Читать книгу Der Attersee in der Literatur des 19. Jahrhunderts - Franz Roither (Hrsg.) - Страница 9

Peter Regulat Stolzissi

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Das Buch mit dem stolzen Titel „Die landesfürstliche Stadt Vöcklabruck in Oberösterreich und die Bereisung ihrer Umgebung sowie des Salzkammergutes, nebst den betreffenden historischen Angaben“ erschien 1862 in Wien und war vorgesehen „zum Gebrauche für Einheimische und Fremde“. Der folgende Spaziergang beginnt in Vöcklabruck und führt zum Attersee.

[…] Der nächste aber unbedeutende Ort ist Pettighofen, dann Au mit der Peyer’schen Papierfabrik an der Ager. An den beiden Agerufern stehen in kurzen Zwischenräumen die sogenannten sieben Mühlen, mitunter stattliche, malerische Bauten.

Noch weiter gegen Süden vorgerückt, und es präsentiert sich der schöne Markt Schörfling, hoch auf seiner grünen Anhöhe, von der geräumigen Kirche und dem zierlichen Kuppelthurme überragt, am rechten Ufer der Ager.

Im Genusse dieser Ansicht schreite der Wanderer noch eine halbe Stunde vorwärts und er wird die Brücke am Ausflusse der Ager aus dem Attersee erreichen. Auf einer Piloteninsel, in den See hineingebaut, winkt ihm das schöne Schloß Kammer das freundliche Willkommen entgegen, während am linken Ufer Seewalchen traulich zum Besuche einladet. Mitten durch spiegelt sich auf der grünblauen Fläche des Attersee’s der im Hintergunde stehende Buchberg und der an seinen Fuß hingeschmiegte Ort Attersee. Ein erhabener, überraschender Anblick, – der schon so manchen Naturfreund ein Ach des Entzückens entlockte.

War die Aussicht von der Brücke aus erhaben, so ist die vom Schlosse aus entzückend zu nennen. In seiner Majestät liegt der schimmernde See weit gegen Süden gestreckt vor den Augen, mit dem hübsch abgerundeten, kühn in die Wolken dringenden Profile des Schafberges im Horizonte. Vor ihm erheben sich in aufsteigender Ordnung am rechten Ufer der Gahberg, die Seeleiten, der Steinberg, das Lecken- und Leonsgebirge, während am linken Ufer sich der Elfer- und Zwölferkogel wie ein Zwergpaar vor dem Riesen (dem Schafberge) mit ihren felsenstarrenden Kuppen empor-zublähen versuchen. Vor ihnen wölbt sich sanft der waldige Holler-berg und Limberg, dann im Westen der stattliche Buchberg. Am Fuße benannter Berge am Seeufer hingesäet sind die Ortschaften Weyeregg, Burgau, Dexelbach, Zell, Nußdorf, Absdorf, Attersee, Buchberg und Seewalchen auf seiner sanften Höhe zu schauen.

Schloss Kammer, mit geräumigen Vorbauten am Ufer, gehörte anno 1249 dem Gottfried und Haidolf von Chammer. Anno 1271 war es im Besitze der Schaumburger, bis es anno 1383 Heinrich von Schaumburg an Herzog Albrecht von Österreich verkaufte. Anno 1478 war es Eigenthum der Herren Wolfgang und Jakob von Praun. Diese gaben ihre Ansprüche darauf an Kaiser Friedrich IV. ab. Anno 1581 verkaufte Rudolf II. die Herrschaft Chammer an Hans Khevenhüller, in dessen Familie sie bis heute sich befindet. Ein Graf Khevenhüller von Kammer rettete im September 1626 die Stadt Vöcklabruck aus den Händen der Bauern unter ihrem Anführer Nimmervoll, nahm Wolfsegg ein und schlug die Rebellen endlich bei Köppach.

Kammer ist ein beliebter Ausflugspunkt der Vöcklabrucker und Gmundner. Die lustige Hofwirthin versteht es vorzüglich durch ihre naturwüchsigen Scherze, durch gute Küche und ungefälschtes Rebenblut die Grillen aus dem Kopfe des Gastes zu verscheuchen.

Der kurze Anstieg der Höhe, auf welcher der Markt Schörfling thront, wird reichlich vergolten durch die herrliche Fernsicht, die sie bietet. Der geeignetste Punkt hiezu ist der Sommerkeller von Mittendorfer.

Der Markt Schörfling (Skerolfinga) ist seit dem 9. Jahrhundert bekannt. Anno 1649 raffte die Pest einen großen Theil der Einwohner hinweg.

Anno 1787 brannte beinahe der ganze Markt ab. Vom Jahre 1787 bis 1828 litt er 6 Mal durch Feuer.

Eine kleine Stunde östlich ist das idyllische Dörflein Aurach, anmuthig in einem Walde von Obstbäumen versteckt.

Von dem nahen Gahberge blinkt freundlich das beliebte Wallfahrtskirchlein aus seiner luftigen Höhe herab, zur Andacht und zu unvergleichlicher Fernsicht einladend; was sich die lustige Sippschaft von Vöcklabruck wohl jährlich zu Nutzen macht.

Eine Stunde südwärts steckt in einem Walde von Zwetschkenbäumen auf der Stelle einer, durch den wilden Gebirgsbach verschütteten römischen Ansiedlung das Pfarrdorf Weyeregg. Bei Gelegenheit einer Brunnengrabung im Bauerngute Pollhammer brachte man nebst andren Dingen auch einen römischen Mosaikboden zu Tage.

Der Pfarrhof steht auf den Trümmern des einstigen Freistiftes Weyeregg, den im Jahre 1671 Christoph von Khevenhüller besaß.

Am 24. September 1742 ertranken bei Gelegenheit einer Wallfahrt der Pfarrgemeinde über den See nach Steinbach 88 Personen.

