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8. Versteinerte Herzen

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Nachdem ich meine notwendigen Amtsgänge auf dem Rathaus erledigt hatte, entschloss ich mich, Claudias Tipp zu beherzigen und fuhr zur Kalisiedlung. Die Aussicht, unter Gleichaltrigen und angesagter Musik in einer Bar zu bedienen, hatte den Ausschlag gegeben. Das Bourbon konnte demnach nur eine coole Kneipe sein, die nichts Verstaubtes oder Biederes an sich hatte, das hoffte ich zumindest. Dank des gut ausgeschilderten Wegs fand ich bald die Bar, die in dem alten Klinkersteinbau, der früher zu den Verwaltungsgebäuden des Kalisalzbergwerks gehörte, ihren Sitz hatte. Über der rustikalen Eichentüre hing ein Schild, das den Namen der Bar zeigte. Es erinnerte in seiner schwarz-weißen Aufmachung und dem Schriftzug an eine bekannte, traditionelle Whiskeymarke. Scheinbar hatte der Inhaber den Namen nicht aufs Geratewohl gewählt, sondern verfolgte ein durchdachtes Konzept. Neugierig stieg ich die Treppe zum Eingang hinauf und versuchte, die Tür zu öffnen. Leider war sie verschlossen und wie ich dem Schild mit den Öffnungszeiten entnahm, das an ihrer Glasscheibe hing, würde die Bar erst ab sechzehn Uhr öffnen. Enttäuscht machte ich kehrt und wollte zu meinem Auto zurücklaufen, als ich das Klirren von Glasflaschen vernahm. Ich schritt um das Haus herum und entdeckte zwei Männer, die Getränkekisten von einem LKW abluden. Mit Hilfe einer Sackkarre fuhr der eine diese zum Hintereingang hinein, während der andere ein Klemmbrett hervorholte.

Der blonde Mann, der die Kisten ins Haus brachte, musste also ein Mitarbeiter oder gar der Besitzer der Bar sein, weshalb ich auf ihn zuging. Er kam mit der leeren Sackkarre wieder heraus und bestätigte anschließend nach einem prüfenden Blick dem Getränkelieferanten auf dem vorgehalten Klemmbrett die Lieferung.

»Hallo. Entschuldigen Sie die Störung, vielleicht können Sie mir weiterhelfen? Ich suche den Betreiber der Bar«, sprach ich.

»Hallo«, erwiderten die beiden im Chor meinen Gruß.

Der Blonde grinste amüsiert. »Ach ja? Was wollen Sie denn von dem?«

Der Lieferant lachte auf. »Tom, du kannst dem Fräulein bestimmt helfen, ich muss weiter. Wenn du noch was brauchst, ruf an. Ansonsten sehen wir uns nächste Woche wieder.« Er verabschiedete sich mit einem Winken.

»Alles klar. Bis dann«, rief Tom ihm nach und wandte sich dann mir zu.

Er wartete auf meine Antwort und ich musste schmunzeln. Nach der Reaktion des Lieferanten und Claudias Bemerkung, kam mir der Verdacht, dass der gutaussehende Tom der Barbesitzer sein könnte und Spielchen mit mir treiben wollte. Mit seiner hellen Mähne, die ihm bis auf die Schultern reichte und zu einem perfekten Wuschellook gestylt war, erinnerte er mich an den Sänger einer Gruppe, die Joan gerade erst für sich entdeckt hatte: Duran Duran. Täglich spielte sie deren Lieder und geriet jedes Mal in Euphorie, wenn sie ein Foto von dem blonden Bandleader irgendwo entdeckte. War das Zufall, dass Tom die gleiche Frisur hatte wie dieser Simon Le Bon oder legte er es darauf an, wie jener auszusehen? Nach seinem Kleidungstil zu urteilen, war es wohl eher Absicht. Die kleinen goldenen Ohrringe, seine Jeans, das weiße Hemd und die ebenso strahlend weißen Turnschuhen zeigten, dass er auf der momentanen Modewelle voll und ganz mitschwamm. Dass die Kleidung seine breiten Schultern und die schmalen Hüften betonte, war vermutlich genauso ein Kalkül.

