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Teil 2: Die Abreise in die Karpaten
ОглавлениеDie Tage und Wochen vergingen bis schliesslich der grosse Tag kam.
Es war Mittwoch, der 23. Oktober 2008, also ein Tag vor unserer Abreise nach Rumänien. Da wir über tausendachthundert Kilometer zu fahren hatten, hatten wir beschlossen bereits am Donnerstagmorgen loszufahren und an diesem Tag bis nach Budapest zu fahren, um dort zu übernachten.
Von Budapest aus würden wir dann weiterfahren bis nach Kronstadt in Rumänien. Gemäss Routenplaner hatten wir mit Budapest die Hälfte der Reise hinter uns.
Wieder kam mir in den Sinn was ich so lange und geschickt in den Tiefen meines Unterbewusstseins hatte absacken und schlummern lassen. Wir hatten eine Strecke von fast eintausendachthundert Kilometer zu fahren. Komplett bescheuert, jedoch eine Tatsache.
Und diese Tatsache waberte nun an den Rändern meines Bewusstseins herum. Morgen würden wir losfahren und dies schon um sechs Uhr in der Früh. Herrgott ich hasse es so früh aufzustehen und dabei schnaubte ich laut hörbar durch meinen Mund.
Der Mittwoch verging ohne besondere Vorkommnisse. Das dumpfe Gefühl in meinem Magen frischte mal auf, ehe es wieder langsam abflaute, es war ein stiller und hartnäckiger Begleiter geworden, der mich durch den Tag begleitete. Sie kennen das Gefühl, wenn sie etwas gegessen haben, das ihnen auf den Magen schlägt. Sie sind nicht wirklich krank und bettlägerig und doch sind sie auch nicht auf dem Damm, wie sonst.
Sie fühlen sich auf eine seltsame Art neben den Schuhen, die Gedanken immer einen Tick zu langsam, was wohl einen direkten Zusammenhang mit ihrem flauen Gefühl in der Magengegend zusammenhängt.
Tagsüber war ich auf der Bank gewesen und hatte mir ausreichend Euros besorgt und meinen Pass bereitgelegt. Vorsichtshalber hatte ich mir eine ganze Stange Chesterfields besorgt, nicht auszudenken, wenn mir mein blauer Stoff ausgeht! Marlboro bekommst du ja überall zu kaufen und wenn nicht, hatten die Einheimischen bestimmt Zigarettensorten im Angebot die so grässlich zum Rauchen waren, dass man sich kurzerhand entschied zum Nichtraucher zu werden.
Wenn sich Unannehmlichkeiten vermeiden lassen, dann vermeide ich diese gerne, macht ja auch Sinn, finde ich.
Ich hatte von meinen Eltern erfahren, die schon ein paar Mal Reiterferien in Ungarn gemacht hatten, dass die Ungaren eine gute, deftige und für unsere Verhältnisse sehr fettige Küche hatten.
Dies war mir in den Sinn gekommen, als ich mir im Internet unsere Reiseroute nochmals genau angeschaut hatte. Darauf hatte ich für mich, nein für uns drei eine Flasche Whisky gekauft, die wir mitnehmen würden.
Um auf Nummer sicher zu gehen, würde ich nach jeder Mahlzeit einen ordentlichen Schluck Whisky runterkippen, der dann dafür sorgen würde, dass alle Viren, Bakterien oder was auch immer im Essen sein konnte, abgetötet würden und ausserdem liebe ich Scotch Whisky.
Schliesslich ist Single Malt Whisky nicht einfach nur Alkohol, sondern Medizin. Eine Tatsache die jeder Schotte beim Eid auf alle bekannten und weniger bekannten Heiligen schwor.
Das ungute Gefühl in meiner Magengegend flaute nicht ab. Das Gefühl, das sich nicht näher umschreiben lässt. Ein Gefühl, dass ein Unheil geschehen wird. Ich versuchte mir einzureden, dass ich mir das alles nur einbildete, da wir Schloss Dracula besuchen würden, ein Ort um den sich viele sagenumworbene Gerüchte rankten. Ich schob dieses Gefühl einfach weg, so gut es eben ging.
