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DER SCHOTTISCHE PUB – TRINKEN MIT TRADITION

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Livemusik, Bier aus einer lokalen Brauerei und ein wenig Tuchfühlung mit den Einheimischen: Der Besuch in einem urigen Pub ist ein besonderes Erlebnis. Das gilt vor allem für Schottland. Eine große Untersuchung zeigt, warum die schottischen Pubs so einzigartig sind.

Wer in Edinburgh oder Glasgow unterwegs ist, der wird vielleicht Pubs wie die „Central Bar“ oder „The Horseshoe“ entdecken. Diese Pubs sind bekannt für ihren ungewöhnlichen Tresen, Fenster aus buntem Glas, edle Fliesen, Chrom und Stuck an den Decken. Die Besucher, die hier ein Bier bestellen, merken schnell, dass sich in den vergangenen hundert Jahren an den Vorlieben der Kneipenbesucher nicht viel geändert hat. Denn damals wie heute hatte das schöne Interieur vor allem einen Zweck: Es sollte die vorbei schlendernden Gäste zum Einkehren animieren.

Jeder Pub ist anders: Manche der Kneipenwirte oder pub lords haben ihren Laden nach dem neuesten Trend durchgestylt. Andere bevorzugen schrammelige Gemütlichkeit: An den Wänden hängen nostalgische Plakate und Fotos der örtlichen Rugbymannschaft. Die Holzvertäfelung und die Schnitzereien haben Patina angesetzt.

Auf ein Feierabendbier

Stimmengewirr und Gläserklirren ist zu hören, dazu Popmusik aus dem Lautsprecher. Da Publikum ist gemischt. Büroangestellte im Anzug kommen auf eine Feierabendbier vorbei, Studenten machen Pläne für eine ausgedehnte Kneipentour, ein paar Freundinnen begutachten bei einem Pint ihre Shopping-Ausbeute.

Die meisten schottischen Pubs entstanden zwischen den Jahren 1880 und 1910. Ihre Vorläufer waren „taverns“ und „gin shops“. Die Tavernen sahen eher aus wie ein privates Wohnzimmer als eine Kneipe. Sie befanden sich meist in kleinen Seitenstraßen, den so genannten „Closes“, die beispielsweise von der breiten Royal Mile in der Altstadt von Edinburgh abzweigen. In der Wohnzimmeratmosphäre der „taverns“ trafen sich Gäste aller Schichten und Ränge zum gehobenen Gedankenaustausch.

Viele Pubs sind in Originalausstattung zu sehen

Bier wird in Schottland seit 5000 Jahren gebraut, doch mit Anstand getrunken wird es erst seit 130 Jahren. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden genau jene Pubs, von denen Kneipengänger selbst heutzutage dann noch schwärmen, wenn sie schon lange wieder zu Hause sind. Von außen sind die schottischen Pubs oft unscheinbar, doch umso schöner ist die Innenausstattung. Damit dieses Erbe nicht verloren geht, waren Denkmalschützer überall in Schottland unterwegs, um die besten Pubs zu finden und zu dokumentieren. Ein Ergebnis dieser Kneipentour steht bereits fest, sagt Malcom Cooper von Historic Scotland: „Trotz zahlreicher Umbauten lassen sich noch immer sehr viele Pubs mit Originalausstattung in Schottland finden.“

Gin Shops dagegen waren für eilige Trinker, die nur schnell im Stehen ein Glas Bier heben wollten. „Inns“ boten neben dem Ausschank auch Übernachtungsmöglichkeiten an. Und selbst Hotelbewertungen gab es bereits: „Die Betten sind gut, sauber und frei von Wanzen“, schreibt ein zufriedener Gast im Jahr 1755 über eine Übernachtung in Glasgow.

Allerdings war Alkoholsucht schon damals ein großes Problem. Um das ausufernde Trinken in den Griff zu kriegen, wurden Pubs eingeführt, denn dafür brauchten die Betreiber eine staatliche Lizenz und die bekamen sie nur, wenn sie sich an strenge Gesetze hielten.

Viele schottische Kneipen entwickelten daraufhin regionale Besonderheiten, die noch heute sichtbar sind. Statt vieler gemütlicher Ecken und Nischen wie in England bestehen schottische Pubs meist aus einem großen Raum. Damit konnte die Wirte ihre Gäste (und deren Konsum) besser im Blick behalten und eingreifen, wenn es nötig war. Die Raumaufteilung führte aber auch dazu, dass sich Gäste aus allen sozialen Schichten mischten und miteinander in Kontakt kamen. „Es lässt sich generell sagen, dass die schottischen Pubs in der Zeit von Queen Victoria demokratischer waren als in England“ heißt es in der Studie „Raising the Bar“ von der Denkmalschutzbehörde Historic Scotland.

