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PLEITEWELLEN UND AUFSCHWUNG

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Die schottischen Brennereien haben eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Pleitewellen auf Aufschwung wechselten sich ab. Derzeit blicken die Whiskymanager wieder optimistisch in die Zukunft.


Wie viel Whisky trinken die Chinesen in fünf Jahren? Wie entwickelt sich der französische Markt bis 2025? Oder: Werden die Verbraucher rauchigen Whisky in zehn Jahren noch genau so nachfragen wie heutzutage?

Solche Fragen stellen sich die Manager in den schottischen Destillerien. Denn ihr Whisky lässt sich nicht von heute auf morgen herstellen und verkaufen. Mindestens drei Jahre dauert es, bis der Whiskyausgangsstoff „Spirit“ im Fass gereift ist und sich überhaupt Scotch Whisky nennen darf. Doch die meisten Whiskys werden nicht schon nach drei Jahren auf den Markt gebracht, sondern bleiben weitere fünf, zehn, manchmal 20 Jahre in den Lagerhäusern der Brennereien.

Daher ist das Whiskymachen ein Geschäft mit der Zukunft. Dem langen Warten stehen umfangreiche Investitionen in Produktionsanlagen oder sogar in den Bau neuer Brennereien gegenüber. Solche teuren unternehmerischen Entscheidungen verlangen von den Managern manchmal fast hellseherische Fähigkeiten - und das geht auch mal gehörig schief.

„Boom and Bust“

Der Boom und der Niedergang gehören daher im Whiskygeschäft zusammen. Rückblickend erlebte die Industrie in den vergangenen 150 Jahren zwei Mal einen gehörigen Boom und ebenso große Pleitewellen.

Der erste große Boom setzte im späten 19. Jahrhundert ein, als die Nachfrage nach Blended Whisky sprunghaft anstieg. Neue Produktionsanlagen wurden gebaut und nicht weniger als 33 Brennereien wurden allein in den 1890-er Jahren neu eröffnet. Allein in der Whiskyregion Speyside entstanden in den 1890-er Jahren rund 20 neue Brennereien.

Investoren fanden sich reichlich, die Whiskyherstellung galt als sichere Wertanlage. Dabei zeichnete sich die Überproduktion bereits ab: In den Jahren 1891 und 1892 lagerten rund 7,6 Millionen Liter in den schottischen Lagerhäusern. In den Jahren 1898 und 1899 hatte sich der Bestand bereits auf über 49 Millionen Liter erhöht.

Im Jahr 1899 platzte diese Blase. Die Firma Pattison´s in Leith bei Edinburgh meldete als erstes Unternehmen Insolvenz an. Ihre Schulden beliefen sich auf die damals ungeheuere Summe von einer halben Million Pfund. Die Pattison´s-Pleite setze einen Domino-Effekt in Gange. Die Investoren verloren das Vertrauen in die schottische Whisky-Industrie. Zahlreiche Brennereien gerieten in Schieflage und mussten schließen.

Zahlreiche Schließungen

Die kommenden Jahre waren düster. Hohe Steuern drückten auf die Nachfrage. In den USA, dem bislang wichtigsten Exportmarkt, ließ sich wegen der Prohibition kaum noch Whisky verkaufen. Es folgten die Weltwirtschaftskrise und der Erste Weltkrieg.

Die Zahl der Schließungen war zwischen den Weltkriegen am größten. Der britische Whiskykenner Alfred Barnard nennt in seinem Standardwerk „The Whisky Distilleries of the United Kingdom“ von 1887 insgesamt 129 Brennereien in Schottland. Mitte der 30-er Jahre waren davon noch rund 40 tätig. Und für kurze Zeit rutschte die Zahl der produzierenden Betriebe sogar in den einstelligen Bereich.

Schuld an dem Rückgang waren aber nicht nur die Steuern und das wirtschaftliche Umfeld, sondern auch die Unternehmen selbst. Besonders der Whiskykonzern „Distillers Company Ltd“ (DCL) kaufte für wenig Geld Pleite-Brennereien auf und legte sie konsequent still. Auf diese Weise wollte DCL die Zahl der Wettbewerber für die Zukunft gering halten. Die Aufkäufe führten dazu, dass auf dem schottischen Whiskymarkt in kurzer Zeit eine Konsolidierung einsetzte.

