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Wolken am Horizont


Schlimme Erinnerungen ritzen sich so unbarmherzig ins Gedächtnis, wie ein defekter Lesekopf in eine Festplatte. Eine solche Erinnerung ist die, an die Augen meiner Frau. Eigentlich hat sie ja wunderschöne. Doch an jenem Sonntagmorgen vor einigen Monaten waren sie furchtbar. Nosferatumäßig.

Tina muss wohl darauf gewartet haben, dass ich endlich aufwachte. Ach, hätt’ ich es nur nicht getan. Aber, zu spät. Zu ihrem Vampirblick gesellte sich sogleich eine leichenkalte Stimme, die sich wie ein Grabtuch auf meinen Verstand legte. Gern hätte ich mich gleich wieder unter die Decke verzogen. Doch ihr Blick lähmte mich und ich musste sie anstarren, wie das Karnickel die Schlange. Zischelnd wanden sich ihre Worte um meine Gehirnwindungen.

„Seit Jahren arbeite ich von früh bis spät, bekomm’ nachts kaum Schlaf, weil entweder eines der Kinder rotzt oder du. Ich hab mich nie beschwert, wenn unsere Freunde in den Urlaub fuhren, und ich ihnen mit der Hoffnung nachwinkte, nächstes Jahr würdest du in den Ferien bestimmt nicht krank sein.“

Was nun folgte, war eine minutiöse Aufzeichnung unserer gesamten Ehe. Das glich schon beinahe einer Herr-Ober-die-Rechnung-bitte-Szene. Wobei mir schon schwante, wer am Ende würde zahlen müssen. Und ich fühlte, wie der Boden unter meinen Füßen zu bröckeln begann. Diesmal würde ich nicht davon kommen.

Wie eine Ratte durch die enge Kanalisation, kroch die Angst langsam und schnuppernd durch meine Adern, ließ sich vom pulsierenden Blut bereitwillig mitreißen und verteilte sich binnen weniger Augenblicke in meinem ganzen Körper. Panisch blickte ich mich um. Doch jeder Fluchtweg schien abgeschnitten, bewacht durch erbarmungslose Wächter, die allein einer Herrin dienten, der, die sie geschaffen hatte, die sie in jahrelanger Vorbereitung wohldurchdacht, abgewogen, auf der Zunge hin und her probiert, die schlechten ausgespuckt und sich die guten einverleibt hatte: Worte! Tinas Worte. Einem scharfen Schwert gleich, hieb ein jedes tief in mein Bewusstsein und ich spürte, wie sie durch die klaffende Wunde in meinen Geist drangen und die Kontrolle über meinen Körper erlangten. Ich wollte fortlaufen, doch meine Beine versagten mir den Dienst, hatten, ob der schieren Übermacht, hasenfüßig die Waffen gestreckt und erwarteten untertänig den Befehl der neuen Potentatin.

Der kam prompt, hart und kompromisslos: „Diese Sommerferien fahren wir in Urlaub, da kann kommen was will!“

Dann schlängelte sie wieder aus dem Bett und ließ mich schockstarr zurück. Nur langsam kehrten meine Vitalfunktionen zurück. Doch das brauchten sie eigentlich nicht – ich würde die nächsten Wochen sowieso nicht überleben!

Urlaub oder Leben

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