Dem schönen Seeufer entlang, bei vielen von Reben umrankten, von Obstbäumen beschatteten Bauernhäusern vorüber, führt die Straße in zwei Stunden nach Steinbach.

Steinbach ist ein Pfarrdorf am Fuße des sogenannten Steingebirges, des am weitesten gegen den Attersee vorgeschobenen Theiles des Höllengebirges.

Das Dorf Steinbach gewährt einen äußerst lieblichen Anblick. Die Häuser und Hütten liegen in malerischer Unordnung zerstreut, größtentheils hinter Obstbaumgruppen versteckt, auf einem sanften Bergabhange herum.

Von seinem grünen Hügel von üppigem Baumwuchse umkränzt, blickt das alte ehrwürdige Gotteshaus mit seinem kuppeligen Thurme gar traulich herab auf die Straße, den See und die jenseitigen Ufer.

Steinbach in seiner stillen Abgeschiedenheit, mit seinem Vogelsange, Wellenplätschern und Bächerauschen, eignet sich vorzüglich als Sommeraufenthalt für Jene, welche ihre Ferienzeit in ungestörter Ruhe und im Genusse der ungekünstelten prachtvollen Natur, in ihrer Lieblichkeit und Großartigkeit zu verleben gedenken.

Das Gasthaus zur Lohinger Mühle des Wimroither, in der Nähe der Kirche, hat eine schöne Lage, ist ziemlich geräumig und empfehlenswert.

Da sich der Weisheitsschwindel des sogenannten aufgeklärten Zeitgeistes noch nicht bis hieher erstreckte, so findet sich noch manche nicht uninteressante Sage im Volksmunde. So erzählte man mir z. B.: Es sei im Pfarrthurme eine uralte Glocke, welche in der Nähe der großen Alm in der hintern Viechtau von einem Hirten gefunden und ausgegraben worden sei. Man wollte sie nach Neukirchen in der Viechtau befördern, aber vier Pferde bewegten sie nicht von der Stelle, während ein Paar Kälber sie leicht nach Steinbach beförderten.

Eine andere Sage berichtet, dass man die Pfarrkirche anfangs auf dem sogenannten Kreuzbüchel zu bauen begann; die Waldvögel aber trugen die Holzabfälle und Splitter immer von dem Bauplatze fort, auf jene Stelle hin, wo jetzt die Kirche steht, weßwegen der Bau dort aufgegeben und an der von den Vögeln bezeichneten Stelle begonnen wurde.

Zwischen der Kirche und dem Schulhause soll vor vielen Jahren eine Heilquelle geflossen sein, welche vorzüglich bei Flechten, Aussatz und Hautkrankheiten mit gutem Erfolge angewendet worden sei. Ein Bauernweib mißbrauchte dieselbe, indem sie einen schäbigen Hunde hineintauchte, und der Heilbrunnen versiegte.

Von den Bergschlägen aus, oberhalb Bramhosen bei Steinbach, die als Almweiden benützt werden, wurden öfter sogenannte Bergfräulein gesehen mit Waschen und Trocknen blendendweißer Linnen und Wäsche beschäftigt; nahte man sich ihnen, so verschwanden sie, angenehmen Veilchenduft zurücklassend. So meldet die Sage.

Steinbach ist ein sehr alter Ort, 807 zuerst urkundlich vorkommend. Es scheint, daß bei den Christenverfolgungen die eifrigen ersten Bekenner sich in diesen abgelegenen Winkel flüchteten, um hier ungestört Gott dienen zu können.

Gewiß ist, daß die alten Bewohner der St. Wolfang-Gegend die Pfarre Steinbach als die ihrige besuchten. Es sind noch deutliche Spuren des Kirchweges über den Fohberg in Stein gehauen bemerkbar.

Von den Landleuten der Gegend wird erzählt, daß an der Stelle der Kirche früher ein Götzentempel gestanden sei, auch soll man im Gottesacker vor vielen Jahren zwei Götzenbilder ausgegraben haben.

Von hier führt die Straße in der Nähe des Ufers zuerst über lachende Wiesen und Fluren an einem stattlichen Jägerhause vorüber, dann windet sich selbe zwischen den senkrecht aufstrebenden, phantastisch ausgezackten, mit spärlicher Nadelholzvegetation decorirten Felsenkolossen des Steingebirges und dem an die Böschung anschlagenden Wasserspiegel hindurch, in einer kleinen Stunde dem Orte Weissenbach zu.

Der große schöne Gasthof des Herrn Hesch kehrt die Hauptfront dem See zu, ist hart an’s Ufer hingebaut unweit vom Ausflusse des Weißenbaches in den See, am Eingange des Weißenbachthales und an der Poststraße nach Ischl. Die Aussicht von der geräumigen Altane aus ist entzückend schön.

Daß Weißenbach seiner schmackhaften Fische und seiner prächtigen Aussicht wegen von den Ischler Kurgästen vielfach besucht wird, glaube ich noch beifügen zu müssen.

Die Poststraße von Vöcklabruck nach Ischl dem Attersee entlang ist vorzüglich jenen Reisenden zu empfehlen, die von Salzburg und Baiern herankommen, da sie nicht nur das oftmalige Umpacken der Habe verhütet, sondern auch an und für sich so viel Schönes und Interessantes bietet, wie kaum eine andere. Zudem ist sie, namentlich von Kammer aus, im besten Zustande und gänzlich gefahrlos.

Von Weißenbach aus führt ein bequemer Fußweg, dem südlichen Seeufer entlang in einer halben Stunde nach Unterburgau.

War schon der Weg dahin, durch seine überraschend schönen Baumgruppierungen, phantastischen Felsdecorationen, durch die üppige Gebirgsvegetation (darunter die Alpenrose), durch die herrlichen Aussichten auf die Seegegend, äußerst lohnend: so erlangt dieses Vergnügen erst seinen Höhepunkt, wenn man den Ansitz Loidl’s in Unterburgau erreicht hat.