Von der Abwärtsspirale war keine Whiskyregion so sehr betroffen wie Campbeltown im Südwesten Schottlands. Campbeltown hatte im 19. Jahrhundert einen dramatischen Aufschwung erlebt. Für sein Buch reiste Whiskykenner Barnard zu den Brennereien von Campbeltown und notierte, der kleine Ort sei DIE „Whisky City“ schlechthin.

Doch die Prohibition traf die Brennereien aus dem Südwesten Schottlands besonders hart. Um die hohe Nachfrage der Whiskytrinker nach Blended Whisky im 19. Jahrhundert bedienen zu können, hatten einige Brennereien außerdem Kompromisse bei der Qualität ihres Whiskys gemacht. Das wirkte sich nun besonders negativ aus. Im Jahr 1935 waren mit Springbank und Glen Scotia nur noch zwei Destillerien aus Campbeltown in Betrieb.

Es folgt ein Aufschwung

In den 1950-er Jahren folgte ein neuer Boom. Zwischen 1959 und 1966 stieg die Produktion deutlich an. Sogar neue Destillerien wurden gebaut. Tormore beispielsweise entstand zwischen 1958 und 1960. Es sollte eine echte Vorzeigebrennerei werden, und dieses Ziel wurde erreicht. Tormore ist mit seiner Architektur und dem ungewöhnlichen grünen Kupferdach sicher eine der schönsten und erstaunlichsten Destillerien in Schottland. Die Brennerei hatte bislang allerdings kein Besucherzentrum, so dass man sie nur von außen bestaunen kann. Tormore ist allerdings nur ein Beispiel für den Baumboom, der nun einsetzte: So entstanden in dieser Zeit auch Glen Keith oder Glenallachie, um nur zwei weitere Beispiele zu nennen.

Doch die nächste Krise ließ nicht lange auf sich warten. In den 1970-er Jahren sorgte eine weltweite Wirtschaftsflaute für rückläufige Verkaufszahlen. Die schottische Presse schrieb von einem „Whisky loch“, einem Whiskysee, der immer größer wurde. In den folgenden Jahren stellten nicht weniger als 29 Destillerien ihren Betrieb ein. Einige wurden später wieder eröffnet wie beispielsweise Benromach. Doch für einige Brennereien bedeutete die Schließung das endgültige Aus. Dazu zählten vor allem Destillerien rund um die Stadt Inverness sowie Port Ellen auf der Insel Islay. Diese Brennerei wurde 1983 geschlossen und vier Jahre später gänzlich stillgelegt.

Port Ellen-Whisky genießt inzwischen Kultstatus bei den Fans von rauchigem Whisky. Die Gebäude sind in wesentlichen Teilen erhalten geblieben. Dazu gehören zwei der ehemals drei Schornsteine mit dem für schottische Destillerien so typischen Pagodendach. In den alten Lagerhäusern reifte zuletzt Whisky der Marke Lagavulin.

Ein Schwimmbad im alten Lagerhaus

Whisky-Kenner argumentieren, dass viele dieser Schließungen betriebswirtschaftlich Sinn machten, da die meisten von ihnen sehr alt waren und es einer großen Investition bedurft hätte, um die wettbewerbsfähig zu machen. Da die Bausubstanz in vielen Fällen trotz allem sehr gut war, werden zahlreiche Destilleriegebäude für andere Zwecke genutzt.

Sie beherbergen nun Büros, Kleingewerbe oder Restaurants oder wurden in Wohnungen umgewandelt. Ein besonders prominentes Beispiel für die neue Nutzung ist das Schwimmbad im MacTaggart Leisure Centre neben der heutigen Bowmore Destillerie auf der Insel Islay. Das Schwimmbad befindet sich in einem alten Lagerhaus, wo einst die Fässer von Bowmore reiften. Das ist übrigens nicht die einzige Verbindung zwischen der Schwimmhalle und der Brennerei. Denn die Abwärme der Whisky-Produktion wird außerdem genutzt, um das Wasser im Becken zu erwärmen.

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