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Das Treffen mit Thu und Thi

Sie würde sich freuen, wenn auch ich ihr ein paar Fotos von mir und meiner Tochter zuschicken würde. Als hätte Lara alles mitbekommen, genau an diesen Tag fragte sie mich, ob wir mal die Frau treffen könnten. „Nein, ich weiß nicht, sie wohnt zu weit weg!“ Auch in den nächsten Tagen ging es eigentlich immer nur darum, dass ein starkes Interesse bestände und ich sollte mit meiner Tochter auf Besuch nach Berlin kommen um Thi zu besuchen. In den letzten Mails hatte man mir auch viel persönli-ches von der Frau geschrieben. Unter anderem erfuhr ich, dass sie Vietnamesin ist und nach Tschechien kam, um da zu arbeiten. Sie hätte schon vor ihrer Einreise ein Arbeitsvisum für 2 Jahre bekommen. Thi war überglücklich, dass sie jetzt auch als Mutter ihre beiden Kinder finanziell unterstützen könnte, die noch in Vietnam lebten. Ihre Tochter Big besuchte noch eine höhere Schule und ihr Sohn wäre schon etwas älter, kann aber nur arbeiten wenn vom Staat Aufträge vergeben werden, die, die Firma erledigen kann bei welcher er arbeitete. Nur wegen dieser schlechten Arbeitssituation in Vietnam musste Thi diesen Weg nach Europa gehen und wieder einmal ihre Kinder in Stich lassen. Es vergingen einige Tage bis sich dann ein intensiverer Schrift-verkehr entwickelte. Später schrieb ich auch mit ihrer Tante Thu in Berlin. Am Anfang war es ein eher seltener telefonischer Kon-

takt, der sich schnell steigerte, so konnte ich Thu etwas besser kennenlernen. Kennenlernen auch als eine Frau die gerne die Hosen an hat, sie hatte das Sagen in der Familie. Thu erzählte mir sehr viel, auch über ihre eigene Familie, wie sie nach Berlin kam und von Null anfangen musste, dass sie nichts hatten und nur auf dem blanken Boden mit einer Decke schliefen. Dabei vergaß sie nie, mir immer wieder zu sagen, dass ich gerne zu ihr nach Berlin kommen könnte, natürlich sehr gerne mit meiner Tochter Lara. Wir könnten für ein oder zwei Tage bleiben, sie wollte mich anrufen wenn Thi wieder aus Tschechien zu Besuch nach Berlin kommen würde. Ich hatte mich erst dagegen, dann aber doch dafür entschieden und dachte mir, warum eigentlich nicht, ande-re Menschen kennenlernen schadet nie. Ja, ich war damit einver-standen und wartete auf ihren Anruf, den Thu mir versprochen hatte. Es vergingen ein paar Wochen bis es zu einem ersten Termin für ein Treffen kam. Nachdem der erste Termin bekannt war, gab es auf immer wieder einen neuen Termin und gleich darauf eine erneute Absage. Dann war es soweit, dass ich alles löschte und auch das Foto aus dem Zimmer von Lara nahm. Meiner Tochter erklärte ich, dass Thi noch nicht kommen könnte, weil sie noch so viele Sachen erledigen müsste. Erst danach, wenn sie das erledigt hätte, könnten wir uns treffen. Es zerbrach daran keine Welt, denn schon ein paar Tage später war alles Vergangenheit, dass war wohl auch der Alltag der uns sehr schnell wieder fest im Griff hatte. Bis im September völlig unverhofft das Telefon klingelte und Lara laut rief: „Papa, Papa komm schnell, die Frau aus Berlin will mit dir reden!“ Ich war genervt und hatte in diesem Augenblick wirklich keine Lust, mit Thu zu telefonieren. Mit einem kurzen: „Hallo, erzähl’ mal!“, hör-te ich Thu zu was sie mir zu sagen hatte. Eigentlich wollte ich das für immer beenden, aber was sage ich meiner kleinen süßen Tochter, der ich so oder so nichts vom Pferd erzählen konnte? Lara hatte mich immer wieder vor lauter Freude mit den Worten unterbrochen: „Papa, was redet ihr? Wann fahren wir zu der Frau auf den Foto?“ Lara hing an mir, mit dem Ohr schon im Telefon. Ich spürte regelrecht die bohrenden Fragen meiner Tochter nach diesem Gespräch und brach es kurzer Hand ab. „Lass’ uns doch später noch mal telefonieren, so gegen 21 Uhr! Ist das okay für dich?