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Kapitel 7

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Obwohl ich mir einen Wecker gestellt hatte, um nicht zu verschlafen, wachte ich – und wieder war der Jetlag schuld – sehr viel früher auf. Ich ging leise ins Bad, um Henry nicht zu wecken, falls er noch schlafen sollte, dann versuchte ich so leise wie möglich die Treppe hinunterzugehen, was mir nicht ganz so gelang.

„Du bist aber schon früh auf“, begrüßte Margret mich, kaum war ich unten angekommen.

„Ich konnte nicht mehr schlafen“, gestand ich. „Aber warum bist du schon aufgestanden?“, fragte ich zurück.

„Eine Sache der Gewohnheit“, schmunzelte sie. „Oder vielleicht gerade, weil ich gelernt habe, dass es manchmal besser ist, schneller als meine Schwester zu sein.“

Das brachte auch mich zum Schmunzeln. „Magst du Kaffee?“

„Oh, ja, bitte“, sagte ich dankbar. Margret holte eine Tasse und goss mir von dem schwarzen, gut duftenden Gebräu ein.

„Was machen wir heute Morgen?“, fragte ich, nachdem ich so langsam wach wurde.

„Ich denke, ich werde dir zunächst mal den Hof zeigen, da sind wir ja gestern gar nicht mehr zu gekommen, dann zeige ich dir so ein bisschen, wo alles steht, damit du dich zurechtfindest. Aber keine Angst, ich hatte bisher noch niemanden, der sich das alles an einem Tag merken konnte, aber das wirst du schnell lernen. Dann werden wir auch gleich mal schauen, was es heute zu tun gibt. Henry ist momentan immer draußen auf den Feldern unterwegs und wenig am Hof, aber ich brauche auch jemanden hier.“ Ich nickte, um ihr zu zeigen, dass ich ihr zugehört und verstanden hatte.

„Trink noch in Ruhe deinen Kaffee aus und dann können wir loslegen.“

Etwa zehn Minuten später folgte ich Margret wie ein treuer Hund über das Anwesen. Hinter dem Haus lagen eine Scheune und ein kleiner Stall, die ich gestern gar nicht bemerkt hatte. Als Margret die Tür zum Stall öffnete, wurden wir schon von einem lauten Iaaaah begrüßt. „Das ist Gru“, stellte sie mir das Tier vor. „Und wie du nicht schwer erkennen kannst, ist er ein Esel.“ Ich musste lachen. Ich kannte niemanden, der einen Esel zum Haustier hatte. „Und das sind unsere Ziegen: Missy, Roxy und Mister“, fuhr sie fort. Ich fand es hier immer cooler: ein Esel UND Ziegen. „Ohhh, sind die süß!“, sagte ich ekstatisch und Margret konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Wir werden bald wohl noch ein paar mehr haben. Roxy ist trächtig.“ Ich schaute ein wenig verzückt auf Roxys Bauch.

Ich folgte Margret in eine kleine Kammer, wo das Futter für die Tiere aufbewahrt wurde. „Das da ist das Ziegenfutter“, sie deutete auf ein paar Dosen auf einem Regal, „und das da ist für Gru“ und deutete auf eine einzige große Dose rechts daneben. „Er bekommt eine Kelle voll Pellets am Tag. Und noch dazu ein wenig Heu“, erklärte sie mir. „Außerdem musst du die Ställe jeden Tag saubermachen. Tagsüber kommen die Tiere auf die Weide, da hast du hier dann Platz. Jetzt können sie erst einmal frühstücken und dann lassen wir sie raus.“

Ich folgte Margret weiter. „Hier sind unsere Hühner“, sagte sie und deutete auf den Verschlag neben dem Stall. „Noch sind sie draußen, aber wenn es wirklich kalt wird, werden wir sie den Winter über in den Stall bringen. Henry wird uns dabei helfen, da was zu bauen. Das ist das erste Jahr, dass wir Hühner halten und müssen selbst noch ein wenig dazulernen. Den Hühnerstall brauchst du aber nur einmal in der Woche sauber zu machen.“ Margret kontrollierte, ob die Hühner noch genügend Futter hatten und füllte den Wassertrog auf.

„So viel zu den Tieren“, sagte sie nach getaner Arbeit. „Ansonsten fallen jeden Tag andere Arbeiten an. Vielleicht wäre es mal nicht schlecht, für heute den alten Schuppen durchzusehen und aufzuräumen.“ Ich nickte zum Zeichen, dass ich sie verstanden hatte. Ich folgte ihr weiter hinter den Stall, wo noch so ein stallartiges Gebäude stand. Das musste wohl der Schuppen sein. Margret trat ein und machte das Licht an. Wie ich bereits befürchtet hatte, hingen überall großen Spinnennetze. Ich mochte Spinnen nicht besonders gerne. Anscheinend hatte sie meinen leicht konsternierten Gesichtsausdruck bemerkt und lachte. „Alles halb so schlimm“, sagte sie. Na ja, irgendwie musste ich ja da durch.