Die Aussicht vom besagten Ansitze aus ist eine der schönsten, lieblichsten, die ich je gehabt habe.

Hinter sich sieht man den felsigen Leonsberg emporstarren, links die zackigen Häupter der Elfer- und Zwölferkogeln, darüber guckt die steile Drachenwand am Mondsee heraus, das idyllische Unterach (in der Volkssprache das kleine Venedig genannt) am Fuße des sanft abgerundeten Hollerberges, noch weiter zurück zeigen sich der Limberg und der Buchberg mit den Ortschaften Mißling, Zell, Dexelbach, Nußdorf, Abtstorf, Attersee, Buchberg, Litzelberg am Fuße schön hingestreut als weiße Blümlein in dem saftiggrünen Uferkranz. Am nördlichen Ufer prangt auf sanfter Höhe das niedliche Seewalchen, darüber hinaus, auf dem duftigblauen Ausläufer des Hausruckberges das Schloß und der Markt Wolfseck, rechts der Gahberg mit dem Orte Weyeregg am Fuße, dann die Seeleiten, daran sich schließend folgt das zierliche Steinbach, hingelehnt an den wildverwitterten Steinberg, gesellt sich dazu noch ein schön blauer, mit weißen, fliegenden Wölklein bemalter Himmel; so giebt das Ganze ein Bild von selten gesehener Schönheit, wo sich das Starre mit dem Weichen, das Großartige mit dem Idyllischen in einer schönen Harmonie vereiniget.

Loidl hat ein zu interessantes Vorleben, als daß ich es verschweigen könnte. Er wurde in dieser Gegend geboren und war schon in seiner Jugend ein leidenschaftlicher Jagdliebhaber. Unter der baierischen Herrschaft kam er zum Militär und desertirte. Er verbarg sich zu Hause und trieb das gefährliche Handwerk eines Wildschützen und zwar so arg, daß die fürstlichen Jäger den Auftrag erhielten, ihn lebendig oder todt einzuliefern. Es gelang ihnen nicht, seiner habhaft zu werden. Dadurch lenkte er die Aufmerksamkeit einiger Hochgestellten auf sich. Fürst Wrede von Eich verwendete sich für ihn und erwirkte ihm Begnadigung für seine früheren Handlungen, ja man gieng, ganz rational, noch weiter und gab ihm, wie man mir sagte, eine fürstliche Jägerstelle, seine Tüchtigkeit und Freude hiezu wohl würdigend. Man täuschte sich nicht in ihm, sein ganzes folgendes Leben war das eines Ehrenmannes. Der ehrwürdige, nun 79jährige Greis erzählte mir selbst, er habe wohl 1000 Stück Hochwild erlegt. Seine erste Frau verschlang ihm sein schöner Nachbar, der Attersee, seine zweite Frau wird noch jetzt als gefährlich irrsinnig hinter Schloß und Riegel gehalten. Der kinderlose Loidl hat während dieser Zeit 29 Waisenkinder aufgezogen und zum Theil nach Verdienst ausgestattet. Doch, wie er mir sagte, erlebte er wenig Freude daran. Die Buben, bemerkte er, kamen zur Zeit, wo sie ihm hätten ersprießliche Dienste leisten können, zum Militär und manches Mädchen glaubte ihn mit einem unbefugten Familienzuwachse beschenken zu müssen. Doch trotzdem sah ich noch zwei Kleine da, die ihn als ihren Ziehvater begrüßten. Sein Ansitz ist nach seiner Idee gebaut. Der geräumige Fischteich und sein großes Vogelhaus sind sehenswert. Er lebe noch lange und glücklich!

Von hier aus ist eine kurze Seefahrt nöthig, da der Fußweg um die abgerundete Seebucht über die zu steil aufsteigenden Felsenufer oft durch Murbrüche und Steingeröll unterbrochen und gefährlich wird. Die Fahrt nach Unterach dauert nur eine halbe Stunde und ist vorzüglich schön zur Nachtzeit, wenn dem Schifflein die beleuchteten Fenster Unterach’s auf dem blanken Seespiegel in langen Streifen entgegenzittern.

Unterach ist ein freundlicher, von der Natur mit einem sehr gemäßigten, gesunden Klima gesegneter Ort. Hier allein wachsen die Kastanien im Freien zu stattlichen Wäldern heran.

Die Häuser sind in einer langen Reihe an das Seeufer hingebaut, ihre mitunter sehr malerischen Schiffhütten in den See hinausschiebend.

Da herrscht das regste Seeleben, namentlich zur Morgenzeit. Vieh, Kalk, Holz, Holzkohlen, Bret[t]er und andere Producte werden verladen, um nach Kammer oder in die Ager verschifft und verflößt zu werden; die Flößer binden und nageln sich ihre schwanken Fahrzeuge zusammen, die Fischer gleiten und furchen in die blaue Fläche hinein und werfen emsig ihre Netze aus, die Buben angeln am Ufer, während rothbackige Mädchen in ihren kleinen Kähnen ihre Wäsche ausschwingen.

Unterach (Untracha, Unträ) ist ein Pfarrdorf, dessen Alter mir unbekannt ist. Die ältesten Pfarrbücher reichen bis 1645 zurück. In Unterach stand ein Schloß, das bis auf ein Thurmfragment, welches als Kalkofen benützt wird, verschwunden ist.

Das Schloß war anno 1630 Eigenthum der Familie Lasser zu Lassereck, später besaßen es die Grafen von Starhemberg und am 20. April 1667 kaufte es Franz Christoph von Khevenhüller.