»Nun, ich würde gerne mit dem Barbesitzer reden, da ich auf Jobsuche bin«. Ich zog den weiten Mantel enger um meinen Körper.

»Aha«, entgegnete Tom und das charmante Lächeln verschwand aus seinen Zügen. Er inspizierte mich nun kühl und ohne Scheu. »Was schwebt Ihnen denn vor? Bedienen oder Küche?«

Ich hob die Schultern. »Wenn möglich lieber im Service.«

In lässiger Pose stützte er sich auf dem verbliebenen Kistenstapel ab, der auf der Sackkarre stand, und legte den Kopf leicht in den Nacken. »Könnten Sie von neunzehn Uhr bis zirka ein Uhr arbeiten? Auch an Sonn- und Feiertagen? Wir haben keinen Ruhetag und arbeiten im Wechsel.«

»Ich denke, das dürfte kein Problem sein. Meine Tochter ist alt genug, dass ich sie allein lassen kann. Glauben Sie, ich hätte Chancen auf einen Job?«, erwiderte ich mit einem Schmunzeln.

Tom grinste breit und fuhr den Stapel Kisten an mir vorbei ins Haus. »Ich würde sagen, ... wenn Sie mit acht Mark pro Stunde plus Trinkgeld einverstanden sind, haben Sie den Job.«

Ich lachte erfreut auf. »Oh, wirklich?« Ich folgte dem blonden Hünen ein paar Schritte in den Flur.

»Ja«, rief er mir über seine Schulter zu. »Wieso nicht? Ich suche dringend jemanden, der bis Ladenschluss hinter dem Tresen stehen kann, und Sie suchen Arbeit. Wäre doch bescheuert, wenn wir nicht ins Geschäft kämen.«

Er brachte die Kisten in einen Lagerraum, an dessen Tür ich stehen blieb. »Sie sind demnach also der Besitzer des Bourbons

Er drehte sich zu mir um. »Ja, der bin ich, Tom Feldermann. Und Sie sind?«

»Vivien Vanderblant.«

Aufhorchend legte er den Kopf schief. »Vanderblant? Sie haben nicht zufällig Verwandte im Ort?«

Ich zuckte zusammen. Woher kannte der Barbesitzer meine Mutter? Gewiss hatte es sie noch nie ins Bourbon verschlagen.

»Meine Mutter wohnt hier. Woher kennen Sie sie?«

»Ach«, murmelte Tom. »Ich kenne sie nicht. Wir haben bloß viele Gäste aus dem Dorf und da fällt hin und wieder ein Name. Vanderblant ist kein alltäglicher, weshalb ich mich gut an ihn erinnern kann.« Er trat in den Flur und ich wich zurück, damit er das Lager verschließen konnte. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Bar. Vielleicht sagen Sie dann gleich zu.«

Ich folgte Tom in den Gastraum, der an einen irischen Pub erinnerte. Die warmen, dunklen Holzfarbtöne der Inneneinrichtung verbreiteten eine angenehme Atmosphäre. Balustraden grenzten verschiedene Ebenen des Gastraums voneinander ab. Die ausladende Theke verlief in einem Bogen um den Zugang zur Küche. Unzählige Alkoholsorten und Gläser füllten die Regale bis zur Decke. Die auf antik getrimmte Zapfstation blitzte vor Sauberkeit. Auch auf den Tischen spiegelte sich das Licht wider. Der Dielenboden war zwar alt, doch sauber. Nichts wirkte verstaubt oder schmuddelig. Das Bourbon gefiel mir und Tom schien mir ebenso in Ordnung zu sein. Wir einigten uns in Sachen Arbeitszeiten, Lohn und Urlaub, weswegen ich das Jobangebot schließlich annahm. Er gab mir einen Arbeitsvertrag, den ich in Ruhe Zuhause nochmals durchgehen konnte. Der sah vor, dass ich an fünf Tagen in der Woche, von neunzehn Uhr bis Ladenschluss, bedienen oder hinter der Theke aushelfen sollte. Der Job war genau das, was ich gesucht hatte. Denn auf diese Weise konnte ich tagsüber für Joan und meine Mutter sorgen und abends unseren Lebensunterhalt verdienen. Zufrieden fuhr ich nach Hause.

