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Anmoderation
Оглавление»Heute ist kein ganz normaler Tag. Warum?
Das verrät uns gleich Fabian Vogt von der evangelischen Kirche.
Denn hier ist wieder ›Moment mal!‹…«
So ungefähr klingt das, wenn zwischen entspannter Musik, gut gelaunten Moderatoren, verrückten Quizspielen, Kurznachrichten, Verkehrsmeldungen und viel Comedy die Kirchen auf hr3 dreimal pro Woche für 90 Sekunden ihre Sicht von Gott und der Welt »on Air« präsentieren dürfen. Am Vormittag. Zu einer ziemlich attraktiven Sendezeit. 90 Sekunden lang …
Aber Vorsicht! Täuschen Sie sich nicht: 90 Sekunden können lang sein. Richtig lang sogar. Vielleicht sagen Radioleute ja deshalb lieber 1’30 (»einsdreißig«). Das klingt irgendwie kürzer. Und lässiger. Voilà! Die hier gesammelten Radio-Beiträge dauern in gesprochener Form »einsdreißig«. Eineinhalb Minuten. Genug Zeit, um eine verrückte Geschichte zu erzählen, einen Gedanken gegen den Strich zu bürsten oder auf eine ungewöhnliche Frage neugierig zu machen.
Leider reicht diese Zeit aber auch, um mit einem kurzen Tastendruck einen anderen Sender zu wählen. Und die Hörerinnen und Hörer sind, was das angeht, heute ziemlich schnell geworden. Insofern ist jeder Wortbeitrag im Radio zugleich ein medialer Wettkampf. Gelingt es, die Leute zu »fesseln« – oder zappen sie zur Konkurrenz?
Was ich damit sagen will: 90 Sekunden erweisen sich bisweilen als äußerst intensives und dichtes Erlebnis. (Die meisten Heiratsanträge dauern auch nicht länger. Oder?) Im Radio sind 90 Sekunden jedenfalls eine kleine Ewigkeit. Vor allem in einem schnellen und musiklastigen Programm wie hr3.
Darum möchte ein gelungener Radio-Beitrag so gern ein kleines Gesamtkunstwerksein. Eines, das mit einem guten Einstieg Aufmerksamkeit weckt, die Menschen an den Lautsprechern berührt und ein Thema kurz und knackig auf den Punkt bringt. Diese Kriterien gelten eigentlich für jeden Beitrag. Die kirchlichen Autorinnen und Autoren haben sich aber zudem auf die Fahnen geschrieben, dass ihre Texte von der Liebe Gottes erzählen wollen. Und das in einer einladenden Form, die nicht nur Wohlgesinnten, sondern auch Kirchenfremden oder sogar skeptischen Atheisten Lust macht, sich mit Glaubensfragen zu beschäftigen. Keine leichte Aufgabe.
Dass solche Vorhaben bisweilen schiefgehen, sieht man daran, dass Parodien auf Verkündigungssendungen bis heute zum Lieblingsgenre deutscher Kabarettisten gehören. Wobei die Kritik sich in der Regel weniger an den Inhalten als an der Präsentation festmacht. Spötter sagen: »Einen kirchlichen Beitrag erkennt man sofort am Tonfall.« Und das ist dann selten positiv gemeint.
Nun: hr3 wollte vor einigen Jahren gerne einen regelmäßigen Sprecher für das Konzept »Moment mal« aufbauen. Und die Sendung so weiterentwickeln, dass sie möglichst »formatgerecht« daherkommt, sprich: sich stimmig in den Stil des sonstigen Sendeumfelds einfügt. Deshalb gab es ein ziemlich verrücktes Casting: »Wir suchen jemanden, der wie ein Pfarrer denkt, aber nicht wie ein Pfarrer klingt.« Nun ja, so bin ich bei hr3 gelandet.
Und bis heute ist für mich jedes »Moment mal« eine wahrhaft reizvolle Aufgabe. Regelmäßig sitze ich da und frage mich leicht irritiert, wie man denn zu diesem oder jenem scheinbar abwegigen Thema einen anregenden geistlichen Impuls finden soll. Denn: Die Themen des Tages werden meist von der Redaktion der Welle vorgeschlagen. Tja, dann sagen Sie mal was theologisch Inspirierendes zur Entdeckung des Tuberkelbazillus, zum Todestag von Elvis, zur Einführung des Bikinis, zum Weltschildkrötentag oder zum Tag des Orgasmus (Den gibt es wirklich! Und falls Sie es jetzt vor Neugierde nicht mehr aushalten: Es ist der 9. Mai.).
Außerdem kommen natürlich aktuelle Meldungen dazu, die noch herausfordernder sind: das Erdbeben in Haiti, der Amoklauf in Winnenden oder ein Tsunami. Dann wird das Ringen mit einem Thema richtig existenziell. Bis es irgendwann, manchmal nach einer Minute, manchmal erst nach fünf Stunden, »klick« macht – und plötzlich klar wird, dass in jeder Nachricht auch Evangelium, also eine »gute Nachricht«, steckt. Diese gute Nachricht aus dem Weltgeschehen zu schürfen wie ein Goldgräber die Nuggets aus der Erde ist für mich jedes Mal ein bereicherndes Erlebnis.
Zum Glück bin ich auf dem Weg vom Thema zum sendefähigen Beitrag nicht allein. Heidrun Dörken, die Rundfunkbeauftragte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), prüft jedes meiner Manuskripte sorgfältig – und macht es durch kluge Nachfragen besser. Und wenn Heidrun mal nicht kann, springen Helwig Wegner-Nord, der Leiter des Medienhauses der EKHN, oder Dr. Joachim Schmidt, der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der EKHN, für sie in die Bresche. Allen dreien danke ich für ihre kompetente und freundschaftliche Begleitung.
Aber auch dem Team von hr3 gebührt ein herzliches Dankeschön. Weil Redaktion, Studio-Techniker und Moderatorinnen und Moderatoren dort ein sehr entspanntes Radio-Klima kultiviert haben: eine nette Mischung aus Geschäftigkeit, Aktualität, Coolness und Sendungsbewusstsein. Oder wie es immer wieder heißt: hr3 – macht Spaß.
Der aktuelle Slogan der Welle lautet übrigens: »hr3 – bei drei ist mehr drin.« Und ich finde: Das kann man getrost auch auf die Verkündigungssendungen beziehen. Weil »Moment mal« in den gehobenen Boulevard-Journalismus und das erfolgreiche Unterhaltungsradio eben noch eine ganz andere Perspektive einbringt: die Dimension des Glaubens, die neben aller medialen Konsumfreude den Menschen wieder auf sich und auf Gott verweist. Die vielen Reaktionen von Hörerinnen und Hörern (vor allem per Mail) und die hohen Downloadzahlen zeigen jedenfalls, dass es bei vielen Menschen noch immer und ganz neu ein starkes Interesse an spirituellen Fragestellungen gibt.
Dass diese täglichen Einsdreißig Ihnen den Tag erhellen, wünscht
Fabian Vogt