Ich schrieb es also diesem Umstand zu und ignorierte diese seltsamen Vorahnungen ganz gezielt. Ich meine, es war nun noch ein Tag bis zu unserer Abreise und da kann ich keinen Rückzieher mehr machen, nur weil ich ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache habe, stimmt’s?
In einer Woche oder früher, würden wir wieder zuhause sein und ich würde mir sagen können, dass meine Bedenken vollkommen unbegründet gewesen waren und ich mich einfach in etwas hineingesteigert habe. Doch egal wie ich es anstellte und versuchte mir zu suggerieren, dass ich mir nur was vormachte, das dumpfe Gefühl blieb.
Doch ich hatte mich in nichts hineingesteigert. Wir alle würden etwas erleben was uns niemand glauben würde. Das ist der Grund, warum wir unsere Erfahrungen die wir in Rumänien gemacht haben, auch für uns behalten würden.
Dass es auf der Welt unerklärliche Dinge gibt und diese auch geschehen, das wusste ich und ich wusste ebenfalls, dass an Orten die für ihre Vergangenheit bekannt waren, seltsame, ja gelegentlich geradezu unheimliche Dinge geschahen.
Doch dass ich selbst ein solches Erlebnis dieser Art erfahren sollte, wusste ich noch nicht. Hätte ich auf mein Bauchgefühl und meine Empfindungen gehört, dann hätte ich diese Dinge nie wirklich erlebt.
Ich würde heute nicht über Nächte berichten, in denen ich teilweise mitten in der Nacht erwachte mit einem Gefühl, als würde jemand versuchen, mich zu erwürgen und ich nach Luft japsend aufschreckte.
Nein, dies wäre mir erspart geblieben. Doch da ich nicht hören wollte, mussten wir alle es an unserem eigenen Leib erfahren.
War es nicht Charles Dickens der einmal geschrieben hatte, dass die Unwissenden von den Taten des Unvorstellbaren nicht vorschont bleiben würden?
Irgendwie musste der gute alte Charles Dickens wohl eine ähnliche Erfahrung wie wir gemacht haben, sonst würde er kein solches Zitat von sich geben können. Heute denke ich anders darüber, doch damals noch nicht.
Vielleicht ist es auch besser so, ich weiss es nicht!
Ich ging also wieder in die tägliche Routine über, nachdem ich alle wichtigen Unterlagen beisammen, meinen SUV vollgetankt und die Reiseroute sicherheitshalber noch ausgedruckt hatte.
Dann, nachdem ich selbst meine Fechtausrüstung durchgecheckt hatte, meine Reisetasche kontrolliert, Geld Pass und die Zigaretten und den Whisky nochmals überprüft hatte, dass alles dort war wo es sein sollte, legte ich mich schlafen.
Mein Wagen hatte ein Navigationssystem. Wir wussten, dass wir die ganze Strecke nicht in einem Stück durchfahren, sondern irgendwo auf halber Strecke übernachten würden und die Hälfte war gemäss Routenplaner bereits irgendwo auf rumänischem Boden.
Egal hatte ich mir schliesslich gesagt, ob wir dort oder dort übernachten, du bist schon auf der halben Welt übernachtet und wirst auch morgen Abend ein Bett zum Schlafen haben, ob das nun bereits auf rumänischen Boden ist oder nicht. Zudem, so hatte ich mir gesagt, hatten wir bewusst genug Zeit für die Hin und Rückreise eingeplant.
Es war kurz nach zwei Uhr morgens als mich mein Wecker aus dem Schlaf holte, doch ich weiss noch, ich hatte eher gedöst als geschlafen, vielleicht deshalb, weil ich mir vorgenommen hatte nicht zu verschlafen.
Wir würden uns in Wettingen treffen, von Luzern bis nach Wettingen hatte ich ungefähr eine Stunde Fahrtzeit, ich hatte mir vorgenommen, spätestens um halb vier morgens loszufahren. Um diese Zeit braucht ich mir noch keine Gedanken über die morgendliche Rush Hour Luzern – Zürich zu machen, doch wie ich Rebi und Markus kannte, würden die beiden auch frühzeitig dort sein.