Die Trinkgewohnheiten in England und Schottland unterscheiden sich

In England gab es in den Pubs oft auch eine Wohnung für den Wirt. In Schottland dagegen war es nicht gerne gesehen, dass die Wirte im gleichen Haus wohnten. Vermutlich fürchteten die staatlichen Aufseher, dass die Sperrstunde nicht streng genug eingehalten würde, wenn die Gäste einen Kneipenbesitzer für einen Absacker noch einmal aus dem Bett klingeln konnten.

Außerdem waren die Pubs in vielen schottischen Städten oft wenig auffällig im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses untergebracht und damit von den kleinen Ladengeschäften rechts und links kaum zu unterscheiden.

Auch die Trinkgewohnheiten waren andere. Für die Engländer waren Kneipen ein wichtiger sozialer Treffpunkt. Die Schotten dagegen sahen in den Pubs lange Zeit nicht mehr als einen Verkaufsraum. Viele schottische Pubs nennen sich heute noch „Bar“ (wie etwa Bennets Bar in Edinburgh) und erinnern damit an diese Zeit.

Da die Schotten außerdem lieber härtere Sachen, sprich Whisky tranken, musste anders als in England auch noch Platz für die Whiskyfässer geschaffen werden. Ein besonders schönes Beispiel dafür, wie sich größere Mengen Whisky in einem Pub dekorativ verstauen lassen, ist das Abbotsford in Edinburgh. In vielen Pubs wie dem Feuars Arms in Kirkaldy wurden Extra-Wasserhähne eingebaut, weil die Schotten ihren Whisky nun einmal gerne mit einem Schuss Wasser mischen.

Die schottischen "Pubpaläste"

Der Wettbewerb der Wirte untereinander war hart, und so entstanden um 1900 in den großen Städten wahre Pubpaläste („palace pubs“). Die edle Ausstattung mit Chrom und Holzschnitzereien sowie das Licht, das von zahllosen Spiegeln reflektiert wurde und durch bunte Glasscheiben auf die dunkle Straße fiel, sollten Kunden anlocken. Ein Beispiel dafür ist das Ryrie´s in Haymarket Terrace in Edinburgh.

Ein typischer palace pub ist auch das Cafe Royal. In der Central Bar in Leith von 1899 sind die Wände mit edlen Fliesen verziert. So ist es nicht verwunderlich, dass die Schotten stolz auf ihre Pubkultur sind. „Über die große Mehrheit der schottischen Pubs gibt es jede Menge Geschichten zu erzählen“, sagt Paul Waterson, Chef des Branchenverbands SLTA.


Manche Kneipenbesitzer gingen mit der Zeit und richteten ihre Pubs nach der neuesten Mode ein. Das Portland Arms in der Shettleston Road in Glasgow sowie Frews Bar in der Strathmartine Road in Dundee wurden in den 30er Jahren eröffnet und sind schöne Beispiele für den Art Deco-Stil, der damals modern war. „The Grill“ in der Union Street in Aberdeen ist von 1926 und zeigt, wie die Traditionen aus dem 19. Jahrhundert auf modernere Art umgesetzt wurden.

Alkoholgegner sorgte für eine weitere Variante in der schottischen Kneipenkultur. Sie wetterten heftig gegen die „pub palaces“, die in ihren Augen eine zu große Versuchung vor allem für die „working class“ darstellten. Im schwedischen Göteborg gab es zu dieser Zeit Kneipen, die viel schlichter eingerichtet waren. Dieser Stil wurde nach Schottland importiert. „The Gothenburg Pubs“ setzen sich vor allem in den kleinen Bergarbeiterstädten in Lothian und Fife durch, und die Dean Tavern in Newtongrange sowie das Goth in Armadale sind bis heute erhalten geblieben.

Einer der kleinsten Pubs in Schottland steht in Craigellachie beim River Fiddich. Der Fiddichside Inn ist sehr schlicht eingerichtet. Er stammt aus dem Jahr 1842 und war eine Anlaufstelle für die Arbeiter, die mit dem Bau der Bahnlinie für die Morayshire Railway beschäftigt waren. Ähnlich gut erhalten ist die Railway Tavern in Kincardine. Das Gebäude ist aus dem 18. Jahrhundert und lag direkt an der Route, auf der die Farmer ihr Vieh auf den Markt trieben. Von außen ist der Pub kaum erkennbar. „J Dobie Licensee“ steht auf einem kleinen Stein über der Eingangstür gemeißelt. Das muss als Hinweis reichen, dass dies nicht etwa ein Wohnhaus steht, sondern ein Pub.

Allerdings sorgen sich viele Briten inzwischen um die einheimischen Pubs. Trotz ihres unverwechselbaren Charakters sind viele britische Pubs von Schließung bedroht. Durchschnittlich 18 Kneipen pro Woche sperren auf immer zu.

Diesen Text drucken wir mit freundlicher Genehmigung des Schottland-Magazins.

http://www.schottland.co

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