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Fechten in Draculas Heimat!

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Mensch, wenn du als Fechter so eine Mail bekommst, mit einem solchen Betreff und du zu den älteren Semestern gehörst, die sich noch an die alten schwarz-weiss Filme aus den siebziger Jahren, mit Christopher Lee als Graf Dracula erinnern können, dann lässt dich so eine Betreff Zeile nicht einfach kalt.

Nein, das ist wie Nitro und Glyzerin in einem vereint, eine verdammt explosive Mischung, die es in sich hat. Sie hatte es insofern in sich, dass meine Augen wie gebannt auf dieser Betreffzeile ruhend fixiert waren. Ein Turnier im Land des Fürsten der Untoten. Das ist genau die passende Kulisse fand ich und zugegeben, mein Kopf Kino fing mächtig an zu rattern, vermischt mit diesem Gänsehautgefühl.

Mich hat sie nicht kalt gelassen und so habe ich erst einen weiteren Schluck Kaffee aus meiner Tasse getrunken und las danach den Inhalt der beigefügten PDF Datei mit allen Informationen und Einzelheiten dieses aussergewöhnlichen Turniers. Nun gut, nicht das Fechten an sich ist aussergewöhnlich (für Aussenstehende vielleicht schon) doch die Lokation macht in diesem Fall den Unterschied aus, gibt dem Ganzen den gewissen Kick.

Etwas hatte von mir Besitz ergriffen und dieses Gefühl kann ich nicht genauer beschreiben. Es war einfach eine Mischung aus sich langsam sträubenden Nackenhaaren und einem spürbar schnelleren Herzrhythmus. Dieses Gefühl stellte sich ein, als ich anfing die Mail genauer zu lesen und sah was geboten werden sollte.

Ein Fechtclub, aus einer Ortschaft für unsere Verhältnisse schwer auszusprechenden Namen, die zu Deutsch Kronstadt heisst, war der Organisator dieses Fechtturniers.

Das war echt starker Tobak. Ich las weiter, wie ein Süchtiger der sich die Nadel setzt, auch wenn er dies im Grunde genommen gar nicht will. Doch wie ein Süchtiger sich seiner Sucht nicht entziehen kann, so konnte ich mich der Magie dieses Mails einfach nicht entziehen.

Ehrlich gesagt, ich wollte es in diesem Moment auch gar nicht, die ganze Sache war einfach zu geil um davon abzulassen oder sich nicht damit zu befassen. Zudem muss ich gestehen, bin ich schon immer ein grosser Fan von Dracula Filmen gewesen und ich kann mich noch gut erinnern, wie ich die alten Dracula Filme aus dem 70er Jahren mit Christopher Lee förmlich in mich eingesogen hatte.

Nun kommt der Hammer, (das was der ganzen Sache seinen Reiz verleiht) der Austragungsort sollte Schloss Bran, in den Karpaten in Rumänien sein. Sollte man den Angaben aus den Reiseführern glauben, dann handelte es sich bei Schloss Bran, um das Schloss von Graf Dracula.

Holy Moly, was sagt man dazu?

Ich erinnere mich noch wie ich bei diesen Zeilen für mich selbst dachte, das ist ja abgefahren, ein Fechtturnier im Schloss des Grafen Dracula in Transsilvanien. Die Jungs verstanden etwas von cleverem Marketing und wussten anscheinend, wie man Fechter an ein Turnier lockt. Fechtturniere werden ja oft in einem entsprechenden Ambiente ausgetragen, so war es nicht das erste Mal, dass Turniere an historischen Orten durchgeführt werden. Irgendwie gehört das eine zum anderen.

Wie oft im Leben hat man die Möglichkeit in einem Schloss zu fechten, in einem derart geschichtsträchtigen Ort? Gut, das haben wir alles schon erlebt und passt auch irgendwie zum Fechtsport, wenn das Ambiente stimmig ist. Doch Schloss Dracula, einfach abgefahren, mehr kann ich nicht dazu sagen.

Mehr war dazu auch nicht zu sagen, wozu und warum auch!

Wir, meine beiden Kollegen aus dem Fechtclub und ich, beschlossen kurzerhand uns für dieses Turnier anzumelden. Die Fahrt von der Schweiz nach Rumänien würde einen Tag in Anspruch nehmen und wir würden dafür sorgen, schon einen Tag vor Turnierbeginn im Ort Kronstadt einzutreffen.

Wir fuhren schon seit Jahren zusammen an Turniere und ein solches Turnier, nein das wollte ich mir nicht entgehen lassen, dazu war die Vorstellung des Ortes einfach zu besonders, um die Gelegenheit sausen zu lassen. Es war allerdings eine ziemliche Strecke, doch trotzdem …. Schloss Dracula!