Schliesslich kam dann der Moment und ich holte meine beiden Freunde, die zusammen mit mir nach Rumänien fuhren, am vereinbarten Treffpunkt ab.
Und wie ich vermutet hatte, waren beide bereits da, ich hatte einen Blick auf die Uhr geworfen, es war 4:42.
Markus hatte zusammen mit seiner Lebenspartnerin Gertrud Rebi abgeholt und waren dann gemeinsam zur AVIA Tankstelle gefahren, dem vereinbarten Treffpunkt in Wettingen. Es war ein guter Treffpunkt, von der Autobahnabfahrt Wettingen Otelfingen in wenigen Minuten erreicht, und ebenso schnell wieder auf der Autobahn.
Rebi war gerade dabei eine Zigarette zu rauchen während sie in der rechten Hand einen Pappbecher mit Kaffee hielt, aus dem sie gelegentlich schlürfte. Markus hatte ebenfalls einen Pappbecher mit Kaffee in der einen und ein Sandwich in der anderen Hand.
Wir begrüssten uns, dann fragte mich Rebi ob ich ebenfalls einen Kaffee haben wollte, ich stimmte freudig zu, Rebi war zweifache Mutter, ihre Kinde waren inzwischen schon grösser und selbständig, Frauen denken eben auch an die kleinen Dinge, wie eine Thermoskanne mit heissen Kaffee oder Sandwiches und einigen Wasserflaschen für die Reise.
Zehn Minuten später verabschiedeten wir drei uns von Gertrud, packten die Fechtausrüstungen von Rebi und Markus in den Range Rover den ich vom meinem Freund geliehen bekommen hatte, sowie die Reisetaschen, die Sandwiches das Obst und die Wasserflaschen.
Dann fuhren wir los, die Uhr am Armaturenbrett zeigte 5:09.
Ich fuhr bis zum Dreiländereck Schweiz – Deutschland – Österreich, dann wechselten Rebi und ich die Plätze. Während sie fuhr, sass ich auf dem Beifahrersitz und schaute aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft.
Markus sass hinten, schon kurz nachdem wir Zürich hinter uns gelassen hatte, war er eingeschlafen. Ich fühlte mich wach und fit, obwohl ich kaum geschlafen hatte und in dem Moment realisierte ich auch, dass ich mich auf unseren Ausflug nach Transsilvanien freute.
Ich bin ganz froh, wenn ich auch einfach nur mal auf dem Beifahrersitz Platz nehmen kann um die Gegend anzuschauen. Da gibt es immer wieder Interessantes zu sehen und wir waren gut unterwegs, irgendwie zu gut.
Die Toten reisen schnell schoss es mir durch den Kopf, doch wir waren keine Toten. Warum war mir dieser Satz in den Sinn gekommen?
Lag es daran, dass wir in einem schwarzen Geländewagen unterwegs waren, dessen Heck und Seitenfenster dunkel getönt waren? Unser Wagen hatte daher im Entferntesten eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Leichenwagen. Vielleicht.
Und in unseren drei grossen Sporttaschen, in denen wir unsere Fechtausrüstungen mitführten, war nicht unsere Ausrüstung drin, sondern …. drei Untote.
Wir würden nicht zu Graf Dracula fahren, um auf seinem Schloss zu fechten, nein, Graf Dracula war bereits mit uns auf dem Weg nach Hause in sein Schloss, Schloss Bram. Er reiste mit uns in einem schwarzen Geländewagen, der eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Leichenwagen hatte.
Keine schwarze Kutsche, mit vier schwarzen Pferden die vorne eingespannt waren, nein, auch Graf Dracula reiste inzwischen moderner.
Was denkst du dir für einen Schwachsinn zusammen durchfuhr es mich.
Unweigerlich zuckte ich leicht zusammen. Rebi hatte mein Zucken bemerkt und fragte mich was mit mir los sei?
