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Viertes Kapitel. Jacks erster Erfolg.

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Als Jack auf das Verdeck kam, sah er, wie die Sonne heiter schien, ein leichtes Lüftchen vom Lande her wehte und das ganze Takelwerk und jede sonstige geeignete Stelle des Schiffes mit Matrosenkleidern und Weisszeug behangen war, das der Sturm durchnässt hatte und nun getrocknet werden sollte. Auch sämtliche nassen Segel waren an den Masten ausgebreitet oder an der Takelung aufgeholt, und das Schiff strich langsam durch das blaue Wasser. Der Kapitän und der erste Leutnant standen im Gespräch miteinander auf der Laufplanke, während die meisten der Offiziere um Mittagszeit mit ihren Quadranten und Sextanten die Breite aufnahmen. Die Verdecke waren soeben sauber und rein gemacht worden und die Leute damit beschäftigt, die Taue herunterzuringeln. Es war eine Scene voll Leben, Thätigkeit und Ordnung, welche unseres Helden Herz, nach viertägigem Unwohlsein und Bettliegen in dumpfer Luft, der er nun soeben entronnen war, höchlich erfreute.

Der Kapitän, der ihn sah, winkte ihn zu sich und fragte ihn liebreich nach seinem Befinden; auch der erste Leutnant lächelte ihm zu, und viele der Offiziere sowie seine sämtlichen Tischgenossen wünschten ihm Glück zu seiner Wiedergenesung.

Später trat des Kapitäns Steward zu ihm, lüftete seinen Hut und bat um das Vergnügen seiner Gesellschaft bei dem Mittagsessen in der Kajütte. Jack, welcher die Höflichkeit selbst war, lüftete seinen Hut und nahm die Einladung an. Er stand auf einem Tau, das ein Matrose herabringelte; der Matrose lüftete seinen Hut und bat ihn, er möchte so gefällig sein, den Fuss in die Höhe zu ziehen. Jack seinerseits zog gleichfalls den Hut ab und den Fuss vom Taue weg. Der Steuermann lüpfte seinen Hut und meldete dem ersten Leutnant „zwölf Uhr“ — der erste Leutnant that das gleiche und meldete dem Kapitän „zwölf Uhr“ — der Kapitän erwiderte das Kompliment und sagte dem ersten Leutnant, es sei recht. Der Offizier langte an seinen Hut und fragte den Kapitän, ob zum Mittagsessen gepfiffen werden solle — der Kapitän lüftete seinen Hut und sagte: „Wenn’s Ihnen gefällig ist.“

Der Kadett empfing seine Befehle und lüftete den Hut, teilte sie hierauf dem Hochbootsmannsgehilfen mit, der ebenfalls den Hut lüftete, und nun schrillte die Pfeife munter.

Nun ja, dachte Jack, Höflichkeit scheint hier an der Tagesordnung und jeder vor dem anderen gleichen Respekt zu haben. Er stand auf dem Verdeck, guckte durch die offenstehenden Luken in das tiefblaue Wasser hinab, richtete seine Augen in die Höhe hinauf und beobachtete, wie die hohen Spieren mit ihren Spitzen, den Bewegungen des Schiffes folgend, hin und her schwankten, als ob sie selbst in den klaren Horizont hineinreichten; er sah vorwärts auf die Karronadenreihe hin, welche an den Seiten des Deckes aufgestellt war, kletterte sodann auf eines der Geschütze und lehnte sich über die Hängematten, um nach dem fernen Lande hinauszulngen.

„Sie, junger Herr, fort da von den Hängematten“, rief der Steuermann, der wachthabender Offizier war, in mürrischem Tone.

Jack blickte sich um.

„Hören Sie nicht, Sir? Ich spreche mit Ihnen“, sagte der Steuermann von neuem.

Jack fühlte sich hierüber sehr entrüstet und dachte, Höflichkeit müsse doch nicht so allgemein sein, als er geglaubt habe.

Zufällig war Kapitän Wilson auf dem Verdeck.

