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Theoretische Ergänzung 4

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Abraham Maslow kam bei seiner intensiven Beschäftigung mit menschlicher Motivation zu dem Ergebnis, dass der individuelle Bedarf an Nahrung sich nicht gerade als prototypisches Beispiel für menschliche Bedürfnisse eignet, sondern dass der relationale Wunsch nach Liebe, d. h. nach Zugehörigkeit, Verbundenheit, Anerkennung und Zuneigung, dafür sehr viel geeigneter ist:

Hunger als ein Beispiel für alle anderen Motivationszustände zu wählen, ist sowohl theoretisch wie auch praktisch unvernünftig. Man kann nach näherer Betrachtung erkennen, daß der Hungertrieb mehr ein Spezialfall der Motivation ist als ein genereller. Er ist isolierter (um dieses Wort zu verwenden, wie es die Gestalt- und die Goldstein-Psychologen tun) als andere Motivationen, und auch weniger allgemein. Und schließlich unterscheidet er sich von anderen Motivationen darin, dass er eine bekannte somatische Basis besitzt, was für Motivationszustände ungewöhnlich ist. …

Allgemein hat man angenommen, daß alle Triebe dem von den physiologischen Trieben gesetzten Beispiel folgen. Man kann bereits jetzt voraussagen, daß dies nie der Fall sein wird. Die meisten Triebe sind nicht isolierbar noch können sie somatisch lokalisiert werden, noch können sie betrachtet werden, als wären sie das einzige, was im Organismus in einem bestimmten Zeitpunkt geschieht. Den typischen Trieb oder das typische Bedürfnis oder Verlangen kann man nicht auf eine spezifische, isolierte, lokalisierte somatische Basis beziehen und wird es auch wahrscheinlich nie können. Das typische Verlangen ist offenkundig viel mehr ein Bedürfnis der ganzen Person.… Wenn man die bisher vorliegenden Indizien betrachtet, stimmt es wahrscheinlich, daß wir niemals das Bedürfnis nach Liebe verstehen würden, soviel wir auch über den Hungertrieb wüßten. Tatsächlich kann man auch die dezidierte Behauptung aufstellen, daß wir nämlich aus der vollen Kenntnis des Liebesbedürfnisses mehr über die allgemeine menschliche Motivation (einschließlich des Hungers) lernen können als aus einer gründlichen Untersuchung des Nahrungstriebs. (Maslow 1981, 47)

Ein weiteres Beispiel ist das Modell des »organismischen Zyklus« (Perls 1978, 53 ff.) oder auch »Triebzyklus« (a.a.O., 84), später »Kontaktprozess« genannt (vgl. Perls et al. 1951/2006, 247 ff.), das »ursprünglich zur Beschreibung des Wandels von individueller Perspektive aus herangezogen« (Melnick & Nevis 2006, 264 – H.d.V.) wurde, weswegen es sich allerdings weder dazu eignet, »den bilateralen Charakter der Begegnung zu beschreiben, die zwischen Patient und Therapeut stattfindet, noch den relationalen Prozess, der sich zwischen beiden entwickelt«, wie Macaluso (2015, 234 – H.d.V.) zutreffend feststellt. Das zugrundeliegende Denkmuster war wohl eher: »Ich und nochmal ich und als Erfüllungsgehilfe Du« (Beck & Beck-Gernsheim 1990, 22).

Dasselbe ist über das verwandte Konzept des »Kontaktzyklus«18 zu sagen; ich stimme hier völlig mit Gordon Wheeler überein, der beklagt:

Leider findet sich wenig bis gar nichts von diesem sozialen, relationalen Seinsgrund in den uns vertrauten Gestaltszyklusmodellen wieder. Der Zyklus in seiner üblichen Darstellung … gibt ein Schema der Lebenszeit eines Impulses isoliert wieder, als existierte er getrennt … vom ›äußeren‹ Kontext … anderer Menschen…. Insbesondere scheinen die Zyklusmodelle … oft nahe zu legen, dass der einzig signifikante Ort, an dem man nach der menschliches Verhalten motivierenden Dynamik suchen kann, ›innerhalb‹ der Person läge. So eine eminent individualistische Tendenz verzerrt und reduziert unser Verstehen des menschlichen Prozesses im sozialen Feld. (2006b, 187 f. – H.i.O.)

Relationalität in der Gestalttherapie

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