Ich log, indem ich ihr sagte, dass ich ein Muskelzucken im Bein gehabt hätte, so ein unkontrolliertes Zucken eben, das wie aus dem Nichts kommt und dich und dein Bein, oder manchmal ist es auch ein Arm, der diesen kurz aufzucken lässt.
Rebi nickte nur und achtete weiterhin auf die Autobahn vor sich. Der Verkehr ging zügig voran und mit jedem Kilometer, kamen wir Kronstadt in Rumänien ein Stück näher. Auch wenn wir inzwischen bereits einige hundert Kilometer zurückgelegt hatten, es waren nochmals so viel, was wir heute schaffen wollten.
Inzwischen waren wir schon längere Zeit auf österreichischen Boden und auf der Autobahn Salzburg – Wien, die Uhr auf dem Armaturenbrett zeigte 10:13.
Obwohl wir genügend Wasser Früchte und Sandwiches dabeihatten und von Zeit zu Zeit eine rauchten, so hatten wir einstimmig beschlossen bei der nächsten Raststätte rauszufahren, um zu tanken und uns die Füsse zu vertreten.
Ich musste pinkeln und eine Kleinigkeit essen. Etwas Warmes brauchte ich im Magen und auch meine beiden Mitfahrer äusserten sich, dass sie etwas essen und auf die Toilette mussten.
Markus war kurz vor Salzburg erwacht, hatte sich geräuspert und hatte als erstes wissen wollen, wo wir waren. Rebi hatte es ihm gesagt, dabei hatte Markus zufrieden genickt und sich die Augen gerieben, dann zur Wasserflasche gegriffen und hörbar mehrere grosse Züge daraus getrunken.
Nach ungefähr fünfzig Kilometern kam eine Autobahnraststätte in Sicht, Rebi fuhr von der Autobahn, brachte den Wagen unmittelbar vor den Toiletten zum Stehen, wir steuerten alle gemeinsam die Toiletten an.
Wir trafen uns wieder neben unseren schwarzen Range Rover, wieder kam mir der Gedanke einer schwarzen Kutsche beim Anblick in den Sinn, ich drehte mich weg um den Wagen nicht ansehen zu müssen und rauchte eine Zigarette.
Es tat gut nach der langen Autofahrt, wieder die Beine vertreten zu können. Es wehte eine leichte Brise, es war leicht bewölkt, doch es würde nicht regnen. Ich fühlte mich erleichtert, nachdem meine Blase geleert war und endlich eine Zigarette zu rauchen.
Einen Moment berieten wir uns, ob wir hier an der Raststätte etwas essen sollten, etwas Warmes essen, schliesslich hatten wir Sandwiches und Früchte dabei, oder ob wir noch weiterfahren sollten und erst gegen 13 Uhr etwas Warmes zu uns zu nehmen. Die Entscheidung war schnell getroffen, wir fuhren weiter und wollten noch Strecke machen, richtig Hunger hatte noch niemand so richtig und ein zwei Stunden würden wir es aushalten. Also stiegen wir wieder ein, Rebi setzte sich wieder ans Steuer, was mir und Markus ganz recht war, wir verliessen die Raststätte und fuhren wieder auf die Autobahn.
Wir hatten die Absicht, an diesem Tag die österreichische Grenze nach Ungarn zu überqueren, es war nur schon eine Kopfsache, zu wissen, dass wir in einem Tag drei Länder überquert hatten und am anderen Tag immer noch an die achthundert Kilometer vor uns hatten.
Wie gesagt, wir versuchten dadurch einfach unserem Verstand ein Schnäppchen zu schlagen.
Während der Fahrt sagte Rebi etwas, was mir eine gewisse seelische Genugtuung verschaffte. Sie meinte, dass es doch bescheuert von uns war, eine solche Strecke mit dem Auto zu fahren und das Ganze nur für ein Fecht Turnier.
