Читать книгу Der Attersee in der Literatur des 19. Jahrhunderts - Franz Roither (Hrsg.) - Страница 3

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Johann Beer

Johann Beer berichtet in seiner Autobiographie, die zum größten Teil kurz vor seinem Tod 1700 entstand, über seine Kindheit am Attersee.

Autobiographische Eintragungen

Anno 1655 den 28sten Martii styli novi bin Ich zu St: Geörgen in Oberösterreich, unweit vom Attersee gelegen, auf die Welt gebohren. Mein Vater, so daselbst ein Gastwirth war, zog hernach wegen der Religion nacher Regenspurg, und ist nebst meiner Mutter aldorten annoch im Leben. Heisset mit seinem Tauffnahmen Wolffgang, dessen Vater Carol geheissen, und in besagtem Markt St: Geörgen in der Khevenhillerischen Graffschafft Markt Richter gewesen, hernach aber sich der Religion wegen zu Orttenburg gewohnet und daselbst in sehr hohem Alter zu Stainakirchen begraben worden.

Meine Mutter, nahmens Susanna, ist eine gebohrne Stadelmayrin, von Frankenburg, zwey Meilen von St: Geörgen gelegen, derer Vater alda Wirth und Aufschläger war.

Die Großmutter mütterlicher Seiten ist gewesen Frau Maria Achleiterin zu Schörfling u: ist an dem Schlosse Cammer gelegen, in welchem der Graff Khevenhüller Hof hält. Das Gebäude, indem es in der See ligt, vor eines der herrlichsten Gebäude im Lande gehalten wird. Diese Großmutter hat 3. Männer gehabt, derer einer Stadelmayr, einer Bahr, und einer Achleitner geheissen. Hat sich demnach mit Veränderung der Heurath von Frankenburg nach Schörffling begeben, alda sie im Wittben Stand in dem Catholischen Glauben verstorben und daselbst begraben worden. Ich bin in meiner Frühzeitigen Jugend, etwan im fünfften Jahr meines Alters bey ihr eine Zeitlang aufgezogen und in die Schulle geschikt worden, das A B C zu lehrnen. Hätte in solcher Zeit, wenn Gott nicht sonderlich verhüttet, ein grosses Ungelüke haben können, dann, als Ich ihr einsmahls aus dem Cabinet ihre Pantoffel … in dem jähen Lauff gegen das Schloß der Thür, so, daß Ich fast mit der Stirne daran hangen bliebe.

Nach etwan verflossenem Jahr nahmen mich meine Eltern wieder zu sich nach St: Geörgen, alwo zu Heinrich Müllmosern in die Schulle gegangen, nach dessen Tod ein anderer von St: Wolffgang (dahin eine grosse Wallfahrt geschihet) Nahmens Gimpel, hingekommen, bey welchem Ich folgends Lesen und etwas schreiben gelehrnt.

Der gefährliche Attersee

Anno 1675. wäre Ich bei Regenspurg […] in grosse Wassersgefahr gerathen. […]. Dergleichen Gefahr habe auch auf dem Attersee ausgestanden, als mich ein üppiger Fischer Jung von Litzelberg hinaufwarts gen Attersee führte, und der Khan bey einem Haar umkollerte, so wäre ich auch zu Passau, als ich einsmahls in der Donau badete, bald untergesunken.

Von der Weh-Klage

Man hält an etlichen Orthen von der Weheklage viell, an etlichen wenig, an etlichen gar nichts. Alles glauben, ist närrisch, nichts glauben ist halstärrig, etwas glauben ist Christlich. Ich will ertzellen, was ich dieses falls und in diesem Punct Ao. 1669 in meiner Heimath zu St: Georgen mit meinen Ohren gehöret und erfahren habe. Daselbst sasse Ich nach dem Abend-Essen etwan um Gloke 9. Uhr nebst meiner Mutter und 2. Geschwistern in der Stube, da fieng es allmählich vor der Stubens-Thür gantz kläglich an zu mautzen, successive vermehrete sich dieses Geschrey gleichsam als mit villen Stimmen ein Chor vermehret wird. Wir hielten es erstlich vor Katzen Geschrey, klange aber natürlich, als heuleten etliche Kinder unterschiedliches Alters miteinander. Keines unter unß Zuhörenden getrauete sich an die Thür, vill weniger gar hinauszugehen, und kam unß kein geringes Grausen an. Mittler Zeit verzoge siehs wieder, und des andern Morgens kame von Schörffling ein Bothe mit Nachricht, daß eine Meinige Schwester, etwan von 4. Jahren, die sich bey unserer Groß-Mutter Fr: Maria Achleitnerin aufgehalten, eben um dieselbe Zeit, als wir die Klage schreyen gehört, gestorben sey.