Wir würden ein paar Tage unterwegs sein, das war die Fahrerei allemal wert, gar keine Frage.

Wir machten es immer so. Dadurch vermieden wir es Stress zu haben und konnten am Turniertag entspannt im Hotel frühstücken und dann ans Turnier fahren. Und dabei würden wir noch Zeit haben, uns die Gegend etwas genauer anzusehen, eben stresslos, das Turnier mit einem Ausflug verbinden.

Das Turnier würde am Sonntag, den 27. Oktober 2008, stattfinden.

Heute schreiben wir den 21. August 2008, also hatten wir noch genug Zeit um alle Reisedetails zu besprechen. So meldeten wir uns für dieses Turnier an, das auf Schloss Bran in Transsilvanien durchgeführt würde. Doch zwei Monate würden auch schnell rum sein, das wusste ich und das wussten auch meine beiden Begleiter.

Immer noch von der Vorstellung gepackt in einem echten Schloss in den Karpaten zu fechten, übte auf mich eine ganz besondere Magie und Anziehung aus. Ich denke es ergeht wohl jedem so, selbst wenn die Geschichte um Graf Dracula eine Erfindung der Filmindustrie war. Das Ganze hatte etwas Beklemmendes und Magisches an sich, also die Art von Gefühlskombination, die einem einen gewissen Grad an Bammel in der Magengrube verursacht.

Nach der Anmeldung liess ich meiner Gedankenkraft noch einen Moment freien Lauf, ehe ich mich wieder den alltäglichen Dingen zuwandte und mich dabei um meine Arbeit kümmerte. Bis zum Treffen mit Graf Dracula blieb ein Zeitfenster von gut zwei Monaten.

Was zu diesem Zeitpunkt keiner von uns dreien wusste war, dass wir sehr wohl Bekanntschaft mit dem Übernatürlichen machen sollten und zwar auf eine Art, wie wir uns das so kaum vorgestellt hatten.

Das war auch gut so, dass keiner von uns zum Zeitpunkt der Anmeldung wusste, was wir erleben sollten. Hätten wir es gewusst oder hätten wir es geahnt, wir wären nicht nach Transsilvanien gefahren, Schloss Bran und Dracula hin oder her.

Oftmals sind wir froh, wenn wir nicht wissen was die Zukunft für uns bereithält. Nichts gegen die angenehmen und schönen Überraschungen im Leben, doch die weniger schönen Überraschungen gehören wohl auch dazu!

Und eine dieser weniger schönen Überraschungen, die uns allen noch lange in Erinnerung bleiben sollte, würde uns in Rumänien erwarten.

Das Unheimliche wartet auf gewisse Menschen ganz gezielt, oder waren wir einfach zur falschen Zeit am falschen Ort? Es hätte genauso gut nichts von alledem geschehen können, was geschehen war.

Doch es war geschehen und ich bin der Überzeugung, dass Dinge nicht einfach so geschehen, sondern hinter allem ein tieferer Sinn liegt.

Über den tieferen Sinn, unserer damaligen Erlebnisse, bin ich mir noch nicht so richtig im Klaren. Vielleicht werde ich und meine Freunde es auch nie sein, ich weiss nur eines mit Sicherheit, je mehr ich mir die ganze Sache von der Seele schreibe, umso besser geht es mir.

Vielleicht liegt hier der Sinn begraben, dass jemand über das schreibt was er erlebt hat, so dass die Menschen einen stichhaltigen Beweis dafür haben, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die sich auf rationaler Basis nicht erklären lassen.

Anyway, wir hatten uns angemeldet und wir würden nach Rumänien fahren. Für den Moment war das alles was wir wussten und wir freuten uns auf den Abstecher nach Rumänien, soll es dort doch atemberaubende Landschaften geben und Transsilvanien ist ja für seine Vampire und Werwolf Geschichten bekannt.

Wie gesagt, Vampire und Werwölfe sind keine realen Erscheinungen, auch wenn gewisse Menschen berichten, dass es diese Kreaturen wirklich gibt, sie hätten Beweise für deren Existenz. Ich glaubte nicht daran und meine Begleiter ebenfalls nicht.

Es ist wohl der Mythos, der solche Geschichten leben und erhalten lässt, weil wir Menschen uns gerne nach Mythen und Helden orientieren. Und Dracula, nun, das war schon eine Liga für sich, jedes Kind kennt schliesslich die Geschichte des blutrünstigen Grafen und seinem Schloss. Bram Stoker hatte diesen Mythos geschaffen vor über hundert Jahren, und er hatte bis heute nichts von seinem Glanz und Anziehungskraft verloren.

