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Schließfächer

Als ich aufwachte, wußte ich für einen kurzen Augenblick nicht so recht, wo ich war. Ich lag auf dem Rücken. Die Bettdecke war ein wenig nach unten gerutscht, so daß mein Oberkörper nicht mehr zugedeckt war. Ich hatte jede Menge Haare im Gesicht. Es kitzelte nicht schlecht, und das war es auch gewesen, was mich geweckt hatte. Denise hatte sich ganz an mich gekuschelt. Sie lag auf der linken Seite, hatte ihren rechten Arm über meinen Brustkorb und ihr rechtes, angewinkeltes Bein über meine Hüfte gelegt.

Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, schob ich ihre schwarzen, gut schulterlangen Haare aus meinem Gesicht. Meine Rolex zeigte 07.30 Uhr Ortszeit. Wir hatten noch genug Zeit, es eilte noch nicht. Ich konnte noch ein bißchen liegen bleiben und Denise noch ein wenig schlafen lassen. Ich lag da und versuchte meine Gedanken von dem nackten Mädchen an meiner Seite abzulenken. Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren, was ich heute alles zu erledigen hätte. Das gelang mir zum Glück wesentlich besser, als ich erwartet hatte. Als erstes und wichtigstes mußten wir für Denise etwas zum Anziehen kaufen.

Da riß mich das widerliche Klingeln des Telefons aus meinen Gedanken. Denise wachte ebenfalls auf und hatte augenscheinlich ein paar kleine Orientierungsprobleme. Ich hob mit der Linken den Hörer ab und meldete mich.

„Yeah, this is room 1842, hello?“

„Na, das klingt mir aber noch recht verschlafen. Aber das macht nichts. Du kannst dir heute frei nehmen und meinetwegen San Francisco ein wenig anschauen. Es ist eine sehr schöne Stadt.“ Onkel Nick klang putzmunter. Kein Wunder, zu Hause war es jetzt so ungefähr 5.00 Uhr nachmittags.

„Warum denn das?“, fragte ich. „Was ist denn passiert?“

„Nichts ist passiert. Und gerade deshalb kannst du heute einen Tag blau machen. Ich kann unseren Auftraggeber Dr. Heinrich einfach nicht auftreiben. Sobald ich ihn erreicht habe, melde ich mich wieder. Da ich aber leicht angesäuert bin, daß ich den Kerl nirgendwo erreichen kann, sollst du wenigstens einen schönen Tag auf Spesen in San Francisco verbringen. Diese zusätzlichen 520 Dollar für deine Suite hat er sich selbst zuzuschreiben. Nicht zur Strafe, nur zum Lernen.“

Ja, so ist Onkel Nick. Er kann es nicht ausstehen, wenn Termine oder Absprachen nicht eingehalten werden. Unzuverläßigkeit ist ihm ein Greuel. Ich war mir sicher, daß dieses „Nicht erreicht werden können“ den guten Dr. Heinrich noch einiges kosten würde, auch wenn er ein alter Klassenkamerad von Onkel Nick war.

„Das paßt mir nicht schlecht“, sagte ich, „denn dann kann ich mit Denise noch ein paar Sachen erledigen.“

„Keine Schweinereien, mein Junge! Nein, Spaß beiseite, wie geht es dem Mädchen?“

„So weit ganz gut, glaube ich. Ich bin zuversichtlich, daß sie darüber hinweg kommen wird.“

„Ok, mein Junge, dann genieße den heutigen Tag. Bis morgen früh, respektive heute Abend für dich“, verabschiedete sich Onkel Nick.

Denise lag auf ihrer Seite des französischen Bettes, hatte die Bettdecke züchtig bis über ihren hübschen, vollen Busen gezogen und sah mich fragend an. Von meinem Telefongespräch hatte sie kein Wort verstanden.

„Jetzt stehen wir auf, machen uns frisch und gehen dann als erstes in die Hotel-Boutique. Dort kaufst du dir etwas zum Anziehen, damit du unter die Leute kannst, ohne daß alle männlichen Wesen hinter dir herlaufen“, bestimmte ich.

„Es ist eigentlich nicht nötig, für mich etwas einzukaufen. Ich habe genug Kleidung in der Jugendherberge in einem Schließfach. Ich könnte dort meine Kleidung abholen, aber ich muß zugeben, ich habe Angst, allein dorthin zu gehen, denn die Kerle von gestern Abend wissen, daß ich dort abgestiegen bin.“

„Dein Zeug holen wir auf jeden Fall, aber erst später. Zuerst brauchst du etwas zum Anziehen, damit wir zum Frühstück gehen können.“

Ich stand auf, machte eine kleine Katzenwäsche und zog mich an. Denise machte sich ebenfalls kurz frisch, und dann brachen wir auf und suchten die Hotel-Boutique. Sie hatten hier natürlich Preise jenseits von Gut und Böse, aber wir konnten darauf im Moment leider keine Rücksicht nehmen. Denise ging zielstrebig durch die Regale und Auslagen und kam nach wenigen Minuten mit einem kleinen Seidenslip, einem sommerlich leichten Strickkleid und leichten Sandalen in ihrer Größe zurück.

