Читать книгу Die Verschwörung des Fiesco zu Genua - Friedrich von Schiller, Friedrich Schiller - Страница 7

Erster Auftritt.

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Leonore maskiert. Rosa, Arabella fliehen zerstört auf die Bühne.

Leonore(reisst die Maske ab) . Nichts mehr! Kein Wort mehr! Es ist am Tag. (Sie wirft sich in einen Sessel.) Das wirft mich nieder.

Arabella. Gnädige Frau —

Leonore(aufstehend). Vor meinen Augen! eine stadtkundige Kokette! im Angesicht des ganzen Adels von Genua! (Wehmütig.) Rosa! Bella! und vor meinen weinenden Augen.

Rosa. Nehmen Sie die Sache für das, was sie wirklich war — eine Galanterie —

Leonore. Galanterie? — und das emsige Wechselspiel ihrer Augen? das ängstliche Lauern auf ihre Spuren? der lange verweilende Kuss auf ihren entblössten Arm, dass noch die Spur seiner Zähne im flammroten Fleck zurückblieb? Ha! und die starre tiefe Betäubung, worein er, gleich dem gemalten Entzücken, versunken sass, als wär’ um ihn her die Welt weggeblasen und er allein mit dieser Julia im ewigen Leeren? Galanterie? — gutes Ding, das noch nie geliebt hat, streite mir nicht über Galanterie und Liebe.

Rosa. Desto besser, Madonna. Einen Gemahl verlieren heisst zehn Cicisbeo Profit machen.

Leonore. Verlieren? — ein kleiner aussetzender Puls der Empfindung und Fiesco verloren? Geh’, giftige Schwätzerin — komm’ mir nie wieder vor die Augen! — Eine unschuldige Neckerei — vielleicht eine Galanterie? Ist es nicht so, meine empfindende Bella?

Arabella. O ja! ganz zuverlässig so!

Leonore(in Tiefsinn versunten). Dass sie darum in seinem Herzen sich wüsste? — dass hinter jedem seiner Gedanken ihr Name im Hinterhalt läge? — ihn anspräche in jeder Fussstapfe der Natur? — Was ist das? wo gerat’ ich hin? Dass ihm die schöne majestätische Welt nichts wäre, als der prächtige Demant, worauf nur ihr Bild — nur ihr Bild gestochen ist? — dass er sie liebte? — Julien! O deinen Arm her — halte mich, Bella!

(Pause. Die Musik lässt sich von neuem hören.)

Leonore(aufgefahren) . Horch! War das nicht die Stimme Fiescos, die aus dem Lärme hervordrang? Kann er lachen, wenn seine Leonore im einsamen weinet? Nicht doch, mein Kind! Es war Gianettino Dorias bäurische Stimme.

Arabella. Sie war’s, Signora. Aber kommen Sie in ein anderes Zimmer.

Leonore. Du entfärbst dich. Bella! du lügst — ich lese in euren Augen — in den Gesichtern der Genueser ein etwas — ein etwas. (Sich verhüllend.) O gewiss! diese Genueser wissen mehr, als für das Ohr einer Gattin taugt.

Rosa. O der alles vergrössernden Eifersucht!

Leonore(schwermütig schwärmend). Da er noch Fiesco war — dahertrat im Pomeranzenhain, wo wir Mädchen lustwandeln gingen, ein blühender Apoll, verschmolzen, in den männlich-schönen Antinous. Stolz durchlauchtige Genua auf seinen jungen Schultern sich wiegte; unsere Augen schlichen diebisch ihm nach und zuckten zurück, wie auf dem Kirchenraub ergriffen, wenn fein wetterleuchtender Blick sie traf. Ach. Bella! wie verschlangen wir eine Blicke! wie parteiisch zählte sie der ängstliche Neid der Nachbarin zu! Sie fielen unter uns wie der Goldapfel des Zanks, zärtliche Augen brannten wilder, sanfte Busen pochten stürmischer, Eifersucht hatte unsre Eintracht zerrissen.

Arabella. Ich besinne mich. Das ganze weibliche Genua kam in Aufruhr um die schöne Eroberung.

Leonore(begeistert). Und nun mein ihn zu nennen! verwegenes, entsetzliches Glück! Mein Genuas grössten Mann, (mit Anmut) der vollendet sprang aus dem Meissel der unerschöpflichen Künstlerin, alle Grössen seines Geschlechts im lieblichsten Schmelze verband. — Höret, Mädchen! kann ich’s nun doch nicht mehr verschweigen! — Höret Mädchen, ich vertraue euch etwas, (geheimnisvoll) einen Gedanken — als ich am Altar stand neben Fiesco — seine Hand in meine Hand gelegt — hatt’ ich den Gedanken, den zu denken dem Weibe verboten ist: — dieser Fiesco, dessen Hand jetzt in der deinigen liegt — dein Fiesco — aber still! dass kein Mann uns belausche, wie hoch wir uns mit dem Abfall seiner Vortrefflichkeit brüsten — dieser dein Fiesco — weh’ euch, wenn das Gefühl euch nicht höher wirft! — wird — uns Genua von seinen Tyrannen erlösen!

Arabella(erstaunt). Und diese Vorstellung kam einem Frauenzimmer am Brauttag?

Leonore. Erstaune, Bella! Der Braut in der Wonne des Brauttags! (Lebhafter.) Ich bin ein Weib — aber ich fühle den Adel meines Bluts, kann es nicht dulden, dass dieses Haus Doria über unsre Ahnen hinauswachsen will. Jener sanstmütige Andreas es ist eine Wollust, ihm gut zu sein — mag immer Herzog von Genua heissen, aber Gianettino ist sein Neffe — sein Erbe — und Gianettino hat ein freches, hochmütiges Herz. Genua zittert vor ihm, und Fiesco, (in Wehmut hinabgefallen) Fiesco — weinet um mich — liebt seine Schwester.

Arabella. Arme, unglückliche Frau. —

Leonore. Gehet jetzt und sehet diesen Halbgott der Genueser im schamlosen Kreis der Schwelger und Buhldirnen sitzen, ihre Ohren mit unartigem Witze kitzeln, ihnen Märchen von verwünschten Prinzessinnen erzählen — — das ist Fiesco! — Ach, Mädchen! nicht Genua allein verlor seinen Helden — auch ich meinen Gemahl!

Rosa. Reden Sie leiser. Man kommt durch die Galerie.

Leonore(zusammenschreckend). Fiesco kommt. Flieht! flieht! Mein Anblick könnte ihm einen trüben Augenblick machen. (Sie entspringt in ein Seitenzimmer. Die Mädchen ihr nach.)

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Die Verschwörung des Fiesco zu Genua

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