Unterach wird mit Vorliebe als Sommeraufenthalt von verschiedenen Seiten her benützt und eignet sich dazu sowohl seiner schönen und freundlichen als auch gesunden Lage wegen vortrefflich. Unterkunft bieten die zwei guten, geräumigen Gasthäuser (Mettendorfer und Hager) und manches niedliche Privathaus. Die Aussicht von dem Balkone auf der Hager’schen Schiffhütte ist sehr schön.

Von hier aus führen verschiedene Wege auf den vielbesuchten Schafberg, dessen Besteigung wohl kein Naturfreund unterlassen sollte.

Ein Weg führt über die Eisenau, Sulsenalm und den unteren Schafberg in 6 Stunden gefahrlos auf die Spitze; ein zweiter Weg geht durch den Burggraben, Schafbergthürl zur Höhe, während ein dritter sehr bequemer über Scharfling am Mondsee, Hüttenstein und die Schafbergalm zum Ziele führt. Als empfehlenswerthen Führer nenne ich den Mathias Scharnthoner in Unterach.

Hier kann ich es nicht unterlassen, die Partie auf den Schafberg, die ich vor einigen Jahren unternommen, einzuschalten, wie ich sie in meinem Tagebuche eingeschrieben finde.

Der Marsch begann Nachmittags von Unterach aus westwärts zum Mondsee. Nach ¾ Stunden war er erreicht und ein Einbaum (ein in Form eines Troges ausgehöhlter Baumstamm, der als Nachen dient) gemiethet, der mich in einer halben Stunde nach Scharfling über den herrlichen Mondsee hinüber schaukelte.

Nach Scharfling begann bald ein düsterer Hohlweg steil bergan bis auf die Wasserscheide der Ischl und der Ager. Von hier gieng es dann bergab dem Orte Hüttenstein zu, mit dem hübschen, dem Fürsten Wrede gehörigen Schlosse Eich. In der Nähe desselben, in einem dunklen Winkel hineingedrückt, senkrecht unter der Straße, drohte der kleine, pechschwarze Krottensee dämonisch, wie ein riesiges Tintenfaß herauf.

Vom Orte aus begann der Anstieg des Schafberges über einen gut ausgetretenen Fußweg zuerst über grüne Matten, dann durch Wald und Gesträuch, über Bergmäder zur Oberalm, wo nahe an einander in malerischer Verworrenheit eilf Sennhütten herumliegen. Eine davon ist zum Theil aus Stein gebaut mit mehreren Zimmer, zur Fremdenwohnung eingerichtet mit bequemem Betten. Eine Frau von St. Gilgen besorgt die Wirthschaft, bietet gute Küche und lobenswerthen Keller, und, wer Freude daran hat, eine angenehme Conversation. Nach einer Stunde war der Gipfel und die bequeme Restauration des Herrn Schwarzinger von St. Wolfgang erreicht.

Der Abend war schön und schon ziemlich vorgerückt, darum begab ich mich nach einer kurzen Ruhe auf den Dachboden der Herberge, den Untergang der Sonne erwartend, welche bald blutroth am fernen Horizonte hinunterstieg, zuerst einen rothen, allmälig in’s Gelbe und Fahle übergehenden Schein und dann eine ziemlich helle Mondnacht zurücklassend. Im Speisesaale angekommen, folgte eine amüsante Durchmusterung des dicken Fremdenbuches. Unzählige Namen, große Titel, schlechte Verse, entlehnte Gedanken, spärlich unter ihnen ein klares Original, ein gelungener Witz; wie wenige Weizenkörner in einem Haufen Spreu, wie seltene Goldkörner im Sandes des Flußufers.

Nach einer kurzen Nachtruhe war ich schon wieder, mit allem Nothwendigen ausgerüstet, auf dem Balkone. Noch war ringsum das zauberhafte Licht einer hellen Mondesnacht. Der Mond mit seinem funkelnden Sternenheere schien herabgestiegen zu sein auf den tief unten liegenden Riesenspiegel des Attersees. Einzelne glänzende Wölklein huschten geisterhaft an ihm vorüber und stockten sich im Osten wie eine ferne Gebirgsmasse auf. Die Contouren der umliegenden Gebirge erschienen in ganz unbestimmten Formen, wie mit einem dunklen Schleier verhüllt, nur die näheren Flächen des Aber- und Mondsee’s sendeten einen matten Schimmer aus dem dunkelgrauen Chaos ihrer Umgebungen herauf. Der Mond neigte sich zum Untergange; seltsam ausgezackte Nebel, in die sich die zerrissenen Schatten ferner Gebirge hineinbohrten, warfen ihren hüllenden Schleier über seine sinkende Scheibe. Darauf folgte beinahe gänzliches Dunkel.

Es war sehr kalt; ein zeitweiliges Warten auf dem einem leisen Winde ausgesetzten Balkone brachte mich auf den Gedanken, im Schlafzimmer hingekauert den erwünschten Zeitpunkt abzuwarten, was ich sicher auch gethan hätte, wenn nicht ein kaum bemerkbarer fahler Schein am östlichen Firmamente meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. Dem allmälig intensiver werdenden Scheine folgte eine immer mehr und mehr sich röthende Feuermasse, umgeben von einem Strahlenkranze, in dessen Kern die Sonnenscheibe wie ein plötzlich angezündetes Strontianfeuer mir entgegenleuchtete. Die Umrisse der Wölklein umsäumten sich mit brennendem Purpur, während sich im Süden die edelgeformte Pyramide des Dachstein, wie ein rosenrother Riesenkrystall, über die noch schwarzen Zacken der umliegenden kleineren Berges-riesen emporhob. Bald tauchten die Strahlenfluthen tiefer hinab und steckten bald diese, bald jene Spitze in Brand, bis ein wahres Glutenmeer, der ganzen Gebirgslänge nach, emporzulodern schien.