Ich legte der lächelnden Asiatin an der Kasse ebenso freundlich lächelnd meine Kreditkarte vor, und sie erlaubte sich, 276 Dollar plus Tax abzubuchen. Ich lächelte weiter, eher noch freundlicher, sofern das überhaupt möglich war. Die Verkäuferin würde mich nicht an Freundlichkeit übertreffen.

Wir fuhren wieder mit dem Aufzug in den 18. Stock. Denise zog sich im Zimmer rasch aus und probierte ihre Neuerwerbungen. Sah der Seidenslip schon unmenschlich sexy aus, so übertraf das Strickkleid diese Wirkung noch um etliches. Es saß hauteng an ihrem zierlichen, makellosen Körper und betonte ihren süßen runden Hintern. Aber das war alles noch nichts gegen die vollkommenen Rundungen ihres vollen und wohlgeformten Busens, der die Vorderansicht ihres neuen Strickkleides beherrschte.

„Gefalle ich dir?“, fragte Denise, der meine bewundernden Blicke nicht entgangen waren.

„Das ist die Untertreibung des Jahres“, antwortete ich und riß mich von dem Anblick los. „Laß uns runtergehen zum Frühstück, damit ich auf andere Gedanken komme.“

Das Frühstück war, wie bereits am Vortag, wieder echt in Ordnung. Denise hatte einen richtigen Heißhunger und ging gleich dreimal zum Buffet. Sie hatte keine Ähnlichkeit mehr mit dem schmutzigen, verängstigten Kind von gestern Nacht. Wohlgesättigt gingen wir zum Hauptausgang des Westin St. Francis und orderten über den Portier ein Taxi, das im Handumdrehen zur Stelle war.

„Zur South Pacific Merchant Bank!“, befahl ich und nahm mit Denise zusammen auf der Rückbank Platz. Die Fahrt dauerte nicht einmal zehn Minuten. Ich wies den Fahrer an, auf mich zu warten. Denise wollte immer noch nicht allein sein und bestand deshalb darauf, mich zu begleiten. Das war mir zwar nicht ganz recht, andererseits konnte ich sie aber auch verstehen. Außerdem glaubte ich inzwischen, ihr vertrauen zu können. Ich kannte sie zwar noch kaum, aber auf mein Gefühl kann ich mich in solchen Fällen im Regelfall verlassen.

Ich steuerte auf den Schalter für die Schließfächer zu und wurde auch sofort bedient. Ich wies meinen Schließfach-Schlüssel vor, den ich heute Morgen aus dem versiegelten Umschlag von MacKenzie Security genommen hatte. Ich machte dem Mann klar, daß ich an mein Schließfach wollte. Ich mußte noch ein Kennwort angeben, und dann führte mich der freundliche Angestellte auf einer geräumigen Wendeltreppe im Hintergrund zwei Stockwerke in die Tiefe. Denise war oben in der Schalterhalle geblieben und hatte in einem bequemen Ledersessel in der Nähe des Schließfachschalters Platz genommen. Mein Führer reichte mich an eine ebenso freundliche Dame mittleren Alters weiter. Diese ging mit mir durch eine offenstehende Stahltür, deren unwahrscheinliche Dicke ich für leicht übertrieben hielt. Es sei denn, sie rechneten hier mit dem Einsatz von Cruise Missiles.

„Schließfach 2735!“, stellte die Dame fest und steckte ihren Schlüssel in eines der beiden Schlösser. Ich verstand ihre Aufforderung und plazierte meinen Schlüssel im zweiten Schloß der betreffenden Tür. Wir drehten unsere Schlüssel gleichzeitig in den Schlössern, und die schwere Tür schwang leicht in ihren Angeln auf. Die Dame holte einen Behälter aus Metall heraus und reichte ihn mir.

„Die Kabinen sind dort hinten, Sir!“, wies sie mir mit ihrer rechten Hand den Weg.

