Читать книгу Skiria - Fran Rubin - Страница 8
IV.
ОглавлениеJanus beschloss, für längere Zeit nicht mehr nach Runa zurückzukehren, denn dort galt er nur als Bruder einer Diebin, dem niemand mehr vertrauen wollte.
Zunächst hatte Janus immer wieder laut Skirias Namen gerufen, doch das erschien ihm bald zwecklos. Möglich, dass sich Skiria versteckte, bis sich der Wirbel um den vermeintlichen Diebstahl gelegt hatte. Vielleicht war sie aber auch weiter gezogen und er lief in die völlig falsche Richtung. Derlei Gedanken quälten ihn mehrere Tage, doch schließlich gestand sich Janus ein, dass es Skiria wenig nützte, wenn er sich den Kopf zerbrach. Seine kluge Schwester wusste sich gewiss zu helfen. Womöglich hatte er Glück und begegnete ihr unverhofft.
Das Leben im Wald begann Janus bald zu gefallen. Hier konnte er tun, was ihm beliebte. Keine Arbeit, keine Mühsal, um das tägliche Brot zu verdienen. Zu Essen fand er in dieser Jahreszeit reichlich vor.
Beeren, Pilze und Wurzeln boten ein ausreichendes Mahl, das er gelegentlich durch ein Kaninchen oder kleine Forellen ergänzte, die er mit bloßen Händen aus Waldbächen fischte. Fröhlich setzte Janus seinen Weg fort und wollte eben seine Lippen spitzen, um ein Lied zu pfeifen, als er plötzlich menschliche Stimmen vernahm.
„Nicht so schnell. Ich kann nicht mehr“, klagte jemand hinter den Büschen. Der Sprecher, so vermutete Janus, war männlich, obwohl die Stimme recht hoch klang.
„Stell dich nicht so an, Fettkloß“, ertönte prompt die Erwiderung eines dunkleren Basses.
„Wir sollten eine Pause einlegen!“, schlug ein weiterer Mann vor. Vorsichtig spähte Janus durch das Dickicht. Vier Gestalten standen zusammen und debattierten darüber, ob sie nun weiter gehen sollten oder nicht. Unter ihnen befand sich eine groß gewachsene, grobschlächtige Frau mit sehr dünnem hellem Haar, dessen fettige Strähnen ihr bis zu den Schultern reichten. Mit einem wohligen Seufzer ließ sie sich auf ein Moosbüschel plumpsen und streckte die Beine aus.
„Meine Füße dampfen wie ein Misthaufen“, stellte sie fest, als sie ihre Schuhe abstreifte. „Mal riechen?“
Ein junger Mann mit dunkelblondem Haar warf ihr einen angewiderten Blick zu, als sie ihm ihre schmutzigen Zehen entgegenstreckte.
„Du bist widerlich, Agata.“
Ein weiteres Mitglied der Gruppe war ein fettleibiger Knabe, der sich an einen Baumstamm gelehnt hatte und so heftig keuchte, als stünde er kurz vor einem Zusammenbruch. Doch als er in den Tiefen seines Tragebeutels wühlte und eine lange Wurst daraus hervor beförderte, schien sich sein Zustand augenblicklich zu bessern. Wie ein seit Wochen hungernder Gefangener, den man nun freigelassen hatte, stopfte er das Essen in sich hinein.
„Wir sind erst drei Tage unterwegs und der macht jetzt schon schlapp“, lästerte der Vierte im Bunde, ein kräftiger, dunkelhaariger Mann.
„Du wolltest ihn ja unbedingt mitnehmen“, erwiderte die Frau und ließ ihr Fußgelenk dabei knackend kreisen.
