Читать книгу No such Future - Friederike Müller-Friemauth - Страница 21

Betriebswirtschaftslehre

Оглавление

Seit 1898 gibt es in Deutschland Handelshochschulen, die Betriebswirtschaftslehre in ihrem Programm haben – zur Abgrenzung gegenüber der Volkswirtschaftslehre, die damals in den Ruch der Unternehmerfeindlichkeit geraten war. Während die VWL stets dem Wohlstand der Nationen (Adam Smith) hinterherhechelte und zu wissen vermeinte, dass etwa England Portugal Wein (!) im Austausch gegen Tuch (!) verkaufen sollte (so David Ricardos komparativer Kostenvorteil), wollte die neue Betriebslehren-Mannschaft solch internationalen Schabernack nicht mitspielen.

Ihr ging es vielmehr um ökonomische Grundlagenfragen (Profitlehre) und Systementwürfe.12 Der Fokus der BWL war und ist bis heute nach innen gerichtet. Sie fragt nach Effizienz, Ergiebigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Unternehmung. Als Ausweis dafür gilt das Input-Output-Verhältnis, also die Relation von Aufwand und Ertrag, die für jeden Betrieb auszurechnen ist. Strikt im Fokus daher: Zahlen, Daten, Fakten. Folglich besetzen Mathematik, Rechnungswesen und Statistik die Stammplätze im BWL-Werksteam.

Die drei Führungsspieler geben nicht nur die Richtung vor (Erfolg ist das Einzige, was sich rechnet. Für Schönspielerei kann man sich »nichts kaufen«), sondern auch die Sprache aufm Platz: Kosten, Investitionen, Einnahmen, Cashflow, Return on Investment, EBITDA und so weiter. Daran haben sich alle Mitspieler (Buchhalter, Controller u. a.) zu halten – und gewöhnt. Die glorreichen Drei dominieren nämlich mit ihrer Sichtweise das gesamte Team und wirken wie »grüne Gläser vor den Augen« (Immanuel Kant), die alles und jeden mit ihrer Sicht auf das Spiel einfärben. Sie fungieren als gleichmacherischer Wirklichkeitskonstrukteur. Ihr Ansatz verwandelt ganz unterschiedliche, unvergleichbare Positionen (Stürmer, Sechser, Torwart), genauso wie verschiedene Ereignisse (EM in Polen / Ukraine und WM in Katar) durch Kalkulationsmethoden in vergleichbare Kennzahlen – in Geld bezifferbare Größen. Wie Ablösesummen für Spieler oder Schmiergelder für UEFA oder FIFA für die Vergabe von Ereignissen wie Turnier, Championat, Wettkampf. Alles berechenbar! Und letztlich immer das Gleiche. Nämlich? Genau: Zahlen, Daten, Fakten!

Zukunft aus dem schwarzen Block – FuturICT

Beinahe wäre das ein neuer Spieler im Kader geworden! FuturICT (Future Information and Communication Technologies) – so der Name eines Forschungsantrags bei der EU mit einem Volumen von über einer Milliarde Euro, der allerdings unberücksichtigt blieb. Nichts weniger als die »Informations- und Kommunikations-Technologie der Zukunft« sollte hier entwickelt werden. Mit der sich das Morgen berechnen, Ungewissheiten begegnen und allen Krisen zuvorkommen lässt. Zumindest, wenn man den Protagonisten des Ganzen glaubt: Statistikern!

Geplant war ein »Living Earth Simulator« – computeranimiertes Zukunftsbasteln per Großrechner. Das liegt im Trend13: Prognostiziert und berechnet werden sollen nicht nur künftige Wirtschafts- und Unternehmenskennzahlen, Wege von Tiefdruckgebieten oder die Entwicklung von Unfallzahlen, sondern gleich das ganze Weltgeschehen.

Durch »Data-Mining« wollten die Antragsteller Gesetze und Prozesse sichtbar machen, die unser Zusammenleben auf der Erde bestimmen; Krisen im Frühstadium inklusive. Politische Unruhen und Ausbrüche von Pandemien sähen wir dann früh genug kommen und von politischen Entscheidungen wüssten wir die Folgewirkungen sogar schon vor ihrer Umsetzung.

Möglich? Zumindest für Statistiker. Quelle sind die Daten der Internet- und Mobilfunknutzung sowie das, was sich durch Netzwerke, Online-Einkäufe und Blogeinträge heute quasi »von selbst« sammelt. Stattfinden wird diese Rechenpathologie nun zwar ohne EU-Förderung. Aber sie dokumentiert anschaulich die Richtung des aktuellen Big-Data-Hypes: die ungeheure Faszination von Erkenntnissen aus Daten.

Wie Betriebswirtschaftler »Zukunft« verstehen

Nun geht es uns hier allerdings nicht um eine Kritik der »Monetarisierung« von allem.14 Auch die präzise Definition einer Firma oder eines Teams wird hier nicht weiter vertieft; denn was jeweils zu Betrieben hinzuzurechnen ist, wandelt sich beständig – nicht nur von Zeit zu Zeit, sondern auch von Land zu Land. Man könnte geradezu von »Liquid Corporations« sprechen – flüssigen Unternehmensgestalten, die in die Zukunft mäandern und sich dabei fortwährend verändern.15 Dabei stehen zum Beispiel dem Zeitgeist unterliegende Rechnungslegungsvorschriften im Mittelpunkt, die zwingend zu berücksichtigen sind. Das hat ebenfalls Auswirkungen auf das Heute und Morgen einer Unternehmung.16 Aber auch das soll hier nicht im Fokus stehen. Unser Interesse ist ein spezielles – die Perspektive auf Zukunft, die sich aus den betriebswirtschaftlichen Basics ergibt.

No such Future

Подняться наверх