Bingo, liebe Rebi, dachte ich für mich selbst. Dann bin ich also nicht der Spielverderber und anderen ergeht es genauso. Drei bescheuerte Fechter aus der Schweiz, die tagelang über die Autobahnen von mehreren Ländern donnern und für was…. ja für was?
Ein Turnier!
Die ganze Sache bekam durch Rebis Aussage einen gewissen masochistischen Touch. Wir waren nun hier, irgendwann mal vor den Toren Wiens, und der Zeitpunkt, sich jetzt darüber klar zu werden, war etwas spät gekommen!
Etwas reichlich spät sogar.
Zumindest dann, wenn man bereits gut tausend Kilometer runtergespult hatte und sich dem tröstlichen Glauben hingeben konnte, mit diesem tausend Kilometer die halbe Strecke geschafft zu haben. Von der Rückreise will ich nun erst gar nicht zu sprechen kommen, ja mich nicht einmal mit diesem Gedanken befassen.
So gesehen ja, die ganze Sache war in rationaler Hinsicht gesehen, bescheuert!
Ja schon, hatte ich beiläufig bemerkt, doch schliesslich geht es darum, dass wir nicht irgendwo fechten, fügte ich hinzu, Leute, wir fechten auf Schloss Bram in Transsilvanien. Das gab dem Ganzen die besondere Note und den Grund, wenn auch einen bescheuerten, dies hier alles zu machen. Einen Moment schwiegen alle.
Markus hatte stumm genickt und mir somit seine Zustimmung gezeigt, Rebi lächelte was mir sagte, dass sie den Gedanken sehr reizvoll fand, obwohl wie ich wusste, sie kein Liebhaber von Dracula oder anderen Vampirfilmen war, doch dies schien auch weniger von Bedeutung zu sein, Hauptsache ein geiles Turnier an einem geilen Ort mit hoffentlich guten Fechtern.
Manchmal machen Menschen eben bescheuerte Dinge. Das gehört wohl einfach zu unserer Spezies oder vielleicht war ein Code in unserer DNA hinterlegt, der dafür sorgte, dass Menschen sich gelegentlich bescheuert benahmen.
Normal ist es nicht, ich weiss, doch wir waren hier – Ende der Durchsage.
Graf Dracula, hatte Markus beiläufig gesagt, als ich Schloss Bram erwähnte. Er hatte es in einer beinahe ehrfürchtigen Weise ausgesprochen, mehr ein Flüstern und dabei war sein Blick auf einen Punkt in der Ferne fixiert gewesen. Vielleicht hatte er dort, an diesem, für andere Menschen unsichtbaren Fixpunkt etwas gesehen, dass nur er sehen konnte.
Zu einem späteren Zeitpunkt an diesem Tag überkam mich ein seltsames Gefühl, so als würde langsam etwas von mir Besitz ergreifen, je näher wir dem Ziel der Reise kamen. Dabei hatte ich mich, nachdem ich mich mit Rebi in der Steuer abgewechselt hatte, nachdem wir die Schweizer Grenze heute Morgen passiert hatten, ein so gutes Gefühl gehabt. Ein Gefühl, wenn man sich auf ein paar entspannte Tage freute.
Doch diesmal hatte ich nicht, wie zuvor im Wagen, gezuckt, damit mich Rebi wieder hätte von der Seite anschauen können um mich zu fragen, ob etwas los sei! Bald würden wir die ungarische Grenze erreichen, das seltsame Gefühl fing an, sich zu verstärken, ich tat es ab und versuchte es zu ignorieren.
Nein, Rebi Schätzchen, es ist alles in bester Ordnung! Das dunkle Grauen von Schloss Bram streckte seine unsichtbaren Fühler einfach nach mir aus und in unseren Sporttaschen lagen nicht unsere Fechtausrüstungen und Degen, nein, in unseren grossen Taschen führten wir die lebendigen Gebeine von drei Vampiren mit uns. Ich fühlte wie mich eine innere dumpfe Angst erfasste und dabei versuchte, mir die Luft zu Atmen abzudrehen. Vielleicht das Sandwich oder die lange Fahrt oder die Spannung darauf, was mich, was uns erwarten würde versuchte ich mir einmal mehr einzureden. Versuchte einmal mehr, dieses dumpfe Gefühl zu verdrängen.
