Читать книгу Seekadett Jack Freimut - Фредерик Марриет - Страница 5
Drittes Kapitel. An Bord der „Harpy“.
ОглавлениеAm anderen Morgen würde Jack Freimut die ganze Einladung des Kapitäns vergessen haben, wenn ihn nicht der Kellner erinnert hätte; dieser glaubte, nach dem Empfang, den unser Held dem ersten Leutnant geschenkt hatte, würde es jedenfalls geraten sein, wenn er sich gegen den Kapitän nicht unehrerbietig bezeige. Jack hatte bis jetzt seine Uniform nicht angelegt; er hielt dies somit für eine passende Gelegenheit in derselben zu erscheinen. Jack war gar nicht erfreut über seinen Kleiderwechsel. Es kam ihm vor, als ob er jetzt seine Unabhängigkeit aufopfere; übrigens gab er dem Entschlusse des ersten Augenblickes, sie wieder abzulegen, keine Folge, sondern er nahm seinen Hut, den der Kellner gebürstet hatte und ihm überreichte, und begab sich nach des Kapitäns Wohnung.
Kapitän Wilson empfing ihn, als ob er von der Verzögerung in seinem Eintritt auf das Schiff und von der Unterredung mit dem ersten Leutnant gar nichts wüsste; aber noch ehe das Frühstück vorüber war, hatte Jack die Geschichte in wenigen Worten erzählt.
Nun ging Kapitän Wilson im einzelnen auf die Pflichten und den Rang eines jeden an Bord des Schiffes Dienenden über, wobei er Jack bedeutete, es sei da, wo Manneszucht erfordert werde, unmöglich, dass mehr als einer befehle, wenn der Dienst vorwärts gehen solle; dieser eine sei der Kapitän, der in seiner Person den König und damit das Land vertrete. Da die Befehle vom Kapitän durch den Leutnant gingen und vom Leutnant an die Kadetten, die sie dann ihrerseits der ganzen Schiffsmannschaft eröffneten, so sei es eigentlich der Kapitän allein, der Befehle erteile, und jeder ohne Ausnahme sei gleichmässig verpflichtet, zu gehorchen. Da übrigens der Kapitän ebenfalls den Befehlen seiner Vorgesetzten, des Admirals und der hohen Admiralitätsbeamten, Folge zu leisten habe, so könne man wohl sagen, dass alle an Bord zu gleichmässigem Gehorsam verpflichtet seien. Kapitän Wilson legte einen starken Nachdruck auf das Wort gleichmässig, während er nämlich Jack auseinandersetzte, dass er jetzt in einen Dienst trete, in welchem Gleichheit selbst nicht für einen Augenblick bestehen könne, wenn der Dienst bestehen solle, bemühte er sich, zu zeigen, wie gewissermassen alle Rangunterschiede dadurch aufgehoben wären, dass alle gleichmässig verbunden seien, ihren Pflichten gegen das Land nachzukommen, und wie somit in der That ein Seemann, ob er nun seinen Befehlen, oder denen seines vorgesetzten Offiziers gehorche, eigentlich nur den Befehlen des Landes folge, welche durch diese Verbindungswege erteilt würden.
Jack war im ganzen genommen mit dieser Beleuchtung des Gegenstandes nicht unzufrieden, und der Kapitän hütete sich, zu lange dabei zu verweilen. Er ging jetzt zu den Einzelheiten über, von denen er wusste, dass sie Jack noch besser gefallen würden. Er setzte ihm auseinander, die Kriegsartikel seien die Regel, nach denen der Dienst gehandhabt werden müsse, und jeder, vom Kapitän bis zum untersten Schiffsjungen, habe sich gleichmässig danach zu richten — jedem Manne an Bord sei eine bestimmte Ration an Speisen und Getränken bewilligt, und diese Ration sei für alle die gleiche — für den Kapitän wie für den Schiffsjungen die gleiche in Quantität und Qualität, und jeder gleichmässig zu dieser Portion berechtigt; es seien ferner, obschon es notwendigerweise Abstusungen im Dienste geben und jeder Befehl des Kapitäns von allen beachtet und befolgt werden müsse, alle Offiziere, welches auch immer ihr Rang sein möge, gleichmässig als Gentlemen zu betrachten. Kurz und gut, Kapitän Wilson, der die Wahrheit sagte, und nur die Wahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit, machte