Zumindest trifft diese Behauptung zu hundert Prozent auf mich zu.

Ich muss aber auch zugeben, meine Fantasie hat diese Vorstellung, für ein verlängertes Wochenende nach Rumänien zu fahren, gewaltig beflügelt.

Und die Toten reisten mit uns und sie reisten schnell! Dieser Gedanke jagte mir einen weiteren Schauer über den Rücken, ich zuckte unkontrolliert zusammen und ich bekam Lust auf etwas Süsses, ich machte mich auf nachzusehen, ob ich noch Schokolade im Haus hatte.

So wie Dracula frisches Blut brauchte, so brauchte ich nun etwas Süsses, ja, man kann daraus durchaus seine Parallelen ziehen.

Ich vermute zu wissen was Sie im Augenblick gerade denken, doch ich muss Ihnen bereits hier an dieser Stelle eine herbe Enttäuschung zufügen. Nicht dass mir das Spass machen würde, nein, doch es kam ganz anders auf unserer Reise, wie Sie nun mit spitzbübischer Manier und einem kleinen Schuss Sherlock Holmes feststellen.

Ganz anders, doch ich will den Dingen nicht vorgreifen, sondern will mich wirklich an alle Details unserer Reise halten. Ich habe Ihnen schliesslich versprochen Sie mit auf unsere Reise zu nehmen und deshalb ist es wichtig, dass ich mich dabei an die Chronologie halte. Und ausserdem will ich mir endlich, nach Jahren die ganze Geschichte von der Seele schreiben, mich mental erleichtern.

Die Wochen vergingen und ich dachte nicht mehr weiter über Rumänien, Schloss Bran und Graf Dracula nach. Doch kam der Tag der Abfahrt nach Kronstadt mit jedem Tag etwas näher.

Der Berufsalltag hatte mich eingeholt und bis zu unserem Treffen mit Graf Dracula und Schloss Bram blieben schliesslich noch ein paar Wochen Zeit.

Inzwischen hatten wir, das heisst ich über Michelin Routenplaner im Internet schlau gemacht, wie und vor allem wie lange wir von Zürich aus nach Kronstadt zu fahren hatten. Ich war von ungefähr sechs- bis siebenhundert Kilometer ausgegangen, ich sollte mich täuschen. Gewaltig täuschen sogar.

Es waren eintausendachthundert Kilometer. Als mir diese Distanz so richtig bewusstwurde, dachte ich daran, ob die anfängliche Idee, nach Rumänien zu fahren, um an einem Fechtturnier teilzunehmen, wohl doch nicht so klug war. Doch ich verwarf den Gedanken schnell wieder, geplant war geplant und ausserdem hätte mir Rebi eine Standpauke gehalten wie noch niemals jemand zuvor, wenn ich einen Rückzieher gemacht hätte. Markus hätte es verstanden, doch nicht Rebi.

Wir hatten uns entschieden mit dem Auto zu fahren, doch hallo, eintausendachthundert Kilometer schleckte keine Kuh so einfach weg, und diese Distanz bezog sich nur auf den Hinweg, zurück würden wir nochmals dieselbe Distanz abspulen müssen. Auf der anderen Seite waren wir zu dritt und jeder von uns konnte Autofahren, wir würden uns gegenseitig abwechseln, es ging ja auch nicht darum, dass einer alleine hinter dem Steuert die ganzen Autobahnkilometer alleine runterspult.

Gut tausendvierhundert Kilometer waren Autobahn, die restlichen ungefähr vierhundert Kilometer Hauptstrasse oder was auch immer, in Rumänien sollen die Strassen ja nicht den Standards wie bei uns in der Schweiz entsprechen. Wir würden von Wettingen in der Schweiz starten. Alleine bis Wien wären es ungefähr achthundert Kilometer. Egal, wir würden dort ankommen und würden völlig fremde Gegenden zu sehen bekommen und … ja, das Schloss selbst!

Jedes Mal wenn ich daran denken musste, überkam mich ein Schauer, vielleicht ging bei mir dabei einfach die Fantasie durch, doch Rebi hatte mir zu gemunkelt, dass sie sich genauso freute wie ich, doch der Ort, na ja, wäre etwas gespenstisch, doch würde sie sich davon nicht abbringen lassen, ihr ging es ums Fechten und nicht um Vampire und andere seltsame Typen.

Nach kurzem Überlegen habe ich dann entschieden. Egal ob es eine weite Strecke zum Fahren ist, wir gehen da hin und meine beiden Freunde freuen sich auch darauf. Du fährst ja nicht alleine und jeder von uns dreien kann Autofahren, also können wir uns gegenseitig abwechseln.