Zeitweise gelang mir das auch, nicht dauerhaft, doch zeitweise.
Bleib jetzt ganz ruhig, redete ich mir selbst gut zu, ja ich versuche es, beruhigte ich mich selbst.
Du siehst also Rebi, es ist alles bestens in Ordnung und wir können weiterfahren, denn die Toten reisen schnell!
Das Paranormale hat viele Gesichter und sie zeigen sich uns Menschen, auf unterschiedliche Weise. Bei den einen ist es einfach ein Gefühl oder eine Stimme im Kopf, die sie hören und auf die sie sich keinen Reim machen können. Wieder andere, und zu denen kann ich mich wohl mitzählen, haben ein beklemmendes Gefühl, das sie nicht näher umschreiben lässt. Doch sie sind da, die Zeichen sind immer da. So wie in diesem Augenblick.
Schliesslich brachen wir auf und verliessen die Raststätte. Wir tankten noch voll und Markus reinigte die Frontscheibe, die von toten Mücken übersät war. Wir hatten uns kurz beraten, wie wir fahren würden.
Es war inzwischen kurz nach halb drei Uhr nachmittags und wir hatten noch eine Strecke von gut dreihundert Kilometer vor uns. In Autobahn Kilometern, würde dies ungefähr als drei Stunden Fahrt bedeuten.
Dann würde es gegen achtzehn Uhr abends zugehen, eine gute Zeit, um in einem Hotel einzuchecken. Und genügend Zeit um etwas zu essen und ein gutes Bier zu trinken.
Während der ganzen Fahrt lief Ry Cooder und sein melancholischer Soundtrack passte zur Stimmung. Wir fuhren auf der Autobahn dahin, hatten die Grenze zu Ungarn passiert und waren zeitmässig im Plan. Rebi hatte sich erneut ans Steuer gesetzt, was mir und auch Markus nur recht war. Ich fahre gerne Auto, bin aber genauso froh, wenn ich nicht selbst fahren muss und so lasse ich meinen Blick über die wilde Vegetation streifen.
Mir erschien es, als hätten wir mit unserem Grenzübertritt eine andere Welt betreten, die geheimnisvoll und so anders war als unsere vertraute Welt in der Schweiz, wo wir noch vor einigen Stunden gewesen waren.
War es die wilde, zerklüftete Landschaft an der wir vorbeifuhren, die auf die Fahrer einen Einfluss auslösten, der sich nicht in Worte fassen liess? Nein, es war mehr ein Gefühl in Verbindung mit… ja was?
Das Gefühl in Verbindung mit dem Unbeschreiblichen, liess sich nicht einfach in Worte fassen. Ich war einfach fasziniert von der Landschaft und liess sie auf mich wirken, während die Landschaft an uns vorbeizog, wie ein flüchtiger Reisender an einem vorbeizieht, den mal wohl nie wieder in seinem Leben sieht.
In der Ferne kam eine grössere Ortschaft in Sicht und nach ein paar gefahrenen Kilometern auf der Autobahn kam auch die Ausfahrtstafel in Sicht, mit einem Namen der keiner von uns lesen konnte.
Inzwischen war es kurz nach sechs Uhr abends und in gut einer Stunde würden wir an unserem Ziel für heute angekommen sein. Einfach ein nettes Hotel, welches ein gutes Bier führt und wo man anständig etwas essen konnte.
Die Ortschaft mit dem unaussprechlichen Namen verschwand, genauso schnell aus unserem Blickwinkel wie sie aufgetaucht war. Wir waren alle froh, wenn wir bald ankommen würden. Wir waren seit gut zehn Stunden unterwegs und der Hunger macht sich auch bemerkbar.
Keiner von uns sagte etwas, wir waren alle müde und es war erstaunlich wie es Rebi schaffte, die ganze Zeit am Steuer zu sitzen und die ganze Strecke zu fahren. Ich wusste, dass sie gerne Auto fährt, doch dass sie zehn Stunden an einem Stück hinter dem Lenkrad zubringen würde…Chapeau Madame.