unseren Jack in der That glauben, er habe endlich die Gleichheit gefunden, die er am Lande vergebens gesucht. Unser Held erinnerte sich der Ausdrücke, deren sich Herr Sawbridge abends zuvor gegen ihn bedient hatte, und fragte den Kapitän, warum sich dieser Mensch so benommen habe. Da nun die Sprache des Herrn Sawbridge gar nicht wie angewandte Gleichheit gelautet hatte, geriet Kapitän Wilson in einige Verlegenheit. Indessen stellte er Jack erstens vor, der erste Leutnant sei damals, als der älteste Offizier an Bord, an des Kapitäns Stelle gewesen, wie das auch bei Jack der Fall sein würde, wenn er einmal der älteste Offizier an Bord wäre, und der Kapitän oder älteste Offizier vertrete, wie schon gesagt, das Land. Ferner mache sich nach den Kriegsartikeln jeder, der sich von seinem Schiffe entferne, eines Vergehens oder Verbrechens gegen diese Artikel schuldig, und wenn ein solches Vergehen oder Verbrechen von einem der zur Schiffsmannschaft gehörenden Leute begangen werde und der älteste Offizier keine Notiz davon nehme, so begehe dieser selbst ein Verbrechen gegen die Artikel und setze sich der Strafe aus, wenn er nicht beweisen könne, dass er wirklich Notiz davon genommen habe, Herr Sawbridge sei somit um seiner selbst willen verpflichtet gewesen, dieses Vergehen zu rügen, und wenn er sich dabei scharfer Ausdrücke bedient habe, so zeuge dies nur von seinem Eifer für sein Land.
„Wenn das so ist“, erwiderte Jack, „kann auf Ehre kein Zweifel über seinen Eifer obwalten; denn wäre das Wohl des ganzen Landes bedroht gewesen, so hätte er nicht in heftigere Aufregung geraten können.“
„Somit that er seine Schuldigkeit; aber seien Sie überzeugt, es machte ihm keine Freude, und ich stehe dafür, wenn Sie ihn an Bord treffen, wird er so freundlich gegen Sie sein, als ob nichts vorgefallen wäre.“
„Er sagte, er wollte mich bald lehren, was ein erster Leutnant sei: was wollte er denn damit sagen?“ fragte Jack.
„Purer Eifer.“
„Schön; aber er sagte auch, sobald er mich an Bord habe, wolle er mir den Unterschied zwischen einem ersten Leutnant und einem Kadetten zeigen.“
„Purer Eifer.“
„Er sagte ferner, meine Unwissenheit werde nach und nach schon vergehen.“
„Purer Eifer.“
„Und er wolle einen Sergeanten und Marinesoldaten schicken, um mich zu holen.“
„Purer Eifer.“
„Er wolle meine Philosophie auf die Probe stellen.“
„Purer Eifer, Mr. Freimut. Eifer wird sich stets so aussprechen, und wir dürfen im Dienste nichts ohne diesen thun. Merken Sie sich’s, dass ich darauf rechne und hoffe, auch in Ihnen eines Tages einen eifrigen Offizier zu sehen.“
Hier stellte Jack ernstliche Betrachtungen an und gab keine Antwort.
„Ich bin gewiss“, fuhr Kapitän Wilson fort, „Sie werden in Herrn Sawbridge einen Ihrer besten Freunde finden.“
„Ist möglich“, antwortete Jack; „ich bin übrigens von unserem ersten Zusammentreffen nicht sehr erbaut.“
„Es wird Ihnen vielleicht später zur nicht ganz angenehmen Pflicht werden, ebenso viele Fehler an sich selbst zu finden; wir müssen alle den Obliegenheiten gegen unser Vaterland gleichmässig nachkommen. Übrigens habe ich Sie kommen lassen, Herr Freimut, um Ihnen zu sagen, dass wir morgen unter Segel gehen, und da ich meine Effekten heute abend noch an Bord schicke, so werden Sie gut daran thun, die Ihrigen auch zu senden. Um acht Uhr werde ich an Bord gehen, und wir können beide in demselben Boote hinfahren.“
Hiergegen machte Jack keinerlei Einwendung; er bezahlte seine Rechnung im „Springbrunnen“, schickte seinen Koffer durch einige Leute von der Bootsmannschaft an Bord und erwartete nun den Befehl des Kapitäns zur Einschiffung. Um neun Uhr abends befand sich unser Held ganz wohlbehalten an Bord von Sr. Majestät Korvette „Harpy“.
