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Gar nicht langweilig, die Nachbarin, sagt Benno. Hast du bei der mal was probiert?

Marek bereut, dass er Benno zu sich eingeladen hat. Wie konnte er auf den Gedanken kommen, dass ausgerechnet Benno weiß, wo er Bea finden kann. Auch wenn Benno gerne behauptet, jeden zu kennen, egal wie doof oder hässlich. Gerade deshalb ist ihm Bea verborgen geblieben. Er hat keinen Sinn für sie, er kann sie gar nicht kennen.

Ihm zu sagen, er solle die Klappe halten und abhauen, würde eine Grenze überschreiten. In dem Jahr, das sie zusammen in einer WG verbrachten, haben sie sich nicht unbedingt Höflichkeiten an den Kopf geworfen. Aber inzwischen sieht man sich zu selten, um ohne weiteres verbale Grobheiten auszutauschen. Marek muss Bennos Besuch einfach aussitzen.

Außerdem will er etwas von ihm. Wenn der sich nur beeilen könnte: Benno holt ein schwarzes Täschchen aus seinem Rucksack, öffnet langsam wie ein Hohepriester den Reißverschluss und nimmt eine Digitalwaage heraus. Er will wohl zeigen, wie professionell er inzwischen ist. Dabei ist er, seinem manchmal verwirrten Gefasel nach zu schließen, noch immer selbst sein bester Kunde.

Damit du weißt, dass ich dich nicht übers Ohr hau, siehst du, aufs Milligrämmchen, sagt er, und im Handumdrehen baut er einen Joint, natürlich inside-out und natürlich auf Mareks Kosten. Aber Marek sagt nichts, er weiß schon, wie Bennos Reaktion aussehen würde: Wir müssen doch kontrollieren, ob’s gut ist. Einmalige Protodrehung gehört zum Lieferservice. Irgendetwas in der Art.

Marek zieht am Joint, wartet auf die Wirkung. Die setzt zwar nach wenigen Augenblicken ein, trotzdem möchte er Benno nur loswerden. Du gehst mir grad unglaublich auf die Nerven mit deinem ewig gleichen Gerede, schwirrt es ihm durch den Kopf. Kannst du jetzt einfach gehen? Nein, unmöglich.

Kannst du gehen, ich ruf dich irgendwann an, okay? Nein, die Abneigung, die er gerade spürt, lässt sich nicht in Worte fassen. Ist auch nicht durch Worte zu verbergen. Würde er den Mund aufmachen, er würde so oder so verletzend. Marek erinnert sich, wie die WG damals kollabiert ist: Als die Besucher bei Benno überhandnahmen und Theresa (die Jura-Studentin!) nicht länger ignorieren konnte, dass ihr Mitbewohner etwas definitiv Illegales betrieb, spielte sie die Empörte. Marek hat Benno damals verteidigt, wenn auch mit diffuser Argumentationslinie. Ihm wollte kein stichhaltiger Grund einfallen, weshalb es in Ordnung sei, dass Tag und Nacht Fremde an der Tür läuteten, um auf die Schnelle ein paar Gramm Gras zu kaufen. Marek warf Theresa vor, spießig zu sein, ihre Biederkeit nervte letztlich noch mehr als Bennos Geschwätz. Die Stimmung in der WG kippte und das Ergebnis war, dass Theresa (angehende Juristin und Hauptmieterin!) erst den Vermieter kontaktierte und sie schließlich durch handzahme Mitbewohner ersetzte. Marek erklärte Benno daraufhin, er habe fürs Erste genug von Wohngemeinschaften, womit er einer gemeinsamen Wohnungssuche indirekt eine Abfuhr erteilte, gleichzeitig aber eine lose Freundschaft am Leben erhielt, die nicht zuletzt einen praktischen Marihuana-Zustelldienst beinhaltete.

Alter, schau, dass du mal was auf die Reihe kriegst, sagt Benno. Jedes Mal, wenn ich herkomme, sieht’s hier noch ein wenig grindiger aus. Hast du keinen Geschirrspüler? Ich war zwar nicht auf’m Klo, aber wenn ich mich so umschaue, verkneif ich mir das lieber. Was ist, wenn du eine Frau hierher mitnimmst? Die holt sich ja einen Pilz, noch bevor sie im Bett mit dir landet.

Bea würde es nichts ausmachen. Sie ist nicht von der pingeligen Sorte, sie trinkt aus Bierflaschen, die sie aus Badewannen angelt und mit dem Feuerzeug öffnet.

Benno gibt Marek den Joint.

Hast du ein halbwegs sauberes Glas, ich hätte gern ein Wasser.

Eine heikle Situation: Wenn Benno anfängt, sich wohl zu fühlen, schwelgt er bald in Erinnerungen an die WG-Zeit. Das kann sich in die Länge ziehen, und er beginnt wie nebenbei den nächsten Joint zu drehen und Marek hat ihn den ganzen Nachmittag dasitzen. Soll er sagen, dass ihm nicht gut ist, dass er Zahnschmerzen hat? Oder Kopfweh?

Mann, diese gelben Ränder. Besorg dir so Chlorzeug zum Sprühen, sonst kriegst du das nie mehr weg. Oder ist das cool, fährst du auf dem Shabby-Chic-Zug mit?

Ja, Kopfweh geht: Hast du ein Aspirin dabei?

Nein, wieso? Kopfweh?

Mhm.

Hab mich schon gefragt, warum du so still bist. Komm, ich massier dich.

Benno lacht und boxt Marek gegen die Schulter.

Dann werd ich mal aufbrechen.

Hat geklappt.

Danke fürs Wasser. War ausgezeichnet. Und igel dich nicht so ein, meld dich mal. Musst ja nicht wieder bis zur nächsten Bestellung warten.


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