Da meine Mutter von ihren Erledigungen noch nicht zurück war, kam ich jedoch nicht ins Haus. Ich besaß keinen Haustürschlüssel und hatte vollkommen vergessen, sie danach zu fragen. Von sich aus hatte sie mir keinen ausgehändigt und ich bezweifelte, dass sie das jemals freiwillig tun würde. So wartete ich vor dem Haus, bis mir der geheime Platz in den Sinn kam, an dem meine Mutter früher einen Ersatzschlüssel verstaut hatte. Sofort ging ich auf die Suche und fand ihn, wie vermutet, unterhalb des Balkons an der Rückseite des Gebäudes. Ich betrat das Haus über den Hintereingang und machte mich an die Zubereitung des Mittagessens. Bald hatte ich in den Küchenschränken die Zutaten für Spagetti Napoli aufgespürt – Joans Lieblingsmahlzeit – und hoffte, meine Mutter würde meine Initiative gutheißen.

Die Nudeln hatten gerade das perfekte Stadium an Bissfestigkeit erreicht und die Soße war fertiggekocht, als Lennhart mit Einkaufstüten bepackt zur Küche hereinspazierte.

»Oh, sie ist schon da, Sophie«, rief er überrascht in den Flur hinter sich. Ohne zu zögern, stellte er die Tüten auf den Stühlen ab. »Sie wissen schon, dass das ein Herd ist? Vorsicht, er könnte heiß werden, wenn Sie ihn aus Versehen angestellt haben.«

Mit einem dreisten Schmunzeln würzte er seine sarkastische Bemerkung und in seinen dunklen Augen glimmte Interesse. Eins davon, oder auch die Kombination daraus, löste ein wildes Kribbeln in meinem Bauch aus. Was war das? Erschrocken hielt ich die Luft an. So etwas hatte ich das letzte Mal gefühlt als Teenager. Konnte das sein? Nein, das wollte und sollte ich nicht fühlen. Er hatte seine Gemeinheit lediglich als Neckerei getarnt.

Bevor ich mich mit einer gepfefferten Antwort wehren konnte, stand Lennhart neben mir und hing seine lange und zu wissbegierige Nase über die blubbernde Tomatensoße.

»Mmh, das riecht gar nicht mal übel, sondern ausgesprochen appetitlich.«

Sein Arm berührte meinen. Ich wich einen Schritt zur Seite. Lennharts körperliche Nähe verwirrte mich. »Vorsicht«, imitierte ich ihn und grinste dabei süßlich. »Sie klingen fast schon freundlich.«

»Gott behüte, das wollte ich wirklich nicht«, entgegnete er und ich konnte seine Blicke schier auf der Haut spüren, mit denen er mich verfolgte.

Meine Mutter kam zur Tür herein gehumpelt. »Vivien, was machst du da? Und wie bist du überhaupt ins Haus gelangt? Hast du womöglich noch einen Schlüssel?« Sie bedachte mich mit einem unwilligen Schnauben und ließ sich geschafft auf einen Stuhl fallen.

»Ich koche das Mittagessen und zu deiner Beruhigung: Nein, ich habe keinen Schlüssel, doch ich wusste noch, wo du einen für den Notfall verwahrst.«

»Leg ihn bloß wieder zurück. Hörst du?«

»Ja, das mach ich nach dem Essen. Aber sollten Joan und ich nicht einen eigenen Schlüssel bekommen? Ich könnte auch welche nachmachen lassen?«

»Warum? Das ist doch vollkommen unnötig. Ihr werdet sowieso nicht lange hier sein.«

Ich atmete durch. Meine Mutter verstand es wie niemand sonst, einem das Gefühl zu geben, auf ganzer Linie willkommen zu sein.