“ Wegen dem ständigen dazwischenreden hatte ich fast nichts mehr verstanden. Kaum hatte ich die Num-mer gewählt, war Thu auch sofort am Telefon. Ich hatte das Gefühl, als hätte sie den Hörer schon in der Hand gehabt. Bei dieser interessanten und intensiven Unterhaltung merkte ich, dass Thu sehr auf einem Besuch bestand. Sie war die Planerin, somit wollte sie auch das Ruder nicht aus der Hand geben. Wenn Thi nach Berlin kommt, muss ein kennenlernen auf jeden Fall stattfinden. Es klang wie ein unbedingtes muss! Thu redete immer in ihren Worten: „ich will, ich hätte gerne, ich will das so, anders nicht, man muss immer“ usw.. Daran merkte ich schon, sie will auf keinen Fall die Zügel aus der Hand geben bis sie das Ziel erreicht hatte. So richtig konnte ich Thu nicht wirklich einschätzen und hatte mich schnell damit abgefunden, dass es eventuell daran lag, dass auch sie nicht perfekt Deutsch sprechen und es zu Missverständnissen gekommen wäre. Dennoch hörte man den Druck aus dem Gespräch mit ihr gut heraus. Auf jeden Fall wollte Thu das Treffen sehr bald, es sollte nach ihrer Vorstellung innerhalb der nächsten beiden Wochen in Berlin stattfinden, davon ließ sie sich nicht mehr abbringen. Thu wollte gerne, dass ich mir an den kommenden beiden Wochenenden nichts wichtiges vornehme, zumindest nichts fest einplante. Ich musste schmunzeln, sie dachte, dass ich vor Freude in die Luft springen würde. Dem war nicht so, ich suchte nicht auf biegen und brechen so wie sie, die einen Mann für Thi brauchte. Thu bemerkte, dass sich meine Freude in Grenzen hielt und fragte mich prompt warum ich mich nicht freuen würde. Thu versteht es, sich freundlich zuvorkommend, aber mit viel Druck zu ver-ständigen. Sie machte mich neugierig und ich stimmte dem zu. Ich hatte Thu auch zu verstehen gegeben, dass es das letzte Mal wäre, sollte es wieder nicht klappen, hätte es keinen Sinn mich erneut anzurufen. Thu versprach es mir und wollte sich in den nächsten Tagen melden, um mir einen festen Termin zu geben, sobald sie wüßte wann Thi nach Berlin kommen würde. Erst sehr viel später hatte ich erfahren, was in Wirklichkeit der Grund für das ständige verschieben der Termine war. Bei der Einreise nach Deutschland aus der Tschechei kam Thi oft in Polizeikontrollen, immer wieder wurde Thi in Haft genommen und sollte abge-schoben werden. Bei den Telefongesprächen mit Thu hatte ich sehr oft, fast immer ein merkwürdiges Gefühl, dass mir etwas verschwiegen werden sollte. Nun wusste ich einen Teil, mit Sicherheit bestimmt nicht alles und das machte mir Sorgen. Ich wollte eigentlich abschalten und auf andere Gedanken kommen, aber es gelang mir nicht wirklich. Bei den Gesprächen hatte ich das Gefühl bekommen, dass Thu diejenige ist die bestimmt mit welchen Mann Thi verheiratet werden sollte. Dabei sollte das Geld keine so große Rolle spielen, die Hauptsache war, der Mann kann heiraten, das heißt er sollte geschieden oder unverheiratet sein, alles andere schien nebensächlich zu sein. Später sollte ich dann doch Recht behalten, dass Thi durch ihre Tante Thu unter sehr großen Druck stand. Irgendwie hatte Thi keine andere Wahl! Aber alles nur Gedanken, Gefühle oder Täuschungen, man weiß es nicht und ich musste sehen was ist, bis der Tag kommt und wir uns Auge in Auge gegenüber stehen. Nach die-sem Telefonat waren nur ein paar Tage vergangen, als spät abends noch das Telefon klingelte und Thu mir sagte Thi würde jetzt am Wochenende nach Berlin kommen. Thi würde sich schon sehr darauf freuen, dich mit deiner Tochter endlich kennen zu lernen. Wir sollten am 19. September 2010 nach Berlin kom-men. Ich stimmte dem zu, ich wollte es auch. Meine Tochter hatte mich wie erwartet auch am nächsten Tag früh morgens gefragt, ob die Frau aus Berlin angerufen hätte. Ich konnte sie beruhigen und sagte meiner Tochter, dass wir in vier Tagen nach Berlin fahren. Sie freute sich mit einem gejubelten „Ju hu“ darüber und fragte mich mehrmals am Tag: „Papa, wann sind vier Tage vorbei?