„Streitet euch nicht!“, mahnte wiederum der Blonde, „wir brauchen für unser Unterfangen jeden Mann.“ Mit einem Seitenblick auf die wild mit den Augen rollende Agata beeilte er sich schnell hinzuzufügen: „Und natürlich auch jede Frau.“
Janus überlegte. Welche Absichten diese merkwürdig anmutende Gruppe wohl hegte? Ob es sich um Jäger handelte? Oder waren es Wegelagerer, die nur darauf warteten, dass ein Opfer ihren Weg kreuzte? Allesamt führten sie Waffen mit sich. Gäbe sich Janus zu erkennen, wäre er ihnen ausgeliefert. Mit Unbehagen beobachtete er den schwarzhaarigen Mann, der nun, während sich die anderen ausruhten, sein Schwert durch die Luft sausen ließ und dabei ungestüme Kampfesrufe ausstieß.
„Hör’ schon auf damit!“, raunzte Agata. „Das sieht albern aus.“
Er fuhr zu ihr herum und funkelte sie zornig an. „Wie redest du mit mir, Weib?“
„Verzeih’, ich bin beeindruckt von deiner Vorführung“, flötete seine Begleiterin mit verstellter Stimme, die so gar nicht zu ihrer kräftigen Gestalt passen wollte. „Lass’ mich dich in dein Gemach begleiten, großer Held!“, säuselte sie grinsend weiter. Wütend schmetterte der Hüne sein Schwert zu Boden und entfernte sich von seinen Kameraden, die gellend lachten.
Im Gebüsch raschelte es, als Janus hervortrat. Irian sprang auf. Während sich der dicke Karol an seiner Wurst verschluckte, streckten sich im nächsten Moment drei Schwerter kampfbereit der vermeintlichen Gefahr entgegen. Doch hinter den Sträuchern verbarg sich wieder kein Drache, sondern ein junger Mann mit strohblondem Haar und aufgewecktem Blick, der nun beschwichtigend beide Hände in die Luft hob, um zu zeigen, dass er nicht beabsichtigte, die Gruppe zu überfallen. Dennoch beäugte ihn Rabanus feindselig. Auch Agata ließ ihre Waffe nicht sinken.
Irian fragte: „Wer bist du, Fremder, und was willst du von uns?“
„Ich heiße Janus und suche meine Schwester. Hat sich wohl im Wald verlaufen. Habt ihr sie vielleicht gesehen?“
„Wir haben schon lange niemand mehr gesehen“, brachte Karol kauend hervor.
„Wie lange suchst du denn schon nach ihr?“, wollte Agata wissen.
„Ein paar Tage.“
Rabanus zuckte herablassend mit den Schultern.
„Ein Mädchen, allein im Wald? Bestimmt hat sie ein Troll erwischt. Aber vielleicht finden sich ja irgendwo ihre Überreste.“
Agata kicherte, als hätte Rabanus einen besonders lustigen Scherz gemacht. Irian wirkte, als schäme er sich für die beiden.
„Ignorier’ sie einfach!“, riet er. „Das ist nicht ernst gemeint.“ Er reichte ihm seine Hand und stellte sich vor.
„Ihr seid Jäger?“, fragte Janus.
„Wir jagen Drachen“, bestätigte Irian ernst. Das war Rabanus’ Stichwort, der wie immer keine Gelegenheit ausließ, um von seiner Heldentat zu berichten. Prahlerisch gab er die bekannte Geschichte zum Besten, holte dabei weit aus und sparte nicht mit Selbstlob.
Als Rabanus seinen Vortrag beendet hatte, wirkte Janus, als hätte er dem Hünen überhaupt nicht zugehört. Stattdessen wandte er sich an Irian: „Kann ich mit euch kommen?“
Irian zögerte nur einen kurzen Moment, bevor er erfreut nickte. „Wir könnten Verstärkung gut gebrauchen.“
Karol ließ sich schmatzend vernehmen: „Je mehr wir sind, umso besser.“
„Darauf trinken wir!“, rief Agata schrill, nahm einen tiefen Zug aus einer kleinen Flasche und reichte diese an Janus weiter. Rabanus’ riesige Pranke schlug grob auf die Schulter des neuen Kameraden, sodass dieser glaubte, sie hinterließe dort einen bleibenden Abdruck.
„Willkommen bei den Drachentötern!“