Markus war irgendwann, nachdem wir die Autobahnraststätte verlassen hatten, eingeschlafen. Sein leises Schnarchen war zwischen den einzelnen Liedern von Ry Cooder zu hören.
Nach gut einer weiteren Stunde Fahrt, fuhren wir von der Autobahn ab. Ein kleines Städtchen war in Sicht gekommen und deckte sich mit den Angaben des Navigationsgerätes.
Als wir in das Städtchen fuhren, bemerkten wir, was von der Autobahn aus nicht sichtbar gewesen war, dass in diesem kleinen Ort, viele Gebäude in einem alten, fast mittelalterlichen Zustand waren. Von der Hauptstrasse gingen kleine Gässchen ab. Rebi fuhr langsam, während wir alle die Augen nach einem Hotel offenhielten. Markus war inzwischen aus seinem Schlaf erwacht und gähnte gerade herzlich, als wir es alle gleichzeitig sahen.
Da vorne! Wir sprachen diesen Satz alle gleichzeitig aus und mussten dann über unsere gemeinsame Reaktion lachen. Ungefähr fünfzig Meter vor uns sahen wir ein imposantes Haus, auf dessen Giebel, auf einer Holztafel die Worte HOTEL IMPERIAL, in blutroter Farbe aufgemalt waren.
Blutrote Farbe auf Holz geschrieben. Das ganze Szenario hatte etwas von einem Hitchcock Film in meinen Augen
Ein etwas gewagter Name für dieses Haus, dachte ich, doch von aussen sah es sauber und gepflegt aus. Vor dem Haupteingang, der etwas erhöht lag und über eine breite Betontreppe erreichbar war, standen einige parkierte Fahrzeuge auf einem Kiesplatz mit grossen Bäumen umzäunt. Vom Parkplatz aus konnte man hinauf zum Eingang sehen an dessen beiden Seiten je ein steinerner Löwe postiert war. Wie stille steinerne Wächter dachte ich bei dem Anblick.
Links neben der breiten Treppe, die zum Eingang führte, war eine Metalltafel angebracht worden, mit der Aufschrift HOTEL P und einem schwarzen Pfeil, der auf eine Durchfahrt hinwies, die hinter das Gebäude führte.
Fahr mal da lang, sagte ich zu Rebi. Sie steuerte unseren Wagen durch die schmale Durchfahrt, die zu einem Innenhof führte. Da fanden wir ein weiteres Schild mit der Aufschrift HOTEL P, welches darauf hinwies, dass dieser Platz für Hotelgäste und deren Fahrzeuge reserviert war.
Von den ungefähr zehn Parkplätzen, waren die Hälfte mit Autos belegt, die deutsche und holländische Nummernschilder hatten. Doch ausser unserem Wagen konnten wir kein Schweizer Nummernschild sehen.
Habt ihr das gesehen, fragte uns Rebi und deutete auf die beiden Wagen mit den deutschen Kennzeichen. Deutsche, dann werden die hier sicher deutsch verstehen.
Keine Ahnung, antwortete ich, wir würden es bald wissen.
Wir liessen unser gesamtes Gepäck noch im Wagen und wollten erst mal checken, ob es im Hotel noch freie Zimmer für uns hatte. Also liefen wir wieder um das Gebäude herum und stiegen die breite Treppe hoch, die zum Eingang führte, und zu den beiden stummen Wächtern am Eingang, den steinernen Löwen. Gab es nicht auch im Film Van Helsing eine Szene, wo man steinerne Löwen oder ähnliche Tiere sehen konnte, die am Eingang postiert waren?
Erst als wir vor der Türe standen, bemerkten wir, dass es eine Drehtür war, wie man Ich es aus alten Filmen kannte. Irgendwie sympathisch das Ganze, dachte ich mir, als ich durch die Drehtür ging und die Hotellobby betrat. Das Haus hatte Stil und zwar von einer Art, die man erst beim zweiten oder dritten Hinschauen bemerkte.