Von nun an begann ein lebhaftes Schimmern und ein blitzendes Strahlenspiel auf den Firnern, Gletschern und Schneefeldern des Dachsteins und des ewigen Schnee im Bezirke Berchtesgaden. Der rothe Schein gieng allmälig vom sanften Purpur in intensiveres Gelb über, während die Zinnen der südlichen und westlichen Stein- und Eiskolosse noch im schönsten Rothe fortglühten, als schwarze Ungethüme mit brennenden Häuptern. Der glänzende Sonnenball entwickelte sich aus seiner Nebelverkappung, die Wölklein strahlten in schimmerndem Gelb, das Firmament bemalte sich mit Blau und die veilchenblauen fernen Gebirge nahmen bestimmtere Formen an. Die dunkelbewaldeten Vorgebirge streckten ihre sägeartig ausgezähnten Rücken empor, durch die weichen Thalmulden stürzten, wie Silberfäden, hüpfende Bächlein herab, dem Flusse zueilend. Zwischen Wald und Felsen schillerten die vom sanften Morgenwinde leise bewegten Seespiegel, das bewegliche Röhricht herumschaukelnd. Die Fenster der Berghütten blinkten wie glühende Sternlein in den schiefen Strahlen der Morgensonne.

Die Schatten kürzten sich, das Chaos in Baierns Ebenen entwirrte sich allmälig, die röthlichen, von unzähligen Schattenfurchen durchzogenen Felsengebirge erbleichten, zwischen ihnen schimmerten, wie flüssiges Silber, die kegel- und pyramidenförmigen Hörner und Spitzen der Eis- und Schneegebirge der Tauernkette hervor. Auf einigen Thälern ruhte eine horizontal abgeebnete Nebelmasse, die ich in der Dämmerung Zwielicht für Seen gehalten hatte.

Nun drangen die lieblich andächtigen Klänge der Aveglocken, bald von da, bald von dort herauf; die Finken und andere Jochbewohner begannen sich zu regen, schlüpften durch die Rhododendron-Stauden, die ihnen eine gastliche Herberge geboten, und stimmten fröhlich ihre Lieder an; die Alpenschafe verließen ihre Lagerstätten unter den schirmenden Hochtannen, die mit ihren Aesten und Zweigen den Boden berühren, unter deren Schutze die harmlosen Thiere die Nachtzeit im erquickenden Schlafe, oder mit ihrem stereotypen Wiederkauen, dicht an einander gekauert zugebracht hatten. Bald öffneten sich die Zwinger der Alpenkühe, traulich klangen ihre vielen Glöcklein und Schellen durch die leise Morgenluft. Mehr und mehr lichtete sich das Firmament, die Nebel verdünnten sich und verschwanden.

Nun erst begann ich das Studium der Gegenden, unabsehbar im Kreise, beginnend von dem Riesengrenzsteine Österreichs, Steiermarks und Salzburgs, dem Dachstein im Südosten (Höhe ü. d. M. 9490 F.). Vor ihm erheben sich der düstere Plassen-, die Kallenbergspitze und der Lauffner Berg; mehr gegen Süden die Gsengplatten, die löwenzahnartigen Donnerkogeln, das Heidlhorn in der Nähe der Zwieselalm, das Haberfeld, der hohe Zinken und die Sperberspitze; weiter gegen Westen die Steingewände des Bleikogels, des Raucheckes und Tirolerkopfes am Tännengebirge, dazu in noch weiterer Ferne die glänzende Decke des ewigen Schnees, der übergossenen Alpe, des steinernen Meeres (der höchste Punkt die Wildfelsspitze, 9298 F.); weiter hinauf der Watzmann, der hohe Göll, der hohe Kalter, die Mühlstürzhörner, der Birnhorn, das Breithorn am Loferer Steingebirge, der hohe Kaiser (in Tirol), die Sesselberge, das Sonntagshorn, der Untersberg und die Staufenspitze. Vor diesen benannten sieht man die Rasen- oder Felsenspitzen und Kuppen des Gaisberges, des Spielberges, des Wiesbachhörndles, des Ochsenberges, des Schlenken, Schmittenstein’s, Trattberges, Schwarzberges (im Salzburgischen), die Drachenwand bei Mondsee. Im Nordwesten und Norden die Ebenen Baierns und darin die schimmernden Spiegelflächen der Chiem- und Waginger Seen. Bei besonders reinem Horizonte soll man soger die Thürme der Frauenkirche in München bemerkt haben. Mehr in der Nähe sah ich den Taferlberg, Thanberg, den Haunsberg (bei Laufen am Inn) und dazwischen die Seeflächen des Trumer-, Graben- und Mattsee, des Waller-, Zeller- und Fuschlersees, ferner den Kobenauserwald, den Hausruckberg, das Hügelland von Oberösterreich und darüber hinaus die unabsehbare Ebene Baierns mit den vielen Thürmen, Ortschaften, Schlössern …

Gegen Nordosten erblicke ich im fernen Horizonte die blauen Züge des Böhmerwaldes, die Hochebenen des Mühlviertels, die breite Fläche der Welserhaide, die Städte und Ortschaften an der Bahnlinie von Linz bis Neumarkt; gegen Osten das ernste Höllengebirge, darüber herein blickte der Traunstein und die scharfen Zacken der steyrischen Alpen, vom großen Priel bis zur weißen Wand am Grundelsee; gegen Südosten lag der Leonsberg, der Santling, der Lofer, der Sarstein, der Krippenstein, Gschirrkogel und Grimming. Tiefer im Süden, in der Richtung von Osten nach Westen, ragen über oben benannte in fortlaufender Reihe die Hochriesen der Tauernkette herein, die Eis- und Schneespitzen des Radstätter- Malnizer-, Naßfelder-, Heiligbluter-, Fuschler-, Velber- und Krimlertauern, in einer Höhe von acht bis beinahe zwölf tausend Fuß über der Meeresfläche.