„Thank you very much!“, lächelte ich zurück und begab mich in die Kabine mit der Nummer 7. Ich öffnete den Behälter. Er enthielt eine Pistole im Kaliber 9 mm Para oder Luger, wie es in letzter Zeit immer vermehrt heißt, einen Revolver im starken Kaliber .357 Magnum, ein Kampfmesser und ein Bündel Dollar-Noten. Onkel Nick hatte von der befreundeten Agentur MacKenzie Security dieses Schließfach-Depot anlegen lassen. Da die Verantwortlichen im modernen Luftverkehr extrem allergisch auf Waffen reagieren, für einen Mann in meiner Branche Waffen jedoch in der Regel unverzichtbar sind, ist es normalerweise leider nicht möglich, bereits mit entsprechender Ausrüstung anzureisen. Im mittlerweile grenzenlosen Europa ist die Sache natürlich entsprechend einfacher, sofern man nicht ein Flugzeug benutzt. Die Ausrüstung eines solchen Schließfach-Depots im Ausland war Standard. Die Hersteller der Waffen jedoch variierten von Fall zu Fall.

Ich hatte Glück. Bei der Pistole in 9 mm Para handelte es sich um ein österreichisches Fabrikat, eine Glock 17, 17 + 1 -schüssig, d. h. 17 Patronen im Magazin und eine im Lauf. Die Waffe verfügt über drei voneinander unabhängige Sicherungen und ist dennoch sofort einsatzbereit. Sie ist leicht und kompakt mit einem Kampfgewicht von ca. 870 Gramm, d. h. in voll geladenem Zustand. Ich habe mit dieser Waffe schon oft geschossen. Sie ist eine wirklich sehr gute Pistole. Zu Hause, so muß ich allerdings zugeben, bevorzuge ich eine SIG P 228.

Der Revolver war ein Smith & Wesson, Modell 686 in .357 Magnum. Das Kaliber ist ein echter Dampfhammer. Die Waffe hat jedoch nur eine Kapazität von sechs Schuß. Für die Glock 19 waren zwei Ersatzmagazine vorhanden, für den Smith & Wesson drei Schnell-Lader. Für beide Waffen lagen noch je zwei Schachteln Munition mit je 50 Schuß im Behälter.

Das Kampfmesser war ein Gerber Parabellum Bolt Action, ein Klappmesser mit einem extra großen Griff und Handschutz. Das sagte mir sehr zu, da ich, wie schon gesagt, alles andere als zierliche Hände habe. Das Dollar-Bündel brauchte ich nicht zu zählen. Ich wußte, es waren dreitausend Dollar in verschiedenen Stückelungen.

Ich nahm die Waffen und die Munition heraus und ließ die Dollar im Behälter zurück, da ich zum Glück keinerlei Liquiditätsprobleme hatte. Ich mußte auch nicht unbedingt bar bezahlen, um die berühmte Kreditkarten-Spur zu vermeiden. Ich stopfte siebzehn Patronen in ein Magazin der Glock, schob das Magazin in den Griff der Glock und lud die Waffe durch, indem ich das Verschlußstück zurückzog und den Schlitten wieder zurückgleiten ließ.

Den Smith & Wesson-Revolver lud ich mit sechs Patronen und verstaute die Waffen dann in der mitgebrachten, blauen British Airways-Tasche. Dann verschloß ich den Behälter wieder, verließ meine verschwiegene Kabine und ging zurück zu der freundlich lächelnden Dame, die schon auf mich wartete. Sie schob den Behälter wieder ins Fach, und wir verschlossen zusammen das Schließfach. Ich verabschiedete mich und stieg die Wendeltreppe hinauf, an deren oberem Ende schon Denise auf mich wartete. Wir gingen zurück zu unserem Taxi, das noch ganz brav vor der Eingangstür stand.

„So, jetzt fahren wir zu deiner Jugendherberge und holen deine Sachen“, sagte ich zu Denise. „Sag dem Taxifahrer, wo er hinfahren soll.“

Sie nannte dem Driver eine Adresse in der Gegend von Daly City. Wir fuhren fast eine halbe Stunde, und der Taxameter zeigte bereits über siebzig Dollar an. Ich reichte dem Taxifahrer schon mal einen Vorschuß in Form eines Fünfzigers und sagte ihm, er solle wieder auf uns warten.

Wir betraten die Jugendherberge durch den Haupteingang. Ich hatte meine blaue Tasche dabei. Sie hing mir am langen Träger über der rechten Schulter bis in etwa zur Hüfte herunter. Ich hatte den oben liegenden Reißverschluß ein Stück geöffnet und meine rechte Hand in die sich ergebende Öffnung geschoben. Meine Hand umfaßte den voluminösen Kunststoffgriff der Glock, was man von außen jedoch nicht sehen konnte.

