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Max Carter hatte uns alles, was er herausgefunden hatte, zu einem Datendossier zusammengestellt.

Milo und ich saßen im Anschluss an die Sitzung in unserem gemeinsamen Dienstzimmer und arbeiteten die Unterlagen durch. Ich sah mir vor allem die Liste der Personen an, die damals bei der Schießerei verdächtigt worden waren, daran beteiligt gewesen zu sein. Der Einzige, in dessen Fall es immerhin eine Anhörung vor der Grand Jury gekommen war, hieß Ray Barros. Er war mehrfach wegen Körperverletzung und illegalem Waffenbesitz vorbestraft und war damals Türsteher im ‚Abraxas’ gewesen. Inzwischen galt er als rechte Hand und Mann fürs Grobe in Benny Vargas’ Organisation. Da seine letzte Bewährung wegen einer Schlägerei erst in einem Monat auslief, war seine Adresse bekannt.

„Steht da irgendwo, weshalb es nicht zum Prozess gekommen ist?“, fragte Milo.

„Vermutlich reichten die Beweise einfach nicht aus“, erwiderte ich.

Gegen Mittag fuhren wir zu O’Rourkes ehemaligem Revier in der Bronx und besprachen uns mit seinem direkten Vorgesetzen Captain Rudy Cassavetes, dem Leiter der Drogenabteilung.

„Brian O’Rourke war ein hervorragender Polizist, der gute Erfolge verbuchen konnte“, sagte Cassavetes. „Es ist schade, dass seine Karriere diesen Knick bekam und man ihn nach Queens abschob. Aber da war er ja nicht allein betroffen.“

„Es wurde noch ein Lieutenant namens Sean McKenzie verdächtigt, Beweismittel manipuliert und Kleinkriminelle zu Spitzeldiensten erpresst zu haben“, sagte ich.

„Ja. McKenzie verrichtet heute in der Lower East Side seinen Dienst. Ich habe ihn neulich beim Schieß-Training getroffen. Er arbeitet jetzt im Innendienst. Und das, obwohl gegen keinen der beiden auch nur ein Prozess eröffnet worden ist!“

„Den Kollegen der Inneren Abteilung erschien es wohl besser, die beiden aus der Schusslinie zu nehmen.“

„Ja, so kann man das auch nennen!“, erwiderte er gallig.

„Die Innere Abteilung hatte bei Ihren Ermittlungen noch einen dritten Beamten im Visier“, stelle ich fest. „Sein Name war Lieutenant Tom Atkins.“

„Tom ist noch hier im Revier. Allerdings können Sie heute nicht mit ihm sprechen.“

„Warum nicht?“

„Er ist zu einer Fortbildung nach Quantico gefahren. Ihre Kollegen bringen da den Angehörigen von Drogenabteilungen im ganzen Land die Anwendung neuer Drogen-Schnelltests bei.“

„Dann ist er morgen wieder hier?“

„Er hat zwei Wochen Urlaub genommen. Ich glaube, der Tod von O’Rourke hat ihn sehr mitgenommen.“

„Die beiden standen sich nahe?“

„Ja, sie waren eng befreundet und arbeiteten im Dienst als Team zusammen, McKenzie, O’Rourke und Atkins. Und ich hatte selten ein so erfolgreiches Team in meiner Abteilung.“

„Sie haben dafür gesorgt, dass Ethan Benitez und die Führungsriege der ‚Matadores’ hinter Gitter kamen!“

Cassavetes machte einen etwas überraschten Eindruck. Sein Lächeln wirkte verkrampft. „Sie scheinen ja bereits gut informiert zu sein.“

„Ein Informant namens Harry Gonzales spielte dabei eine entscheidende Rolle.“

„Schon möglich!“, murmelte Cassavetes. „Worauf wollen Sie hinaus? Die Sache war sauber. Gonzales hat sich – im Gegensatz zu ein paar anderen, die sich erst bezahlen und nachher von Erpressung und Manipulation herumschwadronieren – nie an die Justiz gewandt.“