“ Ich war froh als es nur noch eine Nacht bis zur Abfahrt war. Mit dem Wissen, dass wir am nächsten Morgen nach Berlin fahren, war Lara so glücklich, dass sie die halbe Nacht nicht schlafen konnte und raubte mir natürlich auch meinen Schlaf, weil sie immer wieder zu mir ins Schlafzimmer kam, um mich zu fragen, wann wir denn endlich losfahren wollen. Dann, endlich ist es 5 Uhr früh, meine Augen streikten bei jedem Versuch sie zu öffnen, es war fast unmöglich, so als klammerte sich das obere Lid an das untere. Nein, es ist nicht zum Lachen, auch dafür hatte meine Tochter schon eine Lösung, einfach die Augenlider auseinanderziehen und laut rufen: „Jetzt bist du wach, Papa, komm schnell!“ Jetzt konnte mir nur noch eine erfrischende Dusche helfen bevor es zum Frühstück ging. Mir war aufgefallen, dass die kleine Nervensäge beim Frühstück, außer zum kauen den Mund nicht aufbrachte, es kam kein Ton aus ihrem Mund bis sie fertig war. Es war schon auffallend merkwürdig und ich fragte sie: „Lara bist du schon nervös?“ Sie sagte nichts und aß weiter. Ich war froh, dass ich jetzt kein Wort hörte, denn ich brauchte diese Ruhe und genoss es auch. Das war bewusst gemacht von meiner Tochter, denn sie hatte wohl doch ein schlechtes Gewissen. Nach dem Frühstück sagte sie: „Papa, weißt du was, ich wollte dich beim Essen nicht nerven, aber fahren wir denn jetzt los, ich bin schon ganz nervös!“ „Mein Schatz, wir fahren gleich in ein paar Minuten!“, versuchte ich meine Tochter zu beruhigen. Wir hatten auch nichts gepackt, weil wir nur einen Tag dort bleiben wollten. Nach Berlin hin und wieder zurück ist ja auch keine Weltreise. Mittlerweile war es schon spät geworden, kurz vor 7 Uhr, wir wollten eigentlich schon lange weg sein. Es schien ein schöner Tag zu werden, nicht nur der Blick zum Himmel, sondern auch der Straßenbericht war gut, beides gab Anlass zur Freude. Meiner Tochter war das sowieso egal, nichts mehr konnte Lara davon abbringen. Wir machten uns endlich auf den Weg nach Berlin und kamen so kurz nach Mittag ohne Stau in Berlin an. Lara schlief während der Fahrt immer wieder einmal ein und fragte mich während ihrer Wachphasen wie lange es noch dauern würde bis wir endlich da wären. Meine Standardantwort war nur: „Gleich, mein Schatz, nicht mehr lange!“ und schon hatte ich wieder meine Ruhe bis kurz vor Berlin. Ein Piepton, jetzt musste ich auch noch tanken. Lara wurde wieder wach und wir stellten uns in der Schlange der Autos an. Plötzlich fiel meiner Tochter ein, dass sie noch ein Geschenk brauchte für ihre neue Mama. Meine Tochter hatte viel Zeit sich umzusehen und ihr entging der Drehständer mit den Geschenken, der genau neben der Kasse der Tankstelle platziert war nicht. Nachdem meine Tochter gefühlte einhundert mal um den Ständer gelaufen war, hatte sie sich endlich entschieden: Schokoladenherzen mussten es sein. Na, dann gibt es Schokolade, verpackt in Herzform, passend zur Herzenssache! Wieder ein Gesprächsstoff für meine Tochter, daß ein Herz Liebe bedeutet, dass hatte sie mir so oft gesagt. Also das musste es sein und nichts anderes! Für so ein Herz, war es selbstver-ständlich keine Kosten zu scheuen, also legte ich dann fast noch einmal die Hälfte der Tankrechnung an Geld dazu. So, nun aber los, die letzten Kilometer! Mein NAVI zeigte mir 58 Minuten an, ich gab ein bisschen mehr Gas und in knapp 40 Minuten waren wir am Ziel. Ich stellte mein Auto auf dem Seitenstreifen in der Nähe eines Kaufhauses ab.

Mit Liebe und Verrat

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