Ich war einsatzbereit. Falls die Kerle von gestern irgendwo auf uns lauern sollten, konnte ich sie mit 17 freundlichen Kugeln begrüßen. Denise lenkte ihre Schritte nach links, und wir betraten so eine Art große Gemeinschaftsgarderobe. Eine ganze Wand des Raumes wurde von einem riesigen Regal eingenommen, auf dem jede Menge Koffer, Rucksäcke, Taschen und auch Seesäcke lagen. An der gegenüberliegenden Wand des Raumes gab es eine große Anzahl von Schließfächern. Ich blieb nicht weit vom Eingang entfernt stehen und lehnte mich strategisch günstig an ein Pult, von dem aus ich den Raum und auch den Eingang gleichzeitig überblicken konnte. Denise ging zu dem großen Regal und holte einen mittleren, blau-roten Rucksack aus dem Gewirr der Gepäckstücke. Sie stellte ihn vor mir ab und ging zu der Wand mit den Schließfächern. Ich fragte mich gerade, wo sie wohl den Schlüssel dazu versteckt gehabt hatte, als ich sie gestern Nacht kennen gelernt hatte, als ich sah, daß die Schließfächer glücklicherweise mit Zahlen-Kombinationsschlössern ausgerüstet waren. Denise öffnete das Fach, nahm eine kleine Ledertasche heraus und kam wieder zu mir.

„Meine gesamten Papiere, das meiste meines Geldes und mein Rückflugticket“, strahlte sie mich an. Wir beeilten uns, die Jugendherberge wieder zu verlassen. Ich wollte unser Glück und unseren Schutzengel nicht allzu sehr strapazieren. Aber von den Kerlen, deren Erscheinen wir beide befürchtet oder erwartet hatten, war weit und breit nichts zu sehen. Vielleicht hatten sie gestern doch zu viel einstecken müssen.

Wir bestiegen wieder unser Taxi und ließen uns zurückfahren zum Union Square, ins Westin St. Francis. Im Zimmer angekommen, begannen wir beide auszupacken, Denise ihren Rucksack und ich meine blaue British Airways-Tasche. Sie legte ihre Wäsche in den Schrank und ich meine Waffen und die Munition auf den Tisch.

„Ich hatte mich schon gewundert, warum du die ganze Zeit über in der Jugendherberge deine Hand in dieser blauen Tasche vergraben hattest“, machte Denise große Augen, ohne jedoch wirklich erschreckt zu sein.

„Tja, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“, sagte ich und begann die Reserve-Magazine der Glock aufzumunitionieren. Ich lud noch die drei Schnelllader für den Smith & Wesson und legte dann alles zurück in meine blaue Tasche.

Denise war mit dem Auspacken ebenfalls fertig und hatte sich auf das Bett gesetzt, das der Room-Service wieder frisch bezogen hatte. Ich ließ mich in einem bequemen Sessel nieder und sah sie an.

„So Denise, nun erzähl mal, was gestern passiert ist. Wie ist es gestern zu der ganzen Geschichte gekommen? Was war los? Was wollten die Kerle von dir?“, begann ich neugierig.

„Ich glaube, ich fange am besten einmal von ganz vorn an.“ Denise holte tief Luft und begann.

„Also, ich heiße Denise Pierre, bin dreiundzwanzig Jahre alt und Studentin. Ich studiere Sport und Erdkunde, beides fürs Lehramt an höheren Schulen. Ich habe eine Schwester und einen Bruder, die beide noch zur Schule gehen, Astrid und Jorges. Mein Vater ist Ingenieur für Maschinenbau und arbeitet in einer Firma, die Traktoren und sonstige Landmaschinen herstellt. Meine Mutter ist Hausfrau. Wir wohnen in Limoges, der Stadt des Porzellans im Südwesten Frankreichs. Ich habe zur Zeit Semesterferien und bin vorgestern in San Francisco angekommen. Ich habe die erste Nacht in einem Flughafen-Hotel verbracht und mir gestern Vormittag dann hier in der Jugendherberge in Visitacion Valley eine preisgünstigere Unterkunft besorgt. Ich wollte mich gerade wieder aufmachen, um mir ein wenig die Stadt anzusehen, als eine bunt gemischte Gruppe von jungen Leuten mit ihren Autos losfuhr. Sie riefen mir zu, daß sie zur Golden Gate Bridge rausfahren würden. Wenn ich wollte, könnte ich mit ihnen fahren. Die Golden Gate Bridge stand sowieso ganz oben auf meiner Liste, und da es so viele Leute waren, glaubte ich mich sicher in der Menge der Jungen und Mädchen. Mit zwei, drei oder gar vier Kerlen allein wäre ich natürlich nicht mitgefahren. Aber so fühlte ich mich sicher, leider zu Unrecht. Wir fuhren zur Golden Gate Bridge hinaus, überquerten sie und hatten viel Spaß. Es schien eine echt nette Runde zu sein. Dann fuhren wir wieder zurück über die Brücke in den Lincoln Park zu einem leicht versteckt liegenden Rast- und Grillplatz, nicht allzu weit von der Stelle entfernt, an welcher du mir dann zu Hilfe gekommen bist.“

Denise atmete tief durch und machte eine kleine Pause.