Von wunderlicher Pest-Cur

Ohngefähr um das Jahr 1645. grassirte in Oberösterreich eine grausame Pest, in solcher Zeit kam ein Schlösser, so meines Vater Nachbar war vor unser Hauß und dem Vater vors Fenster. Diesen fragte mein Vater, wie es ihm gienge? Wie soll mirs gehen, sprache jener, Ich habe die Pest unterm Arme. Last sehen, sprache der Vater, wie siht die Beule aus? Der Schlösser öffnet seinen Rock, zeucht den Ermel aus und weiset den locum affectuosum. Bald kriegte mein Vater ein Gabel, damit man isset, stösset durch eine ausgebrochene Scheibe den Schlösser in die Beule, daß Er auf die Erde hinsinket, und männiglich meinte, der Schlösser wäre todt. Als aber durch diesen Stich die Materia Lufft gwonnen, und herauß getrungen, ist der Schlösser wieder zu sich selbst gekommen, gesund und ein alter Mann worden.

Von meinem Großvater Carol Bähren, und vom eigendlichen Ursprung unsers Geschlechtes

Der erste Bahr, von welchem unser Stamm in Österreich entsprungen, hat Johann geheissen, welcher vor ohngefähr anderthalbhundert Jahren aus dem Anhaltischen als Leutenant unter den Auxiliar Völkern wieder den Türken geschikt worden. Er ist einer von Adel gewesen, und führet allem Ansehen nach sein Urwesen von denen Bähren her, die vor uralten Zeiten Balkenstätt (hodie Ballenstädt) und Bernburg erbauet haben, davon in dem Merseburgischen Chronologisten, Brottuff, in seiner Anhaltischen Chronica ein mehrers mag nachgeschlagen und gelesen werden. Als nun dieser im Zurückmarch in der Statt Linz erkranket und endlich daselbst starbe, hinterliesse Er einen Sohn von 15. Jahren, welchen ein Fischer von Attersee, der dazumahl in Linz war und seine getreügte Fische im Wirthshauß, da diser starbe, verkauffte, aus Barmhertzigkeit zu sich nahme, und ihn nechst Atter-See am Buchberg in seinem Hauße als einen Sohn auferzoge. Nachdem nun diser Fischer veraltet, übergabe er diesem Bähren mit seiner Tochter zugleich all seinen Fischer Zeüg, welcher hernachmahls sehr vill Kinder gezeüget, die allenthalben in d. Welt versträuet worden. Unter anderen kamme mein Großvater Carol Bahr in Ungern zu einem Fleischhaker, von ihme das Handwerk zu lehrnen. Als er aber einsmahls auf dem Felde war, Knoblauch zu langen, kriegten ihn die streiffende Türken gefangen. Ist also in die Türkey gekommen, und zu unterschiedenen Mahlen darinen verkauft worden. Er ist bey einem Herren gewesen, mit welchem er hin und wieder reisen müssen. Als Er nun einer Zeit mit ihme Betlehem vorbey passirte, hiesse ihn sein Herr den Berg hinunter sehen, und sprache: Sihe Carol, hierunten ist dein Gott gebohren worden. Er hat offt erzehlet, daß ihme über diese Wortte die Augen übergelauffen seyn.

Endlich hat ihn ein Venetianischer Abgesandter zu Alcair [Kairo] heimlich verkleidet, mit sich nach Venedig gebracht, von dem Er auch einen Welschen Abschied bekommen, welchen ich noch gesehen und gelesen habe. Als Er nun wiederum nach vielen verlauffenen Jahren gen St. Georgen gekommen, logirte er sich bey einem seiner Brüder, welcher Wirthschafft triebe. Er gabe sich nicht zu erkennen, und zehrte etliche Tage, ohne daß Er etwas bezahlte. Als Ihn nun sein Bruder deßwegen mit einem Prügel aus dem Hause jagen wollen, gab Er sich zu erkennen, wird von den seinen mit Freuden angenommen, und endlich hernach daselbst Markt Richter. Wie aber mein Großgroßvater der Fischer am Buchberg umkommen, solches erzehlte mir mein seliger Vater auf dem Weg von St. Geörgen biß gen Attersee. Dan als ich einsmahls mit ihme gantz allein dahin gienge, hiesse er mich unterwegens stille stehen, wiese mir ein steinern Creutz, und sagte, wie an der Stelle und Orth derselbe Fischer von denen Bauern mit einer Axt wäre in den Kopff gehauen worden, solchen hette er noch, mit dem Schnupptuche zugebunden, und wäre noch etliche Feldweges gen Abstorff gelauffen, alda er todes verblichen, und ihme dieses Creutz zum Angedenken von denen Befreundeten aufgerichtet sey. Das ist also der Innhalt unsers Herkommens, auf das allerdeutlichste und kürzeste verfasset.