»Für die Zeit, die wir hier sind, wäre es jedoch sinnvoll. Oder willst du, dass wir ständig vor dem Haus warten müssen? Womöglich halten uns die Nachbarn irgendwann für Einbrecher und rufen noch die Polizei.«

Lennhart Karlson enthielt sich seltsamerweise, aber meine Mutter schnaubte lauter als zuvor.

»Na gut, wie du meinst«, gab sie schnippisch von sich. »Sag mal, was rührst du da eigentlich zusammen? Kannst du denn kochen? Ich kann mich nicht erinnern, dass du es jemals lernen wolltest.«

Das war die Abreibung für meinen davongetragenen Sieg.

»Ich habe es gelernt, Mutter, als ich lange Zeit als Küchenhilfe und Bedienung gearbeitet habe.«

»Hoffentlich hast du Lenn mit eingerechnet. Er isst nämlich immer mit mir, wenn er mich gefahren hat.«

Tatsächlich hatte ich nicht erwartet, dass Lenn zum Essen bleiben würde. Aber da ich ohnehin eine großzügige Menge vorbereitet hatte, ließ ich mir nichts anmerken.

»Niemand wird verhungern.«

In der Zwischenzeit hatte Lennhart angefangen, die Lebensmittel auszupacken und räumte sie ohne Rückfragen in die Schränke ein. Bewunderung, aber auch Neid, ergriffen mich gleichermaßen. Der Mann kannte sich im Haus meiner Mutter besser aus als ich. Auch wurde ihm nichts verboten anzufassen - im Gegensatz zu mir.

»Ich esse zu Hause, Sophie«, tönte Lennhart nonchalant nebenbei. Seine Augen suchten mich für einen verschwiegenen Moment.

»Papperlapapp. Du wirst hierbleiben und mit mir essen, so wie wir es immer gehalten haben«, kam es prompt von meiner Mutter.

Ich zögerte, ihr beizupflichten. Ihr grimmiger Blick, der auf mich gerichtet war, forderte mich nicht nur dazu auf, sondern ebenso meinen Trotz heraus. Dank meines sehnlichen Wunsches, nicht länger von ihr zurückgewiesen zu werden, gelang es mir, eine Provokation herunterzuschlucken. Ich versuchte, Lennhart ein ehrliches Grinsen zukommen zu lassen.

»Ich möchte das innige Verhältnis, das zwischen Ihnen und meiner Mutter herrscht, nicht stören. Bleiben Sie bitte zum Essen.«

Lennhart nickte stumm und Mutter erhob sich mit einem mürrischen Knurren. Sie humpelte zum Küchenschrank und griff nach den Tellern, derweil er sich an mein Ohr beugte.

»Uh, ich wette, das Bitte hat Ihnen fast einen Zacken aus dem Krönchen gebrochen.«

Gelassen wandte ich mich seinem Gesicht zu, das dicht vor meiner Nase schwebte. Seine braunen Augen erinnerten mich wieder an heiße, dunkle Schokolade. »Es wird Sie überraschen, aber weder besitze ich irgendeine Krone noch ist es mir schwergefallen, Sie zum Essen einzuladen.«

Nachdenklich zog er seine Brauen zusammen. Er schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Ts, Frau Vanderblant, es macht keinen Spaß, Sie zu provozieren, wenn Sie nicht darauf eingehen.«

Kommentarlos nahm ich den Nudeltopf und ließ Lennhart Karlson stehen. Ich war es leid, mit ihm im Clinch zu liegen. Meine Mutter kostete mich genügend Kraft. Ich schüttete das Wasser ab und brachte danach die Nudeln zum Tisch. Stumm füllte ich die Teller, die Mutter bereitgestellt hatte. Kaum hatte ich die Soße aufgetragen und mich zu ihnen gesetzt, bemängelt meine Mutter den ersten Bissen.

