mir ein.
Ich habe meine Frau auf ihrem Erkenntnisweg begleitet und teile ihre An- und Einsichten. Neben meiner großen persönlichen Wertschätzung und einer selbstverständlichen moralischen Verpflichtung zur Herausgabe, hat ihr Werk einen besonderen aufklärenden, in diese Zeit passenden Stellenwert.
Dies gilt insbesondere für das zukünftige gesellschaftliche und ökonomische Beziehungsfeld in einer von Egoismen, polarisierenden Interessen und empathieloser Rücksichtslosigkeit geprägten Gesellschaft. Einer Gesellschaft, in der die heranwachsende Generation weiß, dass sie gebraucht wird, dass das »große Fressen« aber bereits ohne sie stattgefunden hat. Angesichts der übermächtigen, sich dynamisierenden Problemfelder braucht diese Generation Verständnis und Unterstützung bei dem Versuch, eine konstruktive Wende herbeizuführen.
Von daher verlangen die Verhältnisse nach Integration der unterschiedlichen Interessen, der freien Entfaltung des menschlichen Potenzials, nach authentischen Persönlichkeiten, universaler Menschenwürde, gegenseitigem Respekt und dem Er- und Anerkennen von Bedürfnissen und Motiven, zuvorderst bei Führungskräften und politisch Verantwortlichen.
Wir stehen am Beginn einer neuen Epoche. Das Alte stirbt, und das Neue ist noch nicht geboren. Statt verantwortungslos zu polarisieren, sollte die Fähigkeit zum Miteinander gewollt, gelernt und praktiziert werden – von der Mikro- bis zur Makroebene. Nicht die Gier, sondern die Balance zwischen Vernunft und Emotion sollte der Grundstock für ein modernes und zukunftsträchtiges Beziehungsfeld sein, mit ausgeglichenen Menschen, Institutionen, Unternehmen und Systemen.
Das Buch könnte die wertvolle Grundlage für eine bessere Ordnung bilden und zu einer kulturellen Erneuerung im engeren ästhetischen wie im weiteren anthropologischen Sinne führen.
Gerd Lobodda