Ich fühlte mich in ein anderes Jahrhundert zurückkatapultiert, die hohen Decken an denen Kronleuchter hingen und die ganze Halle in ein Dämmerlicht tauchte, an den Wänden hingen Ölgemälde wie ich vermute die Landschaften und Portraits vom Menschen zeigten. Die Menschen auf den Gemälden waren in edle Kleider gehüllt, genauso wie man es aus Vampirfilmen her kannte, durchzuckte mich eine Erkenntnis, während ich die Bilder ehrfürchtig musterte. Vielleicht handelt es sich hier um die Besitzerfamilie, wäre eine mögliche Erklärung.
Die Lobby war mit massiven dunklen Möbel ausstaffiert und ein dicker Teppich sorgte dafür, dass die Schritte gedämpft wurden, so dass man nichts hörte. Ich hatte Rebi und Markus komplett vergessen, ich drehte mich um und sah, wie die Beiden ebenfalls die Inneneinrichtung und Gemälde an den Wänden bewunderten, keiner von uns sprach ein Wort.
Der Empfangsbereich erinnerte mich an ein Hotel aus der Belle Epoche Zeit. Ich bemerkte, dass auch meine Begleiter von der Ausstattung fasziniert waren. Wir blieben im Eingangsbereich stehen und schauten uns an. Ich glaube, wir drei fühlten uns in eine andere Zeit zurückversetzt, nicht nur ich als ich den Raum betreten hatte, denn alles hier drin sah so aus, als wäre die Zeit stehengeblieben. Ein Anflug von Nostalgie überkam mich und immer noch bestaunten wir den schönen Eingangsbereich, bis wir schliesslich ein Räuspern vernahmen, welches uns aus unseren Gedanken wieder hierher zurückholte.
Ich drehte mich in Richtung des Räusperns um und erblickte einen kleinen grauhaarigen Mann hinter dem Empfangskorpus. Er lächelte mir freundlich zu. Ich ging zum Mann hin und lächelte zurück, während ich die Lobby durchquerte, auf dem dicken Teppich, der die Geräusche meiner Schritte wie ein Schwamm aufsog.
Er trug eine Uniform, die ganz zu der Zeit der Belle Epoche passte. Hier hatte jemand großen Wert auf ein einheitliches Design bei der Ausstattung und der Garderobe der Mitarbeiter gelegt.
Der ältere kleine Mann mit dem runden Gesicht und den kurzen grauen Haaren sah mich freundlich an und lächelte immer noch während ich näher herantrat. In seinen dunklen, fast schwarzen Augen, konnte ich ein kurzes Funkeln sehen, als ich den Empfang erreicht hatte.
Diese Augen durchfuhr es mich, diese Augen haben etwas Besonderes an sich, sie scheinen als ob sie durch einen hindurchsehen können, so als könnte sie Gedanken lesen oder versuchten es zumindest. Meine Nackenhaare sträubten sich unweigerlich, ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen.
Vielleicht hatte der alte Mann gedacht, dass ich es nicht bemerken würde, doch es war mir nicht entgangen, ich war geradewegs auf ihn zugegangen und hatte dabei keinen Augenblick den Blickkontakt zu dem Mann unterbrochen.
Ich stand am Empfang, der Mann in seiner Uniform, die auf die Einrichtung abgestimmt war nickte und schien abzuwarten, was ich sagen würde. Er lächelte einfach und seine Augen, diese forschenden Augen fixierten mich und meine ganze Anwesenheit, Rebi und Markus schienen ihn in diesem Moment nicht zu interessieren, seine ganze Aufmerksamkeit galt mir. Ich war ja auch der einzige von uns, der vor ihm am grossen, aus dunklem Holz gefertigten Empfangscorpus stand.
Sollte ich es mit Deutsch versuchen oder mit Englisch, überlegte ich einen Moment. Es war Markus der mir die Entscheidung abnahm, indem er zu dem Mann freundlich Hallo sagte.