„Kommen Sie zu mir, Mr. Freimut“, sagte er; „es ist Regel im Dienste, dass niemand sich auf die Hängematten begibt, wosern es nicht die dringendste Notwendigkeit erheischt. — Ich thue das nie — ebenso wenig der erste Leutnant oder irgend einer von den Offizieren oder der Mannschaft — also dürfen auch Sie nach dem Grundsatze der Gleichheit es nicht wieder thun.“

„Gewiss nicht, Sir“, erwiderte Jack; „aber dabei sehe ich doch nicht ein, warum dieser Offizier mit dem glänzenden Hut so mürrisch und nicht in einem freundlichen Tone mit mir spricht, als ob ich ihm gleich wäre.“

„Das habe ich Ihnen schon auseinandergesetzt, Herr Freimut.“

„Ach ja, jetzt erinnere ich mich, es ist Eifer; aber dieser Eifer scheint mir das einzig unbehagliche im Dienste zu sein. Es ist schade, dass der Dienst, wie Sie sagen, nicht ohne denselben bestehen kann.“

Kapitän Wilson lachte und ging weg; als er jedoch hernach mit dem Steuermann auf dem Verdeck hin und her lief, bedeutete er diesem, er solle nicht so hart mit einem jungen Mann reden, der aus Unkenntnis ein so unbedeutendes Versehen begangen habe. Daraufhin beschloss Smallsole, der unfreundliche Steuermann, bei der ersten passenden Gelegenheit es unserem Jack zu vergelten.

Jack speiste in der Kajütte und war sehr erfreut, zu sehen, dass jedermann mit ihm Wein trank und dass alles an des Kapitäns Tische sich im Zustande der Gleichheit zu befinden schien.

Der heutige Tag konnte als der erste für das Erscheinen Jacks an Bord betrachtet werden, an dem er auch zum erstenmal an des Kapitäns Tisch seine besonderen Ansichten auskramte. Wenn die Mittagsgesellschaft, welche aus dem zweiten Leutnant, dem Zahlmeister, Herrn Jolliffe und einem der Kadetten bestand, darüber erstaunt war, dass solche ganz ordonnanzwidrigen Ansichten im Beisein des Kapitäns ausgesprochen wurden, so war sie im gleichen Masse verwundert über das kaltblütige, gutgelaunte Gelächter, mit welchem Kapitän Wilson den ganzen Vortrag anhörte. Im allgemeinen lebte die Schiffsmannschaft der Ansicht, unser Held werde nach der Ankunst in der Bucht von Gibraltar entweder dem Dienste lebewohl sagen, wo nicht durch ein Kriegsgericht zum Tode verurteilt oder kassiert und schmählich ans Land geschickt werden. Andere freilich, welche mehr Schlangenklugheit besassen und von Herrn Sawbridge wussten, dass unser Held eines Tages ein grosses Vermögen erben würde, machten ganz andere Schlüsse und dachten, Kapitän Wilson werde sehr gute Gründe haben, warum er so milde sei — und unter diesen befand sich der zweite Leutnant, Asper. Es waren überhaupt nur vier Personen an Bord, welche freundliche Gesinnungen für Jack hegten — nämlich der Kapitän, der erste Leutnant, Herr Jolliffe, der einäugige Steuermannsgehilfe, und Mephistopheles, der Schwarze, der unseren Helden von ganzem Herzen liebte.

Wir haben von dem zweiten Leutnant, Herrn Asper, gesprochen. Dieser junge Mann hatte eine sehr hohe Meinung vom Stammbaume und besonders vom Gelde, von dem er nur sehr wenig besass. Er war der Sohn eines bedeutenden Kaufmannes, der ihm während seiner Kadettenzeit mehr Geld zu seinen Ausgaben bewilligte, als nötig oder nützlich war; und während seiner Laufbahn hatte er gefunden, dass ihm seine volle Tasche natürlicherweise nicht bloss unter seinen Tischgenossen, sondern auch bei manchen Offizieren der Schiffe, auf welchen er segelte, Ansehen verschaffte. Aber gerade, als Herr Asper seine Ernennung und Anstellung erhielt, machte sein Vater Bankrott, und die Quelle, aus welcher er so reichliche Zuschüsse erhalten hatte, war nun verstopft. Er besass nicht mehr die Mittel, das bisherige Leben fortzuführen. Da er nicht länger eigene Hilfsquellen besass, so war er immer sehr erfreut, jemand aufzufischen, auf dessen Kosten er feinem ausserordentlichen Hange zum Wohlleben nachkommen konnte Nun wusste Herr Asper, dass unser Held sehr reichlich mit Geld versehen war, und er wartete deshalb auf dem Verdeck, bis Jack herauf kam, um desfen treuester und vertrautester Freund zu werden. Asper wünschte, dass Jack des Beistandes bedürfen und dafür dankbar sein werde; er hatte deshalb auch eine Gelegenheit ergriffen, Herrn Sawbridge den Vorschlag zu machen, er wolle Jack in seine Wache nehmen. Sawbridge war damit einverstanden, und Jack wurde, als er nun den Dienst antrat, befehligt, Wache unter Leutnant Asper zu halten.