Den Fuß des Schafberges sah ich im Süden und Südwesten vom Wolfgang- und St. Gilgenersee, im Nordwesten vom Mondsee und im Nordosten vom Attersee bespült. Im Hochthale zwischen dem Schafberge und dem Leonsberge ist der kleine Schwarzbachsee, in einer romantischen Lage, eines eigenen Besuches werth.

Ich führte unter den unzähligen, vom Schafberge aus sichtbaren Spitzen nur die bedeutendsten an, da ich die Namen der übrigen nicht kenne.

Man nennt den Schafberg mit Recht den Rigi Deutschlands, da wohl kaum ein zweiter Berg im ganzen Deutschland bei einer so bequemen und gefahrlosen Besteigung so viele Genüsse zu bieten vermag.

Ich kehre wieder nach Unterach zurück, Andere mögen besser den bequemen Weg über St. Wolfgang nach Ischl oder über St. Gilgen nach Salzburg wählen, von denen beide so manches Neue und Interessante bieten.

Von Unterach aus gegen Norden am linken Seeufer folgen in langer Reihe die Ortschaften Mißling, Dexelbach, Zell, Reit und Nußdorf. Die von zahlreichen Obstbäumen umschatteten Häuser und Hütten derselben stehen in anmuthiger Verworrenheit theils am Ufer, theils an den Abhängen des Holler- und Limberges und beherbergen die friedlichen evangelischen Landleute der Pfarre Attersee.

Auf einer kleinen Anhöhe zwischen dem Lim- und Buchberge, etwas abseits von der Straße nach St. Georgen, ist das idyllische Pfarrdorf Absdorf (Abbatesdorf). Erste Urkunde der Pfarre anno 1142.

Auf einem nahen Hügel bietet der Sommerkeller von Absdorf ein überraschend schönes Bild der Seegegend, auch soll von hier aus einige Male eine prachtvolle Fata morgana beobachtet worden sein.

Der Pfarrort Attersee, zwischen dem Fuße des waldbedeckten Buchberges und dem Seeufer gebaut, hat eine wunderschöne Lage, namentlich gereichen dem Orte, die auf einem Hügel gebaute katholische Pfarr- und Wallfahrtskirche und das mitten im Dorfe befindliche evangelische Bethaus mit seinem schlanken Thurme zur Zierde.

Prachtvolle Aussichten bieten hier der Balkon des Hager’schen Bräuhauses, die katholische Pfarrkirche und der Scheitel des Buchberges.

Die Pfarre Attersee kommt anno 1276 urkundlich vor.

Die einstige St. Martinskirche wurde anno 1824 dem evangelischen Cultus überlassen; der evangelische Pfarrer hat hier seinen Sitz.

Das einst gewiß ansehnliche Schloß in der Nähe der katholischen Pfarrkirche ist seit 1351 verfallen, nur aus seinen wenigen, bald ganz verschwindenden Resten kann man auf seine Lage und Umfang schließen. Wem es gehörte und dessen Schicksale konnte ich nicht ermitteln.

Attersee ist ein sehr besuchter Ausflug von Seite der Bewohner von St. Georgen, Mondsee, Frankenmarkt, Vöcklabruck und der übrigen Seeufer. Auch eignet sich dieser Ort vorzüglich als Sommeraufenthalt für Solche, denen eine Ferienzeit einen Platzwechsel gestattet, was bereits schon jährlich der Fall ist.

Eine halbe Stunde nördlich sind die Dörflein Buchberg und Litzelberg, zwei anmuthige Orte, von denen nur der erstere ein altes Gotteshaus besitzt. Im letzteren ist ein Bräuhaus des Herrn Hofmann. Diesem gegenüber befand sich auf einer kleinen, durch eine hölzernen Brücke mit dem Ufer verbunden gewesenen Insel das Schloß Litzelberg.

Als Besitzer desselben liest man: Winter von Slamating 1313, Polheim von 1534 – 1550, Graf Engl 1603, Kunitz 1655, Steindl 1664, Graf von Seeau und Klam, sämmtliche als Lehensträger von Mondsee.

Anno 1780 wurde es abgebrochen und das brauchbare Materiale zum Aufbau des durch Brand verunglückten Marktes Schörfling benützt.

Die Insel ist jetzt mit üppigem Baumwuchse bedeckt und gewährt dem Auge einen lieblichen Ruhepunkt auf der fünf Stunden langen Fläche des Attersee’s. Eine Viertelstunde vom Bräuhause ist der anziehende, zwischen dunklem Walde und dem freundlichen Ufer gelegenen Sommerkeller, mit einer lohnenden Aussicht.

Eine Viertelstunde nördlich liegt der Pfarrort Seewalchen, das Laciacum der Römer.

Der Bau der jetzigen Kirche begann 1436, das Pfarramt kam aber wahrscheinlich schon anno 1135 an das Stift Michlbaiern, das es auch jetzt noch besitzt.

Die Lage des Dorfes ist eine sehr angenehme, auf einem sanften Hügel am nördlichen Seeufer mit einer sehr hübschen Aussicht auf die See und Gebirgsgegend, und somit schließt sich die Umwanderung des herrlichen Uferkranzes des schon unter den Römern bekannten Atrolacus.

Von hier aus kann man, um die Wiederbenützung eines schon bereisten Weges zu vermeiden, zu Wasser nach Attersee (dem Ort) zurückfahren und von dort aus in westlicher Richtung nach St. Georgen wandern. Entfernung vom Attersee eine Stunde.

St. Georgen, vor Zeiten Attergaudorf geheißen, ist ein kleiner, aus einer langen mondförmig gebogenen Gasse bestehender Markt an der dürren Ager, welche sich unterhalb Gampern im Sand- und Schotterbette, außer bei Hochwasser, gänzlich verliert.

