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Franz Sartori

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Doktor Franz Sartori veröffentlichte 1813 im „Verlage bey Anton Doll“ das Buch „Die österreichische Schweiz; oder mahlerische Schilderung des Salzkammergutes in Oesterreich ob der Ens“.

Wir wollen das schönere Horn dieses Sees [= Mondsee], das östlich von Scherfling gen Undrach hinabrudern. Da sieht uns der Drachenstein nach, der uns im Rücken bleibt; der Thurm von Lorenzen verschwindet uns bald mit seiner westlichen Ebene, und wir sehen im Spiegel des Sees verdoppelt die schroffe Kienbergwand, und das graue Steingebirge in der Ferne. Kreisend tanzen die grünen Wogen um uns, und schaukeln den hohlen Baum, der uns trägt, hinab in die freundliche Aue. So heißt das Dörfchen, das in der Ebene vor uns da ligt am östlichen Ufer des Sees, wo wir landen.

Da rauscht ein mächtiger Bach (der Atterbach), in dem der See sich ergießt, den wir befuhren, hinab an den Felsenwänden der rauhen Scharte, und ein freundlicher Landweg führt uns durch Labyrinthe von lebendigen Zäunen und Obstgärten, die murmelnde Quellen durchsprudeln, in nicht gar ¾ Stunden nach Undrach, einem artigen Dörfchen von einigen 60 Häusern.

Da steht man nun an dem schönsten Hafen des österreichischen Oceans, an dem meergrünen Attersee. Weiter als dritthalb Meilen weit sieht man eine seladongrüne Wasserfläche vor sich ausgegossen: ein hellgrüner lichter Streifen, der durch seine ferne Mitte queer durchfährt, scheint seinen Horizont zu theilen und gibt ihm das große Ansehen einer weiten Meeresbucht, die tief in das Land hineinzieht. Der Wind muß gut seyn, der einen in 4 Stunden von Undrach nach Kammer, die ganze Länge des Sees von Süden gen Norden hin, steuern läßt: trifft man widrigen Wind, so kann man wohl auch, wie es einem meiner Gefährten erging, 17 Stunden lang rudern, ehe man ihn hinabfährt. Er ist fürchterlich, wenn er stürmt; und ohne Rettung ist man verloren, wenn der Nordwind den Nachen hinabschleudert gen Süden, um ihn dort an den Felsenwänden zu zerschellen. Seien nördliche nUfer sind flache Hügelreihen, die die Gewalt des Nordwinds und des stürmenden Nordwests nicht vermögen zu brechen. Der wälzt sie dann her die stürmetragenden Wolken über die Meeresfläche des Sees, und empört seien Tiefen in regenstäubende klafterhohe Wogen.

Aber eben diese niedrigen monotonen Hügel, die mehr als drey Viertheile des Sees an seinen nördlichen Ufern umschließen, eben diese stäten Wiederhohlungen des ewigen Einerly, und sey es auch noch so schön, eben dieß ist es, was die vier Stunden lange Fahrt längs des Sees hin bey aller Schönheit seiner Ufer doch etwas langweilig macht. Es ist angenehm, an den Gestaden eines Sees hinzuschiffen, wo jetzt mit Früchten beladene Bäume ihre schweren Aeste in den See herabbeugen, jetzt ein reifes Kornfeld oder ein neues Saatfeld mit den Spitzen seiner halme den Wellen des Sees harmonisch nachwallt; es ist schön eine Reihe von ländlichen Sitzen vorbeyzurudern, die eben so viele niedliche See=Landschäftchen dem lüsternen Auge gewähren; es ist so schon, eine weite grüne offene Wasserfläche um sich fluthen zu sehen, aber auch das Schöne verliert an Reitz, wenn es zu oft wiederkehrt, und wenn es zu groß wird, um die gefällige leichte Uebersicht, zu erhalten, die es gewähren muß. Würde die Natur der Venus des Praxiteles uns gefallen, wenn der Künstler sie so groß gebildet hätte, als Chares Lyndius den Coloß zu Rhodus? Das Colossalische an einem See kann nur dann gefallen, wenn der See zum Meere wird. Da gilt aber dann von unseren Attersee eben das, was von dem Constanzer=See gilt: er ist zu groß für einen See, und für ein Meer zu klein.

Ich rathe Ihnen daher, um alle Gefahr jenes Ehemannes zu vermeiden, der an der Schönheit seiner zärtlichen Gattin Langeweile bekam, den Attersee nicht der Länge nach zu befahren; sondern bey Undrach in seiner größten Breite, die ungefähr 5/4 Stunden beträgt, überzusetzen. Da übersieht man in seiner ganzen weiten meergrünen Länge hinauf, und die Eintönigkeit seiner Hügel verschmilzt in dem Ideale einer Seebucht, an deren Eingang der kuglige Buchberg einen schönen Vordergrund bildet. Die steilen Wände der Burgen, und die Wand der rauhen Scharte, die seinen südlichen Horizont begränzen; in der westlichen Ferne der abgerissene Gipfel des Schafberges und der Drachenstein und der Schober beleben in tausendfältigen Formen das große Tableau, das hier, aber auch nur hier, der Attersee gewährt.

Wenn der Westwind den Segel schwellet, so ist man in einer halben Stunde in Weißenbach, einem Weiler am östlichen Ufer des Sees in einer düsteren Gegend. Hier kann man nun den Stürmen trotzen, denn es mag stürmen, wie es will, so kommt man trockenen Fusses durch die Fichtau in vier Stunden nach Gmünden. Aber auch nur dann, wann es stürmt auf den Seen, rathe ich diesen Weg einzuschlagen. Man trifft zwar sehr schöne Waldpartieen auf diesem Wege, und in jedem anderen Lande, als im Salzkammergute, würde die Fichtau, und die ganze Strecke, die die Landenge zwischen dem Attersee und dem Gmündner=See bildet, eine paradiesische Gegend heißen, die man von fern her besuchte, allein das Salzkammergut hat Thäler von höherem Werthe.

Man kommt durch prächtige Waldpartien dahin, erst einem Waldbach entgegen, dann neben den schäumenden Wogen eines anderen hinab, der das herrliche Schauspiel eines kleinen aber schönen Wasserfalles gewährt. Man vergesse nicht, seinen Fuhrmann bey dem sogenannten Aufzuge halten zu lassen, und man besehe sich hier die sinnreiche Vorrichtung, durch die man Holz über Berg und Thal bringt.

Der Attersee in der Literatur des 19. Jahrhunderts

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