„Vielleicht, weil er gesehen hatte, dass die anderen Verfahren nicht einmal durch die Grand Jury gingen.“

„Verwundert es Sie, dass die Geschworenen, wenn sie auf der einen Seite die verworrene Aussage eines Junkies und Drogendealers haben, während auf der anderen Seite die Karriere eines Musterpolizisten auf dem Spiel steht, sich dafür entscheiden, letzterem zu glauben?“

„Ja, das könnte Gonzales auch gedacht haben.“

„Fangen Sie jetzt auch an, uns irgendetwas anzuhängen?“, fragte Cassavetes etwas ungehalten. Eine tiefe Furche erschien auf seiner Stirn.

„Ich frage mich, warum Sie sich angegriffen fühlen, es ging doch um O’Rourke – und nicht um Sie!“, erwiderte Milo.

„Und letztlich versuchen wir nur, die Sache aufzuklären, um seinen Mörder zu fassen. Daran sollte doch auch Ihnen gelegen sein – gleichgültig, was da vielleicht noch nachträglich über Ihren Musterpolizisten ans Tageslicht kommen mag“, ergänzte ich.

Cassavetes atmete tief durch.

„Wissen Sie, auf einem Revier wie diesem, können Sie nur zurechtkommen, wenn das Team zusammenhält“, sagte er dann.

„Ich hoffe, dass schließt nicht ein, Straftaten zu decken“, hielt ich ihm entgegen.

Er zögerte mit seiner Antwort und erklärte schließlich. „Sie können mir glauben, dass ich mindestens ebenso daran interessiert bin, O’Rourkes Mörder zu fassen wie Sie!“

„Kommen wir zu Harry Gonzales zurück. Hatten auch McKenzie und Atkins Kontakt zu ihm?“

„Soweit ich weiß, ja.“

„O’Rourke hat sich nachweislich nach seinem Ausscheiden aus diesem Revier noch mit Gonzales getroffen. Haben Sie dafür irgendeine Erklärung?“

Cassavetes runzelte die Stirn. „Nein, das wundert mich.“

„Weshalb?“

„Gonzales gilt sein ein paar Wochen als spurlos verschwunden. Glauben Sie, dass er was mit Brians Tod zu tun hat?“

„Seine Eltern und seine Schwester wurden im Gefolge der Verhaftung von Ethan Benitez und seinen ‚Matadores’ umgebracht.“

„Die Morde konnten leider nicht aufgeklärt werden, sonst säße Ethans Bruder Langdon, der sich großspurig ‚El Rey’ – der König – nennen lässt, längst auf Rikers.“

„Aber wenn Gonzales für seine Dienste erpresst wurde, hätte er allen Grund, auch sauer auf O’Rourke zu sein.“

„Das ist allerdings wahr…“, murmelte Cassavetes nachdenklich.

„Warum ist Gonzales nicht ins Zeugenschutzprogramm gekommen?“, fragte jetzt Milo. „Eigentlich wäre das doch in seinem Fall üblich.“

Cassavetes vollführte eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf und sah erst Milo und dann mich einen Moment lang an. „O’Rourke meinte, er hätte ihm das angeboten, aber Gonzales wollte das nicht. Er würde der Polizei, der Staatsanwaltschaft und allen anderen, die mit dem Staat zu tun hätten, nicht trauen. Einem Puertoricaner würden die sowieso nicht helfen…“

„Und für dieses Gespräch gibt es keine Zeugen?“, fragte ich. „Oder waren Atkins und McKenzie dabei?“

„Es tut mir leid, aber ich habe keine Ahnung.“

Ich holte ein paar zusammengefaltete Computerausdrucke aus der Innentasche meiner Jacke und reichte sie Cassavetes.

„Was ist das?“, fragte er, noch ehe er die Blätter auseinandergefaltet hatte.