Dies war jedoch nicht nur der erste Tag, an dem Jack im Dienste erschien, sondern zugleich der erste, an welchem er die Kadettenkajütte betrat und mit seinen Kameraden bekannt gemacht wurde.

Wir haben bereits Herrn Jolliffe, den Steuermanusgehilfen, genannt, müssen aber denselben noch näher vorfuhren.

Jolliffe hatte sehr durch die Pocken gelitten, infolge deren seine Gesichtszüge zusammengeschrumpft waren; sein Antlitz war dadurch schrecklich entstellt. Er war ein langer, hagerer Mann, der selten lächelte, und wenn er’s that, wurde sein Gesicht dadurch noch mehr verzerrt. Entbehrungen, Betrachtungen über seine niedere Abkunft und Spötteleien über sein Äusseres hatten ihm viele Leiden bereitet. Still und zurückhaltend, sprach er selten in der Kajütte, ausser wenn es sein Amt als Proviantmeister erforderte. Gleichzeitig erkannte übrigens jedermann sein in allen Richtungen vorwurfsfreies Benehmen, seinen Gerechtigkeitssinn, seine Nachsicht und sein richtiges Gefühl an. Sein Leben glich in der That einer Pilgerfahrt, und er legte dieselbe in christlicher Liebe, in christlichem Eifer zurück.

Wo viele Leute beisammen sind, wird man leicht einem Raufbold begegnen, und auch in der Regel einem, der mehr oder weniger der Gehänselte ist. Man wird das selbst bei rein zufälligen Zusammenkünften, wie bei einem Mittagsessen, kennen lernen.

Noch ehe das Tischtuch abgenommen ist, wird sich der Raufbold durch sein befehlshaberisches Wesen bemerklich gemacht und bereits einen ausersehen haben, mit dem er am besten umspringen zu können glaubt. In einer Kadettenkajütte ist dieser Umstand beinahe sprichwörtlich geworden, obgleich er vielleicht jetzt nicht mehr von jenem widerwärtigen Despotismus begleitet sein mag, der damals, als unser Held in den Dienst trat, geübt wurde.

Der Raufbold in der Kadettenkajütte von Seiner Majestät Korvette „Harpy“ war ein junger Mann von siebzehn Jahren mit hellblondem Lockenhaare und blühendem Aussehen, der Sohn eines Schreibers im Dock zu Plymouth, mit Namen Vigors.

Der Gehänselte war ein Bursche von fünfzehn Jahren mit einem puddingförmigen, tatarenartigen Gesichte, dessen geistige Fähigkeiten bei einiger Pflege, wenn auch nicht ausgezeichnet, doch jedenfalls annehmbar geworden wären, hätte er nicht durch die beständigen Neckereien alles Selbstvertrauen verloren. Er lernte langsam, behielt aber, was er einmal erlernt, unauslöschlich im Kopfe. Dieser Bursche also, dessen Vater ein wohlhabender Grundbesitzer zu Lynn in Norfolk war, hiess Gosset. Um diese Zeit befanden sich nun noch drei weitere Kadetten auf dem Schiffe. Diese jungen Leute waren O’Connor, Mills und Gascoigne.

Nachdem Jack in der Kajütte gespeist hatte, folgte er seinen Tischgenossen Jolliffe und Gascoigne in die Kadettenkammer hinab.

„Ich sag’ Ihnen, Freimut“, fing Gascoigne an, „Sie sind ein verteufelt freier Kamerad, dass Sie dem Kapitän sagten, Sie hielten sich für einen so bedeutenden Mann, als er ist.“

„Ich bitte um Verzeihung“, erwiderte Jack, „ich behauptete dies nicht vom persönlichen, sondern vom allgemeinen Standpunkte aus, nach den Grundsätzen der Menschenrechte.“

„Nun ja“, entgegnete Gascoigne, „das ist das erste Mal, dass ich von einem Kadetten eine solch kühne Sprache hörte; nehmen Sie sich nur mit Ihren Menschenrechten in acht, dass Sie nicht an den Unrechten kommen — an Bord eines Kriegsschiffes thut das Punktbeleuchten nicht gut. Der Kapitän nahm es erstaunlich leicht auf — aber Sie werden besser daran thun, den Gegenstand nicht gar zu oft zur Sprache zu bringen.“

„Gascoigne gibt Ihnen da sehr guten Rat, Mr. Freimut“, bemerkte Jolliffe; „angenommen auch, Ihre Ideen wären richtig, was sie mir jedoch keineswegs zu sein scheinen, da sie jedenfalls unausführbar sind, so gibt es doch so ’n Ding, das man Klugheit heisst; und wie vielfach und bequem diese Frage am Lande erörtert werden mag, so ist dies doch in Seiner Majestät Dienst nicht bloss an und für sich gefährlich, sondern wird Ihnen auch selbst grossen Nachteil bringen.“

„Der Mensch ist ein freies Wesen“, antwortete Jack.