Als Jack eintraf, war es dunkel, und er wusste nicht, was er mit sich anfangen sollte. Der Kapitän wurde von den Offizieren auf dem Deck empfangen; sie lüfteten ihre Hüte, ihn zu begrüssen. Er erwiderte den Gruss, und auch Jack that dies ganz höflich; hierauf liess sich der Kapitän in ein Gespräch mit dem ersten Leutnant ein, und nun blieb Jack für einige Zeit sich selbst überlassen. Es war zu dunkel, um die Gesichter zu unterscheiden, und für einen, der noch nie an Bord eines Schiffes gewesen war, zu dunkel, um heruntergehen zu können. Jack stand übrigens nicht lange, als das Offizierboot an den hinteren Jütten eingehängt wurde und der Hochbootsmann rief:
„Zieht straff an, meine Jungen.“
Ein schrilles Pfeifen, und der Ruf „Weg damit“ liess sich hören. Die Leute mit den Tauen trieben und drängten sich nun eilends vorwärts; sie warfen unseren guten, im Dunkeln stehenden Jack zu Boden, und ein halbes Dutzend Marinesodaten fielen auf ihn. Die Leute, welche nicht daran dachten, dass sich unter den Gestürzten ein Offizier befinde, machten sich über den Spass lustig und hüpften auf denen, welche da lagen, so lange herum, bis diese aus dem Wege rollten. Jack, der gar nicht wusste, was das sein sollte, kam schlecht dabei weg; erst als die Pfeife zum Belegen rief, konnte er wieder auf seinen Beinen stehen. Er schwankte einer Karronadeschleife zu, als ihn die Offiziere, welche so gut wie die Schiffsmannschaft über den Spass gelacht hatten, sahen; unter ihnen befand sich Sawbridge, der erste Leutnant, welcher freundlich fragte:
„Sind Sie beschädigt, Herr Freimut?“
„Ein wenig“, erwiderte Jack, schwer Atem holend.
„Es wurde Ihnen ein rauher Empfang zu teil“, antwortete der erste Leutenant, „aber zu gewissen Zeiten heisst es an Bord eines Schiffes: ‚Jeder für sich, Gott für alle‘ — Harpur“, fuhr er zum Doktor gewendet fort, „bringen Sie Mr. Freimut in die Konstabelkammer, wo ich mich sobald als möglich auch einfinden werde. Wo ist Mr. Jolliffe?“
„Hier, Sir“, erwiderte Jolliffe, ein Steuermannsgehilfe, der von der Spiere her nach hinten kam.
„Da ist ein junger Mann, der mit dem Kapitän an Bord eintraf. Befehlen Sie einem von den Schiemännern, eine Hängematte aufzuschlingen.“
Unterdessen war Jack in die Konstabelkammer hinab gekommen, wo er sich durch den Genuss von einem Glase Wein wieder etwas erholte. Er blieb da übrigens nicht lange und wagte auch nicht viel zu sprechen. Sobald seine Hängematte bereit war, freute er sich, zu Bett gehen zu können, und da er starke Quetschungen empfangen hatte, so wurde er am anderen Morgen erst nach neun Uhr gestört. Nun zog er sich an und kam aufs Verdeck, wo er sah, dass die Korvette eben an den Nadeln vorüberfuhr; da er aber ein ganz sonderbares Gefühl empfand und schliesslich die Wirkungen der Seekrankheit verspürte, so wurde er von einem Marinesoldaten hinuntergebracht und wieder in seine Hängematte gelegt. Hier verblieb er während eines dreitägigen starken Windes, wobei es ihn nicht wenig verwirrte und in Verlegenheit brachte, dass er seinen Kopf jeden Augenblick gegen das Gebälke stiess.
„Das heisst also zur See gehen“, dachte Jack; „kein Wunder, dass hier keiner sich um den anderen bekümmert oder von Übertretung auf seinen Boden spricht. Das ist gewiss, jeder kann meinen Anteil am Ozean mit Vergnügen haben, und komme ich nur wieder ans Land, meinetwegen der Teufel, wenn er ihn will.“
Kapitän Wilson und Herr Sawbridge hatten unserem Jack während seiner Krankheit grössere Vergünstigungen eingeräumt, als dies sonst geschah. Zur Zeit, da der Sturm vorüber war, befand sich die Korvette auf der Höhe von Finisterre. Am anderen Morgen ging die See ziemlich niedrig, und nur noch eine leichte Brise flog über die Wellen hin. Die verhältnismässige Ruhe der vorigen Nacht hatte unseren Helden wieder ganz hergestellt; als zum Emporwinden der Hängematten gepfiffen wurde, trat Jolliffe, der Steuermannsgehilfe, zu ihm und fragte, „ob er aufstehen und anbeissen, oder aber ob er zwischen seinen Decken stecken bleiben wolle bis nach Gibraltar.“
Jack, der sich wie neugeboren fühlte, verliess seine Hängematte und kleidete sich an. Ein Marinesoldat, der auf des Kapitäns Befehl unserem Helden während seiner Krankheit aufgewartet hatte, ging ihm beim Anziehen an die Hand; er öffnete seinen Koffer und brachte ihm alles, was er bedurfte, denn sonst würde er, wie man sagt, nicht rechts und nicht links gewusst haben.