Nachdem ich diesen ersten Schock überwunden hatte, sah ich mich ein wenig genauer um und stellte fest, dass der Schuppen wirklich einer einzigen Rumpelkammer ähnelte, als hätte man über die letzten Jahre einfach alles hineingeworfen, was man nicht mehr oder nur kurzzeitig brauchte.

„Du kannst am besten erst einmal alles ausräumen und dir einen Überblick verschaffen, was alles drin ist“, schlug sie vor. „Weiter hinten sind auch ein paar Regale, die kann man auch noch nutzen. Und James wollte auch noch ein paar zimmern.“

„Okay.“ Eigentlich hatte ich wirklich keine Lust darauf, einen Schuppen aufzuräumen. Irgendwie hatte ich mir das Farmleben anders vorgestellt, aber ich wollte auf keinen Fall undankbar sein.

„Jetzt lass uns erst einmal etwas frühstücken gehen. Dann bringen wir die Tiere raus und dann kannst du anfangen.“

Mittlerweile war Henry auch schon aufgestanden und er lächelte uns über seine Kaffeetasse hinweg an, als wir die Küche betraten. „Na, hast du Gru kennengelernt?“, fragte er mich. „Jepp“, gab ich als Antwort zurück. „Die meiste Zeit ist er echt lieb, aber manchmal ist er auch ein richtiger Dickkopf. Typisch Esel eben.“

„Was wollt ihr essen?“, unterbrach Margret uns.

„Was esst ihr denn immer zum Frühstück?“, fragte ich zurück.

„Es gibt Toast und Cornflakes. Und wir haben Marmelade und Käse und das alles.“

Ich entschied mich für Cornflakes, genau wie Henry.

„Was machst du eigentlich dann den ganzen Tag auf dem Feld?“, fragte ich ihn zwischen zwei Löffeln Cornflakes.

„Momentan ernten wir die ersten Kartoffeln, das geht noch bis in den Oktober. Und der Weizen muss auch noch geerntet werden.“

„Oha, da habt ihr ja richtig viel zu tun“, meinte ich.

„Ja, momentan kann man sich echt nicht über zu wenig Arbeit beklagen.“

„Warum soll ich dann nicht auf dem Feld helfen?“, fragte ich Margret.

„Ich brauche dich hier. Auf dem Hof gibt es auch immer viel zu tun. Und das mit dem Schuppen dürfte nicht deine ganze Zeit in Anspruch nehmen.“

„So, an die Arbeit!“, sagte Henry, nahm den letzten Schluck Kaffee und machte sich auf. „Wir sehen uns heute Abend.“

„Kommt er denn gar nicht zum Mittagessen?“, fragte ich, sobald Henry aus der Tür raus war.

„Wir essen nur abends zusammen. Mittags isst jeder nur einen kleinen Snack.“

Nachdem ich mit dem Frühstück fertig war, brachten Margret und ich Gru und die Ziegen auf die Wiese. Wie Henry prophezeit hatte, hatte Gru anscheinend an diesem Morgen eine störrische Phase und Margret konnte ihn nur durch gutes Zureden und viel Geduld aus dem Stall locken. Ich musste nur ein wenig aufpassen, dass die Ziegen zusammenblieben und sich nicht schon auf dem Weg zur Weide weitere Snackpausen gönnten.

„Das hätten wir geschafft“, sagte Margret, als sie endlich das Gatter schließen konnte. Ich beobachtete die Tiere noch kurz, wie sie zufrieden den Kopf am Boden hielten. Dann machte ich mich an meine Tagesarbeit. Margret hatte mir zuvor noch ein Paar Handschuhe gegeben. „Hier, die wirst du wohl brauchen“, hatte sie gesagt. Es war zwar erst kurz vor neun, allerdings spürte ich schon langsam die Sonne. Wieder so ein Vorurteil, dass es in Kanada immer kalt war, hatte sich als falsch erwiesen. Ich begann zuerst damit, alles was ich erreichen konnte, auszuräumen und neben die Scheune zu schaffen. Dazu gehörten Werkzeuge, aber auch viele einzelne Bretter, alte Fahrräder und Schubkarren. Letztere fanden sich vor allem im hinteren Teil des Schuppens. Beim Aufräumen merkte ich auch, wie viel Stauraum dieser eigentlich bot.

Die falsche Ecke der Heide

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