Die wahrscheinliche Entstehungsgeschichte der Kirche ist im eilften Jahrhunderte. Erste noch bestehende Urkunde 1299. Jahrzahl am Thurme 1114. In der Kirche ist das Hochaltarblatt von Altomonte sehenswerth.

Vom Jahre 1581 bis 1598 und vom Jahre 1611 bis 1614 hatten sich hier lutherische Pastoren niedergelassen. Die Ortslage ist sehr angenehm.

Eine Viertelstunde entfernt ist das neue Schloß Kogel am Kogelberge gelegen, welchen einstens das stattliche Schloß Kogel (das alte) schmückte, dessen Scheitel jetzt nur mehr wenige Trümmer, von einem großen Baume beschattet, aufweisen kann.

Der erste Besitzer, den ich ermitteln konnte, war ein gewisser Rapato von Julbach, ein wackerer Degen, dessen Familie später den Namen Grafen von Schaumburg annahm. Anno 1472 versetzte Kaiser Friedrich IV. durch mehrfache Kriege in Schulden gerathen, dieselbe an H. Steinbrecht von Wallsee. Anno 1593 finden wir sie im Besitze des nunmehrigen Reichsgrafen Hans Khevenhüller, dessen Eigenthum auch Frankenburg und Kammer war. In dieser Familie blieb sie bis anno 1810, wo sie an die Edelfamilie Pansinger durch Kauf übergieng.

Das neue Schloß Kogel ist einer der hübschesten Edelansitze der Gegend. Ueberrascht den Besucher schon der schöne, hufeisenförmige Bau des Schlosses mit seinen lieblichen Gartenanlagen, so wird es noch in viel höherem Grade geschehen, wenn er die Schwelle des Baues selbst überschritten hat. Bequemlichkeit und Pracht haben sich vereiniget, um hier ein Eden zu schaffen, das der edlen Bewohner würdig ist.

Die reichhaltigen Sammlungen von historischem und fachlichen Werthe; die waidmännischen Raritäten, wozu alle Welttheile ihr Contingent lieferten; die mitunter sehr werthvollen Exemplare von Steinbock, Auerochs-, Rhinozeros- und Antilopenhorn; die seltsamsten Abnormitäten in Bau und Größe der Hirschgeweihe; die Waffencabinete, von der kleinsten Schuß- und Trutzwaffe bis zu Gattungen von nicht unbedeutender Dimension, vom rohen Schwerte bis zu Arbeiten der subtilsten Aetzung und Gravirkunst; das Museum der centralafrikanischen Pfeile, Spieße, Keulen, Bogen, Köcher, Kopf- und Schambedeckung, Schüsseln, …; ferner die Waffen von historischem und antiquarischem Werthe, als: Lanzen, Schilder, Helme, vollständige Panzerbekleidung, Folterinstru-mente … ; endlich die hübschen Gemälde, zum Theil von der Hand des talentvollen Künstlers Joseph Wallhammer aus Wolfseck, geben auf viele Stunden Stoff zur Bewunderung und zum Nachdenken.

Nordöstlich, etwa eine Stunde entfernt, ist das Dorf und Schloß Walchen, mit einem Bräuhause. Der Besitzer der Herrschaft Walchen nennt sich Baron von Weichs.

Das Schloß scheint von dem nun ausgestorbenen Geschlechte der Walchen erbaut worden zu sein. Anno 1583 brachte es Hans Christoph Geymann von Hieronymus Putz von Walchen käuflich an sich und baute es 1590 auf einer anderen Stelle. Anno 1638 lesen wir Franz Christoph Khevenhüller als Besitzer desselben, der es von Nicolaus Gurland gekauf hatte. Anno 1750 besaß es Christoph Leopold Graf von Schallenberg. Anno 1766, 1786 besaßen es Grafen von Klam, 1803 Dr. Joseph Preuer von Linz, 1821 dessen Gattin Rosalia Preuer. Seitdem gehört es, wie schon bemerkt, dem Herrn Baron von Weichs.

Der eine halbe Stunde entfernte, an der Salzburger Poststraße gelegene Walchenkeller erfreute sich eines guten Rufes und ist ein beliebter Ausflugspunkt der Bewohner Frankenmarkt’s, Vöcklamarkt’s und Vöcklabruck’s.

Unweit davon, an der Vöckla, nahe der Eisenbahn, ist der Ort Vöcklamarkt mit einer sehr hübschen Lage auf einer Ebene in dem hier sich kesselförmig erweiternden Vöcklathale. Zum besonderen Schmucke gereicht dem Markte der nördlich daranstoßende Kalvarienberg.

Vöcklamarkt (obwohl nicht unbestritten) kommt schon unter den Römern unter dem Namen Varunum vor. Anno 1706 kommt es unter dem Namen Vöklstorf vor; wann es zum Markte erhoben wurde, ist mir unbekannt.

Die Kirche ist ein schöner gothischer Bau mit vorzüglich gearbeiteten Steingeländern an der Emporkirche. Uebrigens hat auch hier ein antigothischer Wütherich gräulich und geschmacklos umgewirthschaftet.

Weil in der Nähe der Bahn gelegen, will ich noch des historisch berüchtigten Bodens erwähnen, der sich vom Kalvarienberge bis zum Ort Pfaffing unter dem Namen des Haushammerfeldes ausbreitet. Die alte Linde, ein ganz verwitterter Stamm, beinahe ohne Krone, steht noch da und bezeichnet den Platz, wo das verrufene Würfelspiel auf dem schwarzen Mantel stattgehabt hatte.