„Ich will mich erschiessen lassen, wenn er das ist“, entgegnete Gascoigne lachend, „und das werden Sie auch bald finden.“

„Und doch hat mich gerade nur die Erwartung, Gleichheit hier zu finden, bestimmt, zur See zu gehen.“

„Am ersten April vermutlich“, war Gascoignes Antwort. „Oder reden Sie wirklich im Ernste?“

Hierauf liess sich Jack in eine lange Betrachtung ein, welcher Jolliffe und Gascoigne ohne irgend eine Unterbrechung, Mesty aber mit Bewunderung zuhörte — am Schlusse lachte Gascoigne herzlich, Jolliffe aber seufzte.

„Von wem haben Sie all dies gelernt?“ fragte Jolliffe.

„Von meinem Vater, der ein grosser Philosoph ist und stets diese Ansichten verteidigte.“

„Und wünschte Ihr Vater, dass Sie zur See gehen möchten?“

„Nein, er war dagegen“, antwortete Jack.

„Als Freund bitte ich Sie, Mr. Freimut“, erwiderte Jolliffe, „Ihre Ansichten so viel als möglich, für sich zu behalten; ich werde schon Gelegenheit finden, mit Ihnen darüber zu sprechen, und Ihnen meine, Gründe dann auseinander setzen.“

Kaum war Herr Jolliffe mit seinen Worten zu Ende, als Vigors und O’Connor, welche die Nachricht von Jacks Ketzerei vernommen hatten, herunterkamen.

Jack, der die Höflichkeit selbst war, stand auf und verbeugte sich; die Eintretenden aber setzten sich nieder, ohne den Gruss zu erwidern. Vigors glaubte nach allem, was er von Jack gehört und gesehen hatte, einen vor sich zu haben, mit dem er sein Spiel treiben könne, und begann nun ohne Umstände.

„So, mein Bursche, Sie sind an Bord gekommen, um mit Ihrer Gleichheit eine Meuterei anzustiften? In des Kapitäns Kajütte kamen Sie schussfrei weg, aber so gut wird es Ihnen in der Kadettenkajütte nicht gehen. Einige müssen niedergeknüppelt werden, und von denen sind Sie einer.“

„Wenn Sie glauben, Sir“, entgegnete Jack, „dass ich mich niederknüppeln lasse, so kann ich Ihnen versichern, dass Sie im Irrtum sind. Nach demselben Grundsatze, wonach ich nie den Tyrannen derer spielen würde, welche schwächer sind als ich, werde ich jede Unterdrückung, wo sie versucht würde, züchtigen.“

„Na, mein Junge, da werden wir bald Ihr Metall auf die Probe stellen.“

„Soll ich daraus den Schluss ziehen, dass ich wich nicht im Zustande der Gleichheit mit meinen Tischgenossen befinde?“ fragte Jack, Herrn Jolliffe anblickend. Dieser gab keine Antwort, dagegen fiel Vigors ein:

„Allerdings, Sie sind im Zustande der Gleichheit, insofern nämlich, dass Sie das gleiche Recht auf die Schlafstätte haben, wenn Sie nicht hinausgeworfen werden wegen Ihrer Unverschämtheit gegen Ihre Herren. Sie haben ferner einen gleichen Anteil an allem, was für den Tisch erforderlich ist, zu bezahlen und ein gleiches Recht, Ihre Portion davon zu bekommen, wenn Sie sie nämlich kriegen können; auch haben Sie ein gleiches Recht mitzusprechen, vorausgesetzt, dass man Sie nicht das Maul halten heisst. Kurz und gut, Sie haben ein gleiches Recht, wie jeder andere, zu thun, was Sie können, vorausgesetzt, dass Sie können, denn hier muss der Schwächste in ein Mauseloch schlüpfen, und das ist unsere Gleichheit. Verstehen Sie nun das alles, oder brauchen Sie eine angewandte Beleuchtung?“

„Ich muss hieraus schliessen, dass die Gleichheit hier ebenso sehr vernichtet ist, als nur irgend unter den Wilden, wo der Starke den Schwachen unterjocht und die Keule das einzige Gesetz spricht.“

„Da sind Sie, glaube ich, auf einmal recht daran.“

Die Mannschaft wurde durch den Ruf „Segel gekürzt“ auf das Deck beschieden und somit dem Streite für den Augenblick ein Ende gesetzt.