»Mein Gott, die Soße ist ja völlig fade und die Nudeln noch halbroh. Du hast wohl nicht oft kochen müssen bei deinem Anwalt, was?«

Langsam hob ich den Blick von meiner Mahlzeit. »Doch, Mutter. Warum sollte ich nicht selbst unser Essen zubereitet haben?« Verwundert über mich selbst, weil meine Antwort schroffer geklungen hatte als ich beabsichtigte, schaute ich verstohlen zu Lennhart hinüber. Der linste allerdings nur stumm zwischen Sophie und mir hin und her. Schließlich räusperte er sich.

»Also ich finde es lecker. Die Nudeln sind al dente und die Soße ist nicht versalzen.«

»Letzteres ist auch das einzig Gute daran«, kicherte meine Mutter gehässig.

»Tut mir leid, dass es dir nicht schmeckt, Mutter«, entgegnete ich und schlang hastig meine Spaghetti hinunter, um schnellstmöglich den Raum verlassen zu können. Ohne einen der beiden weiter zu beachten, räumte ich meinen Teller in die Geschirrspülmaschine und die Töpfe zurück auf den Herd. Mein Körper stand unter Spannung, denn ich erahnte ihre Blicke auf mir und die Schadenfreude meiner Mutter, mich gedemütigt zu haben. Eilig zog ich mich in mein Zimmer zurück, öffnete die Fenster und ließ die frische Herbstluft herein. Während ich die Betten machte, hörte ich die Türklingel und kurz darauf zwei Stimmen: Lennhart und Joan, die von der Schule zurückgekehrt war. Ich ging wieder hinunter und fand Joan alleine in der Küche vor.

»Na, mein Schatz, wie war dein Tag?«

»Geht so«, maulte Joan zwischen zwei Bissen. »Ist nicht so toll, die Neue zu sein.«

»Ja, kann ich mir denken«, sagte ich und nahm ihr gegenüber Platz.

»Und, bist du die Klamotten losgeworden?«

»Ja, und nicht nur das. Ich habe auch einen Job gefunden.« Freudig strahlend berichtete ich ihr von Claudia und ihrem heißen Tipp, der mir einen Arbeitsvertrag beschert hatte.

»Wenn du damit einverstanden bist, würde ich die Stelle in der Bar annehmen. Du wärst abends ab sieben Uhr bis nach Mitternacht und auch am Wochenende allein. Wäre das okay für dich?«

»Das ist kein Problem. Großmutter ist ja auch noch da. Ich bin also nicht allein.«

Einerseits fiel mir ein Stein vom Herzen, andererseits ...

»Wir werden aber hier nicht für immer wohnen.« Zerknirscht erinnerte ich sie an unsere unsichere Zukunft.

Joan griff über den Tisch nach meiner Hand. »Mama, mach dir um mich keine Sorgen. Wenn du den Job willst, dann nimm ihn an.«

Ich drückte ihre schmalen Finger, ließ sie los und grinste. »Du bist eine tolle Tochter, weißt du das?«

Sie lachte. »Ja, und du bist eine klasse Mama.«

Ihre Worte heilten ein wenig die Wunden, die die Sätze meine Mutter mir zuvor zugefügt hatten, und ich schmunzelte traurig. »Wo sind eigentlich Großmutter und ihr Freund abgeblieben?«

»Lenn ist gegangen, als ich kam, und Oma wollte einen Mittagsschlaf halten.«

»Du nennst Herrn Karlson beim Vornamen?«, fragte ich überrascht, weil ich meine Tochter gelehrt hatte, nie einen fremden Erwachsenen ohne dessen Erlaubnis zu duzen.

Joan zuckte mit den Schultern. »Er bot es mir an. Ich glaube, er ist eigentlich ganz cool, wenn er nicht gerade auf arschig macht.«

Ich grummelte vor mich hin. »Ich bezweifle, ob er überhaupt anders kann.«

»Du solltest ein wenig netter zu ihm sein. Vielleicht würdet ihr euch ganz gut vertragen.«

Verdrossen lehnte ich mich zurück. »Mal schauen. Er kann einem das Nett-sein ganz schön schwer machen.«

Ein Zucken spielte um Joans Mundwinkel. »Probiere es einfach, Mama.«

Mit einem entnervten Schnauben gab ich mich letztlich geschlagen.

Zimt und Sandelholz

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