Freveln thut kein Gut

In Oberösterreich ligt im Attergau eine See, Nahmens der Atter, vulgo Ader-See, in welchem das Gräfliche Khevenhillerische Schloß, Cammer, wie auch Lizelberg ligt. Diese See ligt entwan eine Stund von St. Geörgen, gibt gute Fische, und gefrüret gemeiniglich in harten Wintern, wie andere Wasser hart zu, also, daß man mit Wägen darüber fahren und reutten kan. Zu unserer Großvätter Zeiten hielte ein Bauer Winterszeit über der See Hochzeit. Er gieng mit seinen Hochzeits Gästen, bey etlich 20. Mann hinüber in sein Dorff. Dort käme sie allesamt eine Lust an, zu guter letze auf dem Eise ein Tänzlein zu thun. Geth also Braut und Bräutigam samt allen anderen zu Paar und Paaren wider auf die gefrorne See, der Sakpfeiffer aber bleibt daraussen auf dem Rande sizen, kaum aber haben die Frevler zu tantzen angefangen, brache daß Eiß unter ihnen, daß von der ganzen Gesellschafft niemand als der Sakpfeiffer leben bliebe. Die Geschieht ist hernacher in Stein gehauen worden.

O ihr Arme! Ich wünsche Euch allen, daß ihr nicht seid gefallen, vom kalten in das warme!

Wie wunderlich mich Gott in meiner Jugend am Leben erhalten

In meiner Jugend, etwan im 4ten oder 5ten Jahre, gienge Ich mit meinen zweyen Brüdern Abraham, und Gottlieben, in meines Vaters Gartten, Wir waren alle 3 zusamen kaum 12. Jahr alt, und sazten unß aus kindischer Einfalt im Grase nieder, zum grossen Ungelüke stunden daselbst so genante Bemerer (ist eine Frucht, die in Schilffen wachset, welche kein Vieh frisst) solche pflükten wir ab, vorgebend, es wären Kuchen. Beyde meine Brüder verschlukten selbige, ich aber wurffe sie über die Achsel hinter mich. Dises geschähe Abends um 8. Uhr. Morgens gegen 11 Uhren, seind sie beyde verschieden, und in einem Sarge beerdiget worden. O ihr seelige Hertzen, die ihr Gott anschauet habet mich zurük gelassen in einem Hause voll Jammer und Thränen, alwo Ich von Grund der Seelen seuffze und wünsche bald bey euch zu seyn, auf daß Ich samt euch loben möge Gott den Vater, Gott den Sohn, und Gott den Heiligen Geist, den hochgelobten Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!

Erzehlung, wie mirs in meiner Jugend in einer Baderey ergangen

Ich will meinen Kindern oder Nachkommen erzehlen, wie wunderlich es Gott mit mier in meiner Jugend der Profession wegen gefüeget hat, Zu St. Georgen, alwo Ich gebohren, wohnte ein vermöglicher Bader, welcher meines Vaters leibliche Schwester zum Weibe hatte, Er hiesse Ortner u: hatte seine Baderey auf dem so genanten Grieß bey einer Mühle wo man nach dem Schloß Kogel gehet. Dieser nähme mich in frühzeitiger Jugend zu sich, und weil er ein sterile Matrimonium führte, war er willens, mich an Kindesstatt aufzuzihen und mir seine Profession zu lehrnen.

Einsmahls war er samt seiner frauen in dem Marktfleken zu Gaste gebetten, alda sich auch mein Vater zugleich mit eingefunden, unter wehrender Mahlzeit erregte sich ein Discurs vom Kinderzeugen, und weil mein Vater seine Schwester die Baderin anstäche, daß sie wegen ihrer allzuhefftigen Fettigkeit kein Kind gebähren würde, erzürnte sie und sagte: Du hast gut Kinder zeugen, wan dirs andere Leuthe ernehren. Augenblüklich steth mein Vater vorn Tische auf, laufft hinunter in das Bad, ergreifft mich, als ich schon ausgezogen war und auf dem Bette sass, nahme mich auf die Arme, u: als wir an die Brüken des Baches kamen, füelle er mit mir in den Schnee hinab, daß ich Pfützen naß wurde. Er eillete nachdem mit mir nach Hause, und von derselben Zeit an bin ich von denen Laß Köpffen befreyet, und zu denen Noten applicirt worden, an statt nun meine Hand andere Leuthe mit der Baderflüthe hakt, so gebe ich auf dem Chor den Tact.

Der Attersee in der Literatur des 19. Jahrhunderts

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