Hierauf fragte Jack, wohin er gehen müsse; denn obgleich schon fünf Tage an Bord, war er doch noch nie in der Kadettenkajütte gewesen. Der Marinesoldat zeigte ihm diese, und Jack, der grossen Hunger verspürte, kletterte über Kisten und Koffer hin, bis er glücklich in eine Höhle gelangte, die unendlich ärmlicher war, als die Hundeställe auf dem Besitztum seines Vaters.
„Nicht nur den Ozean“, dachte Jack, „und meinen Teil daran, sondern auch meinen Anteil an der „Harpy“ überlasse ich gern jedem anderen, der ihn nur irgend will. Da herrscht freilich Gleichheit genug, denn jeder scheint gleich elend daran zu sein.“
Während er sich diesen Gedanken hingab, sah er, dass sich noch jemand in der Kajütte befand — Herr Jolliffe, der Steuermannsgehilfe, der sein Auge auf Jack gerichtet hatte, und dessen Gruss nun Jack erwiderte. Das erste, was Jack bemerkte, war, dass Herr Jolliffe ein sehr blatternarbiges Gesicht und nur ein Auge, aber ein durchbohrendes hatte; es glich einem kleinen Feuerballe, und in der That entströmte diesem einsamen Leuchtpunkte mehr Licht, als die Kerze gab.
„Dein Blick behagt mir nicht“, dachte Jack, „wir werden nie gute Freunde werden“, verfiel übrigens hierbei, wie sich später zeigen wird, in den gewöhnlichen Irrtum, nach dem Scheine zu urteilen.
„Freut mich sehr, Sie wieder auf zu sehen, junger Herr“, frag Jolliffe wieder an. „Sie sind länger als gewöhnlich auf dem Schragen gelegen, aber freilich, die Stärksten packt es am heftigsten — Sie haben sich spät entschlossen, zur See zu gehen; vielleicht nach dem Sprichwort: ‚Besser zu spät, als gar nicht.‘“
„Ich fühle mich sehr geneigt, die Wahrheit dieses Satzes zu beleuchten“, erwiderte Jack, „aber es ist jetzt nutzlos. Ich bin entsetzlich hungrig — wann werde ich ein Frühstück bekommen?“
„Morgen früh um halb neun Uhr“, war Jolliffes Antwort, „für heute ist das Frühstück schon seit zwei Stunden vorbei.“
„Aber soll ich denn gar nichts erhalten?“
„O nein, das sag’ ich nicht, denn bei Ihrer Krankheit müssen wir einige Vergünstigungen eintreten lassen; aber kein Frühstück wird es sein.“
„Nennen Sie es, wie Sie mögen“, entgegnete Jack, „befehlen Sie nur gefälligst dem Aufwärter, mir etwas zu essen zu geben. Mürbe Kuchen oder Plattsemmel — nur irgend etwas, doch würde ich Kaffee vorziehen.“
„Sie vergessen, dass Sie auf der Höhe von Finisterre sind und in einer Kadetten-Kajütte. — Kaffee haben wir nicht — Plattsemmeln sehen wir mit keinem Auge — mürbe Kuchen können wir nicht machen, da wir keinen Teig haben; aber eine Tasse Thee mit Schiffszwieback und Butter kann ich Ihnen durch den Steward sogleich kommen lassen.“
„Thun Sie das“, antwortete Jack, „ich werde Ihnen sehr viel Dank dafür wissen.“
„Seesoldat“ — rief Jolliffe, „lassen Sie Mesty kommen.“
„Mesty soll kommen“, schrie der Seesoldat — und so gingen die zwei Silben von Mund zu Mund, bis sie endlich auf das Vorderteil des Fahrzeuges gelangten.
