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Achter Auftritt
ОглавлениеBURLEIGH. PAULET.
BURLEIGH.
975Sie trotzt uns – wird uns trotzen, Ritter Paulet,
Bis an die Stufen des Schafotts – Dies stolze Herz
Ist nicht zu brechen – Überraschte sie
Der Urtelspruch? Saht Ihr sie eine Träne
Vergießen? Ihre Farbe nur verändern?
980Nicht unser Mitleid ruft sie an. Wohl kennt sie
Den Zweifelmut der Königin von England,
Und unsre Furcht ist’s, was sie mutig macht.
PAULET.
Lord Großschatzmeister! Dieser eitle Trotz wird schnell
Verschwinden, wenn man ihm den Vorwand raubt.
985Es sind Unziemlichkeiten vorgegangen
In diesem Rechtstreit, wenn ich’s sagen darf.
[36]Man hätte diesen Babington und Tichburn
Ihr in Person vorführen, ihre Schreiber
Ihr gegenüberstellen sollen.
BURLEIGH (schnell).
Nein!
990Nein, Ritter Paulet! Das war nicht zu wagen.
Zu groß ist ihre Macht auf die Gemüter
Und ihrer Tränen weibliche Gewalt.
Ihr Schreiber Kurl, ständ er ihr gegenüber,
Käm es dazu, das Wort nun auszusprechen,
995An dem ihr Leben hängt – er würde zaghaft
Zurückziehn, sein Geständnis widerrufen –
PAULET.
So werden Englands Feinde alle Welt
Erfüllen mit gehässigen Gerüchten,
Und des Prozesses festliches Gepräng
1000Wird als ein kühner Frevel nur erscheinen.
BURLEIGH.
Dies ist der Kummer unsrer Königin –
Dass diese Stifterin des Unheils doch
Gestorben wäre, ehe sie den Fuß
Auf Englands Boden setzte!
PAULET.
Dazu sag ich Amen.
BURLEIGH.
1005 Dass Krankheit sie im Kerker aufgerieben!
PAULET.
Viel Unglück hätt es diesem Land erspart.
BURLEIGH.
Doch hätt auch gleich ein Zufall der Natur
Sie hingerafft – Wir hießen doch die Mörder.
PAULET.
Wohl wahr. Man kann den Menschen nicht verwehren,
Zu denken, was sie wollen.
BURLEIGH.
1010 Zu beweisen wär’s
Doch nicht, und würde weniger Geräusch erregen –
PAULET.
Mag es Geräusch erregen! Nicht der laute,
Nur der gerechte Tadel kann verletzen.
BURLEIGH.
O! auch die heilige Gerechtigkeit
1015Entflieht dem Tadel nicht. Die Meinung hält es
Mit dem Unglücklichen, es wird der Neid
Stets den obsiegend Glücklichen verfolgen.
Das Richterschwert, womit der Mann sich ziert,
[37]Verhasst ist’s in der Frauen Hand. Die Welt
1020Glaubt nicht an die Gerechtigkeit des Weibes,
Sobald ein Weib das Opfer wird. Umsonst,
Dass wir, die Richter, nach Gewissen sprachen!
Sie hat der Gnade königliches Recht.
Sie muss es brauchen, unerträglich ist’s,
1025Wenn sie den strengen Lauf lässt dem Gesetze!
PAULET.
Und also –
BURLEIGH (rasch einfallend).
Also soll sie leben? Nein!
Sie darf nicht leben! Nimmermehr! Dies, eben
Dies ist’s, was unsre Königin beängstigt –
Warum der Schlaf ihr Lager flieht – Ich lese
1030In ihren Augen ihrer Seele Kampf,
Ihr Mund wagt ihre Wünsche nicht zu sprechen,
Doch vielbedeutend fragt ihr stummer Blick:
Ist unter allen meinen Dienern keiner,
Der die verhasste Wahl mir spart, in ew’ger Furcht
1035Auf meinem Thron zu zittern, oder grausam
Die Königin, die eigne Blutsverwandte
Dem Beil zu unterwerfen?
PAULET.
Das ist nun die Notwendigkeit, steht nicht zu ändern.
BURLEIGH.
Wohl stünd’s zu ändern, meint die Königin,
1040Wenn sie nur aufmerksamre Diener hätte.
PAULET.
Aufmerksame!
BURLEIGH.
Die einen stummen Auftrag
Zu deuten wissen.
PAULET.
Einen stummen Auftrag!
BURLEIGH.
Die, wenn man ihnen eine gift’ge Schlange
Zu hüten gab, den anvertrauten Feind
1045Nicht wie ein heilig teures Kleinod hüten.
PAULET (bedeutungsvoll).
Ein hohes Kleinod ist der gute Name,
Der unbescholtne Ruf der Königin,
Den kann man nicht zu wohl bewachen, Sir!
BURLEIGH.
Als man die Lady von dem Shrewsbury
1050[38]Wegnahm und Ritter Paulets Hut vertraute,
Da war die Meinung –
PAULET.
Ich will hoffen, Sir,
Die Meinung war, dass man den schwersten Auftrag
Den reinsten Händen übergeben wollte.
Bei Gott! Ich hätte dieses Schergenamt
1055Nicht übernommen, dächt ich nicht, dass es
Den besten Mann in England foderte.
Lasst mich nicht denken, dass ich’s etwas anderm
Als meinem reinen Rufe schuldig bin.
BURLEIGH.
Man breitet aus, sie schwinde, lässt sie kränker
1060Und kränker werden, endlich still verscheiden,
So stirbt sie in der Menschen Angedenken –
Und Euer Ruf bleibt rein.
PAULET.
Nicht mein Gewissen.
BURLEIGH.
Wenn Ihr die eigne Hand nicht leihen wollt,
So werdet Ihr der fremden doch nicht wehren –
PAULET (unterbricht ihn).
1065Kein Mörder soll sich ihrer Schwelle nahn,
Solang die Götter meines Dachs sie schützen.
Ihr Leben ist mir heilig, heil’ger nicht
Ist mir das Haupt der Königin von England.
Ihr seid die Richter! Richtet! Brecht den Stab!
1070Und wenn es Zeit ist, lasst den Zimmerer
Mit Axt und Säge kommen, das Gerüst
Aufschlagen – für den Sheriff und den Henker
Soll meines Schlosses Pforte offen sein.
Jetzt ist sie zur Bewahrung mir vertraut,
1075Und seid gewiss, ich werde sie bewahren,
Dass sie nichts Böses tun soll, noch erfahren!
(Gehen ab.)