Da unser Held keinen Befehl erhalten hatte, Dienst zu thun, so blieb er mit Mesty unten.

Sobald die Wache aufgerufen war, kamen Vigors, O’Connor, Gosset und Gascoigne wieder herab. Vigors, der mit Ausnahme Jolliffes der stärkste war, hatte hierdurch nach und nach eine anerkannte Herrschaft erlangt, sich auf dem Verdeck über die Frechheit Freimuts geäussert und die Absicht ausgesprochen, ihn zur Vernunft zu bringen. Deshalb kamen die anderen herunter, um den Spass mitanzusehen.

„Nun ja, Mr. Freimut“, sagte Vigors bei seinem Eintritte. „Sie nehmen es jedenfalls mit Ihrer Pflicht leichtherzig; ich glaube, Sie haben im Sinne, des Königs Rationen zu verzehren und nichts zu thun.“

Jacks Blut geriet schon in Wallung.

„Sie werden mich verbinden, wenn Sie an Ihre eigenen Geschäfte denken“, erwiderte Jack.

„Sie unverschämter Mensch, wenn Sie noch eine Silbe sagen, werd’ ich Ihnen einen tüchtigen Tritt geben und Ihre Gleichheitsgedanken ein wenig hinausknüppeln.“

„Nun gut“, antwortete Jack, „wir wollen’s probieren.“

Hierauf zog Jack ganz kaltblütig seinen Oberrock, die Halsbinde und das Hemd aus, zum grossen Erstaunen des Herrn Vigors, den dieser Beweis von Entschiedenheit und Selbstvertrauen nicht sehr erbaute, und noch mehr zur hohen Freude der anderen Kadetten, welche gern eine Wochenration darum gegeben hätten, Vigors tüchtig durchgewalkt zu sehen. Dieser sah übrigens wohl ein, dass er zu weit gegangen war, um zurücktreten zu können; er machte sich also auch schlagfertig.

Vigors hatte seine angemasste Autorität mehr durch spöttisches Hänseln, als durch Boxen erlangt, und andere fügten sich ihm, ohne einen gehörigen Versuch zum Widerstande gemacht zu haben. Jack hingegen hatte sich seinen Weg in der Schule nur durch harte Gefechte gebahnt. Nach weniger als einer Viertelstunde erklärte sich Vigors, der wie tot am Boden lag, für überwunden, während Jack, mit Ausnahme einiger unbedeutenden Schrammen, nachdem er sich gewaschen hatte, wieder so frisch aussah, als je.

Die Nachricht von diesem Siege verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch das Schiff, und noch ehe Jack seine Kleider wieder angezogen hatte, wurde der Vorfall von Sawbridge dem Kapitän im Vertrauen mitgeteilt.

„So früh schon?“ rief Wilson lachend; „ich erwartete allerdings, dass eine Kadettenkajütte Wunder thun würde, aber nicht, dass es so schnell kommen könnte. Dieser Sieg ist der erste Schlag für Herrn Freimuts Gleichheitslehre und wird mehr Wirkung thun, als zwanzig Niederlagen. Lassen Sie ihn nun seinen Dienst versehen; er wird bald seine Richtschnur finden.“

Der Kampf, den Jack mit Vigors bestanden, hatte ihm grosse Achtung und, mit Ausnahme seines Gegners und Herrn Smallsoles, allseitige Teilnahme erweckt. Anstatt von seinen Tischgenossen ausgelacht zu werden, liessen sie sich in freundlichscherzhafte Gespräche mit ihm ein; Jolliffe lächelte zu Jacks sonderbaren Ansichten und suchte ihm dieselben auszureden, die anderen aber liebten Jack um seiner selbst und seiner Freimütigkeit willen, und überdies, weil sie zu ihm, als einem Beschützer gegen Vigors, ihren Verfolger, hinaufblickten. Jack hatte nämlich erklärt, da Macht in der Kajütte für Recht gelte, so wolle er insofern Gleichheit herstellen, dass er, wenn er auch die Stärkeren nicht niederhalten könne, doch jedenfalls die Schwächeren beschütze, wer auch in die Kajütte kommen möge, müsse zuerst über ihn Herr werden, ehe er einen Schwächeren misshandeln könne.

Auf diese Weise machte Jack von seiner Stärke den besten Gebrauch und wurde so der Vorkämpe und die Zuflucht derer, welche, obgleich länger zur See und erfahrener als er, sich freuten, ein Obdach unter seinem Mut und seiner Gewandtheit zu finden.

Seekadett Jack Freimut

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