„Zuerst war es ganz lustig. Es wurde getrunken, getanzt und gelacht. Aber dann stellte ich fest, daß ein paar der Jungs und Mädchen sich nicht mehr mit ein paar harmlosen Joints zufrieden gaben, sondern sich mit härteren Sachen in Stimmung brachten. Ich weiß nicht, was sie sich da spritzten oder schnupften. Auf jeden Fall waren sie schon nach kurzer Zeit voll auf Speed. Ich versuchte, mich abzusetzen, konnte aber keinen finden, der mich zur Jugendherberge zurückgefahren hätte. So blieb ich halt, aber mir wurde die ganze Sache immer unheimlicher. Die Junkies wurden immer hemmungsloser. Die drei Kerle, die mich gestern Nacht verfolgt hatten, griffen sich eines der Mädchen, das schon voll unter Strom stand. Sie war noch kleiner als ich, auch sehr zierlich, hatte aber fast keinen Busen. Sie sah so aus, als ob sie höchstens fünfzehn oder sechzehn Jahre alt sei. Die drei zogen der Kleinen die Kleidung aus, wobei diese sich praktisch überhaupt nicht wehrte. Dann hielten zwei sie am Boden fest und der dritte, übrigens der gleiche Kerl, der gestern Nacht über mir kniete, also dieser Kerl machte sich über sie her und vergewaltigte sie. Er tat ihr weh. Das Mädchen schrie auf und versuchte die drei Kerle abzuschütteln. Natürlich hatte sie keinen Erfolg. Keiner half der Kleinen. Keiner versuchte es auch nur.

Ich schrie die Kerle an und hieb mit meinen Fäusten auf sie ein. Aber das war ein Fehler. Denn nun ließen sie zwar von der Kleinen ab, wandten sich aber sofort alle drei mir zu. Bevor ich etwas dagegen unternehmen konnte, hatten sie auch mir die Kleider vom Leib gerissen. Sie warfen mich zu Boden und wollten mich gerade auch auf der Erde festhalten, als ein anderer Junkie laut zu schreien anfing. Er war anscheinend in seinem Drogenrausch zu nah an die Flammen des Lagerfeuers gekommen, und seine Hose hatte Feuer gefangen. Er kam laut schreiend auf die Kerle und mich zugestürzt. Seine Hose brannte lichterloh. Die Kerle ließen sofort von mir ab, aber nicht, um dem Junkie mit der brennenden Hose zu helfen. Sie sprangen nur ein paar Schritte zur Seite, um ja nicht selbst von dem Feuer erfaßt zu werden. Ich nutzte meine Chance, sprang auf und rannte weg, so schnell, wie ich nur konnte. Ich glaubte, eine bessere Chance zu haben, wenn ich bergauf laufen würde.

Ich studiere schließlich Sport und habe deshalb eine recht gute Kondition. Ich hoffte, die Kerle abhängen zu können. Aber schon bald mußte ich feststellen, daß ich mich entweder himmelhoch überschätzt hatte, oder daß die drei Kerle durch den Genuß ihres Rauschgiftes irgendwie gedopt waren. Jedenfalls hörte ich deutlich, daß sie immer näher kamen. Ich erreichte die Straße und wandte mich bergauf. Ich sah kurz zurück über die Schulter und dann war da plötzlich der Kerl direkt vor mir. Ich wollte noch bremsen, aber es war schon zu spät. Als ich dann so vor dem Kerl lag, der zwischen meinen Beinen kniete, und mich auf den Boden niederdrückte, dachte ich wirklich: Jetzt ist alles aus. Das war’s dann wohl.

Und dann, ganz plötzlich war der Kerl weg. Ich hörte nur einen Schmerzensschrei und sah einen großen Schatten über mich hinwegspringen. Den Rest weißt du ja sicher besser als ich.“

Denise hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und hielt sich leicht nach vornüber gebeugt. Die Erinnerung an die gestrigen Geschehnisse hatte sie doch mehr aufgewühlt, als sie sich selbst oder gar mir eingestehen wollte.

GSC

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