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Tag drei

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Ich hatte nicht so gut geschlafen wie gehofft, draußen war die ganze Nacht ein Gefauche und Gekreische gewesen, wie von einem Hexensabbat, der außer Kontrolle geraten war. Offenbar hatte die Katze die Sheba-Köder gegen einen hungrigen Marder verteidigt. Abgekämpft, aber siegreich war sie am Morgen heimgekehrt, eine Marderpfote zwischen den Zähnen. Ich setzte ihr das an einer Sehne herabbaumelnde Auge wieder ein und befestigte das abgerissene Ohr mit Tesafilm am Kopf, dann verschwand sie zum Jagen.

Wenn ich in die Apotheke fuhr, musste ich unbedingt ein Mittel gegen Nasenbluten kaufen, meine Nase blutete neuerdings die ganze Zeit. Bestimmt vom Ozon. Und ich hatte Kopfschmerzen, aber dagegen half Afterbite zuverlässig.

In der Apotheke von Walferdingen kaufte ich den Restbestand von fünf Afterbite-Sticks auf, danach stattete ich den Apotheken von Steinsel und Mersch einen Besuch ab, sogar bis nach Ettelbrück fuhr ich, dort gab es zwei Apotheken. Die Sonne grinste zahnlos vom Himmel herab, als habe sie es auf mich persönlich abgesehen. Deshalb kaufte ich in der zweiten Ettelbrücker Apotheke ein paar Jumbotuben Sonnencreme und schmierte das Auto damit ein.

Die Reise war lang und beschwerlich, ich verbrauchte fast einen ganzen Stick Afterbite. An einem sprudelnden Bächlein in der Gegend von Colmar-Berg machte ich Rast. Während mein braver Golf ein Sonnenbad nahm, fing ich ein paar Forellen mit der Hand, um etwas Diversität in unseren Speiseplan zu bringen. Meine Idee, die zappelnden Viecher gleich hier auf dem Autodach zu grillen, verwarf ich, die Katze sollte auch etwas davon abbekommen, das hatte sie sich verdient, schließlich hatte sie in den letzten Tagen für unser Essen gesorgt.

»Forelle Müllerin«, erklärte ich der Katze, die auf der Fritteuse saß und interessiert zusah, wie ich, in Mehlstaubwolken und Afterbite-Schwaden gehüllt, die Forellen durch die fingerdicke Schicht Mehl rollte, die ich großzügig auf der Anrichte und dem Küchenboden verteilt hatte.

»Altes Bauernrezept: pro Forelle ein Kilo Mehl und ein Kilo Butter. Dann noch jeweils ein Pfund Butter für die Füllung.«

Die Katze nickte und deutete fragend mit der Vorderpfote auf die Zitronen, die stellenweise aus dem Mehlgebirge herausragten wie erloschene Vulkane aus einer Mondlandschaft. »Zitronen sind optional«, sagte ich. »Sie machen es leichter verdaulich für Leute mit einer Butterintoleranz.«

»Du denkst doch daran, die Katze jeden Tag nach Zecken abzusuchen?«, durchbrach meine Schwester zwei Stunden später mein verträumtes Verdauungssurfen auf Facebook. »Problem gelöst«, schrieb ich zurück, während das Mehl nur so aus der Tastatur staubte.

Einer meiner Facebook-Freunde hatte nämlich gepostet, dass Kokosnussöl das wirksamste Mittel gegen Zecken sei. Kokosöl hatte ich zwar keins im Haus, aber zur Not würde es sicher auch Olivenöl tun, befand ich. Ich füllte einen Eimer mit ein paar Litern Olivenöl, gab auch noch etwas Kräuter der Provence, Pfefferkörner und Lorbeerblätter dazu, rundete das Ganze mit einem Schuss Balsamico-Essig ab und tunkte die Katze hinein.

»Es ist nur zu deinem Besten«, erklärte ich dem zappelnden Tier und hielt es gut fest, damit die Marinade sich auch schön auf der Haut verteilte und in alle Poren einsickern konnte. Nachdem die Behandlung beendet war, schüttelte die Katze sich, warf mir einen bösen Blick zu und zog von dannen.

Die wird sich schon wieder einkriegen, dachte ich. Vor allem wenn sie erst mal sehen würde, was ich ihr heute ins Trinkschälchen getan hatte. Echte Kriegerinnen tranken keine Milch, und die Katze hatte zur Genüge bewiesen, dass sie eine Kriegerin war, heute Morgen hatte sie ein junges Schaf gerissen. Zur Belohnung hatte ich Met für sie hergestellt, aus Biobier und organischem Bienenhonig. Zwar war bei der Fabrikation und dem Transport des Mets ein gewisser Streuungseffekt aufgetreten, der bewirkte, dass einige Stellen des Hauses jetzt deutlich klebriger wirkten als vorher, aber wenn man seine Laufwege darauf einstellte, war das eigentlich kein Problem. Also das Haus war im Prinzip noch bewohnbar, so schlimm wie damals, als ich versucht hatte, Borschtsch nach der Original-Woronesch-Formel zu kochen und meine Familie daraufhin in eine andere Stadt umziehen musste, war es jedenfalls nicht. Gut, damals war ich auch erst acht gewesen.

Eber im Nebel

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