„Die ausgedruckten Datenblätter jener Personen, auf deren Anzeige hin die Innere Abteilung ihre Ermittlungen eingeleitet hat. Vielleicht können Sie uns etwas dazu sagen. Schließlich sind alle wegen Drogendelikten vorbestraft und hatten verschiedentlich mit Beamten Ihrer Abteilung zu tun.“

Cassavetes warf einen Blick auf die Blätter. „Mickey Moreno war die treibende Kraft. Ein Kleindealer, der uns wiederholt ins Netz gegangen war. Ich erinnere mich genau an den Fall. O’Rourke und McKenzie haben ihn als Informanten angeworben, nachdem er mit einer kleinen Menge Crack verhaftet wurde. Später behauptete er, O’Rourke und McKenzie hätten ihm gedroht, sie könnten die Beweismittel so manipulieren, dass er für zwanzig Jahre in den Knast wandern würde. Nur deswegen habe er als Informant gedient!“

„Und die beiden anderen?“, fragte ich.

„Victor Beinhower und Benjamin Brown kamen erst aus ihren Löchern, als die Ermittlungen schon liefen. Zu einer Zeugenaussage vor der Grand Jury kam es nie.“

„Weshalb nicht?“

„Beinhower war plötzlich verschwunden und tauchte erst zwei Monate nach der Verhandlung wieder auf, als er nach einer Prügelei festgenommen wurde.“

„Könnte ihn jemand überzeugt haben, dass es besser für ihn wäre, nicht auszusagen?“, hakte ich nach.

„Das ist reine Spekulation, Agent Trevellian.“

„Aber möglich.“

Cassavetes zuckte die Schultern. „Vielleicht entsprach es auch einfach nicht der Wahrheit, was er behauptete und da hat er kalte Füße bekommen.“

„Und was ist mit Nummer drei?“

„Benjamin Brown? Der hat seine Aussage offiziell zurückgezogen. War eine ziemlich große Blamage für die Anklage vor der Grand Jury.“

„Wenn die Sache so eindeutig war, dann verstehe ich nicht, weshalb McKenzie und O’Rourke in andere Reviere versetzt wurden!“

Cassavetes lachte heiser auf. „Auf meinem Mist ist das nicht gewachsen, dass können Sie mir glauben. Das kam von ganz oben aus dem Rathaus. Man wollte wohl nicht den Anschein erwecken, dass wir die Augen zumachen, wenn einer von uns mal einen Fehltritt begeht.“

„Mal ganz ehrlich, Captain Cassavetes. Würden Sie denn die Augen in einem solchen Fall schließen?“, mischte sich jetzt Milo ein.

Cassavetes schluckte. Er stand von seinem Platz auf, ging zum Fenster, blickte kurz hinaus und kratzte sich am Kinn.

„Über allem steht immer noch das Gesetz“, sagte er schließlich. „Auch über einem Cop.“

„Es freut mich, dass Sie so denken, Captain“, erwiderte ich.

Er hob die Augenbrauen.

„War es das? Wir haben hier nämlich auf diesem Revier einen Job zu erledigen!“

Ich nickte. „Das war’s.“

Wir wandten uns zum Gehen. Kurz vor dem Ausgang von Cassavetes’ Büro fragte ich noch: „Hatte O’Rourke eigentlich eine Freundin?

„Nichts Festes. Jedenfalls nicht in den letzten zwei Jahren. Davor hatte er eine längere Beziehung und ich glaube, die beiden wollten auch heiraten. Ich glaube, der Job hat sie dann wohl auseinander gebracht. Es ist für eine Partnerin nicht unbedingt angenehm, mit einem Cop verheiratetet zu sein. Die Überstunden, die unregelmäßigen Arbeitszeiten, und die ständige Gefahr, dass man den geliebten Menschen nicht wieder sieht, weil irgendein Irrer ihm eine Kugel in den Kopf knallt…“

„Sagt Ihnen der Name Christine Vistano etwas?“

„Nein, tut mir leid, Agent Trevellian. Jedenfalls nicht aus dem Stegreif.“

„Sie hat behauptet, mit O’Rourke eine Beziehung geführt zu haben.“

„Fragen Sie Atkins und McKenzie. Die kannten Brian O’Rourke noch etwas besser als ich.“

8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009

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