Ich habe schon ganz andere Strecken bei Wind und Wetter ganz alleine gefahren, also schaffen wir das auch. Ich war mir auch bewusst, dass wir für die Strecke zwei Tage an Fahrtzeit brauchen würden. Tja, was macht man nicht alles um einmal auf Schloss Dracula fechten zu dürfen.

So vergingen die Tage und ich kümmerte mich um einen brauchbaren und zuverlässigen Wagen. Ein guter Freund der eine Garage besitzt, habe ich angefragt, er stellte uns für unsere Fahrt einen schwarzen Range Rover zur Verfügung.

Für eine solch lange Reise braucht ihr einerseits Platz und andererseits einen bequemen Wagen, meinte mein Freund, ich dachte kurz nach und nickte dann zustimmend, daran gab es nichts zu erwidern.

Wir würden zuerst einen Teil durch Österreich fahren, dann eine gewisse Zeit durch Bayern und schliesslich durch Ungarn und Jugoslawien bis wir endlich auf rumänischem Boden sein würden. Ja, irgendwie abgefahren so weit zu fahren, nur um an einem Turnier teilzunehmen.

Doch es ging mir noch um etwas Anderes. Es ging mir darum einmal in Transsilvanien zu sein, diesem Sagen und Legenden umworbenen Land, mit all seinen düsteren Geheimnissen aus seiner Geschichte. Angeblich soll es immer noch Orte geben, an denen unerklärliche Dinge geschehen.

In meinem tiefsten Innern würde ich zu gerne einmal Bekanntschaft mit dem Unbekannten machen. Ich habe keine genaue Vorstellung wie eine solche Bekanntschaft im Einzelnen aussehen würde. Ich war mir sicher, wenn ich eine solche Erfahrung machen sollte, würde sie speziell sein.

Gut möglich, dass ich dabei vor Schreck in die Hosen pinkeln würde, doch das Risiko musste ich einfach auf mich nehmen – no risk, no fun.

Die Vorstellung mit dem Fürsten des Blutes hatte etwas Beängstigendes und Faszinierendes zugleich. Hey, Schloss Bran soll schliesslich eine Touristenattraktion sein. Da waren schon jede Menge zu Besuch und mir ist kein einziger verbriefter Fall bekannt, bei dem eine Person von einem Vampir gebissen worden ist.

Warum sollte das also bei uns anders sein, dachte ich mir damals. Was ich zu jenem Zeitpunkt noch nicht wusste, war, dass das Grauen und Unsichtbare nicht immer Zähne hat und nach Blut verlangen muss, es gibt noch andere Möglichkeiten.

Wir sollten sie an unserem eigenen Leib erfahren.

Manchmal ist oder wäre es besser, wenn wir mehr auf unsere innere Stimme hören würden, also auf unsere Intuition. Bei mir ist es nicht anders und der Tag unserer Abreise kam schliesslich näher.

Ich hatte seit einigen Tagen schlecht geschlafen. Warum ich das weiss? Nun, als ich in jenen Tagen im Oktober, vor unserer Abreise nach Transsilvanien missgelaunt aufgewacht bin, ohne jedoch einen bestimmten Anhaltspunkt dafür anbringen zu können. Ich war missgelaunt, so wie wenn man das Gefühl hat schlecht geschlafen und einen bösen Traum gehabt zu haben.

Ich hatte schlecht geschlafen, sass auf meiner Bettkante und fühlte mich wie gerädert. Ich versuchte mich daran zu erinnern ob ich geträumt hatte. Hatte ich oder hatte ich nicht? Ich hatte keine Ahnung! Ich schüttelte diese Gedanken und Empfindungen von mir ab, wie ein Hund das Wasser aus seinem Fell schüttelt, nachdem er aus dem Wasser gestiegen war.

Angeblich träumen die Menschen jede Nacht, wenn man den Ergebnissen der neusten Forschungsstudien Glauben schenken sollte. Ich für meinen Teil bin da wohl eher ein schlechtes Beispiel, ich träume nicht, jedenfalls nicht wissentlich. Und wenn dann doch einmal, dann kann ich mich in den seltensten Fällen daran erinnern.

Doch zu jener Zeit hatte ich einfach schlecht geschlafen und spürte eine innere Unruhe, die ich selbst nicht genauer definieren konnte. Ich freute mich auf unsere Reise zu Graf Dracula und auf das Fechtturnier.

Vielleicht war es einfach eine Überreaktion meines Körpers, denn ich hatte zu dieser Zeit auch beruflich viel zu tun und hatte mir für dieses Turnier und die Tage in Rumänien, eine Woche Ferien genommen.

Ein paar Tage weg von dem Ganzen würde mir nicht schaden, dachte ich damals.

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