Mesty, ein merkwürdig sonderbarer schwarzer Mann, der als Sklave nach Amerika gebracht und dort verkauft worden war, erschien sehr schlank und schmächtig gebaut, aber er hatte eine muskulöse Gestalt und ein bei seinem Völkerstamme keineswegs gewöhnliches Gesicht, einen langen und mageren Kopf, hohe Backenknochen, von denen sich das Gesicht bis zum Kinn fast haarscharf zuspitzte; eine sehr kleine, aber ziemlich gerade und fast römische Nase; auch sein Mund war ungewöhnlich klein und die Lippen für einen Afrikaner durchaus nicht dick; er hatte blendend weisse, scharf zugespitzte Zähne. Er machte Anspruch auf fürstliche Abkunft in seinem Baterlande; ob dies jedoch richtig war, konnte nicht ermittelt werden. Sein Herr hatte sich in New York niedergelassen. Alle eingewanderten Arbeiter in New York sind Irländer, und von diesen hatte Mesty den stark gebrochenen und eigentümlichen Dialekt der Schwester-Insel, vermischt mit ein wenig Yankismus, gelernt.
Nachdem er gehört, dass man in England keine Sklaven halte, verbarg er sich an Bord eines englischen Kauffahrteischiffes und entfloh auf diese Weise seinem Herrn. Bei seiner Ankunft in England begab er sich an Bord eines Kriegsschiffes. Da er keinen Namen hatte, so war es nötig, ihn zu taufen, um ihn in die Schiffsbücher eintragen zu können, man nannte ihn Mephistopheles Faust, was dann zu Mesty verstümmelt wurde. Dieser Mesty besass einen excentrischen Charakter; wenn er sich seiner Abkunft erinnerte, war er stolz bis zum Übermass, in der anderen Minute aber wieder ernst und fast mürrisch — aber wenn ihm im Lauf der täglichen Geschäfte nichts Unangenehmes begegnete oder nichts Widriges in den Sinn kam, zeigte er jenes drollige Benehmen, mit dem Beigeschmack irischen Humors, das wir bei seinem Volke so häufig finden.
Mesty erschien bald, aber fast in der Gestalt eines Frosches, denn er kroch unter dem Gebälke durch und machte mit seinen nackten Füssen grosse Schritte.
„Bei der Allmacht, Mafia Jolliffe, es ist nicht an der Zeit, just jetzt nach mir zu schicken: seht doch, dass die Kartoffel im Kessel und so viele Spitzbuben bereit sind, ein anderes Netz hineinzuthun und sich zu nutze zu machen das Versehen — hol’ sie der Teufel!“
„Mesty, du weisst, dass ich dich nie rufe und durch andere nie rufen lasse, wenn es nicht notwendig ist“, erwiderte Jolliffe, „aber dieser arme junge Mann hat nichts gegessen, seit er an Bord ist und ist nun recht hungrig — du muss ihm ein wenig Thee bringen.“
„Was meinen Sie, Sir? Um Thee zu machen, muss ich zuerst Wasser haben und zunächst muss haben Raum in der Küche, den Kessel ans Feuer zu stellen. — Aber wenn Sie nur die Spitze Ihres kleinen Fingers hineinstecken wollten, fänden Sie jetzt in der Küche keinen Platz dazu.“
„Aber er muss doch irgend etwas haben, Mesty.“
„Lassen wir also den Thee beiseite“, bemerkte hier Jack; „ich will etwas Milch trinken.“
„Meinen Massa Milch, und ist das Milchweib an der anderen Seite der Bucht?“
„Wir haben keine Milch, Mr. Freimut. Sie vergessen, dass wir auf den blauen Wogen sind“, entgegnete Jolliffe. „Es thut mir in der That leid; aber Sie müssen bis zur Mittagsessenszeit warten. Mesty sagt die volle Wahrheit.“
„Sagen Ihnen was, Massa Jolliffe, eben sieben Glockenzüge und, wenn der junge Herr statt Thee etwas aus dem Kessel nehmen wollte, so möcht’s ihm gut bekommen. ’s ist nur ein kleiner Unterschied zwischen Theebrühe und Erbsensuppe. Eine Schüssel davon, mit einigen Nüssen und etwas Pfeffer, wird ihm jedenfalls gut thun.“
„Das Beste vielleicht, was er kriegen kann, Mesty, hol’ es so schnell als möglich herbei.“
Nach einigen Minuten brachte der Schwarze eine Schüssel mit Suppe, in der ganze Erbsen herumschwammen, und stellte vor unseren Helden eine zinnerne Frühstücksschüssel voll kleiner Zwiebackstücke, Kadettennüsse genannt, sowie die Pfefferdose. Jacks Traumgebilde von Thee, Kaffee, Plattsemmeln, mürbem Kuchen und Milch verschwanden, als er diese Suppe sah; aber er war sehr hungrig und fand sie somit über alles Erwarten gut; auch war es ihm, nachdem er sie verschlungen hatte, viel wohler, und als die sieben Glockenzüge ertönten, ging er mit Herrn Jolliffe aufs Verdeck.