Das Factum ist folgendes:

Als Kaiser Ferdinand II. die Regierung antrat und die gereizten Stände ihm den Gehorsam verweigerten, verschaffte er sich einen Bundesgenossen an Herzog Max von Baiern gegen die Verpfändung von Oberösterreich. Der zum Statthalter ernannte Graf Adam von Herberstorf, ein Mann von unbeugsamer Strenge, rief fremde Truppen in’s Land, die sich bei den Bauern durch Rohheit und Gewaltthätigkeiten äußerst verhaßt machten. Dazu kamen noch die strengen Beschlüsse der Religions-Reformations-commission, die den Akatholiken die zwei einzigen Wege zur Wahl ließen, entweder bis Ostern 1626 zum Katholicismus überzutreten, oder auszuwandern mit Zurücklassung des zehnten Pfennigs und des Freigeldes an ihre Herrschaft. Die allgemeine Erbitterung erreichte ihren Höhepunkt und brach in einem Aufstand der fünf Pfarrgemeinden Frankenburg, Vöcklamarkt, Neukirchen, Gampern und Berndorf aus, als der Pfleger von Frankenburg ebendaselbst einen katholischen Priester mit Gewalt einführte.

Pfarrer, Caplan und Pfleger mußten fliehen. Der Pfleger wurde von einer etwa 5000 Mann starken Bauernrotte im Schlosse mehrere Tage belagert. Herberstorf, davon in Kenntniß gesetzt, erschien von Linz aus mit 1200 wohlbewaffneten Söldlingen, drei Kanonen und inmitten den Henker. Er publicierte in den fünf Pfarren, daß an einem bestimmten Tage alle Pfarrunterthanen bei Lebensstrafe unbewaffnet auf dem Haushammerfelde zwischen Vöcklamarkt und Pfaffing zu erscheinen haben. 5000 Mann erschienen. Herberstorf ließ die Richter und Rathspersonen von Frankenburg und Vöcklamarkt nebst allen Achtern aus den fünf Pfarrgemeinden bei Seite führen, umzingeln und befahl, daß je zwei von ihnen auf einem untergebreiteten schwarzen Mantel um das Leben mit den Würfeln spielen sollten. Der Verspielende wurde sofort dem Henker übergeben. So traf es 19 Mann, von denen zwei auf die Fürbitte des Pflegers pardonirt wurden. Der Zufall oder die Absicht des grausamen Satrapen wollte es, daß ein greiser Vater mit seinem eigenen Sohne um den Kopf spielen mußte, von denen der letztere verspielte. Vier davon wurden auf die oben erwähnte Linde, sieben auf dem Kirchthurme zu Frankenburg, auf den Thürmen zu Vöcklamarkt und Neukirchen je drei aufgehenkt, später aber an der Landstraße auf 17 Spießen ausgesteckt.

Nun mochte Herberstorf wohl glauben, sich, wenn auch nicht die Liebe, doch den Respect von Seite der Bauern versichert zu haben, aber hierin täuschte er sich.

Die Folgen davon, und überhaupt der übermüthigen Pfandherrschaft, zeigten sich bald, noch im selben Jahre. Die mordlustige Furie der Empörung erhob allenthalben im Lande Oberösterreich ihr Haupt, Tausende der sonst friedlichen Landleute in Ungeheuer verwandelnd. Tausende griffen zu den Waffen unter der Führung des verschmitzten Stephan Fadinger von St. Agatha. Herberstorf wurde in der Nähe von Peyerbach geschlagen und entkam in Gesellschaft des mitgenommenen Henkers nur mit genauer Noth den wüthenden Bauern. Der Aufstand nahm unerwartet große Dimensionen an. Die Städte Linz, Wels, Freistadt, Enns, Steyer, Efferding … wurden zum Theil erobert, zum Theil belagert. Erst als Fadinger während eines eingegangenen Waffenstillstandes von den Mauern der Stadt Linz aus verwundet wurde und in Folge davon starb, änderten sich die Verhältnisse. Seinem selbstsüchtigen talentlosen Nachfolger Achaz Willinger konnte mit Erfolg entgegengearbeitet werden. Der Kampf endete nach vielen mörderischen Kämpfen und heillosen Verwüstungen. Man hatte sich den Gehorsam, aber nicht die Herzen bezwungen, man hätte sich aus den unseligen Vorgängen eine Lehre ziehen können, wenn man den guten Willen dazu gehabt hätte.

Von Vöcklamarkt aus gelangt man mittelst der Eisenbahn in wenigen Minuten nach Redl. In dem Hohlwege zwischen Vöcklamarkt und Redl ist gegen Süden der Dachstein zu sehen.

Links, etwas abseits von Redl, steht die neue, schöne Dampfbräuerei des Herrn Schaup von Wien, auf der Stelle des einstigen Moorbades Zipf.

Von hier aus gelangt man über das sogenannte schwarze Moos über Timmelkam nach Vöcklabruck zurück. Wenn man aber vom Walchenkeller über die Poststraße zurückwandert, so gelangt man von Pirnbaum (einem Gasthause an der Straße) gegen Süden in’s Pfarrdorf Gampern. Der Ort selbst bietet, seine schöne Lage ausgenommen, nichts Merkwürdiges. Die gothische Kirche aber ist sehenswerth. Sie wurde anno 1529 von Hans Polheim von Wartenburg gebaut. An der Thurmmauer sind drei Jahreszahlen in bedeutenden Unterbrechungen zu sehen. Der noch jetzt unvollendete Bau fällt in die Zeiten der Bauernkriege, wodurch sich seine Verzögerung wohl erklären läßt.

In der Kirche ist recht zart und hübsch gearbeitet der gothische Flügelaltar und das Sacramenthäuschen an der linken Wand ein Meisterstück von gothischer Steinsculptur.

In den Jahren 1592, 1600, 1620, 1624 und 1628 hausten lutherische Pastoren in Gampern. Auch die Pöschl’sche Religionsschwärmerei fand einige Anhänger in dieser Gemeinde.

Der Attersee in der Literatur des 19. Jahrhunderts

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